Archiv der Kategorie: Nazis
Der Piusbruderschaft Einhalt gebieten
Auf die Straße am 11.11.2023 um 12.30 Uhr vor der Europagalerie
Am 11.11.2023 wird ein obskurer Umzug durch die Straßen Saarbrückens ziehen. Was man vielleicht für einen trägen und geschmacklosen Faschingsumzug halten mag, ist jedoch in Wirklichkeit nichts anderes als der größte jährlich stattfindende faschistische Aufmarsch in Saarbrücken. Versteckt hinter dem besonderen staatlichen Schutz für religiöse Umzüge treffen sich Jahr für Jahr verschiedene Teile der extremen Rechten, um Schwangerschaftsabbrüche als Mord zu verunglimpfen und gegen die Selbstbestimmung von Frauen auf die Straße zu gehen. Nationalistische Parolen, Verschwörungsmythen und Holocaustrelativierung sind fester Bestandteil dieses Trauerspiels. Initiiert sind diese Demonstrationen aus dem direkten Dunstkreis der klerikalfaschistischen Piusbruderschaft. Diese wollen mit der Demonstration, genau wie mit den – teils gerichtlich untersagten – Gebeten und Anquatschversuchen vor Beratungsstellen Frauen einschüchtern. Die Demonstration ist ebenso der Versuch queeren, von Rassismus betroffenen und jüdischen Menschen die Stadt zu nehmen. Deshalb wollen wir auch in diesem Jahr diesen Aufmarsch stören. Wir lassen nicht zu, dass in der Saarbrücker Öffentlichkeit antifeministisches und faschistisches Gedankengut verbreitet werden kann! Wir lassen nicht zu, dass Klerikalfaschist:innen eine Drohkulisse gegen die Selbstbestimmung von Frauen aufbauen!
WeiterlesenPressemitteilung: Das Urteil im “Yeboah-Prozess” kommt 30 Jahre zu spät – Antifa Saar / Projekt AK ruft zur Selbstorganisierung auf
Am Montag, den 09.10.2023 fiel das Urteil im Prozess um den rassistischen Brandanschlag in Saarlouis 1991. Das Oberlandesgericht Koblenz verurteilte Peter Schlappal (heute Schröder) wegen Mordes an Samuel Kofi Yeboah, versuchten zwölffachen Mordes und besonders schwerer Brandstiftung zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten. Er muss außerdem die Kosten des Verfahrens, inklusive die der Nebenkläger:innen, tragen und bleibt in Haft.
Sarah Jost, Pressesprecherin der Antifa Saar / Projekt AK kommentierte:
„Wir begrüßen einerseits den Prozess in Koblenz als längst überfälliges Signal an die Überlebenden des rassistischen Brandanschlages von Saarlouis 1991. Das heute gefällte Urteil ist zwar milde, immerhin jedoch wurde jetzt ein Täter ermittelt und verurteilt. Aber beides kommt 30 Jahre zu spät. 30 Jahre, in denen die Täter und ihr Umfeld von staatlicher Seite weitgehend unbehelligt weiterleben durften, und auch weiter die neonazistische Organisierung im Saarland voranbringen konnten. Die Überlebenden des Anschlags blieben jahrzehntelang ohne Unterstützung. Ihnen wurde nicht geglaubt“.
Der Senat hob in seinem Urteil besonders hervor, dass er keinen Vorwurf gegen die damalige Polizeiarbeit erhebt. Dabei wurde im Prozessverlauf sehr deutlich, dass die Polizei der 90er Jahre nicht nur kein Interesse an einer Aufklärung hatte, sondern Zeug:innen nicht gehört bzw. ihre Aussagen verfälscht wurden. Nur folgerichtig, dass Antifa und migrantische Communities den Selbstschutz in die eigene Hand nehmen mussten. Immer wieder berief sich das OLG Koblenz im Prozess auf Veröffentlichungen der Antifa Saar / Projekt AK, da von Verfassungsschutz und Polizei nichts Brauchbares aus dieser Zeit geliefert werden konnte. Im Prozess wurde aber auch deutlich, dass die juristische Aufarbeitung politisch wird, weil die Bedingungen und das Umfeld der Tat geprägt sind von Zuständen, die unter aller Kritik sind: von einem gesellschaftlichen Konsens gegen Migration, von institutionellem Rassismus, von einer Pogromstimmung, in der breite Teile der Bevölkerung den tagtäglichen Angriffen der Nazibanden applaudierten. Allein in den Jahren 1990–1992 wurden im Saarland eine unfassbare Reihe von über 20 rechten Brand- und Bombenanschlägen verübt, kaum einer davon wurde aufgeklärt.
„Für uns ist das ein klares Signal weiterzumachen. Und wir rufen auch aufgrund der aktuellen Entwicklungen und des Rechtsrucks in Europa einmal mehr dazu auf, den antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren, da auch weiterhin auf die Behörden kein Verlass sein wird“.
Rechter Terror im Saarland in den 1990er Jahren
Diese Liste von über 20 rassistischen Brand- und Bombenanschlägen innerhalb von zwei Jahren zeigt nur einen kleinen Ausschnitt des rechten Terrors im Saarland zu dieser Zeit. Kaum einer wurde aufgeklärt.
Seit dem 16. November 2022 findet in Koblenz der Prozess zum rassistischen Brandanschlag vom 19.09.1991 in Saarlouis statt, durch den Samuel Kofi Yeboah ermordet wurde. Angeklagt ist ein Mitglied der damaligen Saarlouiser Naziszene. Immer wieder behaupten die Anwälte des Angeklagten und zahlreiche der dort vernommenen Polizeibeamten, es habe keine weiteren rechten Anschläge in der Region gegeben. Mit dieser Liste zeigen wir auf, dass das Gegenteil der Fall ist.
Zu Beginn der 90er Jahre herrschte in Deutschland eine Pogromstimmung. Die Wiedervereinigung führte zu einem aggressiven Nationalismus, der sich in Morden, Anschlägen, Angriffen, Hetze und Pöbelei gegen Geflüchtete, Menschen aus anderen Herkunftsländern, und alle als „undeutsch“ gelesene Menschen entlud, und in Anschlägen mündete. Zahlreiche der Anschläge jähren sich gerade zum dreißigsten Mal – Beispiele Solingen, Mölln, Hoyerswerda, Rostock. Zur Beschreibung dieses Zeitraums mit dem alltäglich gewordenen rechten Straßenterror etablierte sich spätestens 2019 der Begriff der „Baseballschlägerjahre“. Dieser Begriff passt auch auf die damaligen Ereignisse im Saarland. Im Saarland kam es darüber hinaus zu einer unfassbaren Serie von schweren Brand- und Bombenanschlägen, die bezeichnet werden können als „Molotowcocktail-Jahre“ (Kristin Pietrzyk, Anwältin der Nebenklage im Prozess um den rassistischen Brandanschlag 1991 in Saarlouis). In unserer Broschüre „Heimatgeschichten – Schlaglichter auf die extreme Rechte an der Saar“ #1/2016 wird der Begriff von Rechtem Terror zusammengefasst:
WeiterlesenDer Mord an Samuel Yeboah — Veranstaltung mit Vertreter:innen der Nebenklage
Samstag, 1. Juli 2023 / 19:00 Uhr
Schlosskeller Saarbrücken, Schlossplatz 1–15, 66119 Saarbrücken
Der Brandanschlag aus rassistischen Motiven auf eine Geflüchtetenunterkunft im September 1991 in Saarlouis wird seit November 2022 vor dem OLG Koblenz verhandelt. Angeklagt ist ein 51-jähriger Neonazi wegen des Mordes an Samuel Yeboah, 20-fachen versuchten Mordes und Brandstiftung mit Todesfolge. Überlebende und Bewohner des Hauses erhielten nach der Tat nicht die ihnen zustehende Unterstützung, sie wurden alleine gelassen mit ihren Traumatisierungen und teilweise aus Deutschland abgeschoben. Acht Überlebende nehmen als Nebenkläger an dem Gerichtsprozess teil und bringen ihre Perspektive über ihre Anwält:innen ein. Im Rahmen dieser Veranstaltung wollen wir Verlauf und Ergebnisse des Gerichtsprozesses aus Sicht von Vertreter:innen der Nebenklage beleuchten und einer antifaschistischen, kritischen Prozessbeobachtung Raum geben.
In Kooperation mit der Heinrich-Böll-Striftung Saar, CriThink! e. V. – Gesellschaft zur Förderung des kritischen Denkens und Handelns. Mit Unterstützung von Aktion 3. Welt Saar, ConnAct Saar, Seebrücke Saar.
Heraus zum Internationalen Frauenkampftag! Demo am 8. März in Saarbrücken
Auch dieses Jahr rufen wir als Teil des Bündnis Internationaler Frauenkampftag zur Demo am 8. März auf.
Startpunkt ist der Max-Ophüls-Platz in Saarbrücken um 18:00 Uhr.
” Feministische Slogans und Themen gibt es rund um die Welt.
Sie sind fordernd: Jin, Jiyan, Azadî [Frau, Leben, Freiheit]. Aus ihnen sprechen Verzweiflung und Widerstand: Ni una menos [Nicht eine weniger]. Sie transportieren unsere Wut: Wypierdalać [Raus mit dir / Verpiss dich]. Sie klingen unterschiedlich, doch die Themenfelder überschneiden sich. Weiterlesen
Flop oder Schulterschluss der extremen Rechten?
AfD-Kundgebung am 28.01.2023 vorm Landtag in Saarbrücken
Für Samstag, den 28. Januar 2023 rief die AfD Saarland zu einer Kundgebung vor dem Landtag des Saarlandes in Saarbrücken auf. Statt der angekündigten 500 TeilnehmerInnen erschienen noch nicht einmal 100. Neben den angekündigten Reden von Nicole Höchst, Christian Wirth, Carsten Becker und Dirk Spaniel sprach auch der AfD-Landtagsabgeordnete Josef Dörr. Es kam zu Gegenprotesten samt Polizeikessel.
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Pressemitteilung – Saarbrücken: Antifa Saar kritisiert Polizeieinsatz bei AfD-Kundgebung als „völlig unverhältnismäßig“
Am vergangenen Samstag, den 28.01.2023, veranstaltete die saarländische AfD eine Kundgebung vor dem Landtag in Saarbrücken. Unter den rund 80 Teilnehmenden befanden sich zahlreiche bekannte Gesichter der saarländischen Naziszene. Trotz angemeldeter Gegenproteste mit insgesamt etwa 100 Teilnehmenden war die saarländische Polizei mit der Situation überfordert und reagierte völlig unverhältnismäßig. Es gab mehrere Verletzte.
Der Mord an Samuel Yeboah – über Nazi-Terror und das Versagen der Behörden im Saarland — ein ausführlicher Beitrag
Mord an Samuel Yeboah
Am 19. September 1991 wurde Samuel Kofi Yeboah in Saarlouis durch einen rassistischen Brandanschlag ermordet. Er ist eines der ersten Opfer rassistischer Gewalt in Westdeutschland nach der Wiedervereinigung. Der oder die Mörder verschütteten im Erdgeschoss des Wohnhauses Benzin und entzündeten es. Das Feuer breitete sich mit großer Geschwindigkeit über das gesamte Treppenhaus aus. Die hölzerne Treppe brannte sofort, der Fluchtweg für die Eingeschlossenen war abgeschnitten. Menschen, die im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss lebten, konnten sich über Fenster und einen Anbau retten. Zwei Bewohner retteten sich durch Sprünge aus dem Fenster und erlitten schwere Verletzungen. Der im Dachgeschoss wohnende 27-jährige Samuel Yeboah konnte sich nicht mehr vor dem Feuer in Sicherheit bringen und erlitt schwerste Verbrennungen und eine Rauchgasvergiftung. Er verstarb kurze Zeit später in einem Saarlouiser Krankenhaus.
Die Ermittlungen wurden 1991 von der Polizei Saarlouis geführt und nach nur elf Monaten eingestellt, da kein Tatverdächtiger auszumachen gewesen sei.1
Nach einem Zeuginnenhinweis wurden die Ermittlungen dann 2020 überraschend wieder aufgenommen und aufgrund „gravierender Anhaltspunkte auf einen rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrund“2, der stets von der Saarlouiser Politik in Abrede gestellt wurde, von der Bundesanwaltschaft übernommen. Der mutmaßliche Täter soll auf einer Grillparty gegenüber einer Bekannten mit der Tat geprahlt haben, die im November 2019 zur Polizei gegangen sein soll. Es erfolgten dann bei mehreren Nazis im Raum Saarlouis Hausdurchsuchungen durch die Bundesanwaltschaft und 150 Zeug:innen, vor allem aus der Nazi-Szene, wurden bislang vernommen.3
Schließlich wurde am 4. April 2022 Peter Werner Schlappal, der heute Schröder heißt, wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes an Samuel Yeboah verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, den Brand „aus seiner rechtsextremistischen und rassistischen Gesinnung heraus” gelegt zu haben. Zuvor habe er sich in einer Kneipe in Saarlouis mit zwei „rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen”, einer davon war Peter Strumpler, „unter anderem über die rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer in Hoyerswerda ausgetauscht” und man habe die Begehung solcher Anschläge auch in Saarlouis gutgeheißen, wie einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft zu entnehmen ist.4
Der Prozess gegen Peter Schlappal bzw. Schröder, der seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft sitzt, soll nun am 16. November 2022 vor dem Oberlandesgericht in Koblenz beginnen. Die Anklageschrift umfasst 73 Seiten; 75 Zeug:innen sind benannt, darunter viele Nazis wie zum Beispiel auch Peter Strumpler.5 Weiterlesen
Mord an Samuel Yeboah – nach 31 Jahren Prozessbeginn am 16.11.2022 vor dem Oberlandesgericht Koblenz
14. November 2022
Kein Schlussstrich!
Entschädigung der Überlebenden des Brandanschlags!
Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses!
Offenlegung aller Akten des Verfassungsschutzes und der Polizei!
Am 19. September 1991 wurde Samuel Yeboah bei einem rassistischen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis-Fraulautern ermordet. 20 Menschen überlebten den Anschlag. Rund 31 Jahre später beginnt am 16. November 2022 vor dem 4. Strafsenat (Staatsschutzsenat) des Oberlandesgerichts Koblenz die Hauptverhandlung gegen den Saarlouiser Neonazi Peter S. wegen Mordes, versuchten Mordes in 20 Fällen und Brandstiftung mit Todesfolge. Eine ganze Generation lang haben Initiativen und Organisationen aus der antifaschistischen und antirassistischen Bewegung wie Saarländischer Flüchtlingsrat, Aktion 3.Welt Saar und Antifa Saar / Projekt AK die Erinnerung an Samuel Yeboah wachgehalten und das rassistische Motiv der Tat benannt. Ohne dieses Engagement hätte es weder eine Neuauflage der Ermittlungen noch den kommenden Strafprozess vor dem OLG Koblenz gegeben. Weiterlesen