Der Brandanschlag aus rassistischen Motiven auf eine Geflüchtetenunterkunft im September 1991 in Saarlouis wird seit November 2022 vor dem OLG Koblenz verhandelt. Angeklagt ist ein 51-jähriger Neonazi wegen des Mordes an Samuel Yeboah, 20-fachen versuchten Mordes und Brandstiftung mit Todesfolge. Überlebende und Bewohner des Hauses erhielten nach der Tat nicht die ihnen zustehende Unterstützung, sie wurden alleine gelassen mit ihren Traumatisierungen und teilweise aus Deutschland abgeschoben. Acht Überlebende nehmen als Nebenkläger an dem Gerichtsprozess teil und bringen ihre Perspektive über ihre Anwält:innen ein. Im Rahmen dieser Veranstaltung wollen wir Verlauf und Ergebnisse des Gerichtsprozesses aus Sicht von Vertreter:innen der Nebenklage beleuchten und einer antifaschistischen, kritischen Prozessbeobachtung Raum geben
Am 19. September 1991 wurde Samuel Kofi Yeboah in Saarlouis durch einen rassistischen Brandanschlag ermordet. Er ist eines der ersten Opfer rassistischer Gewalt in Westdeutschland nach der Wiedervereinigung. Der oder die Mörder verschütteten im Erdgeschoss des Wohnhauses Benzin und entzündeten es. Das Feuer breitete sich mit großer Geschwindigkeit über das gesamte Treppenhaus aus. Die hölzerne Treppe brannte sofort, der Fluchtweg für die Eingeschlossenen war abgeschnitten. Menschen, die im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss lebten, konnten sich über Fenster und einen Anbau retten. Zwei Bewohner retteten sich durch Sprünge aus dem Fenster und erlitten schwere Verletzungen. Der im Dachgeschoss wohnende 27-jährige Samuel Yeboah konnte sich nicht mehr vor dem Feuer in Sicherheit bringen und erlitt schwerste Verbrennungen und eine Rauchgasvergiftung. Er verstarb kurze Zeit später in einem Saarlouiser Krankenhaus. Die Ermittlungen wurden 1991 von der Polizei Saarlouis geführt und nach nur elf Monaten eingestellt, da kein Tatverdächtiger auszumachen gewesen sei.1
Nach einem Zeuginnenhinweis wurden die Ermittlungen dann 2020 überraschend wieder aufgenommen und aufgrund „gravierender Anhaltspunkte auf einen rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrund“2, der stets von der Saarlouiser Politik in Abrede gestellt wurde, von der Bundesanwaltschaft übernommen. Der mutmaßliche Täter soll auf einer Grillparty gegenüber einer Bekannten mit der Tat geprahlt haben, die im November 2019 zur Polizei gegangen sein soll. Es erfolgten dann bei mehreren Nazis im Raum Saarlouis Hausdurchsuchungen durch die Bundesanwaltschaft und 150 Zeug:innen, vor allem aus der Nazi-Szene, wurden bislang vernommen.3
Peter Schröder, geb. Schlappal
Schließlich wurde am 4. April 2022 Peter Werner Schlappal, der heute Schröder heißt, wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes an Samuel Yeboah verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, den Brand „aus seiner rechtsextremistischen und rassistischen Gesinnung heraus” gelegt zu haben. Zuvor habe er sich in einer Kneipe in Saarlouis mit zwei „rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen”, einer davon war Peter Strumpler, „unter anderem über die rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer in Hoyerswerda ausgetauscht” und man habe die Begehung solcher Anschläge auch in Saarlouis gutgeheißen, wie einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft zu entnehmen ist.4
Der Prozess gegen Peter Schlappal bzw. Schröder, der seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft sitzt, soll nun am 16. November 2022 vor dem Oberlandesgericht in Koblenz beginnen. Die Anklageschrift umfasst 73 Seiten; 75 Zeug:innen sind benannt, darunter viele Nazis wie zum Beispiel auch Peter Strumpler.5Weiterlesen →
NSU-Watch Aufklären & Einmischen #72. Vor Ort mit Abdul S., Kristin Pietrzyk und Ursel. Gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt im Saarland. Schwerpunkt: Der Mord an Samuel Yeboah am 19. September 1991.
Karo: Hallo und herzlich willkommen zur 72. Folge von “Aufklären und Einmischen”, dem Podcast über den NSU Komplex, rechten Terror und Rassismus. Und auch herzlich willkommen zur 21. Folge von „Vor Ort”: gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt. Das ist die Podcast Reihe, die wir seit über einem Jahr gemeinsam mit dem Verband der Beratungsstellen für Betroffene rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt machen und die ich gemeinsam mit Heike Kleffner moderiere. Weiterlesen →
Anlässlich des 31. Jahrestags der Ermordung von Samuel Yeboah hatten wir am heutigen Montag, den 19.09.2022 zu einer Gedenkkundgebung in Saarlouis aufgerufen. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Kein Schlussstrich! — Wir gedenken Samuel Yeboah“ und wurde von uns gemeinsam mit der Seebrücke Saar, der Gruppe ConnAct, der Heinrich Böll-Stiftung Saar, der linksjugend.solid Saar und dem Antifaschistischen Schüler:innen Kollektiv organisiert. Letztlich folgten etwa 70 Menschen unserem Aufruf und versammelten sich in der Saarlouiser Straße in Saarlouis-Fraulautern am ehemaligen Tatort.
Kundgebung am Montag 19.09.2022 / 18:30 Uhr / Saarlouiser Straße (Mitte) / Saarlouis
Kein Schlussstrich ! — Wir gedenken Samuel Yeboah!
Am 19.09.2022 jährt sich der rassistische Mord an Samuel Yeboah in Saarlouis zum 31. Mal. Über Jahrzehnte wurde durch die Behörden und die Stadt Saarlouis der rassistische Hintergrund des Brandanschlags, bei dem weitere 18 Menschen teils schwer verletzt wurden, geleugnet. Seit zwei Jahren wird nun wieder ermittelt und gegen ein führendes Mitglied der Saarlouiser Neonaziszene wurde jüngst Anklage erhoben. Voraussichtlich im November soll der Prozess in Koblenz eröffnet werden. Der Ausgang ist mehr als ungewiss. Am Montag dem 19.09.2022 werden wir uns zu einer Kundgebung am Tatort in der Saarlouiser Straße in Saarlouis versammeln um Samuel Yeboah zu gedenken und unsere Forderungen erneut auf die Straße zu bringen:
Offenlegung aller Akten im Fall Samuel Yeboah !
Verfassungsschutz auflösen !
Die Antifaschistische Selbsthilfe organisieren!
Antifa Saar / Projekt AK; Linksjugend — solid Saar; Antifaschistisches Schüler:innen Kollektiv; ConnAct Saar; Seebrücke Saar.
Am 24.08.2022 sprachen wir auf Einladung der Initiative Kein Vergessen Koblenz auf der KundgebungGemeinsam gegen rechten Terror und Gewalt auf dem Koblenzer Zentralplatz. Anlass war der 30. Todestag von Frank Bönisch, der an diesem Ort von einem bekannten Neonazi ermordet wurde. Vor etwa 150 ZuhörerInnen sprachen wir unter anderem über den anstehenden Prozess in Koblez gegen Peter Schröder (geb. Schlappal) im Fall des rassistischen Mordes an Samuel Yeboah 1991 in Saarlouis. Wir bedanken uns noch einmal ausdrücklich für die Einladung bei den Koblenzer GenossInnen und kommen gerne wieder. Dass unser Auftritt dort für Furore im rheinland-pfälzischen Landtag sorgen wird, hatten wir dann aber doch nicht erwartet. Die CDU Koblenz begann eine Kampagne gegen den Auftritt von “Extremisten” (damit ist die Antifa Saar / Projekt AK gemeint) auf der Kundgebung auf der auch der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering eine Grußbotschaft verlas. Offenbar sind wir in der Lage Provinzpossen auch außerhalb des Saarlandes zu provozieren. Vielleicht widmen wir dieser mehr Aufmerksamkeit zu einem späteren Zeitpunkt und an anderer Stelle. Hier dokumentieren wir unseren Redebeitrag vom 24. August 2022 auf dem Koblenzer Zentralplatz:
31 Jahre nach der Ermordung Samuel Yeboahs hat die Bundesanwaltschaft am heutigen 4. April 2022 den Saarlouiser Nazi Peter Werner Schlappal (50), der heute Schröder heißt, wegen des Brandanschlags am 19. September 1991 verhaften lassen. Schlappal wird der Mord an Samuel Yeboah sowie versuchter Mord in weiteren 20 Fällen und Brandstiftung mit Todesfolge vorgeworfen.
Peter Werner Schlappal
Schlappal ist am frühen Morgen in Saarlouis durch Polizeikräfte festgenommen worden. Er soll im Laufe des heutigen Tages dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof in Kralsruhe vorgeführt werden. Wie die Bundesanwaltschaft mitteilt, soll sich nach deren Ermittlungen die Ermordung Samuel Yeboahs wie folgt zugetragen haben:
Interview mit der Aktion 3. Welt Saar e.V. zum Mordfall Samuel Yeboah und den „Saarlouiser Zuständen“
Samuel Yeboah
Die Aktion 3. Welt Saar arbeitet seit nunmehr 30 Jahren zu dem rassistischen Mord an Samuel Yeboah. Sie ist damit die einzige heute noch bestehende Organisation, die von Anfang an die Ereignisse begleitet hat und dann später auch mit uns und dem Saarländischen Flüchtlingsrat über Jahrzehnte dafür gesorgt hat, dass die Erinnerung daran nicht verschwindet. Vor wenigen Tagen startete sie anlässlich dem sich nähernden 30. Jahrestag des Brandanschlags gemeinsam mit dem Saarländischen Flüchtlingsrat eine Plakatkampagne. Wir haben nun mit zwei Vertretern der Aktion 3. Welt Saar ein Interview geführt:
Bereits am 8. Mai 2020 versuchen die “Corona-Rebellen” Standorte von 5G-Masten zu sammeln.
Insgesamt neun Anschläge auf Sendemasten, Verteilerkästen und Einrichtungen der Stromversorgung wurden in den zwei Wochen vom 30. Mai bis zum 13. Juni 2021 im Raum Saarlouis verübt. Sendemasten und Internet-Verteilerkästen wurden in Ensdorf, Schwarzenholz und Hülzweiler in Brand gesetzt. Im nahen Umkreis kam es zu Ausfällen des Handynetzes und das mobile Internet sei betroffen gewesen. Auch der Notruf sei in Mitleidenschaft gezogen worden, „was gravierende Folgen haben könnte“ wie der Geschäftsführer des betroffenen Mobilanbieters gegenüber einer Nachrichtenagentur bekannt gab. Eine Überwachungskamera habe aufgezeichnet, wie eine einzelne Person eine Flüssigkeit verschüttete und anzündete. Weiterlesen →
In zahlreichen Veröffentlichungen von antifaschistischen Gruppen wurde Peter Schlappal immer wieder auch im Kontext rechten Terrors benannt. So in einer Zusammenstellung der Autonomen Antifa Saarbrücken zu einem Überfall durch Neonazis auf einen Studenten in Saarbrücken im Jahre 1992 oder auch in unserer Broschüre „Kein schöner Land…“ aus dem Jahr 2000. Wir möchten hier nochmal kurz zusammenfassen um wen es sich dabei handelt. Weiterlesen →