Bevor es mit den Brandanschlägen im Raum Saarlouis begann, gab es ja bereits eine militante Rechte im Raum Saarlouis.“

Zum Mord an Samuel Yeboah: Interview mit Mitgliedern der ehemaligen Antifa Saarlouis

Demon­stra­tion unmit­tel­bar nach dem Mord 1991. 

Wir haben mit Richard und Ilja gesprochen. Bei­de waren in den 90er Jahren in der Antifa Saar­louis aktiv. Mit ihnen haben wir über die dama­lige Zeit gesprochen um bewusst zu machen, wie kurz nach dem ras­sis­tis­chen Mord an Samuel Yeboah in Saar­louis mit Neon­azis, aber auch dem antifaschis­tis­chen Wider­stand gegen diese umge­gan­gen wurde. Wir wollen damit aufzeigen, welche Stim­mung in der Fes­tungsstadt herrschte und wie fest ver­ankert die rechte Szene in Saar­louis war. Aber lest selbst:

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Jungle World: “Deutsch bis zum Grab”

Deutsch bis zum Grab

Der deutsche Nation­al­is­mus bestand vor 50 Jahren im Saar­land seine erste Probe nach 1945.

 

Ste­fan Rip­plinger hat in der Wochen­zeitung Jun­gle World ein inter­es­santes Dossier zur zweit­en Saarab­stim­mung 1955 und der dama­li­gen poli­tis­chen Land­schaft im Saar­land verfasst.

Weit­er­lesen: http://jungle-world.com/artikel/2005/41/16174.html

Pressemitteilung zum 70. Jahrestag der Saarabstimmung

Zum 70.Jahrestag der “Saarab­stim­mung”

Am morgi­gen Don­ner­stag jährt sich die Volksab­stim­mung über die Zuge­hörigkeit des Saarge­bi­etes zum 70. Mal. Die Erin­nerungskul­tur im Saar­land bewegt sich noch immer zwis­chen ein­er Glo­ri­fizierung der Parole “Hemm ins Reich” und völ­ligem Verken­nen von Ursache und Wirkung im Kriegs­geschehen an der Saar.

Über 90 Prozent der Wäh­lerIn­nen votierten an jen­em 13.Januar 1935 für den Anschluss der Saar an das nation­al­sozial­is­tis­che Deutsch­land. Die NSDAP regierte bere­its seit 2 Jahren im Deutschen Reich; die Kon­se­quen­zen, die eine Rück­gliederung der Saar an Deutsch­land bedeuten würde, waren klar und, dem Wahlergeb­nis nach zu urteilen, vom Großteil der Bevölkerung gewollt. Ver­nun­ft hat­te gegen diese nation­al­is­tis­che Ein­stim­migkeit keine Chance, die antifaschis­tis­che Ein­heits­front aus SPD und KPD und ihre Forderung nach Beibehal­tung des “Sta­tus quo” unter­la­gen in der Abstim­mung deut­lich: nur 8,8% der Wäh­lerIn­nen entsch­ieden sich für den Sta­tus Quo und gegen Nazideutschland.

Während heutzu­tage die Erin­nerung an den Wider­stand gegen den Anschluss an den Nation­al­sozial­is­mus nur noch in Nis­chen stat­tfind­et (an den Sozialdemokrat­en und Antifaschis­ten Max Braun erin­nert z.B. nur eine kleine Seit­en­straße in einem Saar­brück­er Wohnge­bi­et) und die auss­chließlich pos­i­tive Erin­nerung an das Ergeb­nis der Saarab­stim­mung, z.B. durch die “Straße des 13.Januar” und die Gedenk­tafel an der Saar­brück­er Wart­burg weit­er­hin unkom­men­tiert ste­hen bleibt, bricht im Zuge des 60. Jahrestages der Bom­bardierung von Saar­brück­en durch alli­ierte Luft­stre­itkräfte im Okto­ber let­zten Jahres eine weit­ere Form spez­i­fisch deutsch­er Erin­nerung durch. Die Täter von damals wer­den zu Opfern eines völ­lig aus dem Zusam­men­hang des übri­gen Kriegs­geschehen geris­se­nen “Bombenkrieges” stil­isiert. Dabei wird bewusst außen vorge­lassen, dass ger­ade Ereignisse wie die Saarab­stim­mung und ihre Fol­gen, näm­lich die Errich­tung des nation­al­sozial­is­tis­chen Ver­nich­tungsap­pa­rates und die Aus­löschung jüdis­chen Lebens auch im Saar­land, die Bom­bardierun­gen deutsch­er Großstädte und die daraus resul­tierende Zer­schla­gung des Nation­al­sozial­is­mus notwendig gemacht haben.

Die Antifa Saar / Pro­jekt AK fordert ein Ende der ein­seit­i­gen Erin­nerungskul­tur im Zusam­men­hang mit dem 13.Januar 1935 und eine angemessene Würdi­gung der weni­gen Antifaschis­ten, die sich bis zulet­zt und teil­weise unter Ein­satz ihres Lebens gegen den Anschluss der Saar an das nation­al­sozial­is­tis­che “Deutsche Reich” gewehrt haben.
Wir schließen uns der Forderung der AKTION 3.WELT SAAR vom 08.Januar 2005 nach ein­er Platzbe­nen­nung nach dem Sozialdemokrat­en Max Braun an.

Antifa Saar / Pro­jekt AK

Bericht zu den Aktionen am 05.Oktober 2004 auf dem Hauptfriedhof in Saarbrücken

60 Jahre Bom­bardierung von Saarbrücken
Der 60. Jahrestag der Bom­bardierung Saar­brück­ens im Okto­ber 1944 durch die britis­che Luft­waffe wurde in Saar­brück­en von eini­gen ewig gestri­gen inklu­sive der “Saar­brück­er Zeitung” genutzt, um die Verkehrung von Tätern und Opfern weit­er voranzutreiben. AntifaschistIn­nen nutzten die Kranznieder­legung sowie die abendliche Schweigeminute für Protest und Freudenfeuerwerk.

Am 5.Oktober 1944 bom­bardierte die Roy­al Air Force unter dem Kom­man­do von Sir Arthur Har­ris die Saar­brück­er Innen­stadt. Ver­gan­genen Dien­stag jährte sich dieser Tag nun zum 60. Mal, was für Geschicht­sre­vi­sion­is­ten wie den Volks­bund deutsche Kriegs­gräber­für­sorge und andere (echte, keine “Neo-”) Nazis ein willkommen­er Anlass war, sich darüber zu bekla­gen dass die armen Deutschen doch am meis­ten lei­den mussten… sowohl unter Hitler wie natür­lich ganz mas­siv unter dem “alli­ierten Bombenterror”.
Schon Anfang dieses Jahres begann die “Saar­brück­er Zeitung” (SZ) mit ihrer Suche nach Zeitzeu­gen der Bom­bardierung Saar­brück­ens 1944, um dann rechtzeit­ig zum Jahrestag die rührseli­gen Berichte eben­jen­er präsen­tieren zu kön­nen. Es wird gejam­mert, wie schlimm es damals doch war, als die Bomben­tep­piche der Roy­al Air Force auf Saar­brück­en niedergin­gen. Anfang Sep­tem­ber startete die SZ eine wöchentliche Serie, wo groß­for­matig diejeni­gen zu Wort kamen, die 1944 an den Flak­bat­te­rien auf alli­ierte FLieger schossen, im Luftschutzbunker für den Führer beteten oder im Arbeits­di­enst eifrig für die deutsche Kriegswirtschaft schraubten. Forciert wurde diese zur Schau getra­gene Verkehrung der Täter, die sich 1935 bei der ersten Saarab­stim­mung mit 90,76% der Stim­men für “Heim ins Reich”, also den Anschluss des Saarge­bi­etes an das deutsche Reich, entsch­ieden haben, zu Opfern von SZ-Redak­teur Dieter Gräb­n­er, der pünk­tlich zum Jahrestag sein Buch “Über uns Feuer und Verder­ben” veröf­fentlichte, wo eben jene sog. Zeitzeu­gen zu Wort kommen.

Höhep­unkt dieser Kam­pagne war nun der eigentliche Jahrestag selb­st, näm­lich der 5.Oktober 2004. 60 Jahre, nach­dem die antifaschis­tis­chen Luft­stre­itkräfte den Nazis an der Saar so langsam aber sich­er den Spaß am Nazi­sein ver­dar­ben, sollte nun eine offizielle Kranznieder­legung am “Fliegeropfer­feld” des Saar­brück­er Haupt­fried­hofs sowie eine abendliche Schweigeminute, Sire­ne­nalarm und Glock­läuten zum Gedenken der Bombenopfer stattfinden.

Die Kranznieder­legung, 17:00 Uhr, Haupt­fried­hof Saarbrücken
Wirk­lich viel war nicht los an diesem son­ni­gen Nach­mit­tag, als wir am “Fliegeropfer­feld” ein­trafen. Ein aus Saar­louis angekar­rter Kirchen­chor trällerte herzzer­reis­sende Trauer­lieder, und die weni­gen Anwe­senden unter­hiel­ten sich über den schlecht­en Zus­tand, in dem sich ihre Tra­di­tionsvere­ine, wie z.B. der Volks­bund deutsche Kriegs­gräber­für­sorge (VdK) oder die Fallschir­mjäger-Kam­er­ad­schaft doch befän­den. So langsam aber sich­er ver­ab­schieden sich die alten Nazis halt auf natür­lichem Wege. Anwe­send und in über­aus freudi­ger Erwartung auf “sein” Event war der Lan­desvor­sitzende des VdK, CDU-Mit­glied und MdL Kurt Schoe­nen. Er begrüßte fre­undlich die langsam ein­trudel­nde Trauerge­meinde sowie die Ver­ant­wortlichen und Repräsen­tan­tInnen der Stadt Saar­brück­en und freute sich wie ein Kind darüber, dass erstaunlicher­weise so viele junge Leute vor Ort waren. Seine Frage, ob wir denn die Leute wären, die die Kerzen auf den Grab­steinen anzün­den soll­ten, mussten wir aber dann doch mit einem nicht zu ver­heim­lichen­den Lächeln verneinen.
Als dann gegen vier­tel nach fünf auch die neugewählte Ober­bürg­er­meis­terin Char­lotte Britz (SPD) und ihr Stel­lvertreter, Bürg­er­meis­ter Kajo Breuer (Grüne), vor Ort waren, sollte die Zer­e­monie beginnen.
Just in diesem Moment dürfte Her­rn Schoe­nen dann schla­gar­tig klar gewor­den sein, was die jun­gen Leute auf diesen, in der Regel den Alten vor­be­hal­te­nen Ort, trieb: für alle sicht­bar wurde ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift “Wir danken den Alli­ierten für die Befreiung vom Nation­alssozial­is­mus! Deutsche Täter sind keine Opfer!” entrollt und die Fah­nen der Alli­ierten sowie die der Antifaschis­tis­chen Aktion geschwenkt.
Sichtlich geschockt, pikiert oder irri­tiert reagierte die anwe­sende Trauerge­meinde, führte jedoch ihr Pro­gramm fort. So hielt Kurt Schoe­nen (VdK, CDU) eine Rede, die recht klar stellte, wes Geistes Kind er ist. Die Bombenopfer von Coven­try (Eng­land), das zu Kriegs­be­ginn von der nation­al­sozial­is­tis­chen deutschen Wehrma­cht ange­grif­f­en wurde, wur­den gegen die Toten von Saar­brück­en aufgerech­net, und Kurt Schoe­nen kam zu einem ein­deuti­gen Ergeb­nis: während der Angriff auf Coven­try nur um die 500 Tote forderte und der auf Saar­brück­en über 1000, Coven­try aber dreimal soviel Ein­wohn­er wie Saar­brück­en hat­te, war logis­cher­weise die Ver­lus­trate für Saar­brück­en deut­lich höher. Fol­glich ergibt sich, was die Nazis schon immer wussten: die notwendi­gen Luftschläge gegen das “Dritte Reich” waren ein Krieg gegen unschuldige Zivilis­ten und ungle­ich schlim­mer als die paar Toten, die durch NS-Bomben starben.
Dann wur­den die Schleifen an den Gedenkkränzen aufgeklappt (ein Kranz vom VdK, ein­er von der Stadt Saar­brück­en), ein paar Fotos für Presse geschossen und noch ein Lied­chen geträllert, und dann war diese unheil­volle Ver­anstal­tung zu Ende. Ange­führt von fack­el­tra­gen­den Feuer­wehr-Leuten marschierten die Trau­ri­gen nun noch zum sog. “Zwangsar­beit­er­feld”, wo für jene Zwangsar­beit­er ein Kranz niedergelegt wurde, welche der Bom­bardierung der Stadt zum Opfer fie­len. Ob es die Anwe­senden eher schade um die ver­lorene bil­lige Arbeit­skraft fande, sei mal dahingestellt.
Im Vor­beige­hen gab es noch ein paar Kom­mentare in Rich­tung der AntifaschistIn­nen (“Ich hab’ den ganzen Feuerza­uber über­lebt” –> “Schade!” oder “Euch gehts doch viel zu gut!” — Danke, auf volks­ge­mein­schaftlich­es Leid verzicht­en wir gerne), einzig Bürg­er­meis­ter Breuer fand es “gut, dass ihr da seid.”

Gut gelaunt und erfreut darüber, den alten Nazis doch ein bißchen ans Bein gepisst zu haben, ver­ließen wir nun den Ort volks­deutsch­er Trau­rigkeit und macht­en uns auf den Nachhauseweg.

Schweigeminute, 20:30 Uhr
Teil 2 dieses schö­nen Tages begann ein paar Stun­den später. Punkt 20:30 Uhr heul­ten die Sire­nen im Dauer­ton, und sämtliche Kirch­tur­m­glock­en der statt läuteten. Schweigeminute nan­nte man das, um den deutschen Opfern der Bom­bardierung zu Gedenken. Par­tysig­nal, dacht­en sich einige geschichts­be­wusste AntifaschistIn­nen und entzün­de­ten ein kleines Freuden­feuer­w­erk mit Raketen, Böllern und far­ben­fro­hen Fontä­nen, um die Zer­schla­gung Nazideutsch­lands, an der die Luftschläge gegen deutsche Großstädte einen großen Anteil hat­ten, gebührend zu feiern.

Alles in Allem ein ereignis­re­ich­er und von antifaschis­tis­ch­er Seite aus sehr erfol­gre­ich­er Tag, der gebührend been­det wurde. Wir wer­den uns auch weit­er­hin zu Wort melden, wenn sich alte und neue Nazis dafür stark machen, die Täter zu Opfern zu stil­isieren, die Geschichte zu ver­drehen und die Ver­brechen des deustchen Faschis­mus zu ver­harm­losen. Deutsche Täter wer­den niemals Opfer sein.

Auch veröf­fentlicht auf indy­media: http://de.indymedia.org/2004/10/96055.shtml