Zum Mord an Samuel Yeboah: Interview mit Mitgliedern der ehemaligen Antifa Saarlouis
Wir haben mit Richard und Ilja gesprochen. Beide waren in den 90er Jahren in der Antifa Saarlouis aktiv. Mit ihnen haben wir über die damalige Zeit gesprochen um bewusst zu machen, wie kurz nach dem rassistischen Mord an Samuel Yeboah in Saarlouis mit Neonazis, aber auch dem antifaschistischen Widerstand gegen diese umgegangen wurde. Wir wollen damit aufzeigen, welche Stimmung in der Festungsstadt herrschte und wie fest verankert die rechte Szene in Saarlouis war. Aber lest selbst:
Antifa Saar / Projekt AK: Anfang August 2020 wurde bekannt, dass die Ermittlungen zum Mord an Samuel Yeboah wieder aufgenommen wurden — für euch eine Überraschung?
Richard: Nach nun 29 Jahren bin ich sehr überrascht gewesen, dass die Ermittlungen erneut aufgerollt werden. Noch erstaunlicher finde ich jedoch die Abgabe an die Bundesanwaltschaft und auch die interne polizeiliche Ermittlungsgruppe, die gegründet wurde, um, wie es so schön heißt, “Ermittlungsversäumnisse” aus der damaligen Zeit aufzuarbeiten. Uns selbst war ja die politische Tragweite der regionalen Neonazistruktur und deren bundesweite Bedeutung stets bewusst und gleichsam war es durchgängiger Duktus von Land, Stadt und Polizei die Situation in Saarlouis herunterzuspielen, zu entpolitisieren und zu einem „Konflikt zwischen Jugendgruppen“ zu banalisieren.
Antifa Saar / Projekt AK: Ihr wart über viele Jahre in Saarlouis in antirassistischen und antifaschistischen Gruppen organisiert. Saarlouis galt auch überregional über ein ganzes Jahrzehnt hinweg als bundesweite Neonazihochburg. Wie ist eure Einschätzung hierzu?
Ilja: So ist es. Saarlouis hat sich bereits in den 80ern, spätestens jedoch in den 90er Jahren zu einer bundesweiten Neonazihochburg entwickelt. Hier entstand ein Brennpunkt dessen, was die bundesweite rechte Szene in den 90er Jahren aufzubieten hatte: Übergriffe, Brand- und Bombenanschläge bis hin zu rassistischem Mord, Neonaziparteien, Freien Kameradschaften, Aufmärschen und so genannter „National Befreiter Zone“. All das war in Saarlouis gegeben, in einer Verdichtung und Vehemenz, die in Westdeutschland ihresgleichen suchte. Und mit Blick auf die gravierende Anzahl an rechten Gewalttaten, Brand- und Bombenanschlägen, wäre eine aufmerksame Staatsanwaltschaft naheliegend auch von einer rechtsterroristischen Struktur ausgegangen.
Die Ereignisse in Saarlouis waren ja nicht das Resultat einer spontan agierenden, versoffenen rechten Skinheadgruppierung. Die bundesweiten Strategiedebatten der radikalen Rechten fanden starken Anklang in Saarlouis. Die örtlichen Nazistrukturen waren oftmals sogar Vorreiter in der Praxis. Als Anfang der 90er Jahre die FAP zu Brand- und Bombenanschlägen gegen Flüchtlingsunterkünfte mobilisierte, war Saarlouis die Stadt, in der zumindest im Westen die ersten Brandanschläge verübt wurden. Samuel Yeboah war in dieser rassistisch motivierten Brandanschlagsserie meines Wissens nach der erste Tote in Westdeutschland. Bedingt durch die konzeptionelle Anlehnung an FAP und NF kam es bis in die Mitte der 90er Jahre zu einer ganzen Welle an Brandanschlägen und versuchten Bombenanschlägen. Mitte der 90er Jahre orientierte sich die regionale Szene zunehmend am Konzept der Freien Kameradschaften und der Strategie zur Schaffung so genannter “National befreiter Zonen”. Zu jener Zeit wurde aus den bisherigen Strukturen auch die Kameradschaft Saarlautern gegründet, welche in den folgenden Jahren im Saarland und Süd-Westdeutschland im Kameradschaftsspektrum federführend war.
Antifa Saar / Projekt AK: Weshalb gerade Saarlouis?
Ilja: Dass sich die Szene gerade in Saarlouis so stark entwickeln konnte, hatte mehrere Ursachen: Bereits Ende der 80er Jahre gab es in der Region Saarlouis und Dillingen eine rechte Skinheadgruppierung. Hier liegen auch die Wurzeln der späteren Strukturen, zum Teil auch in personeller Kontinuität. Dass Saarlouis aber zu einer Hochburg wurde, dazu hat es mehr bedurft. Die meiner Ansicht nach zentralen Aspekte möchte ich kurz benennen:
1. Führungskräfte bzw. Neonazikader mit der Fähigkeit, die bereits vorhandenen Strukturen auszubauen, zu halten, Nachwuchs zu rekrutieren und politisch auf Linie zu bringen. Die zentralen Führungspersonen aus Saarlouis waren zu Beginn der 90er Jahre sehr gut bundesweit vernetzt, politisch geschult und zielstrebig im Aufbau einer nachhaltigen politischen Struktur.
2. Ein Sozialraum, sei es Stadt, Dorf oder Stadtteil, in dem es keinen oder wenig Widerstand gegen die Ausbreitung gibt. Saarlouis ist hierbei ein extremes Negativbeispiel. Nicht nur, dass es sehr lange an Widerstand mangelte, fatal war die Bereitstellung von Räumlichkeiten für Neonazis im Rahmen eines Sozialarbeiterprojektes. Den Neonazis wurde somit quasi eine offizielle Einladung erteilt, welche dankend angenommen wurde und in den folgenden Jahren im erheblichen Maße zur Nachwuchsrekrutierung und sozialräumlichen Verankerung beigetragen hat. So durften sie auf Räume für regelmäßige Treffen zurückgreifen, das Faxgerät benutzen etc.
3. Saarlouis, die saubere Einkaufsstadt. Saarlouis hat gerade zu Beginn der 90er Jahre versucht, sich als die saubere, moderne Einkaufsmetropole zu etablieren. Obdachlose, Punks, MigrantInnen etc. waren in der Innenstadt unerwünscht. Die Stadtverwaltung hat hier unter anderem auf polizeiliche Repression gesetzt und rechten Gruppierungen mehr oder weniger „Rosen auf den Weg gestreut“.
4. Fehlende Repression gegen rechte Gewalt spielt sicherlich auch eine Rolle. Der Mord — ungeahndete Mord — an Samuel Yeboah, sowie zahlreiche unaufgeklärte Brand- und Bombenanschläge wurden von der Szene als Freifahrtschein verstanden. Zudem gab es eine Vielzahl an körperlichen Übergriffen, die folgenlos blieben.
5. Die fehlende Unterstützung von antifaschistischen und antirassistischen Initiativen hat ebenfalls ihren Beitrag geleistet. Antifaschistische Initiativen wurden hier als störend behandelt, politisch unerwünscht und auf vielschichtigen Ebenen von Stadtverwaltung, Lokalpresse und Polizei diffamiert und kriminalisiert. Höhepunkt war hier das Vorgehen gegen den antifaschistischen Infoladen im Jahr 1997. Eine dort stattfindende antifaschistische Aktionswoche wurde als Provokation der Neonaziszene verstanden und es gab massiven Druck von Stadt und Polizei diese Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen. Selbst die Saarlouiser Grünen, hier vor allem in Person von Hubert Ulrich, damals aktiv im SBS e.V. Trägerverein und Vermieter der Räumlichkeiten des Infoladens, übten Druck aus und versuchten die Veranstaltung zu untersagen. In der Veranstaltungswoche kam es dann zu einem Angriff von Neonazis auf Besucherinnen und Besucher des Infoladens mit mehreren Verletzen und einem Aufsehen erregenden Polizeieinsatz. Doch statt sich zu solidarisieren, wurde der Mietvertrag für den Infoladen gekündigt und über Nacht die Türschlösser ausgetauscht.
Antifa Saar / Projekt AK: Aus dem NSU — Komplex wissen wir über Verstrickungen des Verfassungsschutzes in rechte Netzwerke und deren Anschlagsaktivitäten. Wie schätzt ihr die Situation im Saarland, speziell in Saarlouis, ein?
Richard: Wie in den meisten bedeutsamen Neonazistrukturen ist auch in Saarlouis von V‑Leuten innerhalb der Naziszene auszugehen. Auch wissen wir, dass auch innerhalb der rechten Szene, „Führungskräfte“ der Saarlouiser Struktur, als Verbindungsleute des saarländischen Verfassungsschutzes gehandelt wurden. Aktuell werden hier von staatlich unabhängigen Stellen einige Informationen zusammengetragen, um ein besseres Bild zu bekommen. Insbesondere gilt es zu prüfen, inwieweit die Führungsstruktur der „Kameradschaft Saarlautern“ unter der Führung des saarländischen Verfassungsschutzes stand und wie deren Beteiligung an der Anschlagsserie ausgesehen hat. Die statistische polizeiliche Aufklärungsrate bei den sogenannten “Straftaten gegen das Leben”, also durchgeführten oder versuchten Tötungsdelikten, liegt in Deutschland bei ca. 95 Prozent. Mindestens 14 Brand- und Bombenanschläge allein im Raum Saarlouis, als Teil einer neonazistischen Anschlagsserie, sind bis heute unaufgeklärt. Eine statistische Aufklärungsquote von null Prozent! Das ist allein mit Dilettantismus nicht zu erklären. Das heißt, neben dem Verfassungsschutz sind auch die polizeilichen Maßnahmen in den Blick zu nehmen. Erstaunlicherweise wurde das ja im Zuge des jetzt neu aufgerollten Verfahrens auch von der Staatsanwaltschaft erkannt und eine interne Ermittlungsgruppe gegründet. Ohne parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit zivilgesellschaftlicher Beteiligung wird jedoch eine weitreichendere Aufklärung nicht möglich sein.
Antifa Saar / Projekt AK: Warum und wie habt ihr damals die Antifa Saarlouis gegründet?
Richard: Bevor es mit den Brandanschlägen im Raum Saarlouis begann, gab es ja bereits eine militante Rechte im Raum Saarlouis. Zu Beginn überwiegend im rechten Skinheadspektrum zu verorten. Anfang der 90er kam es hier zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen türkischen und kurdischen Jugendlichen und der regionalen Naziszene. Später dann ja auch zu den rassistisch motivierten Brandanschlägen. Damalige türkische und kurdische Mitschüler berichteten zunehmend von rechten Übergriffen und von der Angst vor Brandanschlägen. Das Klima veränderte sich und vor allem für MigrantInnen, Punks, Obdachlose wurde die erstarkende Neonaziszene zu einer realen Bedrohung. Hier sehe ich auch Ähnlichkeiten zum NSU-Komplex. Auch hier wurde die Bedrohung sehr früh und klar von den der türkisch/kurdischen Community erkannt, während der Rest der Gesellschaft noch völlig blind für die Entwicklung war. Ohne die türkischen und kurdischen Freunde wären diese Entwicklungen auch an mir vermutlich vorbeigegangen. Gleichsam gab es kein Vertrauen in Polizei und Behörden. Die meisten dieser migrantischen Jugendlichen hatten in irgendeiner Form bereits Erfahrungen mit rassistischer Polizeigewalt machen müssen.
An den Wochenenden begannen sich dann die ersten türkischen und kurdischen Leute zu organisieren, und zum Schutz vor Brandanschlägen nachts Häuser und Einrichtungen abzusichern. Das war der eigentliche Beginn meiner Politisierung. Zusammen mit anderen MitschülerInnen wurden Solidaritätsdemonstrationen organisiert und am Wochenende der Schutz mit organisiert.
Parallel hierzu entstand in Saarlouis eine alternative linke Szene. Überwiegend bestehend aus sehr jungen Menschen, Punks, Skatern etc.. Diese Gruppe geriet zunehmend in den Fokus der Saarlouiser Neonaziszene. Es kam gehäuft zu rechten Übergriffen und einer Verlagerung der rechten Szene aus den Randgebieten in die Innenstadt. Und auch hier haben Polizei und Politik völlig versagt. Es war zu der Zeit politischer Wille, die entstehende linke Jugendbewegung zum Abschuss freizugeben. Ich kann mich noch gut an ein Sommerwochende 1994 im Saarlouiser Stadtpark erinnern. Der damalige Treffpunkt linker Jugendlicher. Es gab zuvor schon einige Übergriffe von Neonazis, an jenem Wochenende jedoch in größerer und offensichtlich organisierter Form. Ca. 40 Neonazis hatten sich zusammen mit einem lokalen Military-Verein zusammengetan und einen Übergriff gestartet. Einigen Jugendlichen ist es gelungen zu flüchten und die Polizei zu verständigen. Diese kam, parkte mit etwas Abstand zum Geschehen und schaute dem ganzen völlig unbeteiligt zu. Im Nachgang wurde der Übergriff von der Polizei sogar noch abgestritten. Ähnliche Vorfälle sollten sich in den folgenden Wochen wiederholen. Die Message war somit allen klar: MigrantInnen, Punks, Obdachlose, eben so ziemlich alle, die nicht in das Saubermann-Image der Stadt passten, sollten selbst schauen, wie sie klarkommen. Das war für uns zentraler Moment und führte zur Einsicht in die Notwendigkeit eine antifaschistische Selbsthilfe zu organisieren. Viele der Jugendlichen und jungen Menschen aus der alternativen Szenen begannen die Stadt zu meiden und zogen sich zurück. Andere hingegen begannen sich zu treffen und gemeinsam zu überlegen, was zu tun sei. Es wurde Kontakt zu anderen saarländischen antifaschistischen Gruppen aufgenommen, sich ausgetauscht und geschaut, was möglich ist. Mit den verbliebenen Leuten wurde schließlich die Antifa Saarlouis gegründet, verbunden mit der Idee, den Nazis nicht die Stadt zu überlassen, sondern Widerstand zu leisten und auch anderen in der Region die Möglichkeit zu geben, sich zu organisieren bzw. eine Anlaufstelle zu haben.
Antifa Saar / Projekt AK: Was habt ihr für Aktionen gemacht, wie sah euer Alltag aus?
Ilja: Zu Beginn war es wichtig, sich erstmal einen Überblick zu verschaffen, mit wem wir es hier eigentlich zu tun haben. Recherchearbeit war am Anfang also ein erheblicher Teil unserer Arbeit. Wir wussten ja, dass die regionale Neonaziszene extrem gewalttätig ist und mit Blick auf die Brandanschläge und den Mord an Samuel Yeboah auch bereit ist, bis zum Äußersten zu gehen. Parallel ging es also auch darum, den Selbstschutz zu organisieren und im Falle von weiteren Übergriffen angemessen reagieren zu können. Strategie der Neonazis war es ja, Saarlouis zu einer Art „National befreiten Zone“ zu machen. Also einem Ort, der nach ihrer Vorstellung, frei ist von alle dem, was nicht in ihr Naziweltbild passt. Die Frage war eben auch, wie wir uns dem entgegenstellen können. Seitens der Stadt, Polizei oder auch ortsansässiger Parteistrukturen war keine Unterstützung zu erwarten. Mit dem Projekt „akzeptierende Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen“ waren ja auch kommunalpolitische Strukturen im erheblichen Maße an dem Erstarken der rechten Szene und somit im Endeffekt auch der Umsetzung der Idee „National Befreiter Zonen“ beteiligt. Wichtig war es uns auch, sich mit anderen antirassistischen Projekten und Organisationen zu vernetzen und Unterstützung zu erhalten. Wir hatten dann auch zu dieser Zeit ein ganz gutes Mobilisierungspotential für antifaschistische Aktionen. Es gab Aktionen gegen die in Saarlouis stattfindenden Naziaufmärsche und eigene Kundgebungen und eigene Demonstrationen.
Richard: Ende 96, Anfang 97 wurde in Saarlouis, im damaligen Kulturzentrum KOMM, von uns der „Antifaschistische Infoladen Bambule“ eröffnet. Für die regionale Naziszene, mit ihrem Vorhaben der „National Befreiten Zone“, natürlich eine Katastrophe. Ein antifaschistischer Infoladen inmitten einer bundesweiten Neonazihochburg war sehr brisant. Mit dem Infoladen wurde ein wichtiger Anlaufpunkt geschaffen, an den sich Betroffene von Nazigewalt wenden und lokale AntifaschistInnen sich treffen konnten. Im Sommer 1997 fand eine antifaschistische Aktionswoche im Infoladen statt. Mit zahlreichen Veranstaltungen, Filmvorführungen etc.
Mit dem Infoladen war uns somit auch die Möglichkeit gegeben, eine Art Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Informationsveranstaltungen über die regionale Naziszene oder das Projekt der „akzeptierenden Sozialarbeit mit rechten Jugendlichen“, stießen hierbei auf besonderen Widerstand. Stadt, Polizei, und auch einigen Lokalpolitiker versuchten gemeinsam mit der Naziszene die Veranstaltungen zu verhindern. In der Aktionswoche mobilisierten die Neonazis überregional um die Veranstaltungen zu verhindern. Statt Solidarität gab es auch seitens der Stadt und Politik, Presse etc. nur Gegenwind, ja eigentlich aktive Sabotage. Die Antifa Saarlouis und der Infoladen waren ein Störfaktor, NestbeschmutzerInnen in einer Stadt, die schon lange ihren Frieden mit der regionalen Naziszene gemacht hatte.
Antifa Saar / Projekt AK: Was war denn wirksam?
Ilja: Zentral war es Strukturen zu gründen. Raus zu kommen aus der Vereinzelung, sich zu treffen, sich zu vernetzen und einen gemeinsamen Raum für Ideen und Widerstand entstehen zu lassen. Aus den bestehenden Rechercheerkenntnissen entstand eine wichtige Öffentlichkeitsarbeit — Flugblätter, Broschüren und Pressearbeit über die Naziszene, deren zentrale Protagonisten und deren Involvierung in organisierte Nazistrukturen, Übergriffe usw.. Für die meisten Neonazis war es unangenehm aus der Anonymität herausgerissen zu werden und dass ihre Taten in Nachbarschaft und beim Arbeitgeber etc. bekannt wurden. Zudem war es wichtig eine Gegenöffentlichkeit zu bilden. Obgleich es dutzende rechte Übergriffe gab, war es Strategie der Nazis, sich u.a. auch mit Unterstützung des Soziarbeiterprojekts, lediglich als harmlose Jugendgruppe darzustellen. Diese Strategie konnte jedoch durch Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung gut durchkreuzt werden.
Richard: Gleichzeitig war es unabdingbar, den Neonazis auch auf der Straße Widerstand entgegenzubringen. Wir wussten ja von deren gewaltsamem Vorgehen gegen politische GegnerInnen und waren entsprechend vorbereitet. Zudem waren uns ja fast alle von denen bekannt und entsprechend konnte auch auf Übergriffe oder Bedrohungen unmittelbar reagiert werden. Der Kampf um die Straße bedeutete für die Neonazis ja übersetzt, gewaltsame Übergriffe zu begehen. Darauf waren wir eingestellt. Für die Saarlouiser Neonaziszene bedeute dies eine komplett neue Erfahrung. Effektiver militanter antifaschistischer Widerstand war neu. Die rechte Szene war zunehmend verunsichert. Zu besten Zeiten standen sie unter unserer ständigen Beobachtung und Observation und sämtliche Übergriffe wurden auf mehreren Ebenen beantwortet. Die Anzahl an Übergriffen auf Migranten und Andersdenkende hat zu dieser Zeit drastisch abgenommen. Die Nazis hatten plötzlich ein Problem. Genaues Hinsehen und Widerstand schränkten ihre herkömmlichen Aktionsmöglichkeiten enorm ein.
Antifa Saar / Projekt AK: Danke für das Interview. Bleibt stabil!
Antifa Saar / Projekt AK im Dezember 2020