Die neue Ausgabe der Saarbrücker Hefte hat als Titelthema den Mord an Samuel Yeboah und den Umgang der saarländischen Behörden und der Öffentlichkeit damit. Im Leitartikel von Wilfried Voigt wird auf die schlechten Ermittlungen durch Polizei und Staatsschutz eingegangen.
Dem einleitenden Artikel folgt eine Chronologie nazistischer Gewalt im Saarland, die auf den Recherchen der Antifa Saar beruht. Auf den folgenden acht Seiten werden hier Brandanschläge, Bombenanschläge, Attentate, schwere Gewalttaten, gewalttätige Übergriffe und Mordversuche aufgelistet, die durch organsisierte Nazis, rechte Skins und Rassist_innen seit 1990 im Saarland begangen wurden. Es sind unzählige Einträge zu Verbrechen, die selbst in dieser nüchternen Aufzählung die Qualität des allgegenwärtigen rassistischen Terrors erahnen lassen. Wir müssen leider davon ausgehen, dass die Dunkelziffer groß ist, dass weitere Gewalttaten nicht öffentlich bekannt wurden und nicht in der Chronik erfasst werden konnten. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Aus der Presse
Saarbrücker Lehrer fliegt aus dem Schuldienst
Der Saarbrücker Lehrer Markus Breidt aus Scheidt wurde wegen seiner extrem rechten Umtriebe aus dem Schuldienst entlassen. Der Aktivist der Naziszene ist in Saarbrücken in den letzten Jahren oft aufgefallen, sei es bei Naziveranstaltungen, aber auch im Umfeld von bürgerlichen oder sogar alternativen Veranstaltungen. Haltet die Augen offen!
Zu den Hintergründen der Kündigung und zum Prozess gegen Markus Breidt empfehlen wir die Lektüre dieses gut recherchierten Artikels in der Saarbrücker Zeitung:
Beschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht erfolglos : Rechtsextremer Saar-Lehrer besorgte sich illegal Waffen – Fristlose Kündigung rechtens
Von Daniel Kirch, Saarbrücken. Ein Lehrer, der in der rechten Szene verkehrte und sich illegal mit Waffen eindeckte, darf im Saarland nie mehr unterrichten. Die fristlose Kündigung hatte in einem fast dreijährigen Rechtsstreit Bestand. Ganz abgetaucht ist der entlassene Pädagoge aber nicht.
Farce um Franz-Josef Röder (NSDAP, CDU) erregt bundesweit aufsehen
Die saarländische Posse um die Reinwaschung des ehemaligen NSDAP-Aktivisten und späteren CDU-Ministerpräsidenten Franz-Josef Röder geht in die nächste Runde und erregt mittlerweile bundesweit Aufsehen. Dem saarländischen Landesarchivar Peter Wettmann-Jungblut ist dabei sogar der Vergleich Röders mit Oskar Schindler nicht zu dumm, auch wenn er auf Nachfrage einräumen muss, dass Röder „wohl keinen einzigen Juden“ gerettet habe. Weiterlesen
Frankfurter Rundschau: “Nach Enthüllung: FDP distanziert sich von Burschenschaft”
Frankfurter Rundschau vom 26. September 2011
Nach Enthüllung: FDP distanziert sich von Burschenschaft
Von Felix Helbig
Der Altherrenvorstand der Saarbrücker Ghibellinia hat nach den Enthüllungen der Frankfurter Rundschau über rassistisches Gedankengut in der Burschenschaft seinen Rücktritt eingereicht. CDU und FDP distanzieren sich nun deutlich von der Verbindung.
Die Enthüllungen über rassistisches Gedankengut in der Saarbrücker Burschenschaft Ghibellinia schlagen weiter hohe Wellen. Neben der Saar-CDU distanziert sich auch die FDP deutlich von der schlagenden Verbindung. „Die Liberalen pflegen in keiner Weise eine besondere Nähe zur Ghibellinia“, sagte der stellvertretende FDP-Landeschef Sebastian Greiber der Frankfurter Rundschau. Zwar habe er im vergangenen Jahr auf einer Festveranstaltung zum 130-jährigen Bestehen der Burschenschaft ein Grußwort gehalten. „Der Satz ‘Die Flamme der Burschenschaft möge in unserem wunderschönen Saarland ewig brennen’ ist dort aber nie gefallen“, sagte Greiber. Vielmehr habe er die versammelten Burschen mit einem Zitat des französischen Sozialisten Jean Jaurés dazu aufgerufen, ihre Tradition „nicht nur rückwärts gewandt zu verstehen, sondern im Heute zu leben.“
Vor der Zerreißprobe
Hintergrund ist ein internes Papier der Burschen, das die Frankfurter Rundschau und die Berliner Zeitung veröffentlicht hatte. Darin berichten die Ghibellinia-Aktiven über vermeintliche Pogrome, bei denen sie „Neger gelyncht“ hätten, und laden zur „Negerjagd“ in Afrika ein. Bei Veranstaltungen der Burschenschaft waren in der Vergangenheit wiederholt Spitzenpolitiker von der Saar aufgetreten. „Von solchen Einlassungen kann man sich gar nicht genug distanzieren“, sagte Greiber. Bei seinem Auftritt habe es aber keinerlei Anzeichen für entsprechendes Gedankengut in der Ghibellinia gegeben. Vielmehr seien dort zahlreiche honorige Persönlichkeiten aufgetreten. „Wenn das Papier den Tatsachen entspricht, werde ich dort bestimmt nicht mehr auftreten“, so Greiber. Ähnlich hatte sich auch der CDU Generalsekretär Roland Theis geäußert, der von „abstoßendem und widerlichem Gedankengut“ sprach.
Vor einer Zerreißprobe steht nach den Enthüllungen indessen die Burschenschaft. Wie die FR erfuhr, hat der Altherrenvorstand der Ghibellinia seinen Rücktritt eingereicht, er äußerte sich demnach „entsetzt“ und „zutiefst enttäuscht“ über die „unsäglichen“ Einlassungen der jüngeren Aktiven. Gegen den Verfasser des Papiers, das als Protokoll eines Generalconvents der Burschenschaft verschickt worden war, müsse vorgegangen werden.Bei den Aktiven sieht man die Veröffentlichung des Papiers derweil als Supergau. Die Verbreitung könne den Fortbestand der Ghibellinia „ernsthaft in Gefahr“ bringen. Gleichzeitig heißt es intern weiter, die Mehrheit der Aktiven würde das Protokoll als witzig ansehen. Es gebe keinen Grund, gegen den Verfasser vorzugehen.
Frankfurter Rundschau: “Eine Burschenschaft und ihre Spitzenpolitiker”
Frankfurter Rundschau vom 22. September 2011
Am rechten Rand
Eine Burschenschaft und ihre Spitzenpolitiker
Von Felix Helbig
Unserer Redaktion wurden Dokumente zugespielt, mit denen die Burschenschaft Ghibellinia in ein rechtsextremes Licht gestellt wird. Das Pikante: Hohe saarländische Volksvertreter pflegen regen Kontakt.
Die alten Herren mit den Mützen waren bester Laune. Ihre Burschenschaft, die stolze Ghibellinia zu Prag, hatte ein Jubiläum zu feiern an diesem Abend im Mai 2010 im Saarbrücker Schloss, der Saal war geschmückt, die Gästeliste konnte sich sehen lassen. Volker Linneweber, der Präsident der Universität des Saarlandes, hielt die Festansprache, der Generalsekretär der Saar-CDU, Roland Theis, übermittelte ein Grußwort des Ministerpräsidenten, er dankte der Ghibellinia „ganz herzlich“ für „ihr Engagement zur Wahrung gesellschaftlicher, demokratischer und freiheitlicher Werte“. Und Sebastian Greiber, der Vize-Landeschef der FDP, ermunterte die Burschen zu mehr Engagement und rief: „Die Flamme der Burschenschaft möge in unserem wunderschönen Saarland ewig brennen.“ Begeistert applaudierten die alten Herren den Männern ohne Mützen, die ihnen derart gewogen waren. Als das Fest sich dem Ende zuneigte, erklang im Saal das völkische Heimatlied „Deutsch ist die Saar“.
Keine harmlose Studentenverbindung
In Saarbrücken haben diese Auftritte im Frühjahr für einige Aufregung gesorgt. Nach einer Buchveröffentlichung, die ihre Reden bei der Ghibellinia dokumentierte, warfen sich Spitzenpolitiker im Saarland gegenseitig Kontakte zu dieser Burschenschaft vor, die schon länger im Verdacht steht, weit am rechten Rand zu stehen. Das Ganze habe sich dann aber „schnell versendet“, sagt CDU-Generalsekretär Theis der Frankfurter Rundschau und der Berliner Zeitung. Es habe ja jeder mit anderen prominenten Rednern bei der Ghibellinia argumentieren können. Mit dem früheren SPD-Ministerpräsidenten Reinhard Klimmt etwa. Mit dem Vorsitzenden der Synagogengemeinde Saar, Richard Bermann. Mit dem Universitätspräsidenten Linneweber. Und mit großen Namen aus CDU und FDP, zum Beispiel Rainer Brüderle.
Auch die Ghibellinia nannte stets sie als Aushängeschilder und Ausweis ihrer Unverfänglichkeit, die Burschen nennen sich „demokratisch“ und „überparteilich“. So sahen das auch CDU und FDP in der mit den Grünen regierenden Jamaika-Koalition. Es ist nur schlicht nicht richtig.
Dokumente, die uns zugespielt wurden, zeigen, dass die Ghibellinia vieles zu sein scheint, aber keine harmlose Studentenverbindung. Die 1880 in Prag gegründete Burschenschaft ist schon wegen ihrer Historie belastet, unter den frühen Mitgliedern finden sich stramme Nazis, ihr Gründer Karl Hermann Wolf war Antisemit. Und die heute Aktiven stehen ihren Vorbildern wenig nach. So zeigt das Protokoll eines Generalconvents der Verbindung im Januar dieses Jahres, wie es wirklich bestellt ist um das Weltbild der Bundesbrüder.
Zusammenarbeit mit der FDP
Demnach schwadronieren die Burschen in trauter Runde, sie hätten einen Brief des jüdischen Weltkongresses bekommen, in dem dieser sich entschuldige, „unseren AH Jury in der Vergangenheit geschmäht zu haben“. Der „Alte Herr“ Hugo Jury begann einst als Ghibelline, nach seiner Karriere in der NSDAP wurde er 1942 SS-Obergruppenführer. Laut Protokoll erwägen die Burschen, einen Film mit dem Titel „Jurys Liste“ zu drehen und neue Auflagen eines Buches zu drucken, mit dem anscheinend Adolf Hitlers „Mein Kampf“ gemeint ist.
So geht das weiter. „Es folgt ein kleines Progrom“, steht auf der zweiten Seite des Protokolls in mangelhafter Rechtschreibung. Beschrieben wird ein offenbar fiktives Pogrom der Burschen, bei dem „zur Feier des Tages vier Neger gelyncht“ werden, „die man vorher weiß getüncht“ habe. Unter „Veranstaltungen für das nächste Semester“ finden sich schließlich eine „Aktivenfahrt nach Namibia zur Negerjagd“ und „zwei wöchentliche Progrome“. Die Burschenschaft selbst stellt das Schriftstück, verfasst und verschickt von einem ihrer Aktiven, später intern als „Satireprotokoll“ dar. Auf Anfragen der Frankfurter Rundschau reagiert sie nicht.
Universitätspräsident Volker Linneweber spricht von „seriösen Leuten“ aus dem Saarland, die immer wieder zu ihm kämen, von Anwälten und Ärzten, die dann in seinem Büro säßen und ihn einladen würden zu Veranstaltungen der Ghibellinia. So sei das eben „in einem kleinen Land“. Mit dem Protokoll konfrontiert, sagt Linneweber, „muss ich natürlich sagen, dass ich erheblich schärfer hätte recherchieren müssen“. Die Burschen verhielten sich an der Hochschule aber „völlig unscheinbar“.
Roland Theis sieht das ähnlich. Der CDU-Generalsekretär hatte sich bislang gegen alle verwahrt, die „die Ghibellinia unter Extremismusverdacht stellen“, und die Burschen „honorige Männer“ genannt. Nach Ansicht des Protokolls spricht er von „abstoßendem und widerlichem Gedankengut“, das er „mit Abscheu“ zurückweise. Hatte die CDU die Burschen bislang auch mit Spenden unterstützt, komme er nun „zu einem anderen Ergebnis“, er sei „erschrocken und überrascht“.*
Dabei hätte nicht nur Theis schon viel früher erschrocken und überrascht sein können. Im Verbindungshaus der Ghibellinia am Saarbrücker Schmittenberg hängen Alte Herren in einer Ahnengalerie, von denen intern selbst Ghibellinen zu bedenken geben, dass sie aus der Sicht von „Empörten und Aufgeregten“ als problematisch betrachtet werden könnten – da sie „nachgewiesener Maßen nicht gerade Freunde des jüdischen Volkes“ waren.
Und auch die Gastredner der Ghibellinia taugen keineswegs immer als Aushängeschilder: Unter ihnen finden sich Markus Beisicht, Mitgründer der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Bürgerbewegung Pro Köln, der Republikaner-Vorsitzende Rolf Schlierer und der frühere Brigadegeneral Reinhard Günzel, der dem Kommando Spezialkräfte in Afghanistan als Kommandeur diente. Günzel wurde 2003 in Ruhestand versetzt, weil er dem wegen einer antisemitischen Rede aus der CDU ausgeschlossenen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann einen Solidaritätsbrief geschrieben hatte.
Richard Bermann sagt, man hätte eigentlich „nur mal im Internet nachschauen“ müssen, um zu wissen, wes Geistes Kind die Burschen sind. Der Vorsitzende der Synagogengemeinde hat das selbst versäumt, er sei damals „vollkommen blauäugig“ als Gastredner bei der Ghibellinia aufgetreten, erst anschließend habe er nachgeforscht und sei „erschrocken, was da zu Tage kam“. Als einziger distanzierte er sich umgehend von seinem Auftritt, den er heute einen „großen Fehler“ nennt.
“Nicht genau genug nachgeforscht”
Roland Theis sagt, man habe da vielleicht „nicht genau genug nachgeforscht“, ehe er Grußworte des damaligen Ministerpräsidenten Peter Müller, der in diesem Herbst immerhin Verfassungsrichter werden will, übermittelte. Seine Koalitionspartner von der FDP im Saarbrücker Landtag sagen – nichts. Das hat Gründe: Wohl keine andere Partei im Saarland pflegt so enge Kontakte zur Burschenschaft wie die Liberalen. Nicht nur haben ihre Spitzenvertreter wie der stellvertretende Ministerpräsident Christoph Hartmann der Ghibellinia immer wieder die Aufwartung gemacht und dabei schon mal die „integrative Arbeit“ der Burschenschaft gelobt, auch umgekehrt funktioniert das Verhältnis. So ist ein führender Ghibelline auch Mitglied im FDP-Kreisverband Saarbrücken. Gleichzeitig arbeitet er für den Konzern des Kreisvorsitzenden Hartmut Ostermann, der mit seinen Seniorenresidenzen und vielfältigen Kontakten als „Pate von der Saar“ gilt.
Richard Bermann nennt den FDP-Mann „die graue Eminenz“, er kennt die Verhältnisse an der Saar, er hat sich intensiv damit beschäftigt. Manche Partei, sagt er, habe dort eine besondere Geschichte. Und wolle sich offenbar nicht damit auseinandersetzen. Die FDP jedenfalls reagiert trotz mehrfacher Versuche nicht auf Anfragen. E‑Mails und Anrufe zum Thema Ghibellinia bleiben unbeantwortet.
Universitätspräsident Linneweber hat gerade erst erneut eine Einladung der Ghibellinia erhalten. Er habe sie abgelehnt, sagt er.
Konservativ bis rechts:
Die Deutsche Burschenschaft umfasst 120 Mitgliedsbünde mit etwa 1300 studentischen Aktiven und mehr als 10.000 sogenannten Alten Herren. Die politische Haltung reicht von konservativ bis rechts, allerdings gibt es auch sozialdemokratische Burschenschaften.
Seit Frühjahr 2011 tobt ein Streit um die Ausrichtung im Dachverband, ausgelöst durch Anträge auf dem — jährlich stattfindenden Burschentag. Darin ging es um einen “Ariernachweis”, mit dem eine Burschenschaft ausländische Mitglieder ausschließen wollte.
Ein weiterer Verbund der Burschen ist die am äußersten rechten politischen Rand zu verortende Burschenschaftliche Gemeinschaft. So gilt etwa in der SPD eine Unvereinbarkeit ihrer Verbindungen mit dieser Vereinigung.
*Aktualisierung am Montag, 26.09.2011: Entgegen ihren früheren Aussagen weist die CDU Saarland darauf hin, die Ghibellinia mit Spenden nicht unterstützt zu haben.
Gesammelte Presseartikel zu den Naziaufmärschen in Saarlouis und Merzig am 1. Juli 2006
Gesammelte Presseartikel zu den Naziaufmärschen in Saarlouis & Merzig — 01.07.2006
(ältere Artikel weiter unten)
SR-online, Saartext
01.07.2006, abends
Saarlouis/Merzig: Rechte Demos ohne große Beteiligung
Eine angekündigte, gerichtlich gestattete Doppeldemonstration rechter Gruppen hat am Samstagnachmittag im Saarland stattgefunden. Nach Polizeiangaben nahmen daran etwa 50 Personen teil.
Nach einem Marsch durch Saarlouis versammelten sich die Demonstrationsteilnehmer in Merzig. Dort hielten sie eine Kundgebung ab.
Der Aufmarsch der rechten Gruppen war vom Oberverwaltungsgericht Saarlouis zugelassen worden. Eine Gegendemonstration linker Gruppen in Merzig war im Vorfeld vom Verwaltungsgericht untersagt worden.
20 cent
01.07.2006
Gericht erlaubt Nazi-Demo
Jetzt ist es endgültig: Die NPD darf am Samstag in Saarlouis demonstrieren. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes gestern entschieden.
Anfang Juni hatten die NPD und rechtsextreme Kameradschaften im Internet zu Demonstrationen am 1.Juli aufgerufen (20cent berichtete). Sie kündigten an: Um gegen den Kongo-Einsatz der Bundeswehr zu protestieren, wollen sie durch Saarlouis und Merzig ziehen. Sowohl die Landrätin des Landkreises Saarlouis, Monika Bachmann (56), als auch die des Kreises Merzig-Wadern, Daniela Schlegel-Friedrich, untersagten das. Dagegen klagte die NPD — und bekam Recht. Der Kreis Merzig-Wadern nahm das hin, Saarlouis erhob erneut Beschwerde. Der hat das OVG damit jetzt eine Absage erteilt. Fazit: In beiden Städten dürfen sie marschieren. In Merzig war eine Gegendemonstration geplant. Auch die hat das Gericht verboten.
Saarbrücker Zeitung
01.07.2006
Oberverwaltungsgericht genehmigt NPD-Demo
Saarlouis. Die für diesen Samstag in Saarlouis geplante NPD-Demonstration gegen den Bundeswehr-Einsatz im Kongo darf stattfinden. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Landkreises Saarlouis gegen einen entsprechenden Entscheid des Verwaltungsgerichtes am Freitag abgewiesen. Zugleich hat das Verwaltungsgericht das Verbot einer Gegendemonstration gegen den an diesem Samstag geplanten Protestmarsch der NPD in Merzig bestätigt. pum
Welt Kompakt Saar
30.06.2006
Saarbrücker Zeitung
22.06.2006
Kreis Saarlouis verbietet NPD-Demo
Saarlouis/Merzig. Die Landrätin des Kreises Saarlouis, Monika Bachmann, hat gestern eine von der NPD angemeldete Demonstration am Samstag, 1. Juli, in Saarlouis verboten. In der Verfügung heißt es, die geplante Versammlung könne zu einer „konkreten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ führen. Zur Zeit der geplanten Demonstration werden in der Innenstadt zahlreiche Besucher erwartet, die die Viertelfinal-Spiele der Fußballweltmeisterschaft auf einem Großbildschirm verfolgen. Auch in Merzig will die NPD am selben Tag gegen den Bundeswehreinsatz im Kongo demonstrieren. Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich sagte gestern auf Anfrage, der Landkreis werde am Freitag entscheiden. Eine Ablehnung sei aber sehr wahrscheinlich.
Saarbrücker Zeitung
13.06.2006
Protest gegen NPD-Aufmärsche
Kundgebung der Antifa Saar — Parteien gegen Neonazis
Saarlouis/Merzig. Die saarländischen Antifaschisten wollen mit einer Kundgebung am Samstag, 1. Juli in Merzig gegen die geplanten NPD-Aufmärsche in Merzig und Saarlouis demonstrieren. Dies teilte am Dienstag der stellvertretende Pressesprecher der Antifa Saar, Alexander Breser, auf SZ-Anfrage mit. Einen entsprechenden Antrag werde man noch in dieser Woche bei der Ortspolizeibehörde einreichen. Die rechtsextreme NPD und rechtsextreme Kameradschaften hatten kürzlich für den 1. Juli in Saarlouis und Merzig zu Protestdemonstrationen gegen den Kongo-Einsatz der Bundeswehr aufgerufen. Die Demos sind bisher allerdings noch nicht genehmigt.
Die Landtagsparteien riefen unterdessen dazu auf, dem beabsichtigten Treiben der Neonazis eine deutliche Abfuhr zu erteilen. SPD-Landeschef Heiko Maas zeigte sich davon überzeugt, dass die “ganz große Mehrheit der Bevölkerung den Rechtsextremen nicht auf den Leim gehen wird”. CDU-Fraktionsvize Klaus Meiser sagte, es wäre zu begrüßen, wenn eine solche Demo juristisch verhindert werden könne. Wenn dies verfassungsrechtlich nicht möglich sei, müsse eine Demokratie solche Proteste aushalten. Christoph Hartmann, Vormann der saarländischen Liberalen, plädierte dafür, alle rechtsstaatlichen Mittel auszuschöpfen, um den Aufmarsch der Rechtsextremen zu verhindern. Nach Ansicht des Grünen-Vorsitzenden Hubert Ulrich sollten möglichst viele Menschen bei der Gegenveranstaltung friedlich deutlich machen, was sie von dem NPD-Auftritt halten. gp
20cent
13.06.2006
Widerstand gegen Nazis formiert sich
SAARLOUIS/MERZIG. Gleich in zwei saarländischen Städten will die rechtsextreme NPD am 1. Juli demonstrieren. Die Braunen wollen durch Saarlouis und Merzig marschieren (20cent berichtete). Sie wollen gegen den geplanten Kongo-Einsatz der Bundeswehr protestieren.
Doch jetzt formiert sich der Widerstand! Antifaschisten wollen mit einer Kundgebung in Merzig — ebenfalls am 1. Juli — gegen die NPD-Aufmärsche demonstrieren. Alexander Breser, Sprecher der Antifa-Saar: “Einen entsprechenden Antrag werden wir noch in dieser Woche bei der Ortspolizeibehörde einreichen.” Die muss dann die Gegen-Demo genehmigen. Bisher sind auch die Nazi-Aufmärsche noch nicht von der Behörde abgesegnet.
Die Parteien im saarländischen Landtag haben unterdessen dazu aufgerufen, dem beabsichtigten Treiben der Neonazis eine deutliche Abfuhr zu erteilen. SPD-Landeschef Heiko Maas (39): “Ich bin überzeugt, dass die ganz große Mehrheit der Bevölkerung den Rechtsextremen nicht auf den Leim gehen wird.” CDU-Fraktionsvize Klaus Meiser (52) sagte, es wäre zu begrüßen, wenn eine solche Demo juristisch verhindert werden könne. Meiser: “Wenn dies verfassungsrechtlich nicht möglich ist, muss eine Demokratie solche Proteste aber aushalten.” Christoph Hartmann (34), Chef der saarländischen FDP, plädierte dafür, alle rechtsstaatlichen Mittel auszuschöpfen, um den Aufmarsch der Rechtsextremen zu verhindern. Nach Ansicht des Grünen-Vorsitzenden Hubert Ulrich (48) sollten möglichst viele Menschen bei der Gegenveranstaltung deutlich machen, was sie von dem NPD-Auftritt halten. szn/aw
20cent
12.06.2006
Rechten-Demo im Saarland
Die rechtsextreme NPD im Saarland und rechtsextreme Kameradschaften rufen im Internet zu einer Demonstration am 1. Juli in Saarlouis und Merzig gegen den Kongoeinsatz der Saarlandbrigade auf. Laut Landratsamt Saarlouis ist die Demonstration dort angemeldet. Christian Schneider, Sprecher der Antifa Saar, teilte mit, man werde gegen die NPD-Demo protestieren.
Pressemeldungen zur Antifa-Demo in Pirmasens am 18. März 2006
Gesammelte Presseartikel zur Antifa Demo in Pirmases — 18.03.2006
(ältere Artikel weiter unten)
Publikation: DIE RHEINPFALZ
Regionalausgabe: Ludwigshafener Rundschau
Datum: Nr.69
Datum: Mittwoch, den 22. März 2006
Leserbrief: Protest gegen die NPD
” Demonstration oder Gefangenentransport?”
Zum Artikel und zum Foto über die Anti- *NPD *-Demonstration in der Montagausgabe:
Demonstration oder Gefangenentransport — das ist aus dem Foto nicht eindeutig zu erkennen. Mit einem beeindruckenden Einsatz und einem Eins-zu-Eins-Verhältnis Polizisten/Demonstranten hat Pirmasens der antifaschistischen Gefahr mutig die Stirn geboten.
Herzlichen Glückwunsch, Pirmasens! — das hat Weltformat! Die Nazis dürfen sich gut beschützt fühlen.
W., Bruchweiler
Publikation: DIE RHEINPFALZ
Regionalausgabe: Pirmasenser Rundschau
Datum: Nr.69
Datum: Dienstag, den 21. März 2006
Zweibrücker Neonazis in Pirmasens festgenommen
Bei der Demonstration gegen die *NPD *-Landeszentrale in Pirmasens, an der sich am Samstag laut Polizei rund 250 Angehörige des antifaschistischen, linken Spektrums beteiligten (wir informierten kurz in „Sonntag aktuell”), wurden unter anderem sieben Neonazis vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen. Unter ihnen waren auch Mitglieder des „Nationalen Widerstands” Zweibrücken, die zur Verhinderung von Straftaten in Gewahrsam genommen wurden. „Sie haben sich gezeigt, wir wollten eine Konfrontation verhindern”, sagte Einsatzleiter Achim Becker. Die Festgenommenen kamen am späten Samstagnachmittag wieder frei. (daa)
Publikation: DIE RHEINPFALZ
Regionalausgabe: Pirmasenser Rundschau
Datum: Nr.67
Datum: Montag, den 20. März 2006
Stadtmagazin
Burkhardt: „ *NPD *-Haus gehört nicht uns”
Andreas Burkhardt, Fraktionsvorsitzender der „Republikaner” im Stadtrat, hat gegenüber der RHEINPFALZ dementiert, dass das Haus auf der Ruhbank, in dem die *NPD *-Wahlkampfzentrale sitzt, seiner Familie gehört. Es handele sich dabei nur um eine Namensgleichheit, betonte er. Das Haus sei nach seinen Informationen nur bis nach der Landtagswahl an die *NPD* vermietet und er sei „froh, wenn die danach wieder gehen”. Die *NPD *sei eine Konkurrenz zu den „Republikanern”, es gebe keinerlei Zusammenarbeit mit ihnen, sagte Burkhardt, der auch für die verbalen Attacken im Seniorenbeirat (wir berichteten) die Namensgleichheit reklamiert. Es handele sich nicht um seinen Vater, sondern um ein früheres Mitglied der Reps, das „vor zwei oder drei Monaten” aus der Partei ausgeschieden sei. Ob der Mann mittlerweile der *NPD *angehöre, wisse er nicht; dieser habe sich zuvor aber für eine enge Zusammenarbeit der beiden rechten Parteien stark gemacht und habe dafür keinen Rückhalt bei den Reps gefunden. (wop)
Publikation: DIE RHEINPFALZ
Regionalausgabe: Pirmasenser Rundschau
Datum: Nr.67
Datum: Montag, den 20. März 2006
Unruhe in „einem beschaulichen Nest”
250 Antifaschisten demonstrieren friedlich gegen *NPD*-Wahlkampfzentrale — Mehr als 200 Polizisten im Einsatz — 17 Festnahmen
„Für die Polizei ist die Demo im Großen und Ganzen problemlos verlaufen.” Achim Becker, Chef der Polizeiinspektion Pirmasens und Einsatz-Leiter bei der Demonstration antifaschistischer Gruppen gegen die *NPD *-Wahlkampfzentrale in Pirmasens, zog am späten Samstagnachmittag ein positives Fazit.
Mehr als 200 Polizisten aus ganz Rheinland-Pfalz, die genaue Zahl wollte Becker aus einsatztaktischen Gründen nicht nennen, standen 250 linken, überwiegend jugendlichen Demonstranten gegenüber (wir informierten kurz in „Sonntag aktuell”). Die befürchtete Randale blieb aus. Dennoch wurden 17 Personen vorläufig festgenommen — bei den meisten ging es darum, Straftaten zu verhindern. Zwei Straftaten gegen das Versammlungsrecht registrierte die Polizei: Ein Demonstrant hatte sich vermummt, ein anderer einen Pflasterstein aus dem Schlossplatz gerissen.
Unter den vorübergehend Festgenommenen waren auch sieben polizeibekannte Neonazis, einige aus Zweibrücken, die sich am Rand der Demo gezeigt hatten. „Wir wollten keine Konfrontation zulassen, haben sie zur Verhinderung von Straftaten in Gewahrsam genommen”, erklärte Becker. „Wir haben ihnen die Möglichkeit genommen, Straftaten zu begehen”, fügte er an.
Zwei Ziele verfolgte die Polizei beim wohl größten Einsatz in der jüngeren Pirmasenser Geschichte: die Bevölkerung schützen und die Demonstration gewährleisten. Dazu gehörte, Straftaten sofort zu verfolgen und Störungen von außen im Ansatz zu verhindern.
Schon lange vor dem offiziellen Beginn um 13.30 Uhr hatten sich viele Autonome am Pirmasenser Hauptbahnhof versammelt. Eine Gruppe Punker hatte sich auf dem Rasen niedergelassen, während die Organisatoren, antifaschistische Gruppen aus dem Saarland, aus Koblenz, Landau und Mainz, den Lautsprecherwagen bestückten und Handzettel austeilten. Alles geschah unter der Aufsicht eines Polizei-Großaufgebots, das einen dichten Ring um die stetig anwachsende Demonstrantenschar zog, mit Videokameras und Fotoapparaten jeden Schritt dokumentierte.
„Wir demonstrieren hier, weil wir es zum Kotzen finden, dass Pirmasens die *NPD *duldet oder sogar unterstützt. Wir rufen dazu auf, sich Neonazis jeder Couleur in den Weg zu stellen und ihnen das Nazileben zu vermiesen, wo es nur geht. Wir fordern aber auch dazu auf, Rassismus, Antisemitismus und völkischen Mist in der Gesellschaft zu kritisieren und anzugreifen”, sagte ein „Antifa”-Mitglied in seinem Redebeitrag am Bahnhof.
Mit mehr als einstündiger Verspätung setzte sich der Zug, dem sich auch Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen und Bürgermeister Peter Scheidel anschlossen, dann schließlich in Bewegung. Grund: Der Versammlungsleiter saß in einem Bus, der in einer Vorkontrolle der Polizei stecken geblieben war. Transparente wie „Neonazis das Wasser abgraben, den rechten Konsens bekämpfen”, „Let“s get loud — Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen” oder „Nazis ins Visier nehmen, Rassismus und Antisemitismus bekämpfen”, setzte sich der Zug, unterstützt von lauter Punk‑, Ska- und Reggae-Musik, in Richtung Schlossplatz in Bewegung — auf dem ganzen Weg begleitet von 13 Polizei-Mannschaftswagen.
Auf dem Schlossplatz nannten die Initiatoren Ross und Reiter rechtsradikaler Aktivitäten in und um Pirmasens, die „kein neues Phänomen” seien, wie die Schändung des jüdischen Friedhofs in Busenberg und weitere rechtsmotivierte Straftaten gezeigt haben. Insbesondere der Werdegang Sascha Wagners, mittlerweile in Pirmasens lebender rheinland-pfälzischer Wahlkampfleiter der *NPD *, der auch für das Pamphlet gegen Dekan Michael Diener (wir berichteten am Samstag) verantwortlich ist, wurde mehrfach beleuchtet.
Die *NPD *verteile im Landtagswahlkampf zwei Millionen Flugblätter, habe 25.000 Plakate aufgehängt. Seit Wagner in Pirmasens wohne, gebe es regelmäßig *NPD *-Infotische, Verteilaktionen und Veranstaltungen der Partei. „Die Region ist zum Knotenpunkt neonazistischer Aktivitäten geworden, der landesweit Bedeutung hat”, sagte ein Redner und verwies auf von Wagner organisierte Rednerveranstaltungen mit bekannten, bundesweit aktiven Neonazis in der Region.
Wagner habe bei der Bundestagswahl mit 3,3 Prozent der Erststimmen das beste Wahlergebnis der *NPD *in Rheinland-Pfalz erreicht, die Republikaner wurden bei der Kommunalwahl 2004 mit zehn Prozent in den Stadtrat gewählt „und verbreiten dort ihre Propaganda”, so der Redner. Gerade ländliche Gebiete seien für Nazis ideale Rückzugsgebiete, in denen sie meist unbehelligt agieren könnten. Deshalb wolle die Antifa „Nazi-Strukturen offenlegen und aufdecken”.
„Die Demonstranten haben sich sehr gut verhalten”, lobte Becker, als sich die Demonstranten-Schar kurz nach 17 Uhr am Hauptbahnhof wieder auflöste, „die Demonstration hat ihren Zweck nicht verfehlt”, sagte er. Den Zweck benannten die Initiatoren bei der Abschlusskundgebung am Hauptbahnhof. „Immerhin ist es uns gelungen, etwas Unruhe in dieses beschauliche Nest zu bringen, eine Menge Staub aufzuwirbeln”. Allerdings kritisierten die Antifa-Organisatoren in einer gestern Nachmittag verbreiteten Erklärung, die Polizei habe „mit übermäßiger Härte agiert”. Es sei „immer wieder zu massiven Störungen durch die Polizei” gekommen. Ein Vorwurf, den der unbeteiligte Beobachter allerdings nicht nachvollziehen kann.
Nur einmal kam es zu einer etwas angespannten Situation: Auf dem Weg durch die Schlossstraße setzten sich zwei Dutzend Demonstranten, alle mit schwarzen Kapuzen, Schirmmützen und Sonnenbrillen ausgerüstet, an die Spitze des Zuges, machten drei vier schnelle Schritte nach vorn, wurden dann aber rasch von der Polizei eingebremst. Über einen Vorfall am Exerzierplatz, Ort einer weiteren Kundgebung, als ein jugendlicher Pirmasenser eine Flasche auf Polizisten schleuderte und daraufhin von den Einsatzkräften zu Boden geworfen wurde, konnte Becker noch keine Angaben machen. (daa)
Pirmasenser Zeitung vom 20.03.06 — Rubrik Pirmasens
www.pirmasenser-zeitung.de/artikel/06/pirmasens/2006–03-20/2/index.php
Gewaltlose Antifa-Demo gegen NPD in Pirmasens
Massive Polizeipräsenz begleitete Demonstrationszug durch Stadt
Von PZ-Mitarbeiter Markus Fuhser
Knapp 300 meist jugendliche Demonstranten hatten sich am Samstag gegen 13 Uhr vor dem Bahnhof Pirmasens versammelt, um mit einem Demonstrationszug durch Pirmasens gegen ultrarechte politische Aktivitäten in Pirmasens und der Region zu demonstrieren. Sie standen einer gut gleich großen Streitmacht aus Polizisten gegenüber, die die Demonstration fast lückenlos umschlossen durch die Stadt eskortierten. Bis auf wenige Festnahmen verlief die Demonstration problemfrei und gewaltlos.
Zu einer „antifaschistischen Demonstration“ in Pirmasens hatten politische Gruppierungen aufgerufen, die unter dem Namen „Antifa“ bundesweit gegen politisch rechts stehende Gruppierungen und Parteien agieren. Grund für die Demo in Pirmasens, die von „Antifa“-Gruppen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland organisiert wurde, ist der Vorwurf, dass Pirmasens sich in den letzten Monaten zu einer Heimstatt für Nazis entwickelt habe. Der bekannte NPD-Funktionär Sascha Wagner soll auf der Ruhbank ein Haus bezogen haben, das der NPD als Landesgeschäftsstelle in Rheinland-Pfalz dienen soll. Nach Informationen der PZ handelt es sich dabei um das Haus in der Schulstraße 14. Unter dem Motto „Seek & Delete – NPD-Strukturen aufdecken und entsorgen!“ zog die Demo mit Transparenten und Fahnen vom Bahnhof zum Schloßplatz und durch Fußgängerzone, Bergstraße und Alleestraße zum Exerzierplatz. Von dort aus ging es zum Bahnhof zurück. Bunt war die Mischung der Demonstranten. Rund 50 davon waren leicht als professionelle Demonstranten auszumachen. Dazu kamen junge Menschen aus dem Umkreis und auch aus Pirmasens, denen das Flagge zeigen gegen Rechts ein Anliegen war und einige, die die Veranstaltung einfach auch als Party sahen.
„Das hier ist ja fast langweilig“, sagte ein Einsatzleiter der Polizei über die Aktion beim Telefonieren übers Mobiltelefon. Er leitete die „Vorhut“ der Polizeikräfte, die in einer Zweierreihe, teilweise rückwärts laufend, die Front der Demo den ganzen Weg über im Auge behielt. Kurz darauf war die Langweile für eine kurze Zeit zu Ende, als in Höhe der Deutschen Bank die Transparente tragende Demospitze plötzlich in ein paar Schritte Dauerlauf verfiel und die Polizeikette sofort mit Körpereinsatz abblockte. Fast als Höhepunkt der Demo konnte man jenen Stopp ansehen, den die Demonstranten einlegten, um unter einem Pfeifkonzert einem am offenen Fenster stehenden republikanischen Pirmasenser Stadtrat den Mittelfinger zu zeigen.
Eine harte Linie der Polizei hatte Achim Becker, Leiter der Pirmasenser Inspektion und somit Einsatzleiter der Polizeikräfte, in einem Gespräch mit einem „Antifa“-Verantwortlichen für die Demonstration angekündigt. Jeder Verstoß gegen die Vorschriften werde geahndet, die entsprechenden Demonstranten herausgegriffen und zumindest bis zum Ende der Demo festgesetzt. Verboten waren das Unkenntlichmachen von Gesichtern, aktive und passive Bewaffnung und auch das Ummanteln von Teilen der Demo mit Transparenten, das den Zugriff der Polizei auf Demonstranten erschwert hätte. Noch vor dem Beginn der eigentlichen Demo griff die Polizei einen der Demonstranten heraus und untersuchten ihn ziemlich rüde. Die die Züge der Bundesbahn begleitende Bundespolizei hatte die Bereitschaftspolizisten auf den jungen Mann aufmerksam gemacht. Die Demo-Leitung in dem die Demonstration begleitenden Lautsprecherwagen warf der Polizei deshalb vor, einen Eskalationskurs zu fahren.
Während des Zuges durch die Stadt wurde die Demonstration lückenlos rechts und links von Polizeikräften eingefasst. Von der Bereitschaftspolizei bei der Funkkommunikation als „kritische Stellen“ bezeichnete Gebäude, wie das von der rechten Szene gern besuchte Lokal „Am Amtsgericht“, wurden problemlos passiert. Auch die palettenweise vorhandenen Pflastersteine an den dort reichlich vorhandenen Baustellen blieben, wo sie waren.
Bei einer kurzen Kundgebung auf dem Schloßplatz schauten örtliche Größen der rechten Szene von den Schloßtreppen aus der Kundgebung zu. Der vom NPD-Landesvorsitzenden Peter Marx zum Wahlkampfleiter ernannte Sascha Wagner wolle von Pirmasens aus mit 25 000 Plakaten und zwei Millionen Flugblättern den Wählern die „braune Ideologie“ näher bringen, hieß es bei der Kundgebung. Damit gewinne Pirmasens landesweite Bedeutung für die NPD. Auch den etablierten Parteien wurde vorgeworfen, häufig die Stimmung zu schaffen, die der NPD ihre Wähler beschert: „Sie sind Teil des Problems“. In der Alleestraße kontrollierten gleichzeitig Polizisten einige kahl geschorene Jugendliche, die Pullis die Sweatshirts mit der Aufschrift „Deutsche Kolonien – Heia Safari“ trugen. Sonst war von rechten Gegendemonstranten kaum etwas zu sehen.
Mit Slogans wie „Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazi-Pest“ und „Aufruhr, Widerstand, es gibt kein ruhiges Hinterland“ zog der Zug durch die Fußgängerzone und die obere Hauptstraße. Vom „harten Kern“ vorgegebene Losungen wie „Nieder mit Deutschland, es lebe der Kommunismus“ wurden jedoch kaum von den Demonstranten aufgenommen.
Obwohl die Demo-Leitung wieder am Bahnhof angekommen per Lautsprecher etwas dramatisierte („bleibt zusammen, lasst euch nicht von der Polizei abgreifen“), löste sich die Demo problemlos auf, nachdem die Polizei ihre massive Präsenz reduziert hatte. Pirmasenser Bürger hatten das für die Stadt seltene Ereignis weitgehend ignoriert oder waren aus Vorsicht zuhause geblieben.
Rechte sind das Problem
Meinung von Markus Fuhser
Knapp 300 jungendliche Demonstranten schafften es am Samstag, ein massives Heer von Polizisten nach Pirmasens zu ziehen. Fast hatte es den Anschein, die Demo werde von der Polizei durch Pirmasens gelotst. Dicht von gut gepolsterten Sicherheitskräften umschlossen bewegte sich der Zug durch die Stadt, den Abschluss bildeten 13 (!) Transportwagen der Polizei. Zig Dokumentationstrupps der Polizei mit Kameras filmten das gesamte Geschehen. Die von der Einsatzleitung angekündigte „harte Linie“ setzte die Polizei Gott sei Dank nicht durch. Die Veranstaltung verlief von beiden Seiten her gesehen recht friedlich.
Ein Grund für die riesige Polizeiübermacht – auf der Husterhöhe standen noch Polizeikräfte in Reserve – war im Grunde nicht erkennbar. Denn auch mit massiven Übergriffen rechter Schläger rechnete die Einsatzleitung laut eigener Aussage nicht. Mögen die Parolen und die politische Herkunft der Demo-Organisatoren auch krude und provokativ sein: Die Kernaussagen, dass die rechte und ultrarechte Szene auch in Pirmasens immer fester Fuß fasst, sind nachzuvollziehen. Und das ist für Stadt und Region das eigentliche Problem – und nicht eine Demo der Antifa gegen diese Entwicklung.
Pirmasenser Zeitung vom 18.03.06 — Rubrik Pirmasens
www.pirmasenser-zeitung.de/artikel/06/pirmasens/2006–03-18/3/index.php
350 gegen Rechts
Bürger jeden Alters zeigen Nazis die kalte Schulter
Von PZ-Redaktionsmitglied David Betz
„Ich freue mich so viele Bürger aller Generationen begrüßen zu dürfen“, traf Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis den Nagel auf den Kopf. Gestern trafen sich um 17 Uhr rund 350 Demonstranten am Schloßplatz, um gegen Rechtsradikale und rechtes Gedankengut zu protestieren. Überparteilich und Interessensgruppen überschreitend traten die Pirmasenser geschlossen auf. Am Rande betrieben NPD-Mitglieder und Neonazis Stimmungsmache gegen die Demonstration und Personen.
So verwiesen alle Redner bei der Kundgebung darauf, dass nun eine Grenze gezogen werden müsse. Am Donnerstag Abend seien Zahire Sevilir, die Vorsitzende des Ausländerbeirats, und Ingrid von Böhlen vom Seniorenbeirat von einem Republikaner wüst beschimpft worden. NPDler verteilten noch während der Veranstaltung auf dem Schloßplatz ein Pamphlet, in dem Dekan Dr. Michael Diener, der die Demo mit organisiert hatte, verunglimpft wurde.
Dieser Umstand wurde auch von Diener direkt angesprochen. Er warf, unter Szenenapplaus, den Nazis vor, dass sie mit ihrer Haltung und ihren Forderungen abseits stünden von einer sinnvollen Lösung der sozialen Problem. Sie verschärften sie nur noch. Die anwesende Bundesvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen Claudia Roht gab ihm im Gespräch mit der PZ recht. Sie habe von Wirtschaftsvertretern in Sachsen gehört, dass sich ausländische Firmen nicht mehr so stark in Sachsen engagierten, seit dort die NPD Einzug in den Landtag gehalten habe.
Mitorganisatorin Karola Streppel von der Initiative Freundschaft verwies auf die lange Tradition der Anti-Rechts-Aktionen in Pirmasens. Matheis formulierte es kurz und knapp. „Wir sagen hier und heute: Bis hierher und nicht weiter. Stopp! Es reicht“, so Matheis unter Applaus. Auch die Reden von Zahire Sevilir und Michael Diener verurteilten die Vorgehensweise der Rechten aufs Schärfste. Deutlich wurde bei der Demonstration auch, dass die NPD ganz offensichtlich ihre Taktik bei öffentlichen Auftritten geändert hat. Während vor einigen Jahren noch Bomberjacken und Militärstiefel das Bild der Nazis bestimmten, so waren gestern zwei akurat gekleidete Männer, einer mit einem beachtlichen Schnäuzer samt Seitenscheitel, unterwegs und verteilten ihre Propagandamittel. Unter den Zuhörern befanden sich etliche Rechte in zivil, die die Bevölkerung mit NPD-Kalendern und Flugblättern versorgten. An der Schloßtreppe hatte sich außerdem eine kleine Gruppe von Neonazis aus dem Zweibrücker Raum eingefunden. Um den Zweibrücker Rechten Detlev Walk scharten sich die ebenfalls bekannten Glatzköpfe im Skinhead-Look vom „Nationalen Widerstand Zweibrücken“. Mit Mobiltelefon und Gesprächen sorgten die Parteifunktionäre dafür, dass diese auch dort verharrten, offensichtlich damit in der Öffentlichkeit kein schlechtes Bild von der NPD entsteht.
Die Demonstranten hingegen ignorierten die Skins und sangen zusammen mit den Churchies das zeitlose „We shall overcome“ und Bob Dylans „Blowin in the wind“. Am Ende waren die Organisatoren zufrieden. Ein Zeichen war gesetzt. Welches Zeichen heute gesetzt wird, darüber kann man nur spekulieren. Für heute ist von 13.30 bis 18 Uhr eine Demo der Antifa in Pirmasens geplant. Vom Bahnhof aus will die Gruppe auf den Schloßplatz ziehen und dort ebenfalls gegen die Neonazis demonstrieren. Der Rückweg soll über den Exe und die Gärtnerstraße wieder zum Bahnhof führen. Ob es zu Auseinandersetzungen kommen wird, ist schwer abzuschätzen. Nach Recherchen der PZ finden heute in der Region auch drei Großveranstaltungen rechter Gruppen statt. Denkbar sind dabei nach Meinung von Experten zwei Szenarien: Entweder heißt das, dass die Demo nicht gestört wird, weil die Rechten nicht da sind. Oder sie sammeln sich und kommen bewusst nach Pirmasens, was wohl zu massiven Auseinandersetzungen mit der nicht gerade gewaltscheuen Antifa führen würde. Die Pirmasenser Polizei schließt nach Angaben eines Sprechers von gestern Abend Ausschreitungen heute Nachmittag nicht aus. Wohl auch deshalb ist seit Donnerstag ein Wasserwerferwagen in der Stadt stationiert.
Meinung
Null Toleranz!
Von David Betz
Toll, dass gestern bei der Demo gegen Rechts Bürger jeden Alters und Vertreter aller Parteien anwesend waren. Leider aber auch NPD-Mitglieder die ihr abscheuliches Pamphlet gegen Dr. Michael Diener verteilten. Und am Rande konnten auch einige Skinheads beobachtet werden.
Die braunen Brüder werben für die Landtagswahl mit Slogans wie „Null Toleranz“. Diesen Slogan muss man aber vor allem auf diese Gruppen anwenden. Es darf ihnen nicht erlaubt werden, ihre dumpfen Parolen zu grölen. Denn wenn Meinungsäußerung in Hass, Gewalt und Verachtung gegenüber Menschen – egal ob Ausländer oder nicht – umschlägt, dann ist das keine freie Meinungsäußerung mehr, die unter dem Schutz des Gurndgesetzes steht, sondern es ist Volksverhetzung – und die ist verboten.
Man muss sich klar machen, dass die NPD, die DVU und andere rechte Gruppen nicht einfach nur ein Haufen von Spinnern sind. Unter der perfekten Planung von Peter Marx, der auch in Sachsen und im Saarland für die erschreckenden Wahlerfolge der NPD verantwortlich war, hat sich die rechte Szene zu einer gut vernetzten Organisation entwickelt, die es nun zu bekämpfen gilt. Wehret den Anfängen! Wir dürfen nicht wegschauen, wenn vor Schulen offen um die Kinder und Jugendlichen geworben wird. Wir dürfen nicht weghören, wenn am Stammtisch auf Ausländer geschimpft wird. Und vor allem dürfen wir nicht vergessen, dass von den Rechten eine große Gefahr ausgeht. Immer geschickter versuchen sie sich als harmlos und seriös darzustellen und immer mehr Menschen fallen auf diese miese Masche herein. Deshalb sollten wir alle bei den anstehenden Landtagswahlen dafür sorgen, dass das Konzept der ewig Gestrigen in Rheinland-Pfalz nicht aufgeht.
Publikation: DIE RHEINPFALZ
Regionalausgabe: Pirmasenser Rundschau
Datum: Nr.66
Datum: Samstag, den 18. März 2006
Aufgestanden gegen rechte Parolen
Fast 350 Menschen nehmen an Kundgebung vorm Alten Rathaus teil — Für Demokratie und Toleranz
Demokratie ist wehrhaft: Gestern Nachmittag fanden sich vorm Alten Rathaus fast 350 Bürger und Repräsentanten unterschiedlicher Parteien, Verbände und Organisationen zusammen, um gegen die zunehmende rechte Gewalt und gegen rechte Parolen zu demonstrieren. Musikalisch begleitet wurde die Kundgebung von der Gospelgruppe „Churchies”.
„Es ist wieder soweit, dass die Angst vor dem Fremden, Unbekannten geschürt und der Volksegoismus bedient wird”, stellte Dekan Michael Diener mit Blick auf die Wahlplakate rechter Parteien fest. Wer aber auf diese Weise die Menschen polarisiere und manipuliere, der verstelle den Weg zu tragfähigen gesamtgesellschaftlichen Lösungen und trage die Verantwortung dafür, dass die Gewaltbereitschaft, gerade auch unter Jugendlichen, steige. „Wir leben in einer Region gewaltiger sozialer Probleme, das wissen wir alle. Es ist in meinen Augen ein Skandal, dass rechtsgerichtete Parteien und Organisationen genau deshalb glauben, bei uns leichtes Spiel zu haben.”
Wer sich zur Wehr setze, werde ganz schnell zur Zielscheibe, sagte Diener mit Verweis auf eine Erklärung der *NPD *, die den Dekan als „Rädelsführer” der gestrigen Kundgebung verunglimpfte und ihm „antidemokratische Umtriebe” vorwarf. Diener rief zum Widerstand gegen solche Parolen auf: „Es kann nicht sein, dass wir ohne öffentlichen Widerspruch der Demagogie der Rechten die Straßen und Plätze unserer Stadt und unserer Dörfer überlassen.” Der Dekan bat die Bevölkerung, den Vereinfacherern nicht zu glauben, die Stimmungen bedienten auf Kosten der Würde und zunehmend auch auf Kosten der körperlichen Unversehrtheit von Mitbürgern.
„Wir stehen in Pirmasens für Toleranz und Meinungsfreiheit”, sagte Oberbürgermeister Bernhard Matheis. Die Grenze sei aber dort erreicht, wo Intoleranz gepredigt werde, wo einzelne Individuen gebrandmarkt werden. Es sei deshalb Aufgabe der Demokraten, gemeinsam aufzustehen und den Rechtsextremen zu sagen: stopp, bis hierher und nicht weiter. Es freue ihn, so Matheis, dass an der gestrigen Kundgebung viele Menschen aus allen Generationen teilgenommen haben.
Karola Streppel von der Initiative Freundschaftsfest forderte ein aktives Miteinander gegen die Hetze gegen ausländische Mitbürger. Ihre Erfahrung: „Rechte Aktivitäten nehmen massiv zu.” Beispielsweise sei im Seniorenbeirat die Vorsitzende Ingrid von Böhlen beschimpft worden, weil der Seniorenrat die „Pirmasenser Erklärung” unterzeichnet habe. Beispielsweise habe Dekan Michael Diener besagtes Pamphlet der *NPD *erhalten.
Mit dem multikulturellen Freundschaftsfest hätten die Pirmasenser schon seit langem parteiübergreifend Zeichen gesetzt gegen den Rechtsextremismus, der versuche, Gewalt und Hass zu schüren gegen ausländische Mitbürger. Streppel rief dazu auf, die „Pirmasenser Erklärung” zu unterschreiben.
Die Vorsitzende des Ausländerbeirats, Zahire Sevilir, forderte, „die demokratischen Grundregeln aktiv und entschlossen gegen undemokratisches Gedankengut zu verteidigen”. Die Menschen in Pirmasens und in der Region sollten friedlich miteinander leben, niemand dürfe wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seiner Sprache bedroht und in Angst und Schrecken versetzt werden. An den Schulen, so Sevilirs Wunsch, sollen die Kinder und Jugendlichen über den Extremismus und seine Folgen unterrichtet werden. Mit Blick auf die Landtagswahlen am 26. März rief die Vorsitzende des Ausländerbeirats dazu auf, zur Wahl zu gehen. Jede nicht abgegebene Stimme sei eine Stimme für Gewalt und Intoleranz.
Für den DGB Westpfalz forderte Franz Edinger dazu auf, Fremde in ihrer Eigenart wahrzunehmen und zu akzeptieren. Es sei Aufgabe aller Menschen aufzustehen und Gesicht zu zeigen für Demokratie und Toleranz. (pr)
DIE RHEINPFALZ / Zweibrücker Rundschau / Montag, den 06. März 2006
Linke machen gegen *NPD *mobil
PIRMASENS: Demo-Anmeldung für 18. März
Am 18. März demonstrieren linke Gruppen, die von Verfassungsschützern teilweise dem autonomen Spektrum zugeordnet werden, in Pirmasens gegen die *NPD *. Sie sehen die Südwestpfalz als neuen rechtsextremistischen Knotenpunkt von landesweiter Bedeutung. Mehr als 200 Demonstranten erwarten die Veranstalter aus Mainz, dem Saarland, Koblenz und Landau.
Veranstalter sind “Antifa”-Gruppen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Pirmasens sei Demonstrationsort, da hier ihrer Meinung nach die landesweite Wahlkampfzentrale der *NPD *betrieben wird. Der *NPD *-Wahlkampfleiter habe in Pirmasens zu diesem Zweck ein Haus erworben, so der Aufruf zur Demonstration.
Heike Umlauft vom Pirmasenser Presseamt bestätigte auf Anfrage, dass die Demonstration angemeldet ist. Eine Genehmigung für Versammlungen unter freiem Himmel sei prinzipiell nicht nötig, nur eine Anmeldung müsse vorliegen. Die Stadtverwaltung stehe in engem Kontakt zur Polizei, so Umlauft. Gründe für ein eventuelles Demo-Verbot seien nicht bekannt.
Die Demo wird um 13.30 Uhr am Hauptbahnhof beginnen und von dort zum Schlossplatz ziehen, wo eine Zwischenkundgebung geplant ist. Am Exerzierplatz folge eine weitere Kundgebung. Der Demo-Zug ende voraussichtlich wieder am Hauptbahnhof.
Die “Antifa”-Szene wird von Verfassungsschützern als “gewaltorientierter Linksextremismus” eingestuft. Zu einem der Veranstalter, der „Antifa Saar/Projekt AK”, vermerkt der saarländische Verfassungsschutz, dass deren Arbeitsschwerpunkt auf dem antifaschistischen Kampf liege als “Eintreten für eine Überwindung des kapitalistischen Gesellschaftssystems als Wurzel des Faschismus”. Diesen “Kampf” führe die saarländische “Antifa” nicht immer friedlich, so der Verfassungsschutzbericht. Angriffe auf “augenscheinlich dem rechten Spektrum zuzurechnende Personen” in St. Ingbert sowie militante Störaktionen gegen eine rechte Demonstration und Sachbeschädigungen am Auto eines *NPD *-Funktionärs ordnen die Verfassungsschützer der autonomen Szene im Saarland zu, die von der “Antifa Saar” dominiert werde. In der Mehrzahl zählt der saarländische Verfassungsschutz jedoch friedliche Aktivitäten wie Demonstrationen und Infoveranstaltungen in seinem Bericht über die “Antifa Saar” auf. (kka)
Rote Hilfe Zeitung: “Kein Stein des Anstoßes? Wie eine Stadt sich nicht erinnern will”
Rote Hilfe Zeitung 01/2006
Kein Stein des Anstoßes? Wie eine Stadt sich nicht erinnern will
Saarlouis erstreitet 134,50 Euro — für das Entfernen eines Gedenksteins. Nur um nicht daran erinnern zu müssen, daß 1991 hier der Flüchtling Samuel Yeboah ermordet wurde
Man gibt sich gerne weltoffen und kokettiert ungeniert mit dem “Saarvoire vivre”, schließlich verspricht in Saarlouis schon der Name französisches Flair. 40.000 Einwohner, das Herz von Marchall Ney, den Napoleon wegen Verrats hinrichten ließ, eine Einkaufs- und Flaniermeile mit eleganten Boutiquen und schicken Restaurants und eine Altstadt, deren Kneipen ihren Teil zum Ruf der “heimlichen Hauptstadt” des Saarlands beigetragen haben, sollen Besucher locken. Doch kein Idyll ist vollkommen, zwischen Blumenkübeln und Biergärten hat es braune Stellen. Saarlautern, wie die Rechten die Stadt nach der offiziellen Bezeichnung aus dem “Dut-zendjährigen Reich” immer noch nennen, gilt als faschistische Hochburg und Organisationsschwerpunkt der regionalen neofaschistischen Szene an der Saar.
Dieser braune Sumpf kostete in der Nacht vom 18. auf den 19. September 1991 ein Menschenleben. Bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft starb der 26jährige Samuel Yeboah. Damit wurde dem im Saarland lebenden Ghanaer eine makabere Ehre zuteil: er war nach der Wiedervereinigung das erste Todesopfer rassistischer Übergriffe in den alten Bundesländern. Er blieb nicht das letzte. Dies hielt die Regierung, die damals noch in Bonn saß, nicht von der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl ab.
Obwohl auf Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen sollten, eine Belohnung von 20.000 DM ausgesetzt wurde, konnten die Mörder nie gefaßt werden, es kamen keine Hinweise aus der Bevölkerung. Daran änderte auch eine Demonstration von antifaschistischen Gruppen, die an den Tod von Samuel Yeboah erinnerte, nichts. Andere Dinge dagegen änderten sich sehr wohl: Dank der von offizieller Seite verfolgten Strategie der “akzeptierenden Sozialarbeit” wuchs in den kommenden Jahren die Neonaziszene in “Saarlautern” beträchtlich an. Fünf Jahre nach dem Tod von Samuel Yeboah zogen die Rechten mit 100 Mann durch die Saarlouiser Innenstadt — die erste, aber bei weitem nicht die letzte Demonstration rechtsextremer Gesinnung am Ort. Zynisch vor diesem Hintergrund der Kommentar des zuständigen Sozialarbeiters, der meinte, es sei besser, die Nazis würden “durch die Stadt marschieren, statt Häuser anzuzünden.” In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Zusammenstößen und massiven Auseinandersetzungen zwischen antifaschistischen Gruppen, die zum fünften Jahrestag des Todes von Samuel Yeboah eine Gedenkkundgebung veranstaltet hatten, und den neuen Nazis. Die konnten ihre Stellung in “Saarlautern” halten und ausbauen. Dabei kam ihnen auch zugute, daß man von offizieller Seite den Antifa-Gruppen entgegen arbeitete, die Bündnisgrünen ihnen die angemieteten Räumlichkeiten kündigten und die linken Gruppen massiver Repression ausgesetzt waren. Obwohl sich die Antifa Saarlouis danach auflöste, gab es auch in den nächsten Jahren immer wieder einzelne Veranstaltungen.
Eine der größten Aktionen war die Kundgebung zum 10. Todestag von Samuel Yeboah. Mehr als 150 Menschen waren den Aufrufen der Antifa Saar und weiterer Gruppierungen gefolgt und trafen sich in der Saarlouiser Innenstadt. Nach dem Ende der Kundgebung formierte sich eine spontane Demonstration zum Rathaus. Dort wurde von nicht erkannten Demonstranten eine Steinplatte an der Fassade des Gebäudes angebracht, die an den jungen Mann erinnern sollte, der Asyl gesucht hatte und im Saarland durch einen Brandanschlag gestorben war.
Die massive Steinplatte, die offensichtlich in professioneller Ausführung von einem Steinmetz angefertigt worden war, trug die Inschrift “IN ERINNERUNG AN SAMUEL YEBOAH, FLÜCHTLING AUS GHANA, AM 19.9.1991 DURCH EINEN RASSISTISCHEN BRANDANSCHLAG IN SAARLOUIS ERMORDET”.
Mit dieser Art von Erinnerung konnten allerdings die Verantwortlichen im Saarlouiser Rathaus nicht viel anfangen. Nur wenige Stunden hing die Gedenktafel für den ermordeten Ghanaer, bis Oberbürgermeister Fontaine (CDU) sie entfernen ließ. Doch genügte es dem Stadtoberhaupt nicht, die Mahnung zu beseitigen, es erstattete Strafanzeige gegen den Anmelder der Antifa-Kundgebung. Konsequenz: Eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 Euro wurde verhängt.
Als Begründung heißt es im Strafbefehl: “Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Sie, am 19.9.2001 in Saarlouis gemeinschaftlich rechtswidrig öffentliche Denkmäler beschädigt oder zertsört zu haben, indem sie zwischen 19.15 Uhr und 19.30 Uhr aufgrund eines gemeinsam gefassten Tatentschlusses zusammen mit unbekannten Mittätern im arbeitsteiligen Verhalten an die unter Denkmalschutz stehende Rathausfassade im Eingangsbereich eine rote Sandsteinplatte 40 x 40 cm groß und ca. 8 kg schwer, mittels eines schnell härtenden Spezialklebers anbrachten, die in der Folge nur durch den kraftvollen Einsatz von Werkzeugen entfernt werden konnte, wobei die Rathausfassade beschädigt wurde”, “Vergehen gemäß §§ 303, 304, 25 II StGB” (Rechtschreibfehler im Original).
Dabei hat die heimliche Hauptstadt des Saarlands kein prinzipielles Problem mit Gedenktafeln für Verstorbene: An den General Paulvon Lettow-Vorbeck, dessen Geburtsort zu sein sich die Stadt geschmeichelt rühmen darf, erinnert sehr wohl eine Tafel. Gut sichtbar in der Fußgängerzone, an dem Haus in dem Lettow-Vorbecks Wiege stand, kann der geneigte Spaziergänger folgende Lobeshymne lesen: “Der unbesiegte ritterliche Verteidiger Deutsch-Ostafrikas im Weltkriege 1914–1918 General von Lettow-Vorbeck wurde am 20. 3. 1870 in diesem Hause geboren.” General Paul von Lettow-Vorbeck war 1904 maßgeblich an der gezielten Ermordung von tausenden Hereros im heutigen Namibia beteiligt und im 1. Weltkrieg verantwortlich für den verlustreichen Hinhaltekrieg in Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania — was aber nicht auf der Tafel vermerkt ist.
Gegen den Strafbefehl ließ der Beklagte durch seinen Anwalt Einspruch einlegen. Breite Unterstützung fand er dabei durch die Anitfa Saar und weitere Gruppierungen, die Unterschriften sammelten, offene Briefe verfaßten, flächendeckend Plakate mit dem Bild der entfernten Gedenktafel klebten, Flugblätter verteilten und Veranstaltungen organisierten. Durch diese Aktionen wurde eine Öffentlichkeit hergestellt, die zumindest dafür sorgte, daß die Stadt Saarlouis die Gedenktafel herausgab, der Forderung nach Einstellung des Verfahrens kam man indes nicht nach.
Und so fand im Juni 2003 in Saarlouis der Strafprozeß statt. Die Sicherheitsvorkehrungen waren streng, doch das konnte die große Gruppe von mehr als 60 Personen nicht abschrecken, die durch Anwesenheit Unterstützung demonstrierte. Demonstriert wurde an diesem Tag im Gerichtssaal in Saarlouis noch mehr — nämlich politisches Bewußtsein. Der Angeklagte nutzte die Gelegenheit, um ein Statement abzugeben, damit konnte sich allerdings der Richter nicht anfreunden und versuchte die Erklärung zu unterbinden.
Ein Unterfangen, daß den lautstark bekundeten Unmut der anwesenden Freunde, Bekannten und Unterstützer hervorrief, was wiederum zum Abbruch der Verhandlung führte. Er lasse aus seinem Gerichtssaal keine Showbühne für die Antifa machen, begründete der Richter sein Vorgehen. 18 Monate später wurde das Verfahren dann eingestellt. Eigentlich hätte das der Schlußpunkt in diesem Trauerspiel um das verweigerte Erinnern sein müssen, doch so schnell wollten die Verantwortlichen im Rathaus sich nicht geschlagen geben. Es wurde Zivilklage erhoben, um die Kosten für das Entfernen der Tafel einzutreiben.
Und so wurde am 6. Oktober 2005 erneut über die unerwünschte Gedenktafel für den ermordeten Asylbewerber Samuel Yeboah verhandelt. Diesmal allerdings in Saarbrücken und nicht in Saarlouis. Knapp drei Wochen später erging das Urteil: 134,50 Euro sollte der junge Mann, der vor mehr als vier Jahren in Saarlouis eine Veranstaltung gegen das Vergessen angemeldet hatte, an die Stadt bezahlen. Eine Summe, die laut Presseerklärung, die “Aktion 3. Welt” übernimmt, die damit verbunden zu Spenden auf ein eigens eingerichtetes Konto aufruft. 2006 jährt sich der gewaltsame Tod des jungen Afrikaners zum fünfzehnten Mal. Doch auch das ist noch immer kein Grund für die Stadt “Saar-lautern”, irgendwo an die Nacht zu erinnern, in der das Asylbewerberheim brannte. So als wäre es nicht geschehen, wenn man nur nicht darüber spricht…
Antifa Saar weitere Infos: www.antifasaar.de.vu
Die Rote Hilfe unterstützte den Betroffenen im ersten Prozeß, dem Strafverfahren. Für das Zivilverfahren um die Kosten der Entfernung der Gedenktafel kann die Rote Hilfe laut ihrer Satzung keine Unterstützungszahlungen leisten, ruft aber zu Spenden auf das Konto der Initiative auf:
Spenden
Spendenkonto für Prozeß- und Anwaltskosten
Verein für kommunikatives Wohnen & Leben Kontonummer: 900 11 537
BLZ: 590 501 01 Sparkasse Saarbrücken
Verwendungszweck: Gedenktafelprozeß
Jungle World: “Deutsch bis zum Grab”
Deutsch bis zum Grab
Der deutsche Nationalismus bestand vor 50 Jahren im Saarland seine erste Probe nach 1945.
Stefan Ripplinger hat in der Wochenzeitung Jungle World ein interessantes Dossier zur zweiten Saarabstimmung 1955 und der damaligen politischen Landschaft im Saarland verfasst.
Weiterlesen: http://jungle-world.com/artikel/2005/41/16174.html
Saarbrücker Zeitung: “Streit um Gedenken an getöteten Ghanaer”
Saarbrücker Zeitung vom 6.Oktober 2005
Streit um Gedenken an getöteten Ghanaer
Prozess um ungenehmigte Tafel am Saarlouiser Rathaus: Angeklagter streitet Beteiligung ab
Vor vier Jahren wurde eine Gedenktafel für den ermordeten Flüchtling Yeboah ohne Erlaubnis am Saarlouiser Rathaus angeklebt. Gestern kam es zum Prozess gegen den mutmaßlichen Verantwortlichen der Aktion.
Saarbrücken. Formal geht es nur um Sachbeschädigung: Die Stadt Saarlouis klagte auf Schadenersatz gegen den Veranstalter eines “Antifaschistischen Aktionstages” in Saarlouis im Jahr 2001. Der 29-jährige Saarbrücker soll dafür verantwortlich sein, dass nach der von ihm angemeldeten Kundgebung eine Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus angebracht wurde. Da diese Aktion von der Stadt Saarlouis nicht genehmigt war, ließ sie die Tafel kurzerhand wieder entfernen und klagte. Gestern, vier Jahre nach der Aktion, fand der Prozess vor dem Saarbrücker Amtsgericht statt. Der Angeklagte stritt die Verantwortung für das Anbringen der Tafel ab: “Ich habe mit der Anbringung der Platte nichts zu tun. Aber ich finde die Aktion gut.” Mit der Gedenkplatte wollten die Demonstranten, ein loser Zusammenschluss aus mehreren antifaschistischen Gruppen, des grausamen Mordes an Samuel Yeboah im September 1991 gedenken. Der junge Mann aus Ghana war damals bei einem Brandanschlag in Saarlouis ums Leben gekommen. Im Prozess bestritt der Angeklagte, dass er von der Platte gewusst habe. Er habe lediglich eine Kundgebung in der Französischen Straße in Saarlouis angemeldet und geleitet. Als es danach noch zu einer spontanen Demonstration gekommen sei, habe er nicht gewusst, dass diese das Anbringen einer Gedenktafel am Rathaus zum Ziel hatte. Er selbst sei auch nicht beim Ankleben der Platte dabei gewesen, sondern erst später dazugekommen, weil er noch Lautsprecher und Teile einer Ausstellung nach der Kundgebung im Auto habe verstauen müssen. Der einzige Zeuge, der zum Prozess geladen war, der leitende Polizist am Tag der Demonstration, sagte jedoch aus, dass er den Angeklagten sehr wohl am Ort des Geschehens gesehen habe. “Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht in Ordnung ist, was dort geschieht und dass es wahrscheinlich eine Anzeige geben werde, aber er hat nur gelächelt und mit den Schultern gezuckt.” Das Urteil soll am 27. Oktober gesprochen werden. Der Streit um das Andenken an Yeboah wird wohl noch weiter gehen. “Wir wollen, dass es an zentraler, öffentlicher Stelle in Saarlouis ein Gedenken an den ermordeten Yeboah gibt”, sagte der Angeklagte nach dem Prozess. Unterstützt wird er von der Antifa Saar und der Aktion Dritte Welt Saar, die am Mittwoch einen runden Tisch mit allen Beteiligten angeregt hatte. ut