Mord an Samuel Yeboah – nach 31 Jahren Prozessbeginn am 16.11.2022 vor dem Oberlandesgericht Koblenz

Gemein­same Pressemit­teilung von: Aktion 3. Welt Saar, Saar­ländis­ch­er Flüchtlingsrat und Antifa Saar / Pro­jekt AK

14. Novem­ber 2022

Kein Schlussstrich!
Entschädi­gung der Über­leben­den des Bran­dan­schlags!
Ein­rich­tung eines par­la­men­tarischen Unter­suchungsauss­chuss­es!
Offen­le­gung aller Akten des Ver­fas­sungss­chutzes und der Polizei!

Am 19. Sep­tem­ber 1991 wurde Samuel Yeboah bei einem ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlag auf eine Flüchtling­sun­terkun­ft in Saar­louis-Fraulautern ermordet. 20 Men­schen über­lebten den Anschlag. Rund 31 Jahre später begin­nt am 16. Novem­ber 2022 vor dem 4. Straf­se­n­at (Staatss­chutzse­n­at) des Ober­lan­des­gerichts Koblenz die Hauptver­hand­lung gegen den Saar­louis­er Neon­azi Peter S. wegen Mordes, ver­sucht­en Mordes in 20 Fällen und Brand­s­tiftung mit Todes­folge. Eine ganze Gen­er­a­tion lang haben Ini­tia­tiv­en und Organ­i­sa­tio­nen aus der antifaschis­tis­chen und anti­ras­sis­tis­chen Bewe­gung wie Saar­ländis­ch­er Flüchtlingsrat, Aktion 3.Welt Saar und Antifa Saar / Pro­jekt AK die Erin­nerung an Samuel Yeboah wachge­hal­ten und das ras­sis­tis­che Motiv der Tat benan­nt. Ohne dieses Engage­ment hätte es wed­er eine Neuau­flage der Ermit­tlun­gen noch den kom­menden Straf­prozess vor dem OLG Koblenz gegeben.

Dieser Prozess kommt 30 Jahre zu spät. Trotz­dem eröffnet er die Möglichkeit, die lange Zeit der Straflosigkeit und damit die Gle­ichgültigkeit gegenüber den Ange­höri­gen von Samuel Yeboah und den Über­leben­den des ras­sis­tis­chen Ver­brechens zu been­den“, erk­lärte Ursu­la Quack im Namen des Saar­ländis­chen Flüchtlingsrates e.V.. „Für die Über­leben­den, die bis heute durch die Ereignisse trau­ma­tisiert sind, hat der Prozess eine enorme Bedeu­tung. Es geht um ihre Anerken­nung als Opfer und dessen, was sie erlit­ten haben. Und selb­stver­ständlich heißt Anerken­nung auch finanzielle Entschädigung.“

Es ist fatal. 30 Jahre lang haben Polizei und Staat­san­waltschaft aber auch die Stadt Saar­louis und die jew­eilige Lan­desregierung die ras­sis­tis­che Moti­va­tion der Tat in Abrede gestellt“, so Roland Röder, Geschäfts­führer der Aktion 3.Welt Saar e.V.. „Neben der juris­tis­chen Aufar­beitung muss jet­zt auch das saar­ländis­che Staatsver­sagen in dieser Sache beleuchtet wer­den. Nach Jahren des Schweigens und Leug­nens erwarten wir von der aktuellen saar­ländis­chen Lan­desregierung, dass sie dafür Ver­ant­wor­tung übern­immt und einen par­la­men­tarischen Unter­suchungsauss­chuss einsetzt.“

Tat­sache ist: Der gesamte poli­tisch-organ­isatorische Hin­ter­grund des Mordes an Samuel Yeboah wurde bis heute nicht aufgek­lärt. Der Angeklagte Peter S. war in jen­er Zeit aktives Mit­glied der organ­isierten Neon­azi-Szene in Saar­louis, die sich seit Mitte der 1990er Jahre zur „Kam­er­ad­schaft Saar­lautern“ formierte. Wieso sollte er also als Täter alleine gewe­sen sein?

Es darf keinen Schlussstrich geben. Allein in den Jahren 1991 und 1992 gab es rund 15
ras­sis­tis­che Über­griffe auf Flüchtling­sun­terkün­fte im Saar­land, die meis­ten davon in der Region Saar­louis. Täter wur­den allerd­ings nie ermit­telt“, erk­lärte Alexan­der Breser von der Antifa Saar / Pro­jekt AK. „Das gle­iche gilt für weit­ere neon­azis­tis­che Tat­en wie den ver­sucht­en Bombe­nan­schlag auf das Saar­brück­er PDS-Büro 1990 oder den Anschlag auf die Ausstel­lung über die Ver­brechen der Wehrma­cht 1999 eben­falls in Saar­brück­en. Um hier über­haupt noch eine ern­sthafte Aufk­lärung und Aufar­beitung zu erre­ichen, ist die Offen­le­gung aller Akten des Ver­fas­sungss­chutzes und der Polizei zwin­gend notwendig.“

Zum Prozess­be­ginn wer­den wir — der Saar­ländis­che Flüchtlingsrat, die Aktion 3. Welt Saar und die Antifa Saar / Pro­jekt AK — ab 8.30 Uhr gemein­sam vor dem Ober­lan­des­gericht mit unseren
Forderun­gen Präsenz zeigen.

Zum Hin­ter­grund:

Eine Chronolo­gie der Ereignisse auf der Seite der Aktion 3.Welt Saar e.V.:
https://a3wsaar.de/aktion/2021-samuel-yeboah

Veröf­fentlichun­gen der Antifa Saar / Pro­jekt AK über neon­azis­tis­che Aktiv­itäten im Saar­land:
https://antifa-saar.org/nazis/
https://antifa-saar.org/category/samuel-yeboah/