Am 15.10.2022 versammelten sich in Saarbrücken wieder rund 200 Anhänger:innen der klerikal-faschistischen Pius-Bruderschaft, um mit ihrem sogenannten „Marsch für das Leben” gegen das Recht der Frau, über ihren Körper selbst zu bestimmen, zu demonstrieren. Gegen den Aufmarsch der religiösen Fundamentalist:innen demonstrierten mehr als 300 Menschen. So konnte der Aufmarsch nachhaltig gestört werden, durch eine Blockade auf der Demonstrationsstrecke kam es zu langen Verzögerungen.
Die vorgeblichen „Lebensschützer:innen” der Pius-Bruderschaft versammelten sich am Saarbrücker Staden vor der Beratungsstelle der pro familia. Angemeldet wurde die Versammlung von Peter Feid. Die Eröffnungsrede auf der Auftaktkundgebung der Pius-Brüder durfte dieses Jahr merkbar stolz Christian Adamski halten. Der ehemalige Lehrer beteiligt sich seit Jahren an der Organisation der Pius-Aufmärsche in Saarbrücken. In seiner ewig langen Rede demonstrierte Adamski nicht nur die zutiefst antifeministische und rückschrittliche Agenda der Pius-Bruderschaft, sondern auch deren völkische und antisemitische
Ideologie: Zunächst rechnete er vor, dass durch Schwangerschaftsabbrüche im Saarland angeblich 40.000 deutsche Kinder in den letzten Jahren „ermordet” worden seien und diese Kinder Deutschland als Arbeitskräfte nun fehlten. Dann verglich Adamski mit völliger Unverfrorenheit das Recht der Frau zum Schwangerschaftsabbruch mit dem Menschheitsverbrechen des nationalsozialistischen Völkermords: „Schauen Sie mal bitte alle nach unten auf den Fußboden. Wir haben hier Steine, wir haben dort Teer und hier überall Pflastersteine rundherum. Stellen wir uns bitte einmal vor, pro Kind, das getötet wurde, eine Messingplatte. Das sind jetzt hundert und dann tausend. Und dann haben wir das, was nach einem Jahr hier neu an Plättchen verlegt werden müsste, um festzuhalten, was dort in dem Haus geschieht. 1.200 Plättchen, Jahr für Jahr.“1
Mit Messingplatten meint Adamski sog. Stolpersteine,2 also im Boden verlegte kleine Gedenktafeln, die an das Schicksal der während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgten, ermordeten, deportierten oder in den Suizid getriebenen Menschen erinnern. Damit verharmloste Adamski unverhohlen die geplante, systematisch durchgeführte und auf Ausrottung zielende Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden und anderen Opfern in Europa. Gegen Adamski hat die Staatsanwaltschaft wegen seiner den Holocaust relativierenden Rede nun auch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.3
Bereits die Auftaktkundgebung der Pius-Brüder wurde von lautem feministischem Gegenprotest begleitet. Nach Adamskis Rede und unzähligen Gebeten setzte sich der Marsch der Hinterweltler:innen durch die Saarbrücker Innenstadt in Bewegung. Während der gesamten Demonstration wurden die Pius-Brüder und ihr Anhang von lauten Feminist:innen und Antifaschist:innen begleitet und der Aufzug wurde massiv gestört. Anwohner:innen entlang der Demonstrationsstrecke beschimpften aus den Fenstern die reaktionären Gestalten. Schließlich wurde der Demonstrationszug der Pius-Brüder durch eine Blockade junger Antifaschist:innen in der Dudweiler Straße komplett gestoppt. Erst nach längerer Verzögerung und gewaltsamer Auflösung des Gegenprotests durch massive Polizeikräfte konnten die Pius-Brüder ihr Ziel Europa-Galerie erreichen. Die Rede auf der Abschlusskundgebung hielt die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst, die vor allem für ihr reaktionäres Familienbild und homofeindliche Ausfälle bekannt ist. Vom Inhalt ihrer Rede war kaum etwas zu verstehen, da mehr als 300 Gegner:innen der fundamentalistischen Veranstaltung mit Parolen und Trillerpfeifen die Mikrofonanlage übertönten und praktisch jede öffentliche Wahrnehmung der Pius-Brüder verhinderten. Unter anderen Das Bündnis „my body my choice” hatte zu den Gegenprotesten aufgerufen.
Die Pius-Bruderschaft ist eine fundamentalistisch-christliche Bruderschaft mit Sitz in der Julius-Kiefer-Straße in Saarbrücken. Die Sekte betreibt mit ihrem „Don Bosco Schulverein e.V.“ auch zwei Schulen und ein Internat im Saarland. Eine dieser Schulen, die „Erweiterte Realschule Herz Jesu” in Saarbrücken-Fechingen, wurde 2005 wegen wiederholter Misshandlungen von Schüler:innen geschlossen.
Weitere Informationen findet ihr unter anderem hier:
Stoppt christlichen Fundamentalismus — der Piusbruderschaft Einhalt gebieten!
Den Piusbrüdern entgegentreten!