Am Montag, den 09.10.2023 fiel das Urteil im Prozess um den rassistischen Brandanschlag in Saarlouis 1991. Das Oberlandesgericht Koblenz verurteilte Peter Schlappal (heute Schröder) wegen Mordes an Samuel Kofi Yeboah, versuchten zwölffachen Mordes und besonders schwerer Brandstiftung zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten. Er muss außerdem die Kosten des Verfahrens, inklusive die der Nebenkläger:innen, tragen und bleibt in Haft.
Sarah Jost, Pressesprecherin der Antifa Saar / Projekt AK kommentierte:
„Wir begrüßen einerseits den Prozess in Koblenz als längst überfälliges Signal an die Überlebenden des rassistischen Brandanschlages von Saarlouis 1991. Das heute gefällte Urteil ist zwar milde, immerhin jedoch wurde jetzt ein Täter ermittelt und verurteilt. Aber beides kommt 30 Jahre zu spät. 30 Jahre, in denen die Täter und ihr Umfeld von staatlicher Seite weitgehend unbehelligt weiterleben durften, und auch weiter die neonazistische Organisierung im Saarland voranbringen konnten. Die Überlebenden des Anschlags blieben jahrzehntelang ohne Unterstützung. Ihnen wurde nicht geglaubt“.
Der Senat hob in seinem Urteil besonders hervor, dass er keinen Vorwurf gegen die damalige Polizeiarbeit erhebt. Dabei wurde im Prozessverlauf sehr deutlich, dass die Polizei der 90er Jahre nicht nur kein Interesse an einer Aufklärung hatte, sondern Zeug:innen nicht gehört bzw. ihre Aussagen verfälscht wurden. Nur folgerichtig, dass Antifa und migrantische Communities den Selbstschutz in die eigene Hand nehmen mussten. Immer wieder berief sich das OLG Koblenz im Prozess auf Veröffentlichungen der Antifa Saar / Projekt AK, da von Verfassungsschutz und Polizei nichts Brauchbares aus dieser Zeit geliefert werden konnte. Im Prozess wurde aber auch deutlich, dass die juristische Aufarbeitung politisch wird, weil die Bedingungen und das Umfeld der Tat geprägt sind von Zuständen, die unter aller Kritik sind: von einem gesellschaftlichen Konsens gegen Migration, von institutionellem Rassismus, von einer Pogromstimmung, in der breite Teile der Bevölkerung den tagtäglichen Angriffen der Nazibanden applaudierten. Allein in den Jahren 1990–1992 wurden im Saarland eine unfassbare Reihe von über 20 rechten Brand- und Bombenanschlägen verübt, kaum einer davon wurde aufgeklärt.
„Für uns ist das ein klares Signal weiterzumachen. Und wir rufen auch aufgrund der aktuellen Entwicklungen und des Rechtsrucks in Europa einmal mehr dazu auf, den antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren, da auch weiterhin auf die Behörden kein Verlass sein wird“.