Kriminalitätsschwerpunkt Polizeiwache

Polizei­wache in der Saar­brück­er Karcher­straße – Arbeit­splatz krim­ineller Polizist_innen und Ort ein­er Serie von Skan­dalen in den let­zten Jahren.

Die Antifa Saar / Pro­jekt AK the­ma­tisierte Polizeige­walt bere­its 2018 in einem Artikel über die skan­dalösen Zustände bei der saar­ländis­chen Polizei im zweit­en Band der Schriften­rei­he “Heimat­geschicht­en — Schlaglichter auf die extreme Rechte an der Saar”. Zwei Jahre später hat sich nichts zum Pos­i­tiv­en geän­dert. Die Ermor­dung des 46-jähri­gen schwarzen Amerikan­ers George Floyd durch einen weißen Polizis­ten am 25. Mai 2020 in Min­neapo­lis ist eines der jüng­sten Beispiele ras­sis­tis­ch­er Polizeige­walt, die es nicht nur in den USA, son­dern eben­so in Deutsch­land gibt. Die dadurch aus­gelösten weltweit­en Proteste gegen ras­sis­tis­che Gewalt durch Polizist_innen stießen auch in Deutsch­land eine Diskus­sion über Ras­sis­mus bei der Polizei und Gewalt durch Polizist_innen sowie die immer weit­er reichen­den Ein­griffe von Repres­sions­be­hör­den in die Frei­heit der Men­schen an. Die Antifa Saar / Pro­jekt AK veröf­fentlicht hier den aus 2018 stam­menden Artikel als Diskussionsbeitrag.

Krim­i­nal­itätss­chw­er­punkt Polizeiwache

Während sich der saar­ländis­che Innen­min­is­ter Klaus Boul­lion (CDU) gerne als zupack­ender law-and-order-Poli­tik­er insze­niert und immer neue Ver­schär­fun­gen des Polizeirechts unter anderem mit der Bekämp­fung ange­blich­er Krim­i­nal­itätss­chw­er­punk­te begrün­det wer­den, bleibt ein öffentlich­er Auf­schrei ob der skan­dalösen Umtriebe der saar­ländis­chen Polizei aus. Eine Serie von in den ver­gan­genen Jahren öffentlich gewor­de­nen Straftat­en, die von Polizist_innen began­gen wur­den, dürfte nur die Spitze des Eis­bergs darstellen. Die Zustände inner­halb der sich selb­st als „Fre­und und Helfer“ gerieren­den Polizei bele­gen die drin­gende Notwendigkeit ein­er tief­greifend­en Kri­tik. Hierzu zählen die Ein­führung ein­er Kennze­ich­nungspflicht von Polizist_innen und ein­er unab­hängi­gen, von der Polizei strikt getren­nten Insti­tu­tion zur Ver­fol­gung von durch Polizist_innen began­genen Straftat­en, um zukün­ftige Opfer von Polizist_innen diesen und ihren Machen­schaften nicht weit­er­hin wehr­los auszuliefern. Dies forderte zulet­zt sog­ar der Europäis­che Gericht­shof für Men­schen­rechte in einem Urteil. Die poli­tisch Ver­ant­wortlichen, allen voran Innen­min­is­ter Boul­lion, machen indes genau das Gegen­teil: Statt Men­schen vor Polizeige­walt bess­er zu schützen, wird der alten Mär der Polizeigew­erkschaften von stetig zunehmenden Angrif­f­en auf Polizist_innen willig gefol­gt und ein neuer Straftatbe­stand „Tätlich­er Angriff auf Voll­streck­ungs­beamte“ einge­führt. Damit wird die ursprüngliche Inten­tion des „Wider­standspara­graphen“, näm­lich eine strafrechtliche Priv­i­legierung der Bürger_innen gegenüber der Staats­ge­walt, ins Gegen­teil verkehrt.

Folter durch Polizis­ten — ein „unge­heuer­lich­er Vor­fall“1

Am Mor­gen des 9. Feb­ru­ar 2014 kam es in der Diskothek „Unsicht­bar“ am Saar­brück­er Lud­wigskreisel zu Stre­it­igkeit­en zwis­chen dem 26-jähri­gen rumänisch stäm­mi­gen Besuch­er S. und dem Secu­ri­typer­son­al, die einen Polizeiein­satz nach sich zogen. Die bei­den vor Ort befind­lichen Polizeikom­mis­sare G. und M., 26 und 29 Jahre alt, fes­sel­ten S. mit Hand­schellen, ange­blich mit der Absicht, diesen in Gewahrsam zu nehmen und auf die Wache brin­gen zu wollen.2 Während der Fahrt muss von den bei­den Polizis­ten der Entschluss gefasst wor­den sein, mit S. nicht auf die Polizei­in­spek­tion St. Johann in der Karcher­straße zu fahren, son­dern in ein am anderen Ende der Stadt gele­genes Wald­stück in Fechin­gen, wo sie sich wohl vor Zeu­gen sich­er wäh­n­ten. Dort zer­rten sie den nach wie vor gefes­sel­ten S. aus dem Fahrzeug. Der 29-jährige Polizeikom­mis­sar M. soll ihm sodann seine kom­plette Dose Pfef­fer­spray aus näch­ster Nähe ins Gesicht gesprüht haben.3 Sein fast leeres Pfef­fer­spray wurde im Rah­men der nach der Tat von der Staat­san­waltschaft ein­geleit­eten Ermit­tlun­gen bei ein­er Durch­suchung der Polizei­wache Karcher­straße sichergestellt. Anschließend trat der Polizist M. das Opfer mit dem Fuß in den Rück­en, woraufhin S. zu Boden fiel. Ein zu seinen Dien­st­stiefeln passender Schuhab­druck kon­nte auf dem Hemd des Opfers gesichert werden.

Schein­er­schießung im Wald mit ras­sis­tis­chem Motiv

Als sei die Folter des wehrlosen, psy­chisch kranken S.4 mit­tels Pfef­fer­spray und Trit­ten noch nicht schlimm genug gewe­sen, stellte sich Polizeikom­mis­sar M. auch noch mit dem Fuß auf den Rück­en des Opfers, zog seine Pis­tole aus dem Hol­ster, richtete sie auf den Kopf des Opfers und lud sie durch. Dazu soll der Polizist den rumänisch stäm­mi­gen S. als „Zige­uner“ beschimpft und angeschrien haben, er solle sich zurück nach Rumänien „ver­pis­sen“, da er in Deutsch­land nichts ver­loren habe. Außer­dem soll der Polizeibeamte M. die wohl nicht geladene Pis­tole sog­ar abge­drückt haben, um die Todesäng­ste, unter denen das Opfer litt, weit­er zu ver­stärken. Nach den Mis­shand­lun­gen und der Schein­er­schießung ließen die Polizeikom­mis­sare das ver­let­zte Opfer hil­f­los im Wald zurück. Durch die Augen­ver­let­zun­gen auf­grund des Pfef­fer­sprays kon­nte S. kaum etwas sehen. Den­noch gelang es ihm, sich bis an den Wal­drand zu schlep­pen und auf sich aufmerk­sam zu machen. Ein Anwohn­er bemerk­te die Schreie des unter Schmerzen und Todesäng­sten lei­den­den Mannes und ver­ständigte den Rettungsdienst.

Schläge gegen Unschuldige, Anzeige wegen Widerstand

Die anschließen­den Ermit­tlun­gen gegen die Kom­mis­sare M. und G. ergaben, dass diese am gle­ichen Tag der Mis­shand­lung des Rumä­nen S. schon zuvor gegen sieben Uhr mor­gens zwei Per­so­n­en auf einem Super­mark­t­park­platz in Saar­brück­en St. Johann ange­grif­f­en hat­ten. Die bei­den Män­ner wur­den von den Polizeibeamten kon­trol­liert, als wohl Kom­mis­sar M. die Sit­u­a­tion bewusst eskalierte und eine der bei­den Per­so­n­en auf den Boden warf und dessen Begleit­er mit der Faust ins Gesicht schlug.5 Die Män­ner wur­den gefes­selt und auf die Karcherwache ver­bracht, wo ein Alko­holtest neg­a­tiv blieb. Anschließend fer­tigte Kom­mis­sar M. gegen bei­de Män­ner eine Strafanzeige wegen Wider­stands gegen Voll­streck­ungs­beamte. Dies kann als das übliche Vorge­hen von Polizeibeamt_innen zur Ver­tuschung der eige­nen Straftat­en ange­se­hen wer­den; Die Opfer von Polizeige­walt haben in aller Regel keine Chance, sich gegen die falschen Anschuldigun­gen durch Polizist_innen zu wehren und Recht zu bekom­men. Der inner­halb der Polizei vorherrschende Korps­geist führt regelmäßig dazu, dass Kolleg_innen die Straftäter_innen in den eige­nen Rei­hen durch Falschaus­sagen deck­en. Nichts­destotrotz erstat­teten die bei­den Opfer des Über­griffs Strafanzeige gegen Polizeikom­mis­sar M. wegen Kör­per­ver­let­zung im Amt.

Repres­sion 2018 – Die neue „Oper­a­tive Ein­heit (OpE)“ der saar­ländis­chen Polizei.

Serien­straftäter in Uniform

Bere­its vor der Mis­shand­lung der bei­den Män­ner auf dem Super­mark­t­park­platz und des Rumä­nen S. am 9. Feb­ru­ar 2014 soll Polizeikom­mis­sar M. mehrfach Straftat­en began­gen haben. In einem Fall wird ihm vorge­wor­fen, im Dienst einen Mann kör­per­lich mis­shan­delt zu haben, 2013 soll er seine dama­lige Lebens­ge­fährtin bedro­ht und mis­shan­delt haben. Auch soll er Rezepte gefälscht haben, um sich Auf­putsch- und Beruhi­gungsmit­tel zu besor­gen.6 Selb­st nach sein­er Sus­pendierung im Feb­ru­ar 2014 fällt Polizist M. durch weit­ere Straftat­en auf: Ende März 2015 soll er unter Alko­hole­in­fluss in einen Verkehrsun­fall ver­wick­elt gewe­sen sein, woraufhin sein Führerschein ein­be­hal­ten wurde. Im Juli 2015 rief ein Kneipen­wirt in Saar­louis wegen des mal wieder stark alko­holisierten Polizis­ten M. die Polizei um Hil­fe. Die Polizeibeamt_innen nah­men ihren eige­nen Kol­le­gen zur Aus­nüchterung in Gewahrsam. Auf der Polizei­wache ver­suchte M. jedoch zu fliehen, das anschließende Handge­menge brachte Polizeikom­mis­sar M. dies­mal selb­st eine Strafanzeige wegen Wider­stands gegen Voll­streck­ungs­beamte ein.

Lügen vor Gericht

Im Laufe der Ermit­tlun­gen gegen die bei­den Polizeikom­mis­sare M. und G. zeigte sich außer­dem, dass die Mis­shand­lun­gen des Rumä­nen S. auf der Karcherwache zumin­d­est inner­halb der Dien­st­gruppe bekan­nt waren. Der Vorge­set­zte der Dien­stschicht soll von den durch die bei­den Kom­mis­sare began­genen Straftat­en Ken­nt­nis gehabt und es aber unter­lassen haben, strafrechtliche Schritte gegen seine bei­den Kol­le­gen einzuleit­en, wozu er verpflichtet gewe­sen wäre. In der späteren Gerichtsver­hand­lung gegen den Hauptbeschuldigten M. log und bestritt der Vorge­set­zte, dass es ein entsprechen­des Gespräch gegeben habe.7 Außer­dem soll er ver­sucht haben, den Kol­le­gen G., der als Belas­tungszeuge gegen den Haup­tangeklagten M. auf­trat, unglaub­würdig zu machen.8 Wegen dieser Falschaus­sage vor Gericht wird der Vorge­set­zte des soge­nan­nten „Folter-Polizis­ten“ schließlich zu ein­er Geld­strafe von 7.200 Euro (120 Tagessätze) verurteilt und ist somit vorbestraft.

Nest­beschmutzer“ und „Kam­er­aden­schwein“

Der an der Tat beteiligte Polizist G. sagte im Laufe der Ermit­tlun­gen gegen seinen Streifenkol­le­gen M. aus. Von Kolleg_innen der eige­nen Wache wurde er daraufhin als „Nest­beschmutzer“ und „Kam­er­aden­schwein“ beschimpft. Außer­dem soll dem Beamten ein Foto von ihm mit abgeschnit­ten­em Kopf gezeigt wor­den sein – eine Mord­dro­hung, die die beab­sichtigte Wirkung nicht ver­fehlte, wie der Kom­mis­sar vor Gericht ein­räumte: „Ich hat­te Angst“ — wohl gemerkt vor den eige­nen Kolleg_innen.9 Ein Vor­gang, den man eher in einem Mafi­afilm als auf ein­er Polizei­wache erwarten würde und der exem­plar­isch zeigt, dass der inner­halb der Polizei vorherrschende anti­demokratis­che Korps­geist die Rechtsstaatlichkeit regelmäßig zu unter­minieren in der Lage ist.

Mildes Urteil für den Komplizen

Der 26-jährige Polizist G. wurde im Gegen­satz zu seinem Kol­le­gen M. nicht vom Polizei­di­enst sus­pendiert, son­dern lediglich intern ver­set­zt. Gegen Kom­mis­sar G. wurde im August 2015 vom Amts­gericht Saar­brück­en ein Straf­be­fehl über 3500 Euro (50 Tagessätze) erlassen. Der Beamte soll sich lediglich der Kör­per­ver­let­zung durch Unter­lassen schuldig gemacht haben. Das milde Urteil gegen Polizeikom­mis­sar G. wurde damit begrün­det, dass dieser sich maßge­blich an der Aufk­lärung der Tat­en beteiligt habe und als Kro­nzeuge den Kol­le­gen M. schw­er belastet habe.10 Kom­mis­sar G., der als Polizist min­destens die schwere Mis­shand­lung und anschließende Schein­er­schießung des Rumä­nen S. mit ansah und bil­ligte, gilt somit weit­er­hin als nicht vorbe­straft. Auch ist er weit­er­hin als Polizist tätig.

Zwei Jahre auf Bewährung für Polizeikom­mis­sar M.

Im April 2016, mehr als zwei Jahre nach den Tat­en, kommt es schließlich zum Prozess gegen den nun 31-jähri­gen Haupt­täter, Polizeikom­mis­sar M. aus Saar­louis; Vorge­wor­fen wer­den ihm gefährliche Kör­per­ver­let­zung im Amt in Tatein­heit mit Ver­fol­gung Unschuldiger, Frei­heits­ber­aubung, Sachbeschädi­gung, Urkun­den­fälschung, Wider­stand gegen die Staats­ge­walt sowie Bedro­hung.11 In sein­er Aus­sage zu Prozess­be­ginn bestre­it­et der Polizist den Vor­wurf, dass er das Opfer S. geschla­gen, getreten und mit sein­er Pis­tole bedro­ht habe. Es habe sich um Notwehr gehan­delt, als er das Opfer mit Pfef­fer­spray im Wald ange­grif­f­en habe. Das Opfer berichtet, es habe unter Tode­sangst gelit­ten, lei­de sei­ther unter Panikat­tack­en und habe Angst vor der Polizei.12 Polizis­ten der Wache Bre­bach, die zusam­men mit dem Ret­tungs­di­enst durch einen Zeu­gen alarmiert wor­den waren, sagten vor Gericht aus, dass der Angeklagte Kom­mis­sar M. nach der Mis­shand­lung des Opfers vor­sor­glich in der dem Tatort nahe gele­ge­nen und zuständi­gen Bre­bach­er Polizei­wache angerufen habe und den Kolleg_innen mit­geteilt habe, sie soll­ten „dem Rumä­nen nichts glauben, der sei ein Dumm­schwätzer“.13 Die Ober­staat­san­wältin Sabine Kräuter-Stock­ton sah nach der Hauptver­hand­lung die Tatvor­würfe als erwiesen an und forderte eine Frei­heitsstrafe von drei Jahren. Das Schöf­fen­gericht verurteilte den Angeklagten M. erstin­stan­zlich zu ein­er Frei­heitsstrafe von zweiein­halb Jahren, die somit nicht zu Bewährung hätte aus­ge­set­zt wer­den kön­nen. Das Gericht sah es unter anderem als erwiesen an, dass der angeklagte Polizist M. sich mit einen Fuß auf den Rück­en des Opfers gestellt, mit sein­er Dienst­waffe auf den Mann gezielt und die Pis­tole durchge­laden habe. Gegen­teilige Behaup­tun­gen seien „fernab jeglich­er Logik“.14

Gegen das Urteil legte M. Beru­fung ein, der Fall lan­dete vor dem Landgericht. Im Rah­men ein­er Ver­ständi­gung im Strafver­fahren einigten sich vor Beginn der Hauptver­hand­lung das Gericht, die Staat­san­waltschaft sowie der Angeklagte und sein Anwalt auf einen Deal: Für ein Geständ­nis, eine Entschuldigung bei den Opfern sowie die Zahlung von Entschädi­gun­gen wird die Frei­heitsstrafe auf zwei Jahre reduziert und kann somit noch zur Bewährung aus­ge­set­zt wer­den. Der nun Ex-Polizist ver­liert seinen Beamten­sta­tus sowie sämtliche Pen­sion­sansprüche.15 Nach­dem sich der Angeklagte im ersten Prozess noch abfäl­lig gegenüber seinem Opfer ver­hal­ten hat­te, dessen Aus­sage vor Gericht mit Grin­sen und Augen­ver­drehen kom­men­tierte16 und ver­sucht hat­te, dessen Glaub­würdigkeit in Zweifel zu ziehen,17 zeigte Kom­mis­sar M. nun Reue, Ein­sicht und Bedauern. Wed­er die Ober­staat­san­wältin noch die Richter sahen einen Anlass, an der Aufrichtigkeit des Geständ­niss­es oder an der vom Angeklagten gezeigten Ein­sicht und Reue zu zweifeln, so die Saar­brück­er Zeitung.18

Mord an Oury Jal­loh – Ver­bran­nt im Polizeigewahrsam

Oury Jal­loh, während des Gewahrsams in ein­er Dessauer Wache von Polizist_innen ermordet.

2005 ver­bran­nte der Geflüchtete Oury Jal­loh in ein­er Dessauer Polizeizelle, nach­dem er durch Polizeibeamte in Gewahrsam genom­men und auf ein­er schw­er ent­flamm­baren Matratze an Hän­den und Füßen fix­iert wor­den war. Über Jahre behaupteten Polizei, Staat­san­waltschaft und Poli­tik, der Gefan­gene habe sich trotz Fes­selung an Hän­den und Füßen sowie vor­ange­gan­gener Durch­suchung mit einem Feuerzeug selb­st angezün­det. Das ange­bliche Tat­feuerzeug wurde bei der Tatort­sicherung nach dem Brand nicht asserviert und tauchte dann Tage später auf – ohne DNA von Oury Jal­loh. Die zum Tatzeit­punkt dien­sthaben­den Polizist_innen ver­strick­ten sich in mas­sive Wider­sprüche. Dies und eine ganze Rei­he ander­er Ungereimtheit­en und Ermit­tlungs­fehler wur­den von den Behör­den ignori­ert und an der abstrusen These der Selb­stentzün­dung fest­ge­hal­ten. Schon zuvor waren in den Jahren 1997 und 2002 zwei Men­schen auf­grund schw­er­ster Ver­let­zun­gen gestor­ben, nach­dem sie von Dessauer Polizist_innen festgenom­men wor­den waren.19

Ein­er der Polizis­ten wurde schließlich angeklagt und in der Revi­sionsver­hand­lung wegen fahrläs­siger Tötung zu ein­er Geld­strafe von 90 Tagessätzen verurteilt, da er das ange­blich vorhan­dene Feuerzeug bei der Durch­suchung Jal­lohs überse­hen und nicht auf den Feuer­alarm reagiert habe. In der ersten Instanz des Ver­fahrens erhob der Richter schwere Vor­würfe gegen die Polizei: “Wir hat­ten nicht die Chance auf ein rechtsstaatlich­es Ver­fahren, auf die Aufk­lärung des Sachver­haltes. (…) Diese Ver­hand­lung ist gescheit­ert.“ Die „Falschaus­sagen der Beamten“ seien „erschreck­end“ gewe­sen.20

Durch die behar­rliche Arbeit von Ini­tia­tiv­en wie „Break the Silence“21 und pri­vat in Auf­trag gegebene Brandgutacht­en kam es Ende 2017 nach Vor­lage eines Gutacht­ens mehrerer Experten bei der bis dahin zuständi­gen Staat­san­waltschaft zu einem über­raschen­den Kur­swech­sel: Statt an der seit nun­mehr zwölf Jahren vertrete­nen These der Selb­stentzün­dung festzuhal­ten, geht der lei­t­ende Ober­staat­san­walt in Dessau nun von einem begrün­de­ten Mord­ver­dacht aus und benen­nt in den Akten konkret verdächtige Polizis­ten. Es sei laut Ober­staat­san­walt wahrschein­lich, dass Oury Jal­loh bere­its vor Aus­bruch des Feuers min­destens hand­lung­sun­fähig oder sog­ar schon tot gewe­sen und mit Brandbeschle­u­niger besprüht und angezün­det wor­den sei.22 Als Motiv kommt für die Staat­san­waltschaft eine Ver­tuschung des Vor­falls in Betra­cht, um neue Ermit­tlun­gen zu den früheren Todes­fällen zu ver­mei­den. Das Ver­fahren wurde der Staat­san­waltschaft Dessau daraufhin ent­zo­gen und der Staat­san­waltschaft Halle über­tra­gen, ange­blich wegen der hohen dien­stliche Belas­tung der Mitarbeiter_innen in Dessau. Die Ermit­tlun­gen wur­den daraufhin trotz alle­dem eingestellt.23

Die Span­ner-Affäre

Im Mai 2013 fliegt ein 31-jähriger Polizeikom­mis­sar auf, nach­dem er in 30 Fällen heim­lich Videoauf­nah­men von entk­lei­de­ten Kol­legin­nen in Umk­lei­den und Toi­let­ten von drei Polizei­di­en­st­stellen in Saar­brück­en mit ein­er als Kugelschreiber getarn­ten Minikam­era gemacht hat­te. Mak­aber­er Weise war er bis dahin ehre­namtlich beim „Weißen Ring“ tätig, ein­er Organ­i­sa­tion, die sich der Unter­stützung von Krim­i­nal­ität­sopfern ver­schrieben hat.24 Im Feb­ru­ar 2014 wird er zu ein­er Frei­heitsstrafe von acht Monat­en auf Bewährung verurteilt. Die Amt­srich­terin merkt in der Urteils­be­grün­dung an: “Sie und ihre Kol­legin­nen sind dazu da, Opfer zu schützen und Straftäter zu über­führen. Das haben sie auf den Kopf gestellt.“25 – Mal wieder, möchte man ergänzen.

Prügelorgie im Nauwieser Viertel

Im Juni 2012 wird gegen Beamte der Karcher­straße Strafanzeige erstat­tet wegen des Vor­wurfs der Kör­per­ver­let­zung, Nöti­gung und Strafvere­it­elung im Amt. Ein Gast der Kneipe „Kurzes Eck“ wurde durch Polizis­ten ver­let­zt, als er sich ange­blich sein­er Fes­t­nahme wider­set­zt haben soll. Er erlitt neben ein­er Schädel­prel­lung diverse weit­ere Prel­lun­gen und Wun­den; Auch ein Polizist soll ver­let­zt wor­den sein. Gegen die Aus­sagen der sich wie üblich gegen­seit­ig deck­enden Polizeibeamt_innen, näm­lich dass die Gewalt gerecht­fer­tigt gewe­sen sei, da das Opfer Wider­stand geleis­tet habe, lagen mehrere Zeu­ge­naus­sagen vor, die dieser Darstel­lung wider­sprachen. „Der junge Mann habe keinen Wider­stand geleis­tet. Die Polizis­ten hät­ten ihn mit dem Gesicht auf den Boden gedrückt, Hand­schellen angelegt und mit dem Knie auf dem Hals fix­iert. Dann hät­ten sie Ver­stärkung gerufen. Mehrere Polizei­wa­gen seien angerückt. Ein­er der her­beigeeil­ten Beamten sei ein älter­er Polizist gewe­sen, der den am Boden fix­ierten Mann mit Schlä­gen trak­tiert habe,“ berichtet die Saar­brück­er Zeitung.26 Mehrere Zeug_innen des bru­tal­en Vorge­hens der Polizist_innen macht­en mit ihren Handys Videoauf­nah­men. Da die Polizeibeamt_innen offen­bar Angst hat­ten, durch die Videoauf­nah­men später belastet zu wer­den, nötigten sie rechtswidriger Weise die anwe­senden Zeug_innen, die Auf­nah­men von der Gewal­torgie zu löschen. Das Polizeiopfer, gegen das wie üblich Anzeige wegen Wider­stands erstat­tet wurde, wurde in der Gerichtsver­hand­lung von dem Vor­wurf freigesprochen.

Video-Skan­dal die Zweite: „Do kotzt er“

Im Juni 2013 tauchte ein Video auf Youtube auf. Darin zu sehen ist die entwürdi­gende Vor­führung eines offen­bar geistig ver­wirrten, mut­maßlich unter Dro­gene­in­fluss ste­hen­den Mannes, der sich mit gefes­sel­ten Hän­den auf der Rück­bank eines Polizei­wa­gens befind­et.27 Der Staat­san­walt äußerte dazu im späteren Gerichtsver­fahren: „Es gibt Leute, die find­en so etwas lustig. Einen gefes­sel­ten Men­schen zu sehen, der nicht bei sich ist und in sein­er Not vorge­führt wird. Das ist wie im Mit­te­lal­ter. Damals hat­te man die Jahrmärk­te, auf denen man kranke Men­schen zur Schau stellte.“ Aufgenom­men wurde das Video von einem 44-jähri­gen Polizeikom­mis­sar der berühmt-berüchtigten Wache in der Karcher­straße, der für die Auf­nahme des Videos wegen Ver­rats von Dien­st­ge­heimnis­sen vom Amts­gericht Saar­brück­en zu ein­er Geld­strafe von 1800 Euro (30 Tagessätze) verurteilt wurde. Wer das Video auf Youtube veröf­fentlicht hat­te, kon­nte nicht gek­lärt wer­den. Erwäh­nenswert ist die Anwe­sen­heit von 20 über­wiegend uni­formierten Polizist_innen während der Hauptver­hand­lung, offen­sichtlich­er Beleg für den Korps­geist inner­halb der saar­ländis­chen Polizei, auch wenn die Unver­froren­heit der Zurschaustel­lung dessen offen­bar selb­st den Ober­staat­san­walt gle­icher­maßen über­rascht wie verärg­ert: „Dazu der Anklagev­ertreter sin­ngemäß: ‚Als ich heute Mor­gen zum Gericht gekom­men bin und die ganzen Streifen­wa­gen und Polizis­ten gese­hen habe, dachte ich, dass hier ein Prozess der Schw­erkrim­i­nal­ität läuft.‘ Aber nein. Stattdessen säße hier eine fast kom­plette Dien­st­gruppe der Polizei, die ihrem Kol­le­gen auf der Anlage­bank offen­bar den Rück­en stärken will. Der Anklagev­ertreter weit­er: ‚Das kön­nen Sie machen. Machen sie frei und gehen sie in den Prozess.‘ Zuruf aus dem Zuschauer­raum: ‚Wir haben frei.‘ Antwort des Ober­staat­san­waltes: ‚Dann kom­men Sie mit dem Pri­vatau­to.‘“28 Die dama­lige Lan­desin­nen­min­is­terin Moni­ka Bach­mann (CDU) antwortete in Bezug auf das demüti­gende Video auf die Frage, warum denn aus­gerech­net Polizist_innen nicht zwis­chen Recht und Unrecht unter­schei­den kön­nten: „(…) Wir haben bei uns kein Moral­prob­lem.“29

Kom­mis­sar Hitler und der Betrugsskandal

Ein weit­er­er Höhep­unkt eines in Rei­hen der Polizei offen­bar weit ver­bre­it­eten kru­den Rechtsver­ständ­niss­es kom­biniert mit dem bere­its bekan­nten Korps­geist offen­barte sich im August 2015 der Öffentlichkeit. Ein 42-jähriger Krim­i­nalkom­mis­sar der Polizei­wache Karcher­straße trat in ein­er Sam­sta­gnacht im August 2013 in ein­er Kneipe in der Ble­ich­straße voll­trunk­en mit gezo­gen­em Seit­en­schei­t­el und geschmink­tem Ober­lip­pen­bart als Adolf Hitler auf. Als Besuch­er der Kneipe dies zu unterbinden ver­sucht­en und ein anwe­sender Juras­tu­dent dem Polizis­ten mit ein­er Anzeige wegen Volksver­het­zung dro­hte, schlug Krim­i­nalkom­mis­sar J. diesen nieder.30 Die Polizei wurde alarmiert und nahm den Vor­gang um ihren Kol­le­gen auf. Im Anschluss ver­ließ Kom­mis­sar J. in Begleitung ein­er Fre­undin die Kneipe und traf auf dem Sankt Johan­ner Markt auf vier franzö­sis­che Jugendliche, die den Auftritt als Hitler eben­so unlustig fan­den wie zuvor schon die Stu­den­ten in der Kneipe. Es kam zu ein­er Schlägerei, bei der der stark alko­holisierte Kom­mis­sar J. ver­let­zt wor­den sein soll. Auch dieser Vor­gang wurde durch die Polizeikolleg_innen der Karcher­straße aufgenom­men.31 Im Nach­hinein wur­den die Vorkomm­nisse so dargestellt, als ob es sich um einen Dien­stun­fall des Kom­mis­sars gehan­delt habe: Er sei zwar pri­vat unter­wegs gewe­sen, habe sich gegenüber den Jugendlichen auf dem Sankt Johan­ner Markt aber als Polizeibeamter — mit Seit­en­schei­t­el und Hitler­bart — aus­gewiesen und diesen einen Platzver­weis erteilt, nach­dem sie seine Beglei­t­erin belei­digt hät­ten. Im Rah­men dieser polizeilichen Tätigkeit sei es zu den Ver­let­zun­gen gekom­men, die zur Dien­stun­fähigkeit geführt hät­ten. Der Ein­satzbericht der sich tat­säch­lich im Dienst befind­en­den und hof­fentlich nüchter­nen Beamt_innen zu den bei­den Vor­fällen in der Kneipe und auf dem Sankt Johan­ner Markt soll nach Inter­ven­tion des stel­lvertre­tenden Chefs der Karcherwache manip­uliert und um den Hitler­auftritt „entschärft“ wor­den sein. Der voll­trunk­en als Führer auftre­tende Krim­i­nalkom­mis­sar hätte in der Folge von ein­er Entschädi­gung von 80.000 Euro und hohen Pen­sion­szahlun­gen prof­i­tiert, in der Summe ver­mut­lich über 700.000 Euro. Im August 2015 ließ die Staat­san­waltschaft die Polizei­wache Karcher­straße sowie drei Pri­vat­woh­nun­gen durch­suchen. Die Ermit­tlun­gen richteten sich gegen den pen­sion­ierten Krim­i­nalkom­mis­sar J. sowie gegen vier weit­ere Polizis­ten, darunter den stel­lvertre­tenden Wach­leit­er der Karcher­straße, wegen des Vor­wurfs von Betrug, Bei­hil­fe zum Betrug, Strafvere­it­elung im Amt, Urkun­den­fälschung, Kör­per­ver­let­zung und Volksver­het­zung. Völ­lig über­raschend wur­den die Ermit­tlun­gen gegen den Hitler-Kom­mis­sar wie auch gegen die meis­ten sein­er Kol­le­gen 2017 eingestellt, da er sich laut Zeu­gen gegenüber den Angreifern als Polizist aus­gewiesen habe.

Der Holo­caust ist die größte Lüge“

Artikel von „mzw-widerstand.com, der von dem 57-jähri­gen Polizis­ten auf Face­book geteilt wurde, mit dem Bild der Inschrift „Jedem das Seine“ vom Ein­gangstor des Konzen­tra­tionslagers Buchenwald.

Dass Hitler-Kom­mis­sar J. nicht der einzige in den Rei­hen der Saar­ländis­chen Polizei mit einem zweifel­haften Ver­hält­nis zum Nation­al­sozial­is­mus ist, offen­barte ein von der Staat­san­waltschaft Saar­brück­en im Sep­tem­ber 2016 beantragter Straf­be­fehl über 5400 Euro (90 Tagessätze) gegen einen 57-jähri­gen Krim­i­nal­beamten wegen Volksver­het­zung.32 Dieser soll öffentlich auf Face­book den Holo­caust geleugnet und einen Artikel von „mzw-widerstand.com“ mit der Über­schrift „Der Holo­caust ist die größte Lüge” ver­linkt haben.33 MZW ste­ht für „Mut zur Wahrheit“, auf der Nazi-Seite wer­den neben Reichs­bürg­eride­olo­gie und ras­sis­tis­chen Het­zartikeln regelmäßig Leug­nun­gen des Holo­caust pub­liziert.34 In seinem Beitrag schrieb der Polizist: ‚Lei­der wird die geschichtliche Aufk­lärung, bzw. die Ent­larvung der großan­gelegte Lüge über den poli­tis­chen Werde­gang in den 2. Weltkrieg, sowie dessen Ende, inklu­siv­er der Greul­tat­en (sic) der Alli­irten (sic) in den Rhein­wiesen­lagern, auss­chließlich durch aus­ländis­che (Israelis, Amerikan­er) ver­bre­it­et!“ Und weit­er: „Wie auch immer, der Plan, Deutsch­land und die Deutschen zu ver­nicht­en ist immer noch nicht aufgegeben: Es ist heute nur viel schw­er­er, ihn zu verfolgen!!!“

Bere­itschaft­spolizist schlägt Antifaschis­ten auf Demon­stra­tion bewusstlos

Polizeige­walt in Saar­brück­en: Ein Beamter der „Beweis­sicherungs- und Fes­t­nah­meein­heit“ schlägt einen friedlichen Demon­stran­ten am Saar­brück­er Haupt­bahn­hof unver­mit­telt zu Boden (im Bild vorne rechts).

Im Juli 2013 fand eine Kundge­bung von Neon­azis für die Freilas­sung des NS-Kriegsver­brech­ers Erich Priebke vor der Saar­brück­er Europa­ga­lerie statt. Im Rah­men des antifaschis­tis­chen Gegen­protests kam es vor dem Haupt­bahn­hof zu gewalt­samen Über­grif­f­en von Nazis und Polizist_innen auf Demonstrationsteilnehmer_innen. Dabei schlug ein 32-jähriger Beamter der BFE (Beweis­sicherungs- und Fes­t­nahme-Ein­heit der Bere­itschaft­spolizei) mit seinem Schlag­stock einem Antifaschis­ten gezielt und mit voller Kraft gegen dessen Kopf. Das Opfer des Angriffs erlitt ein Schädel­hirn­trau­ma, sack­te zusam­men und musste in ein Kranken­haus gebracht wer­den. Im Nach­gang zu der Demon­stra­tion leit­ete die Saar­brück­er Polizei — wie üblich — über ein Dutzend Ermit­tlungsver­fahren gegen Antifaschist_innen ein, um den antifaschis­tis­chen Gegen­protest zu krim­i­nal­isieren. Die Ver­fahren, unter anderem wegen des Vor­wurfs des Land­friedens­bruchs, mussten mit ein­er Aus­nahme alle eingestellt wer­den. Auch gegen das Opfer des Schlag­stock­ein­satzes wurde, wie nicht anders zu erwarten, ein Ver­fahren wegen Land­friedens­bruch und Wider­stands gegen Voll­streck­ungs­beamte ein­geleit­et; Der Antifaschist habe den Polizis­ten in „Box­er­hal­tung attack­iert“, sodass der Schlag­stock­ein­satz notwendig gewe­sen sei. Zwei weit­ere Polizis­ten bezeugten die wahrheitswidri­gen Anschuldigun­gen. Dumm für die beteiligten Polizis­ten war, dass die gesamte Szene in einem Video35 bestens doku­men­tiert war und nach Ansicht des Videos kein Zweifel daran beste­hen kon­nte, dass der 32-jährige Polizeibeamte einen Demon­stran­ten grund­los nieder­schlug. Der­ar­tige Videos, die von Polizist_innen began­gene Straftat­en zeigen, wer­den von den Ermit­tlungs­be­hör­den allzu oft ver­schwinden gelassen. In diesem Fall jedoch wurde das Video durch die Antifa Saar / Pro­jekt AK öffentlich gemacht und somit Druck auf die Behör­den erzeugt. Gegen den Beamten der BFE wurde wegen Kör­per­ver­let­zung im Amt und Ver­fol­gung Unschuldiger ein Ver­fahren ein­geleit­et; gegen seine Kol­le­gen, die dessen Falschaus­sage bezeugten, eben­falls. Der 32-jährige Prügelpolizist wurde schließlich zu ein­er Frei­heitsstrafe von einein­halb Jahren auf Bewährung und der Zahlung eines Schmerzens­geldes von 2000 Euro an den betrof­fe­nen Antifaschis­ten verurteilt. Der Polizist legte daraufhin Beru­fung gegen das Urteil ein, auch um das automa­tis­che Auss­chei­den aus dem Polizei­di­enst sowie den Ver­lust aller Pen­sion­sansprüche bei ein­er Verurteilung zu ein­er Frei­heitsstrafe von über einem Jahr abzuwen­den. Doch in der Beru­fung hat­te die Verurteilung zu einein­halb Jahren auf Bewährung bestand. Der vor­sitzende Richter in sein­er Urteils­be­grün­dung: „Die Straf­barkeit der Ver­fol­gung Unschuldiger dient nicht primär dem Schutz Betrof­fen­er, son­dern dem Erhalt des Ver­trauens in die staatliche Recht­spflege.“36 Von irgen­deinem Ver­trauen in den Rechtsstaat kann in Anbe­tra­cht der Fülle von durch Polizist_innen began­genen Straftat­en und der regelmäßi­gen ungerecht­fer­tigten Ein­leitung von Ermit­tlungsver­fahren gegen Antifaschist_innen inklu­sive sich im Nach­hinein als ungerecht­fer­tigt her­ausstel­len­den Haus­durch­suchun­gen keine Rede sein. Das Urteil ist recht­skräftig, die Revi­sion wurde vom Ober­lan­des­gericht zurück­gewiesen, was sich­er auch auf den durch die Veröf­fentlichun­gen der Antifa Saar / Pro­jekt AK erzeugten öffentlichen Druck zurück­zuführen ist.37

Der gute Ruf der saar­ländis­chen Polizei ste­ht auf dem Spiel“

Der Ruf der Karcherwache als beson­ders bru­tale Polizei­wache beste­ht bere­its seit Gen­er­a­tio­nen. So wid­mete die Saar­brück­er Band „Black­eyed Blonde“ den Bullen der Karcherwache bere­its 1995 das Lied „Kämpft“.38

Wer wie SZ-Kom­men­ta­tor Michael Jung­mann bei der Fülle von durch Polizist_innen began­genen Straftat­en noch von einem „guten Ruf der saar­ländis­chen Polizei“ schwadronieren kann39 und behauptet, dass die „Selb­streini­gung funk­tion­iert“40, verken­nt offen­bar vol­lkom­men die Real­ität. Das Muster bei Polizeiüber­grif­f­en ist oft­mals das­selbe: Betrof­fene von Polizeige­walt wer­den durch Gege­nanzeigen zu Täter_innen gemacht und haben bei einem eventuellen Prozess gegen über­grif­fige Polizist_innen so gut wie keine Chance. Die Polizist_innen deck­en sich durch abge­sproch­ene Aus­sagen gegen­seit­ig, und die meis­ten Richter_innen schenken der Aus­sage ein­er Polizist_in grund­sät­zlich mehr Glauben als der eines „Row­dys“, der zum „Tatzeit­punkt“ möglicher­weise auch noch alko­holisiert war oder ein­fach der falschen Jugend­szene ange­hört und auf­grund dessen in den Augen deutsch­er Jurist_innen ver­mehrt zu deviantem Ver­hal­ten neige.

Ein gängiges Mit­tel zur Ver­tuschung polizeilich­er Über­griffe ist die Ver­nich­tung von Beweis­mit­teln durch Polizeibeamt_innen. Ohne juris­tis­che Grund­lage wer­den Men­schen daran gehin­dert, polizeiliche Über­griffe zu doku­men­tieren – das bet­rifft auch immer wieder Journalist_innen, die von der Polizei an ihrer Arbeit gehin­dert wer­den. Bei Zuwider­hand­lung dro­hen die Beamt_innen nicht sel­ten mit dem Ein­satz kör­per­lich­er Gewalt sowie der Ein­leitung von Strafver­fahren und zwin­gen Zeug_innen, die Beweis­mit­tel zu löschen bzw. zu ver­nicht­en. Sollte es doch ein­mal zu Strafver­fahren gegen Polizist_innen kom­men (die aller­meis­ten Fälle wer­den bere­its vor ein­er Gerichtsver­hand­lung eingestellt), müssen sich die angeklagten Beamt_innen in der Regel keine großen Sor­gen machen: Fälle, in denen Polizist_innen tat­säch­lich angemessen für Über­griffe verurteilt wur­den, sucht man wie die sprich­wörtliche Nadel im Heuhaufen. Im Regelfall kön­nen sich die Schläger_innen auf die Aus­sagen ihrer Kolleg_innen und das Wohlwollen der Richter_innen ver­lassen.41

Ver­stoß gegen Antifolterkon­ven­tio­nen der UN und des Europarats

Mit Stur­mgewehren gegen Demon­stri­erende — Polizei in Ham­burg während der G20-Proteste.

Vor­würfe gegen Polizis­ten wegen über­mäßiger Gewalt wer­den häu­fig nicht aufgek­lärt. Um Täter zur Ver­ant­wor­tung zu ziehen, müssen sie iden­ti­fiziert wer­den kön­nen. Doch in Deutsch­land bleiben Polizis­ten anonym – vor allem wenn sie Helme tra­gen und in geschlosse­nen Ein­heit­en agieren. Denn in Deutsch­land gibt es keine indi­vidu­elle Kennze­ich­nungspflicht für Polizis­ten.“ — So amnesty inter­na­tion­al in der Kam­pagne „Mehr Ver­ant­wor­tung bei der Polizei“. Nach der Antifolterkon­ven­tion der Vere­in­ten Natio­nen,42 ein völk­er­rechtlich­er Ver­trag, dem auch die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land beige­treten ist, sind die Ver­tragsstaat­en verpflichtet sicherzustellen, dass alle Vor­würfe über Mis­shand­lun­gen durch Polizeibeamt_innen unverzüglich und gründlich von unab­hängiger Stelle unter­sucht wer­den.43 Dies ergibt sich auch aus der Europäis­chen Antifolterkon­ven­tion des Europarats vom 26.11.1987.44 Ein Verzicht auf indi­vidu­elle Kennze­ich­nung stellt einen Ver­stoß gegen die Europäis­che Kon­ven­tion zum Schutz der Men­schen­rechte und Grund­frei­heit­en45 dar, wie einem Bericht46 des Europäis­chen Auss­chuss­es zur Ver­hü­tung von Folter und unmen­schlich­er oder erniedri­gen­der Behand­lung oder Strafe (CPT) des Europarates an die deutsche Regierung aus dem Jahr 2017 zu ent­nehmen ist: „In den let­zten Jahren gab es in Deutsch­land eine Rei­he von Fällen, bei denen strafrechtliche Ermit­tlun­gen gegen Polizeibeamte auf­grund von Vor­wür­fen über­mäßiger Gewal­tan­wen­dung oder son­stiger Mis­shand­lun­gen ange­blich deswe­gen eingestellt wer­den mussten, da es nicht möglich war, die betr­e­f­fend­en Polizeibeamten namentlich zu iden­ti­fizieren. Dies­bezüglich hat der CPT wieder­holt betont, dass geeignete Schutzvorkehrun­gen etabliert sein müssen die sich­er­stellen, dass Polizeibeamte, die Masken oder andere Aus­rüs­tung tra­gen, durch die ihre Iden­ti­fika­tion erschw­ert sein kann, für ihr Han­deln zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen wer­den kön­nen (z.B. mit Hil­fe ein­er gut sicht­baren Num­mer auf der Uni­form). Eine solche Regelung hätte mit großer Wahrschein­lichkeit auch eine vor­beu­gende Wirkung und würde das Risiko über­mäßiger Gewal­tan­wen­dung und ander­er For­men von Mis­shand­lung beträchtlich ver­ringern.“ Außer­dem kri­tisiert der Auss­chuss des Europarates das Fehlen ein­er unab­hängi­gen Insti­tu­tion zur Ver­fol­gung von durch Polizist_innen began­genen Straftat­en: „(…) Mit Blick auf die ein­schlägige Recht­sprechung des Europäis­chen Gericht­shofs für Men­schen­rechte hat der CPT jedoch gewisse Zweifel daran, ob Ermit­tlun­gen, die von Ermit­tlern der zen­tralen Ermit­tlungsstellen gegen andere Polizeibeamte durchge­führt wer­den, tat­säch­lich als voll­ständig unab­hängig und unpartei­isch ange­se­hen wer­den kön­nen – dies gilt umso mehr für Ermit­tlun­gen, die von Krim­i­nal­beamten der Lan­deskrim­i­nalämter oder örtlichen Polizeiprä­si­di­en durchge­führt wer­den.“ In dem Bericht wird auch der Fall des Saar­brück­er Bere­itschaft­spolizis­ten erwäh­nt, der 2013 einen Antifaschis­ten während ein­er Demon­stra­tion niederschlug.

Regel­haft unver­mit­telt, aus­nahm­sweise unver­mummt – Polizeige­walt in Ham­burg 2017.

In den meis­ten EU-Län­dern gibt es eine Kennze­ich­nungspflicht für Polizeibeamt_innen, so etwa in Bel­gien, Frankre­ich, Polen, Rumänien, Slowakei, Großbri­tan­nien, Spanien, Est­land, Griechen­land, Ital­ien, Litauen, Slowe­nien, Tschechien, Ungarn und Zypern sowie außer­halb Europas unter anderem in den USA und in Kana­da, meist in Form ein­er deut­lich sicht­baren Num­mer am Ein­satzanzug. Der Europäis­che Gericht­shof für Men­schen­rechte (EGRM) hat immer wieder unter­strichen, dass Ermit­tlungsver­fahren gegen Polizeibeamt_innen nur dann effek­tiv sein kön­nen, wenn sie zur Iden­ti­fizierung der Täterin oder des Täters führen. Zulet­zt hat­ten zwei Fußball­fans, die grund­los von Beamt_innen des berüchtigten bay­erischen „Unter­stützungskom­man­dos“ (USK) der Bere­itschaft­spolizei unter anderem mit Pfef­fer­spray und Schlag­stock drangsaliert wor­den waren,47 bis vor den EGMR geklagt und Recht bekom­men: Deutsch­land hat ihr Recht aus Artikel 3 der Europäis­chen Men­schen­recht­skon­ven­tion ver­let­zt, das Ver­bot von Folter und unmen­schlich­er, erniedri­gen­der Behand­lung, und muss dafür Entschädi­gung leis­ten. Der EGMR kon­sta­tierte in seinem Urteil: „Der Gericht­shof bekräftigt, dass, soweit die zuständi­gen nationalen Behör­den mask­ierte Polizeikräfte ein­set­zen (…) diesen Kräften vorgeschrieben sein sollte, sicht­bare Unter­schei­dungsmerk­male wie etwa eine Iden­ti­fika­tion­snum­mer zu tra­gen. (…) Das [andern­falls] fol­gende Unver­mö­gen von Augen­zeu­gen und Opfern, Beamt_innen, denen Mis­shand­lun­gen vorge­wor­fen wer­den, zu iden­ti­fizieren, kann zu ein­er prak­tis­chen Straf­frei­heit für eine bes­timmte Kat­e­gorie von Polizeibe­di­en­steten führen.”48

Die Hörigkeit der Politik

Wurst und Spiele – Lan­desin­nen­min­is­ter Boul­lion (links im Bild) bei ein­er sein­er Selbstinszenierungen.

Die von Seite des Europarats und des Europäis­chen Gericht­shofs für Men­schen­rechte regelmäßig geübte Kri­tik lässt die Ver­ant­wortlichen im Saar­land indes völ­lig unberührt, die skan­dalösen Zustände inner­halb der Saar­ländis­chen Polizei wer­den weit­er ignori­ert. Über einen Innen­min­is­ter Boul­lion wun­dert man sich weniger, der jedes Stöckchen prompt über­springt, das ihm von Seit­en der Polizeilob­by hinge­hal­ten wird, um sodann die immer gle­iche Sau durchs Dorf zu treiben, näm­lich die ange­bliche Notwendigkeit der Ver­schär­fung des Strafrechts zum Schutz von ver­meintlich schut­zlosen Polizist_innen,49 wohinge­gen wed­er eine Stel­lung­nahme noch gar Kon­se­quen­zen beispiel­sweise nach der Mis­shand­lung und Schein­hin­rich­tung eines Men­schen durch saar­ländis­che Polizis­ten zu vernehmen waren. Auch die SPD ist sich nicht zu dumm, um in den von Polizeigew­erkschaften orchestri­erten Chor einzus­tim­men, wie in ein­er Land­tagssitzung 2014 deut­lich wurde: „Die Forderung [nach ein­er Kennze­ich­nungspflicht für Polizist_innen] taucht auch wie Loch Ness alle Schalt­jahre wieder ein­mal aus dem See der saar­ländis­chen Sicher­heits­de­bat­te auf und wieder ab (sic), ver­schwindet wieder. Sie ist eigentlich nicht nach­haltig, denn (…) es gab in der Ver­gan­gen­heit keinen einzi­gen Fall, wo bei einem Zwis­chen­fall zwis­chen Polizei und beispiel­sweise Demon­stran­ten oder bei anderen Ein­sätzen durch eine Kennze­ich­nungspflicht irgen­det­was hätte aufgek­lärt wer­den kön­nen, was so nicht aufgek­lärt wor­den ist. Die saar­ländis­che Polizei ver­hält sich in allen Fällen sehr sauber. Wenn bei Einze­lak­tio­nen mal etwas danebenge­ht, wird das kon­se­quent ver­fol­gt und aufgek­lärt. Das ist auch beim derzeit­i­gen Stand möglich, ohne die per­sön­liche Kennze­ich­nungspflicht. Deshalb ist auch die SPD in der Ver­gan­gen­heit immer gegen diese Kennze­ich­nungspflicht gewe­sen und ist es auch heute noch“, so der SPD-Frak­tionsvor­sitzende Ste­fan Pauluhn im Mai 2014.50 Eine bemerkenswerte Posi­tion der saar­ländis­chen SPD, haben doch viele Bun­deslän­der mit­tler­weile eine Kennze­ich­nungspflicht einge­führt.51 In Nor­drhein-West­falen hat unter­dessen die Lob­b­yarbeit der Polizeigew­erkschaften dazu geführt, dass die schwarz-gelbe Lan­desregierung gemein­sam mit der AfD die Kennze­ich­nungspflicht 2017 wieder abgeschafft hat.

Polizeige­walt hat es nicht gegeben” (Olaf Scholz, SPD) oder doch eher „Pit­bulls auf Speed” (ZEIT ONLINE) – Demon­stran­tin auf einem Polizeipanz­er während der G20-Proteste in Ham­burg, die von drei ver­mummten Polizist_innen gle­ichzeit­ig mit Pfef­fer­spray besprüht wird.

Auf die Spitze in Sachen blind­er Loy­al­ität gegenüber der Polizei trieb es der Ham­burg­er SPD-Bürg­er­meis­ter Olaf Scholz nach den G20-Protesten im Juli 2017, als er fest­stellte: “Polizeige­walt hat es nicht gegeben” — ein klar­er Fall von Real­itätsver­leug­nung in Anbe­tra­cht ein­er Unzahl offen­sichtlich­er und gut doku­men­tiert­er52 Fälle von Polizeige­walt, die ZEIT ONLINE dazu ver­an­lassten, von Polizist_innen “wie Pit­bulls auf Speed” zu bericht­en.53 Man fragt sich, warum dies alles so ist, warum Politiker_innen sich schein­bar blind und taub vor den Kar­ren ein­er skan­dal­trächti­gen Polizei span­nen lassen. Blind, weil die Zustände beispiel­sweise im Saar­land oder während des G20-Gipfels offen­bar über­haupt nicht zur Ken­nt­nis genom­men wer­den, wie die SPD-Poli­tik­er Pauluhn oder Scholz beweisen. Taub, weil jede Mah­nung beispiel­sweise des Europäis­chen Gericht­shofs für Men­schen­rechte unge­hört verhallt.

Die Polizeigew­erkschaften: Jam­mern als Mit­tel der Politik

Rain­er Wendt, omnipräsen­ter Vor­sitzen­der der „Deutschen Polizeigew­erkschaft“ und erfahren­er Het­zer gegen Geflüchtete, im Sender „ntv“.

Mächtige Akteurin­nen auf der poli­tis­chen Bühne sind die Polizeigew­erkschaften. Während in der Küche der Spruch gilt „Wer Koch sein will, muss Hitze ertra­gen kön­nen“, scheint auf Polizei­wachen das Gegen­teil zu gel­ten: Wer Polizist_in sein will muss möglichst laut jam­mern kön­nen. Die Konkur­renz von gle­ich drei Polizist_innenlobbys (Gew­erkschaft der Polizei (GdP), Deutsche Polizeigew­erkschaft (DpolG) und Bund Deutsch­er Krim­i­nal­beamter (BDK)) führt zu einem Wet­tkampf unter diesen um zahlungskräftige Mit­glieder, der zuallererst über medi­ale Präsenz und öffentliche Wahrnehmung gewon­nen wird. Als 2011 der Krim­i­nologe und Dozent an der Akademie der Polizei Ham­burg, Prof. Rafael Behr, der Polizei vor­warf, sie jam­mere zu viel,54 war der Auf­schrei groß: Die getrof­fe­nen Pit­bulls auf Speed bell­ten los, diag­nos­tizierten einen „Fall akuter Pro­fil­neu­rose“ (GdP) und forderten „die Ein­leitung dien­strechtlich­er Maß­nah­men, bis hin zur Ablö­sung“ (DPolG). Der für gewöhn­lich am lautesten bel­lende dieser Hunde ist Rain­er Wendt, seit vie­len Jahren Vor­sitzen­der der Deutschen Polizeigew­erkschaft. Wendt hat kein Prob­lem damit, Jür­gen Elsässers rechtem, ver­schwörungs­the­o­retis­chem „Com­pact-Mag­a­zin“ oder der neurecht­en „Jun­gen Frei­heit“ Inter­views zu geben. Auch ein Buch hat er mit­tler­weile geschrieben, in dem der Polizist Wendt seine an die extreme Rechte her­an reichen­den Überzeu­gun­gen zum Besten gibt, so zum Beispiel dass Deutsch­land „kein Rechtsstaat“ sei und “die Hälfte der Deutschen es satt hat, als Nazis abgestem­pelt zu wer­den”.55 Die Posi­tion dieser Polzeigew­erkschaften zur Kennze­ich­nungspflicht ist klar: „Die Ein­führung ein­er Num­merierung von Polizeibeamten (…) ist eine kollek­tive Diskri­m­inierung (…) [von] Repräsen­tan­ten unseres Rechtsstaats, (…) ein Mis­strauensvo­tum gegen Men­schen, die ihr Leben und ihre Gesund­heit 365 Tage in Jahr und 24 Stun­den am Tag für dieses Land und seine Bürg­erin­nen und Bürg­er ein­set­zen“, jam­mert die DPolG.56 “Die Polizis­ten wer­den durch die Kennze­ich­nungspflicht unter den Gen­er­alver­dacht gestellt, sich unrecht­mäßig zu ver­hal­ten, obwohl es dafür über­haupt keinen Anhalt­spunkt gibt”, wen­det die GdP in Nor­drhein-West­falen ein.57

Doch was war passiert, dass Prof. Behr sich ver­an­lasst sah, der Polizei Jam­mern vorzuw­er­fen und dass die Hunde der Polizist_innenlobby sich in der Pflicht sahen, laut los zu bellen? Behr bestritt das seit Jahrzehn­ten immer und immer wieder vor­ge­tra­gene Mantra der Polizeigew­erkschaften, näm­lich dass die Gewalt gegen Polizist_innen immer größer, schlim­mer, häu­figer werde. Die Freude der Polzeigew­erkschaften an der­lei Fak­ten hielt sich selb­stver­ständlich arg in Gren­zen: Beab­sichtige Stu­di­en, die die Gewalt gegen Polizist_innen unter­suchen soll­ten, wur­den von Seit­en der Polizist_innenlobby erfol­gre­ich sabotiert.58 Um der Gefahr Herr zu wer­den, dass die Tat­sache, dass es keine Zunahme der Gewalt gegen Polizist_innen gibt, in der Öffentlichkeit wahrgenom­men wird, wurde mit Kam­pag­nen zum öffentlichen Gege­nan­griff geblasen59 — mit Erfolg. Die exzel­lente Lob­b­yarbeit und das ständi­ge Gejam­mere zeigten schließlich Wirkung. Der dama­lige Bun­desjus­tizmin­is­ter Heiko Maas (SPD) wusste nun zu verkün­den, was ihm von den Lob­byver­bän­den der Polizei einge­flüstert wor­den war, näm­lich dass in den let­zten Jahren Angriffe gegen PolizeibeamtIn­nen „per­ma­nent zunehmen“ wür­den.60

Die Fak­ten

Die ten­den­ziellen Entwick­lun­gen bei Wider­stand­shand­lun­gen gegen die Staats­ge­walt und bei Land­friedens­brüchen gestal­teten sich in den let­zten sechs Jahren ähn­lich.“ — Auszug aus „Gewalt gegen Polizeivol­lzugs­beamtin­nen/-Beamte – Bun­deslage­bild 2016“, her­aus­gegebe­nen vom Bundeskriminalamt.

In der vom Bun­deskrim­i­nalamt (BKA) her­aus­gegebe­nen Broschüre „Gewalt gegen Polizeivol­lzugs­beamtin­nen/-Beamte – Bun­deslage­bild 2016“61 sind die Fak­ten ein­fach und für jed­er­mann zugänglich zu find­en: Die langfristige Entwick­lung der klas­sis­cher­weise als Gewalt gegen Polizist_innen begrif­f­e­nen Delik­te „Wider­stand gegen die Staats­ge­walt“ bzw. „Land­friedens­bruch“ ist auf prak­tisch gle­ich­bleiben­dem Niveau unverän­dert. Für das Saar­land zeigt sich im Ver­gle­ich zum Vor­jahr 2015 sog­ar ein deut­lich­er Rück­gang der Fälle im Jahr 2016 (-12%). Anzumerken in diesem Zusam­men­hang ist, dass die Polizeiliche Krim­i­nal­sta­tis­tik, die Grund­lage der Dat­en ist, nicht tat­säch­liche Krim­i­nal­ität abbildet, son­dern schlicht Ermit­tlungsver­fahren zählt. Da auch eingestellte Ver­fahren mit­gezählt wer­den, kann dies zu ein­er Übertrei­bung der tat­säch­lichen Fal­lzahlen führen. Der Polizei­wis­senschaftler Prof. Rafael Behr dazu im WDR-Mag­a­zin Mon­i­tor: „Wenn wir nüchtern das Mate­r­i­al betra­cht­en, ist für Alarm­stim­mung und für eine Hys­terie eigentlich kein Platz. Nur, was wir beobacht­en ist tat­säch­lich, dass (…) sich der Diskurs um Gewalt gegen Polizeibeamte verselb­st­ständigt, das heißt, er ist moralisch gewor­den. Es ist eine gefühlte Gewalt, die inter­pretiert wird, die gemeint ist, und eben keine sta­tis­tisch nach­weis­bare mehr.“62 In ein­er Stel­lung­nahme für den Deutschen Bun­destag kommt der renom­mierte Strafrechtler Prof. Hen­ning Ernst Müller zu dem Ergeb­nis, dass „die Krim­i­nal­sta­tis­tik wed­er in der Fal­lzäh­lung noch in der Opfer­zäh­lung geeignet [erscheint], einen Anstieg der Delin­quenz gegen Polizeibeamte in den ver­gan­genen fünf Jahren objek­tiv zu bele­gen. (…) Es beste­ht kein krim­i­nol­o­gis­ches Bedürf­nis ein­er Geset­zesver­schär­fung nur sechs Jahre nach der vorheri­gen Ver­schär­fung.“63

Auf dem Weg zum autoritären Staat: Der Para­graph 114

Obwohl also erst 2011 der § 113 des Strafge­set­zbuch­es (StGB) „Wider­stand gegen Voll­streck­ungs­beamte“ ver­schärft wor­den war, kon­nte sich die Polizist_innenlobby mit ihrem Gejam­mere gegen die Bedenken von Jurist_innen und Kriminolog_innen durch­set­zen und am 27. April 2017 die Änderung des Strafge­set­zbuchs mit der Ein­führung des § 114 „Tätlich­er Angriff auf Voll­streck­ungs­beamte“ 64 erre­ichen: Zukün­ftig wird mit Frei­heitsstrafe von drei Monat­en bis zu fünf Jahren bestraft, „wer einen Amt­sträger (…) bei ein­er Dien­sthand­lung tätlich angreift.“ In einem „beson­ders schw­eren Fall“ dro­ht gar Frei­heitsstrafe von min­destens sechs Monat­en bis zu fünf Jahren. Die Koali­tions­frak­tio­nen von CDU/CSU und SPD ignori­erten im Vor­feld der Geset­zesver­schär­fung umfan­gre­iche Kri­tik, so zum Beispiel von Prof. Tobias Sin­gelnstein, Jurist und Krim­i­nologe an der Ruhr-Uni­ver­sität Bochum: „Die For­mulierung vom tätlichen Angriff klingt zwar nach ein­er schw­eren Tat. Juris­ten ver­ste­hen hierunter jedoch alle gewalt­samen Hand­lun­gen, die sich gegen den Kör­p­er des Beamten richt­en, zu Schmerzen oder Ver­let­zun­gen muss es nicht kom­men. So wäre schon das Schub­sen eines Polizeibeamten mit min­destens drei Monat­en Gefäng­nis bedro­ht. Auch der Bere­ich der ‚beson­ders schw­eren Fälle‘ ist schnell erre­icht. Hier­für genügt es, wenn man bei der Hand­lung nicht alleine son­dern zu zweit ist. Eben­so reicht es aus, wenn man ein Taschen­mess­er oder ein anderes ‚gefährlich­es Werkzeug‘ bei sich trägt — auch wenn man keine Absicht hat, dieses zu ver­wen­den.“65 „Die Schuld des Täters auf der einen Seite und die Strafe, die der Staat auf der anderen Seite dafür andro­ht, müssen in einem angemesse­nen Ver­hält­nis ste­hen. Und wenn das Schub­sen eines Polizeibeamten mit drei Monat­en Min­dest­strafe bedro­ht wird, dann ist das aus mein­er Sicht nicht mehr angemessen, son­dern außer­halb jeglich­er Rela­tion,“ so Sin­gelnstein.66 Abge­se­hen von der über­triebe­nen Härte des Geset­zes kri­tisiert der Jurist vor allem den grund­sät­zlichen Wan­del des Ver­hält­niss­es zwis­chen Polizei und bürg­er­lichen Frei­heit­srecht­en: „Bis vor ein paar Jahren galt der alte Para­graf zum Wider­stand gegen Voll­streck­ungs­beamte noch als beson­ders mild. Das war Absicht: Tat­en, die in der Hitze der Erre­gung gegenüber Polizeibeamten bei ein­er Voll­streck­ung­shand­lung began­gen wer­den, soll­ten nicht so scharf beurteilt wer­den wie son­stige Nöti­gung­shand­lun­gen. So wollte der Geset­zge­ber der Aus­nahme­si­t­u­a­tion Rech­nung tra­gen, in der sich Bürg­er befind­en, die gut aus­gerüsteten Vertretern der Staats­ge­walt mit beson­deren Befug­nis­sen gegenüber­ste­hen. Dieses Ver­ständ­nis verkehrt der Geset­zge­ber mit dem geplanten [und umge­set­zten] Para­grafen 114 des Strafge­set­zbuchs in sein Gegen­teil. An die Stelle der bish­eri­gen Priv­i­legierung der Bürg­er set­zt er einen beson­deren strafrechtlichen Schutz der Polizei — ein Priv­i­leg der Exeku­tive, das man son­st eher in autoritären Staat­en find­et.“67

Faz­it

Während im Saar­land eine ganze Serie von Polizeiskan­dalen in den let­zten Jahren öffentlich wurde, blieb dies ohne nen­nenswerte Kon­se­quen­zen bezüglich des Polizeiap­pa­rates. Eine Serie von durch Polizist_innen began­genen, teils schw­eren Straftat­en, Korps­geist, Falschaus­sagen vor Gericht zum Schutz von Kolleg_innen und Nichti­den­ti­fizier­barkeit von Täter_innen in Uni­form zeigen die drin­gende Notwendigkeit von Refor­men der Polizei, um die Ein­hal­tung demokratis­ch­er Min­dest­stan­dards zu ermöglichen. Forderun­gen inter­na­tionaler Organ­i­sa­tio­nen wie des Europäis­chen Gericht­shofs für Men­schen­rechte etwa nach Ein­führung ein­er Kennze­ich­nungspflicht ver­hallen ob des Lamen­tierens der Polizeigew­erkschaften unge­hört. Stattdessen wir trotz gegen­teiliger Fak­ten­lage den Forderun­gen der Polizeilobbyist_innen nachgegeben und beispiel­sweise mit Ein­führung des § 114 StGB die aus demokratis­ch­er Sicht äußerst prob­lema­tis­che Ver­schär­fung des Strafrechts durchgesetzt.

Stattdessen ist es geboten, endlich inter­na­tionalen Verpflich­tun­gen nachzukom­men und eine Kennze­ich­nungspflicht für Polizeibeamt_innen, zumin­d­est durch indi­vidu­elle Num­mern auf der Uni­form, auch im Saar­land einzuführen. Das Fehlen ein­er unab­hängi­gen Insti­tu­tion zur Ver­fol­gung von durch Polizist_innen began­gen Straftat­en, wie beispiel­sweise Mis­shand­lun­gen, ist ein rechtsstaatlich­es Defiz­it, welch­es drin­gend behoben wer­den muss. Eine der­ar­tige Beschw­erdestelle kön­nte in Form ein­er oder eines Polizeibeauf­tragten, ver­gle­ich­bar der oder dem Daten­schutzbeauf­tragten, einge­führt wer­den. Eine Alter­na­tive wäre eine von den jew­eili­gen Par­la­menten gewählte Kom­mis­sion. Grund­vo­raus­set­zung muss eine voll­ständi­ge Unab­hängigkeit von den Ermit­tlungs­be­hör­den sein; eine entsprechende Insti­tu­tion dürfte also keines­falls einem Min­is­teri­um unter­ge­ord­net sein son­dern sollte dem Par­la­ment als Kon­trol­lor­gan der Exeku­tive angegliedert sein. Die Beschw­erdestelle muss von sich selb­st aus oder auf Beschw­erde hin tätig wer­den kön­nen und über weitre­ichende Auskun­fts- und Betre­tungsrechte ver­fü­gen sowie mit umfan­gre­ichen Ermit­tlungs­befug­nis­sen wie Zeu­gen­be­fra­gungs- und Durch­suchungsrecht­en aus­ges­tat­tet wer­den. Der § 114 „Tätlich­er Angriff auf Voll­streck­ungs­beamte“ schließlich sollte schnell­st­möglich wieder ersat­z­los gestrichen werden.

Dabei soll nicht der Ein­druck entste­hen, die Missstände bei der Polizei kön­nten durch staatliche Refor­men allein bekämpft oder ver­wässert wer­den. Es zeigt sich vielmehr, dass seit­ens des Staates kein Bedürf­nis beste­ht, diese an die Leine zu nehmen, son­dern, umgekehrt, dieser sich zum Erfül­lungs­ge­hil­fen der Bedürfnisse der polizeilichen Ver­bände zu machen bewegt sieht. Trotz rück­läu­figer Krim­i­nal­ität­szahlen, trotz offenkundi­gen Ver­sagens und trotz deut­lich sicht­bar­er Missstände wer­den die Befug­nisse der Polizei weit­er ausgeweitet.

Die Polizei selb­st allerd­ings wirkt angesichts der hier aufge­lis­teten Vor­fälle eher wie eine krim­inelle Vere­ini­gung, deren Pri­or­itäten wohl vor allem in der Abwehr von Strafver­fahren gegen sie selb­st liegen. Oder sehen sich die Beamt_innen eher als Sher­iffs, die in ihrem Revi­er machen kön­nen, was sie wollen und hier­für wed­er vor der Ver­fol­gung Unschuldiger noch vor dem Betrug der für sie zuständi­gen Stellen zurückschreck­en? — So oder so: Unter ihnen herrscht auf allen Hier­ar­chieebe­nen ein mil­itärisch-kam­er­aden­haft anmu­ten­der Korps­geist, der gle­ich­gesin­nte Kolleg_innen bei Dien­stverge­hen schützt und soge­nan­nte Querulant_innen bedro­ht und ein­schüchtert. Nicht erwäh­nt wur­den in der Auflis­tung die zahlre­ichen Fälle, in denen Polizist_innen gezielt wegschaut­en und Straftat­en wie beispiel­sweise im Mai 2018 im Falle des sog. Ku-Klux-Klan-Vor­falls in Cot­tbus bewusst ignori­erten.68 Allein diese zeu­gen wenn nicht von der Bere­itschaft wegzuschauen so doch zumin­d­est von der Inkom­pe­tenz dieser Polizist_innen.

All diese Vor­fälle zeigen let­zten Endes, dass seit­ens des Staates kein Inter­esse daran beste­ht, die Rechte des Indi­vidu­ums zu stärken und dass stattdessen eine schlampig agierende und gewaltaffine Polizei weit­er­hin in ihrer Willkür und Nach­läs­sigkeit unter­stützt wird.

Für den antifaschis­tis­chen Selb­stschutz bedeutet dies, dass sich die Gefahr ver­größert, dieser Willkür und staatlichen Repres­sion noch stärk­er aus­ge­set­zt zu sein. Nicht nur bringt mil­i­tantes Vorge­hen gegen Neon­azis ein umso höheres Krim­i­nal­isierungsrisiko mit sich, son­dern, wie die zahlre­ichen Über­griffe zeigen, ist das leib­liche Wohl von Antifaschist_innen immer stärk­er bedro­ht. Polizist_innen gehen immer rück­sicht­slos­er vor und schützen sich gegen­seit­ig vor inter­nen Ermit­tlun­gen, während Antifaschist_innen, nicht zulet­zt um sich vor Repres­sion zu schützen, auf Anzeigen gegen Beamt_innen lieber verzichten.

Es dürfte daher in Zukun­ft schwieriger wer­den, sich Nazis bei ihren Aktio­nen in den Weg zu stellen oder antifaschis­tis­che Ver­samm­lun­gen in Sicht- und Hör­weite zu ver­anstal­ten, ohne dabei Gefahr zu laufen, sich zum Objekt staatlich­er Repres­sion oder zum Opfer polizeilich­er Gewal­texzesse zu machen. Ange­bote, bei denen sich Nazigegner_innen hinge­gen weit abseits von Naziver­anstal­tun­gen auf­stellen dür­fen, gewin­nen somit sich­er weit­er­hin an Pop­u­lar­ität. Es dürfte kein Zufall sein, dass beispiel­sweise das Saar­brück­er Bünd­nis „Bunt statt Braun“ von einem Polizis­ten geleit­et wird. So macht sich der Staat dadurch, dass er die Polizei immer wohlwol­len­der pam­pert, auch gle­ichzeit­ig zum Garan­ten erfol­gre­ich­er Nazi­ak­tio­nen, die bish­er vor allem durch entschlosse­nen antifaschis­tis­chen Wider­stand gestoppt wer­den konnten.

1Polizeipräsi­dent Nor­bert Rupp am 10.04.2014 in der Saar­brück­er Zeitung

29Saar­brück­er Zeitung vom 15.06.2013

39Saar­brück­er Zeitung vom 11.04.2014

41Flug­blatt „Video doku­men­tiert Polizeige­walt gegen antifaschis­tis­che Demonstrant_innen“ der Antifa Saar / Pro­jekt AK. Abzu­rufen unter https://antifa-saar.org/2014/04/23/flyer_polizeigewalt/.

43Art. 12 und 16 der Antifolterkon­ven­tion der Vere­in­ten Nationen.

44Mar­co Noli: Kennze­ich­nungspflicht von Polizeibeamten, in: Freis­pruch, Heft 6, Feb­ru­ar 2015;
http://www.strafverteidigervereinigungen.org/freispruch/texte/noli_h6_kennzeichnungspflicht.html (abgerufen am 30.11.2017)

51Kennze­ich­nungspflicht für PolizistIn­nen in Berlin, Bran­den­burg, Bre­men, Hes­sen, NRW, Rhein­land-Pfalz, Sach­sen-Anhalt, Schleswig-Hol­stein und Thürin­gen (Stand 09/2017)

52https://g20-doku.org/ (abgerufen am 02.12.2017)

55Rain­er Wendt: Deutsch­land in Gefahr: Wie ein schwach­er Staat unsere Sicher­heit aufs Spiel set­zt. Riva Ver­lag 2017.

56DPolG Baden-Würt­tem­berg, http://dpolg-bw.de/kennzeichnungspflicht-73.html (abgerufen am 04.12.2017)

59So etwa mit der Kam­pagne „Auch Men­sch“ der Gew­erkschaft der Polizei; http://www.auchmensch.de/

60Bun­desjus­tizmin­is­ter Heiko Maas am 17.02.2017 im Deutschen Bundestag.

62Mon­i­tor vom 09.03.2017; https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/gewalt-gegen-polizisten-102.html (abgerufen am 03.12.2017)

66Mon­i­tor vom 09.03.2017; https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/gewalt-gegen-polizisten-102.html (abgerufen am 03.12.2017)