Pressemitteilung der Antifa Saar / Projekt AK zur Demo in Pirmasens

Erfol­gre­iche Antifa-Demon­stra­tion in Pir­masens –Ver­anstal­ter prüfen ein rechtlich­es Vorge­hen gegen Polizeieinsatz!

Über 400 Men­schen fol­gten gestern dem Aufruf antifaschis­tis­ch­er Grup­pen aus Rhein­land-Pfalz und dem Saar­land in Pir­masens gegen die dor­tige NPD-Lan­deszen­trale unter dem Mot­to „NPD-Struk­turen aufdeck­en und entsor­gen“ zu demon­stri­eren. Bere­its im Vor­feld der Demon­stra­tion kam es zu mas­siv­en Ein­schüchterungsver­suchen durch die Polizei und zu schikanösen Vorkon­trollen. Die Ver­anstal­ter der gestri­gen Demon­stra­tion lassen nun die Möglichkeit­en eines rechtlichen Vorge­hens gegen den Polizeiein­satz überprüfen.

Die gestrige Demon­stra­tion stellte den Höhep­unkt ein­er Kam­pagne gegen den NPD-Wahlkampf anlässlich der anste­hen­den Land­tagswahlen in Rhein­land-Pfalz und die Etablierung rechter Struk­turen in der Region dar. Die Kam­pagne wurde ini­ti­iert von der Antifa Koblenz, der Antifa Lan­dau, dem AK Antifa Mainz und der Antifa Saar/Projekt AK. In diesem Rah­men wur­den etwa ein Dutzend Infover­anstal­tun­gen durchge­führt, mehrere Konz­erte und Par­tys ver­anstal­tet sowie eine acht­seit­iges Info­heftchen in 4stelliger Auflage veröf­fentlicht. Cor­nelia Hoff­man, Sprecherin der Kam­pagne, erklärte:
„Wir sind mit der gestri­gen Demon­stra­tion sehr zufrieden. Mehr als dop­pelt so viel Men­schen, wie von uns erwartet nah­men daran teil und ließen sich auch nicht von dem skan­dalösen Vorge­hen der Polizei ein­schüchtern. Auch die zahlre­iche Teil­nahme von Pir­masenser Bürg­er und Bürg­erin­nen ist pos­i­tiv zu bew­erten. Offen­sichtlich ließen sich nicht alle von den im Vor­feld von Polizei und Teilen der Medi­en ver­bre­it­eten Angst­szenar­ien davon abhal­ten ihre antifaschis­tis­che Ein­stel­lung auf die Straße zu tragen“.

Im Vor­feld und während der Demon­stra­tion kam es immer wieder zu vol­lkom­men über­zo­ge­nen und teil­weise skan­dalösen Polizeiein­sätzen. So wur­den zahlre­iche anreisende AntifaschistIn­nen fest­ge­hal­ten und mussten sich ohne das Vor­liegen von irgendwelchen Ver­dachts-momenten von der Polizei abfil­men lassen. Einzelne Per­so­n­en mussten sich in der Kälte ausziehen und ein­er Leibesvis­i­ta­tion unterziehen. Ins­ge­samt wurde neun Demoteil­nehmerIn­nen festgenom­men und gegen mehrere Anzeige erstat­tet u.a. mit dem Vor­wurf ein Trans­par­ent zu hoch gehal­ten zu haben und damit gegen das Ver­mum­mungsver­bot ver­stoßen zu haben. Cor­nelia Hoff­man dazu: „Wir haben die Demon­stra­tion schon Wochen zuvor ord­nungs­gemäß angemeldet und von Beginn an eine starke und geschlossene, aber friedliche Demon­stra­tion angekündigt. Das Ver­hal­ten der Polizei ist so nicht hin­nehm­bar und so wer­den wir über­legen müssen, ob wir zukün­ftig Demon­stra­tio­nen in Pir­masens den Ord­nungs­be­hör­den über­haupt noch ankündi­gen. Des weit­eren behal­ten wir uns vor gegen den „Wan­derkessel“, die schikanösen Vorkon­trollen und einzelne Fes­t­nah­men juris­tisch vorzugehen“.

Antifa Saar / Pro­jekt AK

Pressemeldungen zur Antifa-Demo in Pirmasens am 18. März 2006

Gesam­melte Presseartikel zur Antifa Demo in Pir­mases — 18.03.2006

(ältere Artikel weit­er unten)

 

Pub­lika­tion: DIE RHEINPFALZ

Region­alaus­gabe: Lud­wigshafen­er Rundschau

Datum: Nr.69

Datum: Mittwoch, den 22. März 2006

 

Leser­brief: Protest gegen die NPD

” Demon­stra­tion oder Gefangenentransport?”

 

Zum Artikel und zum Foto über die Anti- *NPD *-Demon­stra­tion in der Montagausgabe:

Demon­stra­tion oder Gefan­genen­trans­port — das ist aus dem Foto nicht ein­deutig zu erken­nen. Mit einem beein­druck­enden Ein­satz und einem Eins-zu-Eins-Ver­hält­nis Polizisten/Demonstranten hat Pir­masens der antifaschis­tis­chen Gefahr mutig die Stirn geboten.

Her­zlichen Glück­wun­sch, Pir­masens! — das hat Welt­for­mat! Die Nazis dür­fen sich gut beschützt fühlen.

 

W., Bruch­weil­er

 

Pub­lika­tion: DIE RHEINPFALZ

Region­alaus­gabe: Pir­masenser Rundschau

Datum: Nr.69

Datum: Dien­stag, den 21. März 2006

 

Zweibrück­er Neon­azis in Pir­masens festgenommen

Bei der Demon­stra­tion gegen die *NPD *-Lan­deszen­trale in Pir­masens, an der sich am Sam­stag laut Polizei rund 250 Ange­hörige des antifaschis­tis­chen, linken Spek­trums beteiligten (wir informierten kurz in „Son­ntag aktuell”), wur­den unter anderem sieben Neon­azis vorüberge­hend in Polizeige­wahrsam genom­men. Unter ihnen waren auch Mit­glieder des „Nationalen Wider­stands” Zweibrück­en, die zur Ver­hin­derung von Straftat­en in Gewahrsam genom­men wur­den. „Sie haben sich gezeigt, wir woll­ten eine Kon­fronta­tion ver­hin­dern”, sagte Ein­sat­zleit­er Achim Beck­er. Die Festgenomme­nen kamen am späten Sam­sta­gnach­mit­tag wieder frei. (daa)

 

Pub­lika­tion: DIE RHEINPFALZ

Region­alaus­gabe: Pir­masenser Rundschau

Datum: Nr.67

Datum: Mon­tag, den 20. März 2006

 

Stadt­magazin

 Burkhardt: „ *NPD *-Haus gehört nicht uns”

 

Andreas Burkhardt, Frak­tionsvor­sitzen­der der „Repub­likan­er” im Stad­trat, hat gegenüber der RHEINPFALZ demen­tiert, dass das Haus auf der Ruh­bank, in dem die *NPD *-Wahlkampfzen­trale sitzt, sein­er Fam­i­lie gehört. Es han­dele sich dabei nur um eine Namensgle­ich­heit, betonte er. Das Haus sei nach seinen Infor­ma­tio­nen nur bis nach der Land­tagswahl an die *NPD* ver­mi­etet und er sei „froh, wenn die danach wieder gehen”. Die *NPD *sei eine Konkur­renz zu den „Repub­likan­ern”, es gebe kein­er­lei Zusam­me­nar­beit mit ihnen, sagte Burkhardt, der auch für die ver­balen Attack­en im Senioren­beirat (wir berichteten) die Namensgle­ich­heit reklamiert. Es han­dele sich nicht um seinen Vater, son­dern um ein früheres Mit­glied der Reps, das „vor zwei oder drei Monat­en” aus der Partei aus­geschieden sei. Ob der Mann mit­tler­weile der *NPD *ange­höre, wisse er nicht; dieser habe sich zuvor aber für eine enge Zusam­me­nar­beit der bei­den recht­en Parteien stark gemacht und habe dafür keinen Rück­halt bei den Reps gefun­den. (wop)

 

Pub­lika­tion: DIE RHEINPFALZ

Region­alaus­gabe: Pir­masenser Rundschau

Datum: Nr.67

Datum: Mon­tag, den 20. März 2006

 

Unruhe in „einem beschaulichen Nest”

 250 Antifaschis­ten demon­stri­eren friedlich gegen *NPD*-Wahlkampfzentrale — Mehr als 200 Polizis­ten im Ein­satz — 17 Festnahmen

 

Für die Polizei ist die Demo im Großen und Ganzen prob­lem­los ver­laufen.” Achim Beck­er, Chef der Polizei­in­spek­tion Pir­masens und Ein­satz-Leit­er bei der Demon­stra­tion antifaschis­tis­ch­er Grup­pen gegen die *NPD *-Wahlkampfzen­trale in Pir­masens, zog am späten Sam­sta­gnach­mit­tag ein pos­i­tives Fazit.

 

Mehr als 200 Polizis­ten aus ganz Rhein­land-Pfalz, die genaue Zahl wollte Beck­er aus ein­satz­tak­tis­chen Grün­den nicht nen­nen, standen 250 linken, über­wiegend jugendlichen Demon­stran­ten gegenüber (wir informierten kurz in „Son­ntag aktuell”). Die befürchtete Ran­dale blieb aus. Den­noch wur­den 17 Per­so­n­en vor­läu­fig festgenom­men — bei den meis­ten ging es darum, Straftat­en zu ver­hin­dern. Zwei Straftat­en gegen das Ver­samm­lungsrecht reg­istri­erte die Polizei: Ein Demon­strant hat­te sich ver­mummt, ein ander­er einen Pflaster­stein aus dem Schloss­platz gerissen.

 

Unter den vorüberge­hend Festgenomme­nen waren auch sieben polizeibekan­nte Neon­azis, einige aus Zweibrück­en, die sich am Rand der Demo gezeigt hat­ten. „Wir woll­ten keine Kon­fronta­tion zulassen, haben sie zur Ver­hin­derung von Straftat­en in Gewahrsam genom­men”, erk­lärte Beck­er. „Wir haben ihnen die Möglichkeit genom­men, Straftat­en zu bege­hen”, fügte er an.

Zwei Ziele ver­fol­gte die Polizei beim wohl größten Ein­satz in der jün­geren Pir­masenser Geschichte: die Bevölkerung schützen und die Demon­stra­tion gewährleis­ten. Dazu gehörte, Straftat­en sofort zu ver­fol­gen und Störun­gen von außen im Ansatz zu verhindern.

Schon lange vor dem offiziellen Beginn um 13.30 Uhr hat­ten sich viele Autonome am Pir­masenser Haupt­bahn­hof ver­sam­melt. Eine Gruppe Punker hat­te sich auf dem Rasen niederge­lassen, während die Organ­isatoren, antifaschis­tis­che Grup­pen aus dem Saar­land, aus Koblenz, Lan­dau und Mainz, den Laut­sprecher­wa­gen bestück­ten und Handzettel austeil­ten. Alles geschah unter der Auf­sicht eines Polizei-Großaufge­bots, das einen dicht­en Ring um die stetig anwach­sende Demon­stran­ten­schar zog, mit Videokam­eras und Fotoap­pa­rat­en jeden Schritt dokumentierte.

Wir demon­stri­eren hier, weil wir es zum Kotzen find­en, dass Pir­masens die *NPD *duldet oder sog­ar unter­stützt. Wir rufen dazu auf, sich Neon­azis jed­er Couleur in den Weg zu stellen und ihnen das Nazileben zu ver­miesen, wo es nur geht. Wir fordern aber auch dazu auf, Ras­sis­mus, Anti­semitismus und völkischen Mist in der Gesellschaft zu kri­tisieren und anzu­greifen”, sagte ein „Antifa”-Mitglied in seinem Rede­beitrag am Bahnhof.

Mit mehr als ein­stündi­ger Ver­spä­tung set­zte sich der Zug, dem sich auch Mit­glieder von Bünd­nis 90/Die Grü­nen und Bürg­er­meis­ter Peter Schei­del anschlossen, dann schließlich in Bewe­gung. Grund: Der Ver­samm­lungsleit­er saß in einem Bus, der in ein­er Vorkon­trolle der Polizei steck­en geblieben war. Trans­par­ente wie „Neon­azis das Wass­er abgraben, den recht­en Kon­sens bekämpfen”, „Let“s get loud — Faschis­mus ist keine Mei­n­ung, son­dern ein Ver­brechen” oder „Nazis ins Visi­er nehmen, Ras­sis­mus und Anti­semitismus bekämpfen”, set­zte sich der Zug, unter­stützt von lauter Punk‑, Ska- und Reg­gae-Musik, in Rich­tung Schloss­platz in Bewe­gung — auf dem ganzen Weg begleit­et von 13 Polizei-Mannschaftswagen.

Auf dem Schloss­platz nan­nten die Ini­tia­toren Ross und Reit­er recht­sradikaler Aktiv­itäten in und um Pir­masens, die „kein neues Phänomen” seien, wie die Schän­dung des jüdis­chen Fried­hofs in Busen­berg und weit­ere rechtsmo­tivierte Straftat­en gezeigt haben. Ins­beson­dere der Werde­gang Sascha Wag­n­ers, mit­tler­weile in Pir­masens leben­der rhein­land-pfälzis­ch­er Wahlkampfleit­er der *NPD *, der auch für das Pam­phlet gegen Dekan Michael Diener (wir berichteten am Sam­stag) ver­ant­wortlich ist, wurde mehrfach beleuchtet.

Die *NPD *verteile im Land­tagswahlkampf zwei Mil­lio­nen Flug­blät­ter, habe 25.000 Plakate aufge­hängt. Seit Wag­n­er in Pir­masens wohne, gebe es regelmäßig *NPD *-Info­tis­che, Verteilak­tio­nen und Ver­anstal­tun­gen der Partei. „Die Region ist zum Knoten­punkt neon­azis­tis­ch­er Aktiv­itäten gewor­den, der lan­desweit Bedeu­tung hat”, sagte ein Red­ner und ver­wies auf von Wag­n­er organ­isierte Red­nerver­anstal­tun­gen mit bekan­nten, bun­desweit aktiv­en Neon­azis in der Region.

Wag­n­er habe bei der Bun­destagswahl mit 3,3 Prozent der Erst­stim­men das beste Wahlergeb­nis der *NPD *in Rhein­land-Pfalz erre­icht, die Repub­likan­er wur­den bei der Kom­mu­nal­wahl 2004 mit zehn Prozent in den Stad­trat gewählt „und ver­bre­it­en dort ihre Pro­pa­gan­da”, so der Red­ner. Ger­ade ländliche Gebi­ete seien für Nazis ide­ale Rück­zugs­ge­bi­ete, in denen sie meist unbe­hel­ligt agieren kön­nten. Deshalb wolle die Antifa „Nazi-Struk­turen offen­le­gen und aufdecken”.

Die Demon­stran­ten haben sich sehr gut ver­hal­ten”, lobte Beck­er, als sich die Demon­stran­ten-Schar kurz nach 17 Uhr am Haupt­bahn­hof wieder auflöste, „die Demon­stra­tion hat ihren Zweck nicht ver­fehlt”, sagte er. Den Zweck benan­nten die Ini­tia­toren bei der Abschlusskundge­bung am Haupt­bahn­hof. „Immer­hin ist es uns gelun­gen, etwas Unruhe in dieses beschauliche Nest zu brin­gen, eine Menge Staub aufzuwirbeln”. Allerd­ings kri­tisierten die Antifa-Organ­isatoren in ein­er gestern Nach­mit­tag ver­bre­it­eten Erk­lärung, die Polizei habe „mit über­mäßiger Härte agiert”. Es sei „immer wieder zu mas­siv­en Störun­gen durch die Polizei” gekom­men. Ein Vor­wurf, den der unbeteiligte Beobachter allerd­ings nicht nachvol­lziehen kann.

Nur ein­mal kam es zu ein­er etwas anges­pan­nten Sit­u­a­tion: Auf dem Weg durch die Schlossstraße set­zten sich zwei Dutzend Demon­stran­ten, alle mit schwarzen Kapuzen, Schir­m­mützen und Son­nen­brillen aus­gerüstet, an die Spitze des Zuges, macht­en drei vier schnelle Schritte nach vorn, wur­den dann aber rasch von der Polizei einge­bremst. Über einen Vor­fall am Exerzier­platz, Ort ein­er weit­eren Kundge­bung, als ein jugendlich­er Pir­masenser eine Flasche auf Polizis­ten schleud­erte und daraufhin von den Ein­satzkräften zu Boden gewor­fen wurde, kon­nte Beck­er noch keine Angaben machen. (daa)

 

Pir­masenser Zeitung vom 20.03.06 — Rubrik Pirmasens

www.pirmasenser-zeitung.de/artikel/06/pirmasens/2006–03-20/2/index.php

 Gewalt­lose Antifa-Demo gegen NPD in Pirmasens

Mas­sive Polizeipräsenz begleit­ete Demon­stra­tionszug durch Stadt

Von PZ-Mitar­beit­er Markus Fuhser

 

Knapp 300 meist jugendliche Demon­stran­ten hat­ten sich am Sam­stag gegen 13 Uhr vor dem Bahn­hof Pir­masens ver­sam­melt, um mit einem Demon­stra­tionszug durch Pir­masens gegen ultra­rechte poli­tis­che Aktiv­itäten in Pir­masens und der Region zu demon­stri­eren. Sie standen ein­er gut gle­ich großen Stre­it­macht aus Polizis­ten gegenüber, die die Demon­stra­tion fast lück­en­los umschlossen durch die Stadt esko­rtierten. Bis auf wenige Fes­t­nah­men ver­lief die Demon­stra­tion prob­lem­frei und gewaltlos.

Zu ein­er „antifaschis­tis­chen Demon­stra­tion“ in Pir­masens hat­ten poli­tis­che Grup­pierun­gen aufgerufen, die unter dem Namen „Antifa“ bun­desweit gegen poli­tisch rechts ste­hende Grup­pierun­gen und Parteien agieren. Grund für die Demo in Pir­masens, die von „Antifa“-Gruppen aus Rhein­land-Pfalz und dem Saar­land organ­isiert wurde, ist der Vor­wurf, dass Pir­masens sich in den let­zten Monat­en zu ein­er Heim­statt für Nazis entwick­elt habe. Der bekan­nte NPD-Funk­tionär Sascha Wag­n­er soll auf der Ruh­bank ein Haus bezo­gen haben, das der NPD als Lan­des­geschäftsstelle in Rhein­land-Pfalz dienen soll. Nach Infor­ma­tio­nen der PZ han­delt es sich dabei um das Haus in der Schul­straße 14. Unter dem Mot­to „Seek & Delete – NPD-Struk­turen aufdeck­en und entsor­gen!“ zog die Demo mit Trans­par­enten und Fah­nen vom Bahn­hof zum Schloß­platz und durch Fußgänger­zone, Bergstraße und Alleestraße zum Exerzier­platz. Von dort aus ging es zum Bahn­hof zurück. Bunt war die Mis­chung der Demon­stran­ten. Rund 50 davon waren leicht als pro­fes­sionelle Demon­stran­ten auszu­machen. Dazu kamen junge Men­schen aus dem Umkreis und auch aus Pir­masens, denen das Flagge zeigen gegen Rechts ein Anliegen war und einige, die die Ver­anstal­tung ein­fach auch als Par­ty sahen.

Das hier ist ja fast lang­weilig“, sagte ein Ein­sat­zleit­er der Polizei über die Aktion beim Tele­fonieren übers Mobil­tele­fon. Er leit­ete die „Vorhut“ der Polizeikräfte, die in ein­er Zweier­rei­he, teil­weise rück­wärts laufend, die Front der Demo den ganzen Weg über im Auge behielt. Kurz darauf war die Lang­weile für eine kurze Zeit zu Ende, als in Höhe der Deutschen Bank die Trans­par­ente tra­gende Demo­spitze plöt­zlich in ein paar Schritte Dauer­lauf ver­fiel und die Polizeikette sofort mit Kör­pere­in­satz abblock­te. Fast als Höhep­unkt der Demo kon­nte man jenen Stopp anse­hen, den die Demon­stran­ten ein­legten, um unter einem Pfeifkonz­ert einem am offe­nen Fen­ster ste­hen­den repub­likanis­chen Pir­masenser Stad­trat den Mit­telfin­ger zu zeigen.

Eine harte Lin­ie der Polizei hat­te Achim Beck­er, Leit­er der Pir­masenser Inspek­tion und somit Ein­sat­zleit­er der Polizeikräfte, in einem Gespräch mit einem „Antifa“-Verantwortlichen für die Demon­stra­tion angekündigt. Jed­er Ver­stoß gegen die Vorschriften werde geah­n­det, die entsprechen­den Demon­stran­ten her­aus­ge­grif­f­en und zumin­d­est bis zum Ende der Demo fest­ge­set­zt. Ver­boten waren das Unken­ntlich­machen von Gesichtern, aktive und pas­sive Bewaffnung und auch das Umman­teln von Teilen der Demo mit Trans­par­enten, das den Zugriff der Polizei auf Demon­stran­ten erschw­ert hätte. Noch vor dem Beginn der eigentlichen Demo griff die Polizei einen der Demon­stran­ten her­aus und unter­sucht­en ihn ziem­lich rüde. Die die Züge der Bun­des­bahn beglei­t­ende Bun­de­spolizei hat­te die Bere­itschaft­spolizis­ten auf den jun­gen Mann aufmerk­sam gemacht. Die Demo-Leitung in dem die Demon­stra­tion beglei­t­en­den Laut­sprecher­wa­gen warf der Polizei deshalb vor, einen Eskala­tion­skurs zu fahren.

Während des Zuges durch die Stadt wurde die Demon­stra­tion lück­en­los rechts und links von Polizeikräften einge­fasst. Von der Bere­itschaft­spolizei bei der Funkkom­mu­nika­tion als „kri­tis­che Stellen“ beze­ich­nete Gebäude, wie das von der recht­en Szene gern besuchte Lokal „Am Amts­gericht“, wur­den prob­lem­los passiert. Auch die palet­ten­weise vorhan­de­nen Pflaster­steine an den dort reich­lich vorhan­de­nen Baustellen blieben, wo sie waren.

Bei ein­er kurzen Kundge­bung auf dem Schloß­platz schaut­en örtliche Größen der recht­en Szene von den Schloßtrep­pen aus der Kundge­bung zu. Der vom NPD-Lan­desvor­sitzen­den Peter Marx zum Wahlkampfleit­er ernan­nte Sascha Wag­n­er wolle von Pir­masens aus mit 25 000 Plakat­en und zwei Mil­lio­nen Flug­blät­tern den Wäh­lern die „braune Ide­olo­gie“ näher brin­gen, hieß es bei der Kundge­bung. Damit gewinne Pir­masens lan­desweite Bedeu­tung für die NPD. Auch den etablierten Parteien wurde vorge­wor­fen, häu­fig die Stim­mung zu schaf­fen, die der NPD ihre Wäh­ler beschert: „Sie sind Teil des Prob­lems“. In der Alleestraße kon­trol­lierten gle­ichzeit­ig Polizis­ten einige kahl geschorene Jugendliche, die Pullis die Sweat­shirts mit der Auf­schrift „Deutsche Kolonien – Heia Safari“ tru­gen. Son­st war von recht­en Gegen­demon­stran­ten kaum etwas zu sehen.

Mit Slo­gans wie „Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazi-Pest“ und „Aufruhr, Wider­stand, es gibt kein ruhiges Hin­ter­land“ zog der Zug durch die Fußgänger­zone und die obere Haupt­straße. Vom „harten Kern“ vorgegebene Losun­gen wie „Nieder mit Deutsch­land, es lebe der Kom­mu­nis­mus“ wur­den jedoch kaum von den Demon­stran­ten aufgenommen.

Obwohl die Demo-Leitung wieder am Bahn­hof angekom­men per Laut­sprech­er etwas drama­tisierte („bleibt zusam­men, lasst euch nicht von der Polizei abgreifen“), löste sich die Demo prob­lem­los auf, nach­dem die Polizei ihre mas­sive Präsenz reduziert hat­te. Pir­masenser Bürg­er hat­ten das für die Stadt sel­tene Ereig­nis weit­ge­hend ignori­ert oder waren aus Vor­sicht zuhause geblieben.

 

Rechte sind das Problem

Mei­n­ung von Markus Fuhser

Knapp 300 jun­gendliche Demon­stran­ten schafften es am Sam­stag, ein mas­sives Heer von Polizis­ten nach Pir­masens zu ziehen. Fast hat­te es den Anschein, die Demo werde von der Polizei durch Pir­masens gelotst. Dicht von gut gepol­sterten Sicher­heit­skräften umschlossen bewegte sich der Zug durch die Stadt, den Abschluss bilde­ten 13 (!) Trans­port­wa­gen der Polizei. Zig Doku­men­ta­tion­strup­ps der Polizei mit Kam­eras filmten das gesamte Geschehen. Die von der Ein­sat­zleitung angekündigte „harte Lin­ie“ set­zte die Polizei Gott sei Dank nicht durch. Die Ver­anstal­tung ver­lief von bei­den Seit­en her gese­hen recht friedlich.

Ein Grund für die riesige Polizeiüber­ma­cht – auf der Hus­ter­höhe standen noch Polizeikräfte in Reserve – war im Grunde nicht erkennbar. Denn auch mit mas­siv­en Über­grif­f­en rechter Schläger rech­nete die Ein­sat­zleitung laut eigen­er Aus­sage nicht. Mögen die Parolen und die poli­tis­che Herkun­ft der Demo-Organ­isatoren auch krude und pro­voka­tiv sein: Die Ker­naus­sagen, dass die rechte und ultra­rechte Szene auch in Pir­masens immer fes­ter Fuß fasst, sind nachzu­vol­lziehen. Und das ist für Stadt und Region das eigentliche Prob­lem – und nicht eine Demo der Antifa gegen diese Entwicklung.

 

Pir­masenser Zeitung vom 18.03.06 — Rubrik Pirmasens

www.pirmasenser-zeitung.de/artikel/06/pirmasens/2006–03-18/3/index.php

 350 gegen Rechts

Bürg­er jeden Alters zeigen Nazis die kalte Schulter

Von PZ-Redak­tion­s­mit­glied David Betz

 

Ich freue mich so viele Bürg­er aller Gen­er­a­tio­nen begrüßen zu dür­fen“, traf Ober­bürg­er­meis­ter Dr. Bern­hard Math­e­is den Nagel auf den Kopf. Gestern trafen sich um 17 Uhr rund 350 Demon­stran­ten am Schloß­platz, um gegen Recht­sradikale und recht­es Gedankengut zu protestieren. Über­parteilich und Inter­essens­grup­pen über­schre­i­t­end trat­en die Pir­masenser geschlossen auf. Am Rande betrieben NPD-Mit­glieder und Neon­azis Stim­mungs­mache gegen die Demon­stra­tion und Personen.

So ver­wiesen alle Red­ner bei der Kundge­bung darauf, dass nun eine Gren­ze gezo­gen wer­den müsse. Am Don­ner­stag Abend seien Zahire Sevilir, die Vor­sitzende des Aus­län­der­beirats, und Ingrid von Böhlen vom Senioren­beirat von einem Repub­likan­er wüst beschimpft wor­den. NPDler verteil­ten noch während der Ver­anstal­tung auf dem Schloß­platz ein Pam­phlet, in dem Dekan Dr. Michael Diener, der die Demo mit organ­isiert hat­te, verunglimpft wurde.

Dieser Umstand wurde auch von Diener direkt ange­sprochen. Er warf, unter Szene­nap­plaus, den Nazis vor, dass sie mit ihrer Hal­tung und ihren Forderun­gen abseits stün­den von ein­er sin­nvollen Lösung der sozialen Prob­lem. Sie ver­schärften sie nur noch. Die anwe­sende Bun­desvor­sitzende von Bünd­nis 90/ Die Grü­nen Clau­dia Roht gab ihm im Gespräch mit der PZ recht. Sie habe von Wirtschaftsvertretern in Sach­sen gehört, dass sich aus­ländis­che Fir­men nicht mehr so stark in Sach­sen engagierten, seit dort die NPD Einzug in den Land­tag gehal­ten habe.

Mitor­gan­isatorin Karo­la Strep­pel von der Ini­tia­tive Fre­und­schaft ver­wies auf die lange Tra­di­tion der Anti-Rechts-Aktio­nen in Pir­masens. Math­e­is for­mulierte es kurz und knapp. „Wir sagen hier und heute: Bis hier­her und nicht weit­er. Stopp! Es reicht“, so Math­e­is unter Applaus. Auch die Reden von Zahire Sevilir und Michael Diener verurteil­ten die Vorge­hensweise der Recht­en aufs Schärf­ste. Deut­lich wurde bei der Demon­stra­tion auch, dass die NPD ganz offen­sichtlich ihre Tak­tik bei öffentlichen Auftrit­ten geän­dert hat. Während vor eini­gen Jahren noch Bomber­jack­en und Mil­itärstiefel das Bild der Nazis bes­timmten, so waren gestern zwei aku­rat gek­lei­dete Män­ner, ein­er mit einem beachtlichen Schnäuzer samt Seit­en­schei­t­el, unter­wegs und verteil­ten ihre Pro­pa­gan­damit­tel. Unter den Zuhör­ern befan­den sich etliche Rechte in ziv­il, die die Bevölkerung mit NPD-Kalen­dern und Flug­blät­tern ver­sorgten. An der Schloßtreppe hat­te sich außer­dem eine kleine Gruppe von Neon­azis aus dem Zweibrück­er Raum einge­fun­den. Um den Zweibrück­er Recht­en Detlev Walk scharten sich die eben­falls bekan­nten Glatzköpfe im Skin­head-Look vom „Nationalen Wider­stand Zweibrück­en“. Mit Mobil­tele­fon und Gesprächen sorgten die Partei­funk­tionäre dafür, dass diese auch dort ver­har­rten, offen­sichtlich damit in der Öffentlichkeit kein schlecht­es Bild von der NPD entsteht.

Die Demon­stran­ten hinge­gen ignori­erten die Skins und san­gen zusam­men mit den Churchies das zeit­lose „We shall over­come“ und Bob Dylans „Blowin in the wind“. Am Ende waren die Organ­isatoren zufrieden. Ein Zeichen war geset­zt. Welch­es Zeichen heute geset­zt wird, darüber kann man nur spekulieren. Für heute ist von 13.30 bis 18 Uhr eine Demo der Antifa in Pir­masens geplant. Vom Bahn­hof aus will die Gruppe auf den Schloß­platz ziehen und dort eben­falls gegen die Neon­azis demon­stri­eren. Der Rück­weg soll über den Exe und die Gärt­ner­straße wieder zum Bahn­hof führen. Ob es zu Auseinan­der­set­zun­gen kom­men wird, ist schw­er abzuschätzen. Nach Recherchen der PZ find­en heute in der Region auch drei Großver­anstal­tun­gen rechter Grup­pen statt. Denkbar sind dabei nach Mei­n­ung von Experten zwei Szenar­ien: Entwed­er heißt das, dass die Demo nicht gestört wird, weil die Recht­en nicht da sind. Oder sie sam­meln sich und kom­men bewusst nach Pir­masens, was wohl zu mas­siv­en Auseinan­der­set­zun­gen mit der nicht ger­ade gewaltscheuen Antifa führen würde. Die Pir­masenser Polizei schließt nach Angaben eines Sprech­ers von gestern Abend Auss­chre­itun­gen heute Nach­mit­tag nicht aus. Wohl auch deshalb ist seit Don­ner­stag ein Wasser­w­er­fer­wa­gen in der Stadt stationiert.

 

Mei­n­ung

Null Tol­er­anz!

Von David Betz

Toll, dass gestern bei der Demo gegen Rechts Bürg­er jeden Alters und Vertreter aller Parteien anwe­send waren. Lei­der aber auch NPD-Mit­glieder die ihr abscheulich­es Pam­phlet gegen Dr. Michael Diener verteil­ten. Und am Rande kon­nten auch einige Skin­heads beobachtet werden.

Die braunen Brüder wer­ben für die Land­tagswahl mit Slo­gans wie „Null Tol­er­anz“. Diesen Slo­gan muss man aber vor allem auf diese Grup­pen anwen­den. Es darf ihnen nicht erlaubt wer­den, ihre dumpfen Parolen zu grölen. Denn wenn Mei­n­ungsäußerung in Hass, Gewalt und Ver­ach­tung gegenüber Men­schen – egal ob Aus­län­der oder nicht – umschlägt, dann ist das keine freie Mei­n­ungsäußerung mehr, die unter dem Schutz des Gurndge­set­zes ste­ht, son­dern es ist Volksver­het­zung – und die ist verboten.

Man muss sich klar machen, dass die NPD, die DVU und andere rechte Grup­pen nicht ein­fach nur ein Haufen von Spin­nern sind. Unter der per­fek­ten Pla­nung von Peter Marx, der auch in Sach­sen und im Saar­land für die erschreck­enden Wahler­folge der NPD ver­ant­wortlich war, hat sich die rechte Szene zu ein­er gut ver­net­zten Organ­i­sa­tion entwick­elt, die es nun zu bekämpfen gilt. Wehret den Anfän­gen! Wir dür­fen nicht wegschauen, wenn vor Schulen offen um die Kinder und Jugendlichen gewor­ben wird. Wir dür­fen nicht weghören, wenn am Stammtisch auf Aus­län­der geschimpft wird. Und vor allem dür­fen wir nicht vergessen, dass von den Recht­en eine große Gefahr aus­ge­ht. Immer geschick­ter ver­suchen sie sich als harm­los und ser­iös darzustellen und immer mehr Men­schen fall­en auf diese miese Masche here­in. Deshalb soll­ten wir alle bei den anste­hen­den Land­tagswahlen dafür sor­gen, dass das Konzept der ewig Gestri­gen in Rhein­land-Pfalz nicht aufgeht.

 

Pub­lika­tion: DIE RHEINPFALZ

Region­alaus­gabe: Pir­masenser Rundschau

Datum: Nr.66

Datum: Sam­stag, den 18. März 2006

 

Aufge­s­tanden gegen rechte Parolen

 Fast 350 Men­schen nehmen an Kundge­bung vorm Alten Rathaus teil — Für Demokratie und Toleranz

 

Demokratie ist wehrhaft: Gestern Nach­mit­tag fan­den sich vorm Alten Rathaus fast 350 Bürg­er und Repräsen­tan­ten unter­schiedlich­er Parteien, Ver­bände und Organ­i­sa­tio­nen zusam­men, um gegen die zunehmende rechte Gewalt und gegen rechte Parolen zu demon­stri­eren. Musikalisch begleit­et wurde die Kundge­bung von der Gospel­gruppe „Churchies”.

Es ist wieder soweit, dass die Angst vor dem Frem­den, Unbekan­nten geschürt und der Volk­sego­is­mus bedi­ent wird”, stellte Dekan Michael Diener mit Blick auf die Wahlplakate rechter Parteien fest. Wer aber auf diese Weise die Men­schen polar­isiere und manip­uliere, der ver­stelle den Weg zu tragfähi­gen gesamt­ge­sellschaftlichen Lösun­gen und trage die Ver­ant­wor­tung dafür, dass die Gewalt­bere­itschaft, ger­ade auch unter Jugendlichen, steige. „Wir leben in ein­er Region gewaltiger sozialer Prob­leme, das wis­sen wir alle. Es ist in meinen Augen ein Skan­dal, dass rechts­gerichtete Parteien und Organ­i­sa­tio­nen genau deshalb glauben, bei uns leicht­es Spiel zu haben.”

Wer sich zur Wehr set­ze, werde ganz schnell zur Zielscheibe, sagte Diener mit Ver­weis auf eine Erk­lärung der *NPD *, die den Dekan als „Rädels­führer” der gestri­gen Kundge­bung verunglimpfte und ihm „anti­demokratis­che Umtriebe” vor­warf. Diener rief zum Wider­stand gegen solche Parolen auf: „Es kann nicht sein, dass wir ohne öffentlichen Wider­spruch der Dem­a­gogie der Recht­en die Straßen und Plätze unser­er Stadt und unser­er Dör­fer über­lassen.” Der Dekan bat die Bevölkerung, den Vere­in­facher­ern nicht zu glauben, die Stim­mungen bedi­en­ten auf Kosten der Würde und zunehmend auch auf Kosten der kör­per­lichen Unversehrtheit von Mitbürgern.

Wir ste­hen in Pir­masens für Tol­er­anz und Mei­n­ungs­frei­heit”, sagte Ober­bürg­er­meis­ter Bern­hard Math­e­is. Die Gren­ze sei aber dort erre­icht, wo Intol­er­anz gepredigt werde, wo einzelne Indi­viduen gebrand­markt wer­den. Es sei deshalb Auf­gabe der Demokrat­en, gemein­sam aufzuste­hen und den Recht­sex­tremen zu sagen: stopp, bis hier­her und nicht weit­er. Es freue ihn, so Math­e­is, dass an der gestri­gen Kundge­bung viele Men­schen aus allen Gen­er­a­tio­nen teilgenom­men haben.

Karo­la Strep­pel von der Ini­tia­tive Fre­und­schafts­fest forderte ein aktives Miteinan­der gegen die Het­ze gegen aus­ländis­che Mit­bürg­er. Ihre Erfahrung: „Rechte Aktiv­itäten nehmen mas­siv zu.” Beispiel­sweise sei im Senioren­beirat die Vor­sitzende Ingrid von Böhlen beschimpft wor­den, weil der Senioren­rat die „Pir­masenser Erk­lärung” unterze­ich­net habe. Beispiel­sweise habe Dekan Michael Diener besagtes Pam­phlet der *NPD *erhal­ten.

Mit dem mul­ti­kul­turellen Fre­und­schafts­fest hät­ten die Pir­masenser schon seit langem parteiüber­greifend Zeichen geset­zt gegen den Recht­sex­trem­is­mus, der ver­suche, Gewalt und Hass zu schüren gegen aus­ländis­che Mit­bürg­er. Strep­pel rief dazu auf, die „Pir­masenser Erk­lärung” zu unterschreiben.

Die Vor­sitzende des Aus­län­der­beirats, Zahire Sevilir, forderte, „die demokratis­chen Grun­dregeln aktiv und entschlossen gegen undemokratis­ches Gedankengut zu vertei­di­gen”. Die Men­schen in Pir­masens und in der Region soll­ten friedlich miteinan­der leben, nie­mand dürfe wegen sein­er Haut­farbe, sein­er Reli­gion oder sein­er Sprache bedro­ht und in Angst und Schreck­en ver­set­zt wer­den. An den Schulen, so Sevilirs Wun­sch, sollen die Kinder und Jugendlichen über den Extrem­is­mus und seine Fol­gen unter­richtet wer­den. Mit Blick auf die Land­tagswahlen am 26. März rief die Vor­sitzende des Aus­län­der­beirats dazu auf, zur Wahl zu gehen. Jede nicht abgegebene Stimme sei eine Stimme für Gewalt und Intoleranz.

Für den DGB Westp­falz forderte Franz Edinger dazu auf, Fremde in ihrer Eige­nart wahrzunehmen und zu akzep­tieren. Es sei Auf­gabe aller Men­schen aufzuste­hen und Gesicht zu zeigen für Demokratie und Tol­er­anz. (pr)

 

DIE RHEINPFALZ / Zweibrück­er Rund­schau / Mon­tag, den 06. März 2006

 

Linke machen gegen *NPD *mobil

 PIRMASENS: Demo-Anmel­dung für 18. März

 

Am 18. März demon­stri­eren linke Grup­pen, die von Ver­fas­sungss­chützern teil­weise dem autonomen Spek­trum zuge­ord­net wer­den, in Pir­masens gegen die *NPD *. Sie sehen die Süd­westp­falz als neuen recht­sex­trem­istis­chen Knoten­punkt von lan­desweit­er Bedeu­tung. Mehr als 200 Demon­stran­ten erwarten die Ver­anstal­ter aus Mainz, dem Saar­land, Koblenz und Landau.

Ver­anstal­ter sind “Antifa”-Gruppen aus Rhein­land-Pfalz und dem Saar­land. Pir­masens sei Demon­stra­tionsort, da hier ihrer Mei­n­ung nach die lan­desweite Wahlkampfzen­trale der *NPD *betrieben wird. Der *NPD *-Wahlkampfleit­er habe in Pir­masens zu diesem Zweck ein Haus erwor­ben, so der Aufruf zur Demonstration.

Heike Umlauft vom Pir­masenser Presseamt bestätigte auf Anfrage, dass die Demon­stra­tion angemeldet ist. Eine Genehmi­gung für Ver­samm­lun­gen unter freiem Him­mel sei prinzip­iell nicht nötig, nur eine Anmel­dung müsse vor­liegen. Die Stadtver­wal­tung ste­he in engem Kon­takt zur Polizei, so Umlauft. Gründe für ein eventuelles Demo-Ver­bot seien nicht bekannt.

Die Demo wird um 13.30 Uhr am Haupt­bahn­hof begin­nen und von dort zum Schloss­platz ziehen, wo eine Zwis­chenkundge­bung geplant ist. Am Exerzier­platz folge eine weit­ere Kundge­bung. Der Demo-Zug ende voraus­sichtlich wieder am Hauptbahnhof.

Die “Antifa”-Szene wird von Ver­fas­sungss­chützern als “gewal­to­ri­en­tiert­er Link­sex­trem­is­mus” eingestuft. Zu einem der Ver­anstal­ter, der „Antifa Saar/Projekt AK”, ver­merkt der saarländische Ver­fas­sungss­chutz, dass deren Arbeitss­chw­er­punkt auf dem antifaschis­tis­chen Kampf liege als “Ein­treten für eine Über­win­dung des kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaftssys­tems als Wurzel des Faschis­mus”. Diesen “Kampf” führe die saar­ländis­che “Antifa” nicht immer friedlich, so der Ver­fas­sungss­chutzbericht. Angriffe auf “augen­schein­lich dem recht­en Spek­trum zuzurech­nende Per­so­n­en” in St. Ing­bert sowie mil­i­tante Störak­tio­nen gegen eine rechte Demon­stra­tion und Sachbeschädi­gun­gen am Auto eines *NPD *-Funk­tionärs ord­nen die Ver­fas­sungss­chützer der autonomen Szene im Saar­land zu, die von der “Antifa Saar” dominiert werde. In der Mehrzahl zählt der saar­ländis­che Ver­fas­sungss­chutz jedoch friedliche Aktiv­itäten wie Demon­stra­tio­nen und Infover­anstal­tun­gen in seinem Bericht über die “Antifa Saar” auf. (kka)

Redebeitrag auf der Antifaschistischen Demonstration am 06.11.2004 in Trier

Gegen Anti­semitismus und Volksstaat
Schon 100 Jahre vor der Wannseekon­ferenz forderte der Tri­er­er Karl Marx im Jahre 1848 “Krieg den deutschen Zustän­den”. Diese Forderung ist heute, 66 Jahre nach der Reich­s­pogrom­nacht und 15 Jahre nach dem Fall der Berlin­er Mauer, aktueller denn je. Offen ver­bal­isiert­er Anti­semitismus ist in Deutsch­land längst nicht mehr unschick­lich. Die Het­zre­den von Hohmann, Mölle­mann oder einem Mar­tin Walser haben den all­ge­mein herrschen­den Anti­semitismus wieder salon­fähig gemacht.
Die Ver­fechter der Schlussstrichde­bat­te, die wir am recht­en Stammtisch eben­so wie in Teilen der Linken find­en, üben jet­zt gemein­sam den Schul­ter­schluss zur deutschen Volks­ge­mein­schaft. Eine hal­luzinierende deutsche Volks­masse, die für ihr Fortbeste­hen eine Abgren­zung zu allem Frem­den, Jüdis­chen, benötigt, da sie wed­er eine gemein­same Geschichte noch eine geglück­te Rev­o­lu­tion zur Her­stel­lung ein­er Nation her­anziehen kann, braucht äußere Feinde wie auch Feinde im Inneren. Diese völkischen Mech­a­nis­men dienen einzig und allein den Apolo­geten der Blut- und Boden The­o­rie. Dieses Prinzip fand im Holo­caust seinen Höhep­unkt und ist im deutschen Staats­bürg­er­recht (Art.116 Grundge­setz) noch heute vertreten. Deutsche Iden­tität war und ist ohne Anti­semitismus nicht denkbar, seit Auschwitz wird es das auch in Zukun­ft nicht sein.
Wie jedoch lässt sich das Erstarken von Anti­semitismus im wiedervere­inigten Deutsch­land erklären?
In ihrem Streben nach Reha­bil­i­tierung und Nor­mal­isierung der eige­nen Geschichte fühlen sich die Deutschen, durch jüdis­ches Leben und jüdis­che Kul­tur immer wieder an die deutsche Ver­nich­tungspoli­tik erin­nert, gestört. Die Men­schen, die den indus­triellen Massen­mord in Auschwitz-Birke­nau, Sobi­bor, Maj­danek und all den anderen Konzen­tra­tions- und Ver­nich­tungslagern, über­lebt hat­ten sowie deren Nachkom­men wer­den zum Has­sob­jekt, ger­ade weil sie an die deutschen Täter und ihre Tat­en erinnern.

Das weltver­schwörerische Bild von den Juden ist alt. Anonyme Mächte, here­in­pro­jiziert in ein über­mächtiges “Weltju­den­tum”, das Großkap­i­tal oder Israel selb­st, ver­sucht­en die Deutschen zu denun­zieren, zu quälen und sich dabei zu bereichern.
So stil­isieren sich die Täter zu Opfern, und das neue deutsche Opfer­kollek­tiv kann das eigene Leid bekla­gen und Auschwitz vergessen. Bei der Denun­zierung der als ange­bliche Kriegsver­brechen ent­larvten Bombe­nan­griffe auf deutsche Großstädte ist kon­se­quenter­weise die Anerken­nung und Aufar­beitung der eige­nen Geschichte nur hin­der­lich. Deshalb muss der heimat­be­wusste Deutsche heute den Auf­s­tand proben. Bedenken sollte man dabei, dass der let­zte Auf­s­tand des deutschen Selb­st­be­wusst­seins in der indus­triellen Massen­ver­nich­tung von Mil­lio­nen Men­schen gipfelte.
Um weit­er am nationalen Mythos vom starken Volk zu basteln, wird dem 9. Novem­ber in großdeutsch­er Tra­di­tion als Tag des wiedervere­inigten Deutsch­lands gedacht; für die Erin­nerung an bren­nende Syn­a­gogen und den mar­o­dieren­den und mor­den­den Volksmob ist kein Platz mehr. Die Nacht vom 8. auf den 9.November 1938 war das offizielle Sig­nal zur größten Men­schen­ver­nich­tung in der Geschichte der Men­schheit. Bis Ende der 1980er Jahre markierte der 9.November einen Tag, der den Tätern von damals ihr Tun vor Augen hielt. Doch mit dem Fall der Mauer am 9.November 1989 bekam dieser Tag im kollek­tiv­en Gedächt­nis eine andere Bedeu­tung: Volks­fest­stim­mung löste unbe­quemes Erin­nern ab. Mit dem Ende der Berlin­er Mauer als Anfang vom Ende der DDR wurde der Grund­stein für ein neues deutsches Selb­st­be­wusst­sein gelegt.

Dies zeigt sich nicht zulet­zt durch das Tolerieren neo­faschis­tis­ch­er Grup­pen wie der soge­nan­nten “Freien Kam­er­ad­schaften” und der NPD, und das Trans­portieren ihrer men­schen­ver­ach­t­en­den Ide­olo­gie in die Mitte der Gesellschaft, sicht­bar für alle in den Wahler­fol­gen von NPD und DVU in diesem Jahr.
Beflügelt durch die hohen Stim­mgewinne bei den ver­gan­genen Land­tagswahlen forcieren die Neo­faschis­ten nun auch ganz offen ihr Konzept “Kampf um die Straße, die Köpfe und die Par­la­mente”. Der Schul­ter­schluss mit den nation­al­sozial­is­tis­chen “Freien Kam­er­ad­schaften” wird jet­zt auch ganz offen propagiert, kür­zlich wurde der vorbe­strafte Neon­azi Thorsten Heise auf dem NPD-Parteitag in Leine­felde in den Bun­desvor­stand gewählt. Die “Volks­front von rechts” aus NPD, DVU und den mil­i­tan­ten “Freien Kam­er­ad­schaften” ist eben­so besiegelt wor­den. Im Saar­land existiert mit der sog. “Kam­er­ad­schaft Saar­lautern” aus Saar­louis ein der aktivsten und bedeu­tend­sten Neon­azi­grup­pen im süd­west­deutsche Raum. Saar­louis­er Neon­azis melde­ten in diesem Jahr mehrere Aufmärsche sowohl inner­halb als auch außer­halb des Saar­lan­des an, so z.B. am 19.Juni im rhein­land-pfälzis­chen Alzey, mehrere Aufmärsche zwis­chen August bis Okto­ber im hes­sis­chen Oden­wald oder die Kundge­bun­gen im Sep­tem­ber hier in Trier.
Das Saar­land war 2004 Wahlkampf­schw­er­punkt der NPD, deren Bun­desvor­sitzen­der Udo Voigt für das Amt des Ober­bürg­er­meis­ters der Stadt Saar­brück­en kan­di­dierte. Der saar­ländis­che Lan­desvor­sitzende Peter Marx rang­iert in der partei­in­ter­nen Hier­ar­chie der NPD weit oben.

Die organ­isierte Rechte hat längst nicht mehr das anti­semi­tis­che Monopol, wenn sie es denn über­haupt je gehabt haben soll. Auch in vie­len “linken” Kreisen wird der zunehmende Anti­semitismus gerne ver­harm­lost oder mit­ge­tra­gen. Offen anti­semi­tis­che Posi­tio­nen äußern sich, nicht nur in großen Teilen der glob­al­isierungskri­tis­chen Bewe­gung, in antizion­is­tis­ch­er Kri­tik an Israel. Selb­ster­nan­nte Friedens­fre­unde und Weltverbesser­er machen den Staat Israel ver­ant­wortlich für das Scheit­ern der Frieden­sprozesse in Nahost. Das kleine Land Israel wird neben den USA als größte Gefahr für den Welt­frieden eingestuft. Dieser alltägliche Zus­tand anti­semi­tis­ch­er Angriffe erfordert eine radikale Kri­tik an eben den­jeni­gen, die nicht ver­ste­hen, dass Israel die einzige Kon­se­quenz ist, die aus Auschwitz zu ziehen war in ein­er Welt, die nicht bere­it war, Kon­se­quen­zen zu ziehen. Israel war und ist der einzige existierende Staat, dessen Staat­srä­son darin beste­ht, Jüdin­nen und Juden Schutz zu bieten, dass sich Auschwitz oder ähn­lich­es nicht wieder­hole. Nur ein stark­er Staat Israel kann dem anti­semi­tis­chen Ver­nich­tungswahn Gren­zen setzen.
Das Phänomen des Anti­semitismus in der bürg­er­lichen Gesellschaft lässt sich nur in der Über­win­dung der­sel­ben bekämpfen. Eine Emanzi­pa­tion der Deutschen als Deutsche vom Anti­semitismus ist nicht möglich, und so bleibt als einzig sin­nvolle Kon­se­quenz die Emanzi­pa­tion vom Deutschtum.
Für all diejeni­gen, die danach streben, in ein­er Gesellschaft zu leben, in der der Men­sch nicht länger als geknechtetes, ver­achtetes und ver­w­ert­bares Wesen existiert, kann die Kon­se­quenz daher nur eine seine: Krieg den deutschen Zuständen.
Deshalb: Kampf den deutschen Ver­hält­nis­sen — Gegen jeden Anti­semitismus und Antizionismus.

KONTAKT: www.antifa-saar.de.vu
e‑mail: antifasaar@yahoo.de

Presseerklärung zur Demonstration in Saarbrücken am 09.April 2005


160 Men­schen demon­stri­erten in Saar­brück­en gegen Neon­azis und rechte Gewalt

Über 160 vor­wiegend junge Men­schen beteiligten sich am Sam­stag Nach­mit­tag an ein­er Demon­stra­tion der Antifa Saar / Pro­jekt AK in der Saar­brück­er Innenstadt.

Nach dem Über­fall auf 4 junge Men­schen am frühen Son­ntag Mor­gen durch eine Gruppe von etwa 7–8 Saar­brück­er Neon­azis, bei dem ein junger Mann schw­er und 2 sein­er Begleit­er leicht ver­let­zt wur­den, und dem Über­griff zwei Wochen zuvor in Hom­burg rief die Antifa Saar / Pro­jekt AK für Sam­stag, den 09.April 2005 zu ein­er Demon­stra­tion unter dem Mot­to “Gegen die deutschen Zustände! NS-Struk­turen zer­schla­gen! Deutsche Ide­olo­gie angreifen nach Saar­brück­en auf. Ab 14 Uhr sam­melten sich die Demon­stra­tionsteil­nehmerIn­nen am Max-Ophüls-Platz, wo sich die Demon­stra­tion gegen 14:45 Uhr auf den Weg durch die Saar­brück­er Innen­stadt machte. Bis zu diesem Zeit­punkt hat­ten sich etwa 160 Men­schen dem Demon­stra­tionszug angeschlossen.

Am Brun­nen vor der Berg­w­erks­di­rek­tion in der Reichsstraße fand eine Zwis­chenkundge­bung mit Rede­beiträ­gen statt. Eine Red­ner­in der Aktion 3.Welt Saar wies auf die Zusam­men­hänge zwis­chen kap­i­tal­is­tis­chem Ver­w­er­tungs­denken und einem gesellschaftlichen Kli­ma, das Über­griffe von Neon­azis auf Men­schen, die sie als unnütz und unwert anse­hen, begün­stigt. Ein Sprech­er der Antifa St.Wendel ver­las anschließend einen Erfahrungs­bericht eines Men­schen, der Opfer eines Über­falls durch Neon­azis wurde.

Nach­dem die Zwis­chenkundge­bung been­det war, zog die Demon­stra­tion gegen 15:30 Uhr weit­er durch die Bahn­hof­s­traße zum St.Johanner Markt, wo die Abschlusskundge­bung stat­tfand. Hier wur­den zwei Rede­beiträge der Antifa Saar / Pro­jekt AK sowie der Jugen­dan­tifa St.Ingbert ver­lesen. Die Red­ner gin­gen auf das Mot­to der Demon­stra­tion ein und erk­lärten, was sie unter den “deutschen Zustän­den” ver­standen. Die Demon­stra­tion wurde gegen 16:30 Uhr beendet.

Unter­stützt wurde die Demon­stra­tion von fol­gen­den Grup­pen und Organisationen:
Jugen­dan­tifa St.Ingbert, Antifa St.Wendel, lif:t Tri­er, AGF Tri­er, Net­zw­erk Saar

Antifa Saar / Pro­jekt AK

Presseerklärung zur angekündigten Demonstration am 09.04.2005

Erneuter Über­fall durch Neon­azis in Saar­brück­en — Demo in Saar­brück­en am 9.April 2005

Nach dem erneuten bru­tal­en Über­fall von Neon­azis auf junge Men­schen in Saar­brück­en kündigt die Antifa Saar / Pro­jekt AK für kom­menden Sam­stag, den 09.04.2005 um 14 Uhr eine Demon­stra­tion in der Saar­brück­er Innen­stadt an.

Nur 2 Wochen nach dem bru­tal­en Über­fall von 6 bewaffneten Neon­azis auf 3 BesucherIn­nen des Hom­burg­er Jugendzen­trums (die saar­ländis­chen Medi­en berichteten) über­fie­len in der Nacht von Sam­stag auf Son­ntag, den 03.04.2005 gegen 3:00 Uhr erneut mehrere Neon­azis eine Gruppe junger Men­schen in Saar­brück­en. Ein junger Mann wurde durch gezielte Tritte gegen den Kopf schw­er ver­let­zt, zwei zu Hil­fe eilende Fre­unde erlit­ten Schläge auf den Hin­terkopf, einem wurde ein Fin­ger gebrochen.
Da die Täter aus ein­er Gruppe von etwa 10 Neon­azis angrif­f­en, von denen ein­er sich dazu bekan­nte “stolz, ein deutsch­er Neon­azi” zu sein, und die Opfer sich klar gegen Neon­az­i­tum und Ras­sis­mus aussprachen, ste­ht die poli­tis­che Moti­va­tion für diesen Über­fall unzweifel­haft fest. Die Täter kön­nen dem Umfeld ein­er Saar­brück­er Neon­azikam­er­ad­schaft zugerech­net wer­den, die in das bun­desweit agierende Neon­azinet­zw­erk “Aktions­büro Saar” einge­bun­den ist.
Erneut grif­f­en saar­ländis­che Neon­azis Men­schen an, die sie als ihre Geg­n­er iden­ti­fizierten, und fügten ihnen schw­er­ste Ver­let­zun­gen zu. Dabei nah­men sie auch den Tod ihrer Opfer in Kauf, denn wer gezielt gegen Kopf und Schläfe eines auf dem Boden liegen­den Men­schen tritt, hat nichts anderes im Sinn.
Bun­desweit, aber auch im Saar­land, häufen sich die gewalt­samen Über­griffe von Neon­azis auf ihnen missliebige Men­schen, schwere Kör­per­ver­let­zun­gen und Bedro­hun­gen sind an der Tage­sor­d­nung, und immer häu­figer schreck­en die Täter auch vor Mord nicht mehr zurück. So wurde in Dort­mund am Oster­mon­tag erst ein 32jähriger Mann von einem 17jährigen Neon­azi erstochen.

Die Antifa Saar/Projekt AK ruft anlässlich dieses erneuten Über­falls auf zu ein­er Demon­stra­tion am Sam­stag, den 09. April 2005 um 14.00 Uhr unter dem Mot­to “Gegen deutsche Zustände! — NS — Struk­turen zer­schla­gen! — Deutsche Ide­olo­gie angreifen!”. Tre­ff­punkt ist der Max-Ophüls-Platz in Saarbrücken.

Grup­pen und Organ­i­sa­tio­nen, die die Demon­stra­tion unter­stützen wollen, kön­nen sich unter der e‑mail Adresse antifasaar@yahoo.de an uns wenden.

Antifa Saar / Pro­jekt AK

Saarbrücker Zeitung: “Klare Absage an NPD

Saar­brück­er Zeitung vom 29.03.2005

 

Klare Absage an NPD

 

von sz-mitar­beit­er daniel heintz

 Nach­dem eine Demon­stra­tion gegen Recht­sradikalis­mus am Oster­sam­stag in Hom­burg weit­ge­hend friedlich ver­lief, kam es einige Stun­den später zu ein­er Fes­t­nahme wegen eines Bran­dan­schlages auf ein Lokal.

 

Hom­burg. Etwa 300 Men­schen haben am Sam­sta­gnach­mit­tag in der Hom­burg­er Innen­stadt aus Anlass des Über­fall von der recht­en Szene zuge­ord­neten Jugendliche auf drei Besuch­er des Jugendzen­trum (AJZ) am Hom­burg­er Güter­bahn­hof am 18. März (wir berichteten) demon­stri­ert. Während die Demon­stra­tion friedlich ver­lief, kam es am Sam­stagabend an ein­er Gast­stätte in der Nähe des Autonomen Jugendzen­trums zu einem Zwis­chen­fall. Drei Jugendliche, die nach Angaben des Lan­deskrim­i­nalamtes mut­maßlich der Punker­szene zuzurech­nen sind, hat­te dort einen Brand­satz in eine leer ste­hende Garage in einem Gasthaus in der Kreuz­garten­straße geworfen.

Der Brand­satz richtete nach Angaben der Polizei durch das rasche Ein­greifen der Feuer­wehr keine größeren Schä­den an. Zwei der drei Täter kon­nten flücht­en. Ein 17-Jähriger, den die Polizei am Tatort fes­t­nahm, wurde dem Haftrichter vorge­führt. Der hier­bei erlassene Haft­be­fehl sei gegen Aufla­gen außer Vol­lzug geset­zt wor­den, so das Lan­deskrim­i­nalamt. Über weit­ere Hin­ter­gründe und das Motiv der Tat machte die Polizei mit Hin­weis auf weit­er laufende Ermit­tlun­gen bis gestern noch keine Angaben.

Zu der Demon­stra­tion am Sam­sta­gnach­mit­tag unter dem Mot­to “Gegen die deutschen Zustände — NS-Struk­turen zer­schla­gen — Deutsche Ide­olo­gie angreifen!” hat­te die Aktion Antifa Saar/Projekt AK unter anderem in Koop­er­a­tion mit dem Jugendzen­trum und antifaschis­tis­chen Grup­pen aus dem Saar­land und Rhein­land-Pfalz aufgerufen. Nach Angaben der Polizei und der Ver­anstal­ter ver­lief der Demon­stra­tionszug, der von einem großem Aufge­bot an Polizis­ten begleit­et wurde, ohne größere Zwis­chen­fälle. Wie der stel­lvertre­tende Leit­er des Polizeibezirks Saarp­falz, Richard Bauer, vor Ort mit­teilte, seien im Vor­feld der Demon­stra­tion und während der Ver­anstal­tung zwölf Platzver­weise aus­ge­sprochen wor­den. Fünf Jugendliche aus dem Umfeld der antifaschis­tis­chen Szene seien mit Schlag-Uten­silien wie Totschlägern angetrof­fen worden.

Eben­so aus dem Innen­stadt­bere­ich ver­wiesen wur­den mehrere Jugendliche, die der recht­sradikalen Szene zuge­ord­net wer­den. Sie hat­ten sich am Rande der Demon­stra­tion gezeigt, und für Unruhe gesorgt. Demo-Teil­nehmer woll­ten die Jugendlichen stellen, die Polizei ging sofort dazwis­chen. Einige der “Stören­friede” stiegen zu Beginn der Demon­stra­tion aus einem Lin­ien­bus, der aus Rich­tung Zweibrück­en kam, wo am Sam­stag eine Kundge­bung der Neon­azi-Szene stat­tfand (siehe unten).

 

Quelle: Saar­brück­er Zeitung, 29.03.05

Redebeitrag der Antifa Landau auf der Demonstration in Homburg — 26.März 2005

Auch wir, die Antifa Lan­dau, zeigen uns sol­i­darisch mit den Opfern des Über­griffes, der Aus­lös­er für diese Demon­stra­tion war. Doch nicht nur die bru­tale Gewalt, mir der hier auf offen­er Strasse Men­schen kör­per­lich ange­gan­gen wur­den, son­der eben auch die Umstände und Ursachen dieser Tat sind für uns der Anlass zu diesem Protest.

Sich­er ist dies kein Einzelfall, täglich wer­den Men­schen auf­grund ihrer Haut­farbe oder ihres poli­tis­chen Denkens, über­fall­en und ver­prügelt. Die Kausal­ität ist jedoch bes­timmt nicht bei den Opfern, son­dern klar bei den Tätern und dem gesellschaftlichen Kli­ma zu find­en, welch­es diesen erst einen gewis­sen Hand­lungsspiel­raum ermöglicht.

Wir leben in ein­er Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs. Durch das Weg­brechen der Sow­je­tu­nion und damit des einzi­gen Sys­tems, das in direk­ter Konkur­renz zum Kap­i­tal­is­mus stand, ver­lor sich auch der dadurch ent­standene Konkur­ren­z­druck. Bedin­gun­gen, die zur Abgren­zung gegenüber diesem Sys­tem ent­standen waren, ver­lieren ihre Legit­i­ma­tion und ste­hen frei zur Abschaf­fung. Es entste­ht nicht nur ein Kli­ma der sozialen Verun­sicherung, son­dern auch Bestre­bun­gen mit der deutschen Geschichte ins Reine zu kommen.

Geschicht­sre­vi­sion­is­tis­chen Ten­den­zen erhal­ten einen nie da gewe­se­nen Auf­schwung, und sollen es ermöglichen, sowohl eine weltweite Wet­tbe­werb­s­fähigkeit, als auch eine nationale oder europäis­che Iden­tität zu schaf­fen, die der Konkur­ren­zfähigkeit zugrunde liegt.

Die Geschichte wird umgeschrieben.
Die öffentliche Rel­a­tivierung der Shoa, z.B. wenn im Zusam­men­hang, des geschmack­losen Gedenkens an deutsche Täter in Dres­den von einem “Bomben-Holo­caust” gesprochen wird, wie auch die Verk­lärung des 2.Welkrieges als europäis­chen Prozess, sind nur einzelne Ele­mente eines ger­ade durch die rot-grüne Regierung begün­stigten und sog­ar geförderten Geschichtsrevisionismus.
Eine Regierung, die durch die Jugend­tat­en einiger Pro­tag­o­nis­ten als selb­stre­dend antifaschis­tisch ver­standen wird, wird auch dann nicht kri­tisch hin­ter­fragt, wenn sie ver­sucht aus dem indus­triellen Massen­mord von Mil­lio­nen von Jüdin­nen und Juden eine his­torische Ver­ant­wor­tung abzuleit­en, die dann wieder zur Legit­i­ma­tion von Angriff­skriegen benutzt wird.

Durch klare Dom­i­nanz geschicht­sre­vi­sion­is­tis­ch­er Ten­den­zen in den öffentlichen Medi­en und nicht nur dadurch des gesellschaftlichen Gesprächs, wird ein Kli­ma geschaf­fen, das nicht nur das Zutage-kom­men anti­semi­tis­ch­er Boden­sätze fördert, son­dern eben auch eine Stim­mung schafft in der Recht­sex­trem­is­ten wieder öffentlich in das aktuelle Tages­geschehen inte­gri­ert wer­den können.
Dafür sprechen eben nicht nur die jüng­sten Wahler­folge rech­tex­tremer Parteien, son­dern auch die zunehmende Wahrnehmung ihrer Ideen und Parolen in der Öffentlichkeit.
Die Strate­gie, Neon­azis auf ein­er poli­tisch-geisti­gen Ebene zu begeg­nen, wie dies z.B. der Ver­fas­sungss­chutz fordert ist in sich so lächer­lich, dass wir an dieser Stelle keine weit­eren Worte darüber ver­lieren wer­den. Dass damit aber die recht­sex­tremen Parteien indi­rekt unter­stützt wer­den, weil ihnen so ermöglicht wird ihre men­schen­feindlichen Parolen in der Öffentlichkeit zu ver­bre­it­en, scheint wohl nie­man­dem in den Sinn zu kommen.

Die zunehmende Gesellschafs­fähigkeit von neon­azis­tis­chem Gedankengut hat natür­lich auch Auswirkun­gen auf nicht par­la­men­tarisch organ­isierte Nazis.
Nicht nur rechte Infra­struk­tur erlebt eine unge­heuer­liche Verbesserung, son­dern auch im Denken der Recht­sex­tremen find­et eine Entwick­lung statt.
Wenn der Nazi-Opa öffentlich z.B. Rudolf Hess und damit den Nation­al­sozial­is­mus ver­her­rlichen darf, erlebt auch das Selb­st­be­wusst­sein der jün­geren Nazis eine Stärkung.
Denn nur in ein­er Gesellschaft, in der Recht­sex­treme nach kör­per­lichen Über­grif­f­en keine Kon­se­quen­zen und öffentliche Äch­tung befürcht­en müssen, ist es Neon­azis möglich in ein­er solchen Art und Weise in Erschei­n­ung zu treten.
Und eine Gesellschaft, die linksradikale Kri­tik ignori­ert, sowie antifaschis­tis­che Poli­tik krim­i­nal­isiert, spielt direkt den Nazis in die Hände.

Auch in Lan­dau sind wir als Gruppe direkt von dieser Krim­i­nal­isierung betrof­fen, als deren Aus­lös­er eine linksradikale Demon­stra­tion propagiert wird, die unter anderem eine rev­o­lu­tionären Per­spek­tive in der Öffentlichkeit posi­tion­ieren sollte.
Da wir diese Repres­sio­nen nicht taten­los hin­nehmen wer­den, rufen wir erneut zu ein­er Demon­stra­tion in Lan­dau auf. Diese wird unter dem Mot­to: “Rev­o­lu­tion statt Reak­tion, Gegen Repres­sion und Nazis”, am 21.Mai 2005 ab 15.00uhr stat­tfind­en. Tre­ff­punkt wird der Rathaus­platz sein.
Wir rufen euch alle auf an dieser Demon­stra­tion teilzunehmen und mit uns zusam­men unseren Unmut ein solch­es Kli­ma weit­er­hin zu ertra­gen kund zu tun, sowie erneut eine rev­o­lu­tionäre Per­spek­tive in die Öffentlichkeit.

Eskala­tion statt Deeskalation
Haut rein!

www.antifalandau.de.vu

Redebeitrag der CCP-Charlie Churchills Papagei auf der Demonstration in Homburg — 26.März 2005

Wenn ein­er mit den Worten “das ist mein Land” auf den Lip­pen jeman­den, den er als Volks­feind aus­find­ig gemacht hat, mit einem Schlag­stock minuten­lang mal­trätiert, wie vor 9 Tagen hier in Hom­burg geschehen, dann han­delt jen­er nicht bloß als aggres­siv­er Asozialer son­dern als Staats­bürg­er mit expliz­it poli­tis­chem Willen. Er han­delt in der Ahnung, dem Wis­sen oder dem Wun­sch, ein guter Deutsch­er zu sein. Er sieht und denkt sich als Avant­garde des Volk­skampfes mit dem Auf­trag, störende Ele­mente — wenn nicht zu beseit­i­gen — dann doch zumin­d­est kräftig einzuschüchtern. Für gewöhn­lich entlädt sich die Wut des rasenden Mobs an denen, die der nationalen Mis­sion nicht fol­gen kön­nen oder nicht fol­gen wollen und gle­ich­sam schut­z­los aus­geliefert sind. Solcher­lei Han­deln ist keines­falls bloß Psy­chopatholo­gie von Einzel­nen, son­dern Aus­druck gesellschaftlich­er Ten­denz. Ein­er Ten­denz die darin beste­ht indi­vidu­elle Inter­essen zugun­sten ein­er nationalen Welt­mis­sion des wiedervere­inigten Deutsch­lands endgültig aufzugeben. Man denke nur an den aktuell­sten Schrei deutsch­er Erweck­ungs­be­we­gung, der darin beste­ht, die massen­mörderische Nazi-Gen­er­a­tion als Opfer her­auszuputzen, um umso unbe­fan­gener den Platz an der Sonne beanspruchen zu kön­nen. Der Platz an der Sonne das ist langfristig nicht mehr Malle son­dern Welt­macht und zwar vor und gegen die USA. Wenn die sechs Dorf­nazis noch beim Ein­schla­gen auf das Opfer, auf das Selb­st­bes­tim­mungsrecht ihres “Volkes” pochen, dann han­deln sie nicht nur vor diesem gesellschaftlichen Hin­ter­grund. Die gesellschaftliche Struk­tur ist ihrem sub­jek­tiv­en Han­deln bere­its implizit.

Der deutsche Mob ist in Angele­gen­heit­en staatlich­er Rein­hal­tung meist noch etwas fein­füh­liger als der Staat selb­st. So ent­facht sich spon­tane Gewalt, die dem Sou­verän gewis­ser­maßen vor­greift. Immer dann wenn faschisierte Deutsche loss­chla­gen, wird an ihnen auch offen­bar, was der Nation-ist-geil-Zivilge­sellschaft imma­nent ist. Der Nation­al­is­mus braucht, um sich selb­st auf den Begriff brin­gen zu kön­nen, sein Gegen­prinzip, den inneren und äußeren Feind. Der Nation­al­is­mus hierzu­lande, der weniger auf Ver­fas­sung denn auf Blut und Boden grün­det, evoziert den inneren Volks­feind, wie das äußere Gegen­prinzip. Bei­des muss bekämpft wer­den. Während sich der Kampf der meis­ten Volksgenossen im aggres­siv­en Ger­aune über Schmarotzer, Aus­län­der und Juden, die das Unglück ange­blich ver­wal­ten, erschöpft, machen manche eben ernst und schla­gen zu. Zwis­chen Jugendzen­trum und Bahn­hof in Hom­burg wurde vor 10 Tagen zugeschla­gen, weil die Opfer als innere Zer­set­zer, als Ver­weiger­er iden­ti­fiziert wur­den. Die Methodik des Straßen­mobs ist alt­bekan­nt: eine Melange aus roher Gewalt und sex­u­al­isiertem Sadis­mus. Die Macht, die sie hat­ten, als sie eine junge Frau zwan­gen, ihr T‑Shirt mit dem Logo “gegen Nazis” auszuziehen, kommt so schnell nicht wieder, auch nicht das affek­tiv erhabene Gefühl, einen “Feind des Volkes” gewalt­sam diszi­plin­ieren zu kön­nen. Faschis­mus und sadis­tis­che Mach­tausübung sind zwei Seit­en ein­er Medaille, deren Prä­gung die Deutschen nach wie vor am besten beherrschen.

Warum fühlt sich jemand deutsch? Weil, wie es Joachim Bruhn for­muliert “der Einzelne nur als kap­i­tal­pro­duk­tives und staat­sloyales Sub­jekt von Belang ist, weil seine Exis­tenz für den Fort­gang des Betriebs her­zlich egal ist, weil seine all­seits gelobte “Iden­tität” nicht die seine ist und ganz im Gegen­teil davon abhängt, ob über­haupt und wozu er taugt, weil daraus sum­ma sum­marum fol­gt, dass seine “Anthro­polo­gie” nur in der jedem Einzel­nen ver­traut­en, all­ge­mein bekan­nten und genau darum kollek­tiv ver­drängten Angst davor wurzelt, sein­er ins­ge­samt längst geah­n­ten sozialen Über­flüs­sigkeit auch noch öffentlich über­führt zu wer­den — eben darum fühlt er sich genötigt, “ein Deutsch­er” zu sein”. Die kap­i­tale Verge­sellschaf­tung wirkt bis ins tief­ste Innere des faschis­tis­chen Sub­jek­ts. Ein guter Deutsch­er bringt — die eigene Nut­zlosigkeit und Erset­zbarkeit stets vor Augen — unbe­d­ingte Treue zum Staat sowie die totale Bere­itschaft zur pro­duk­tiv­en Plack­erei gle­icher­maßen mit, not­falls bis zum verrecken.

Die Empörung über NPD und beken­nende Nazis, die seit den neuer­lichen Wahler­fol­gen der Nazis eine Renais­sance der Anständi­gen erfährt, ste­ht zum völkischen Nation­al­is­mus wed­er im Wider­spruch, noch ist sie bloße Heuchelei. Wenn Kirche, Poli­tik, Gew­erkschaften oder Popi­dole den antifaschis­tis­chen Kampf gegen “Recht­sex­treme”, wie es so schön heißt, im Mund führen, dann ist dies ern­ste Sorge und zwar die Sorge ordentlich­er Staats­bürg­er um das Anse­hen von Volk und Vater­land im Aus­land, von dessen Blick man auf­grund wirtschaftlich­er und poli­tis­ch­er Kon­stel­la­tio­nen nicht gän­zlich befre­it ist. Nach­dem Auschwitz, um dessen Aus­maß die Täter in der post­nazis­tis­chen Gesellschaft sich am wenig­sten scherten, gle­ich­wohl ganz offiziell als His­to­rie abge­tan wird und eine linke Regierung es fer­tigge­bracht hat aus der deutschen Ver­nich­tungspoli­tik eine beson­dere Ver­ant­wor­tungs­fähigkeit für die Nachkom­men der Mörder zu kon­stru­ieren, ist nicht nur Polen (zumin­d­est) polit-ökonomisch wieder offen. Dies kon­nte nur gelin­gen, weil man fast der ganzen Welt Glauben machen kon­nte, aus dem Geschehenen gel­ernt zu haben. Beken­nende Nazis stören da nur, wenn sie, wie es die NPD tut, bruch­los an die NS-Ide­olo­gie anknüpfen und so die Erin­nerung an das ver­drängte Erbe der Massen­ver­nich­tung bewusst hal­ten. Man will wieder Stolzdeutsch­er sein, ohne ständig an die lästige Ver­gan­gen­heit erin­nert zu wer­den. “Das Bild vom guten, ordentlichen Volk der Deutschen wird nur noch von den braunen Glatzen gestört” schrieb die Freiburg­er ISF dazu schon vor 4 Jahren. Von Ver­gan­gen­heit will man nur etwas hören, wenn es um die Betrauerung der Opfer­ge­mein­schaft geht.

Fol­glich verkommt ein Antifaschis­mus, der fix­iert bleibt auf die NPD und deren außer­par­la­men­tarische Sturmtrup­pen wie freie Kam­er­ad­schaften oder spon­tan­er Mob zu ein­er moralis­chen Instanz inner­halb des gesellschaftlichen Ganzen, der die Mis­ere ver­dop­pelt und zusät­zlich ver­schleiert, anstatt sie kri­tisch zu durch­drin­gen. Ein wie auch immer organ­isiert­er Antifaschis­mus, der sich mit den gew­erkschaftlichen, kirch­lichen oder poli­tis­chen Apolo­geten Deutsch­lands gle­ich­tut und zur Förderung des All­ge­mein-Gewis­sens beiträgt, ist Teil des Prob­lems, obgle­ich die Lösung zeigefin­gernd ange­priesen wird. Die, die am meis­ten von NPD & Co reden, haben die begriff­s­los­es­te Kri­tik an ihr. Gäbe es keine NPD mehr, wovon sollte sich der nation­al­is­tisch-antizion­is­tis­che deutsche Demokraten­rest son­st abgren­zen? Wer die neuer­lichen Beiträge der Mehrheits­ge­sellschaft zu den Bom­bardierun­gen deutsch­er Städte von vor 60 Jahren betra­chtet, sich den gle­ichgeschal­teten Anti­amerikanis­mus und grassieren­den Anti­semitismus verge­gen­wär­tigt oder das tra­di­tion­sre­iche Ver­hält­nis der schaf­fend­en Deutschen zu ihrer Arbeit in den Blick nimmt, wird fest­stellen, dass die sug­gerierten Dif­feren­zen meist nur gradu­elle sind. Wer vom deutschen Gesamt­pro­jekt nicht spricht, sollte zum hiesi­gen Beken­ner-Faschis­mus schweigen.

Weil die Organ­isatoren der heuti­gen Demon­stra­tion genau dies nicht tun, son­dern von den deutschen Zustän­den, zumin­d­est ansatzweise sprechen, unter­stützen wir die heutige Demon­stra­tion. Sol­i­dar­ität gilt dem Fre­und und der Genossin, die vor 10 Tagen in Hom­burg zu Schaden gekom­men sind. Gute Besserung von dieser Stelle aus. Die schlichte Tat­sache, dass es hier meist organ­isierte oder spon­tan loss­chla­gende Faschis­ten sind, die immer wieder zu ein­er physis­chen Bedro­hung wer­den, bleibt, trotz der Kri­tik am Tra­di­tions-Antifaschis­mus, unbe­strit­ten. Unbe­strit­ten bleibt fol­glich auch die Notwendigkeit eines Selb­stschutzes, ger­ade auf dem “plat­ten Land”, in dem die Ent­bar­barisierung noch gründlich­er gescheit­ert ist, als in städtis­chen Gegenden.

Para­dox­er­weise scheint es allerd­ings ange­bracht, einen antifaschis­tis­chen Selb­stschutz nicht nur gegen “rechts” zu organ­isieren, son­dern auch gegen Anti­im­pe­ri­al­is­ten oder son­stige Antizion­is­ten, die sich bekan­nter­maßen vorzüglich als Linke definieren. Wieder allzu deut­lich wurde dies vor ca. 2 Wochen in Wien, als etwa 40 linke Volk­skämpfer eine Ver­anstal­tung der anti­deutschen Gruppe “cafe cri­tique” angrif­f­en und schließlich ver­hin­dern kon­nten. Dort wie in Hom­burg wur­den Leute kranken­haus­reif geschla­gen. Nicht nur wegen dieses jüng­sten Ereigniss­es son­dern wegen der the­o­retis­chen und poli­tis­chen Bankrot­terk­lärun­gen der Linken im All­ge­meinen, die am offen­sten in ihrem Ver­hält­nis oder for­mulierten Nicht-Ver­hält­nis zum Staat Israel zu Tage treten, gilt es die Begriff­sko­or­di­nat­en „rechts” ver­sus „links” radikal in Frage zu stellen, auch wenn die meis­ten hier Anwe­senden sich dem linken Spek­trum zuord­nen. „Was Besseres als die Linke find­et Ihr über­all” merk­te dazu die Redak­tion der Berlin­er Zeitschrift Bahamas an. Wie man sich als Einzelne oder Einzel­ner auch dazu ver­hält, was die Real­ität zeigt ist, dass “links” und “antifaschis­tisch” ganz unter­schiedliche Dinge sein können.

Eine emanzi­pa­torische Kri­tik, die zuvörder­st eine anti­deutsche zu sein hat, muss sich den Entwick­lun­gen ein­er sich total­isieren­den Gesellschafts­for­ma­tion auf Basis der krisen­haften Waren­pro­duk­tion stellen und den Faschis­mus begreifen, als eine sich homogenisierende Bewe­gung atom­isiert­er Sub­jek­te, denen noch der let­zte Rest Indi­vid­u­al­ität abge­ht. Kollek­tiv­er Wahn, dem die völkisch-anti­semi­tis­che Ide­olo­gie und die entsprechend mörderische Prax­is eingeschrieben ist, wird auch nicht bess­er, wenn seine Träger dem klas­sis­chen Antifa-Bild nicht entsprechen. Die Fest­stel­lung, dass es derzeit in erster Lin­ie islamistis­che Gotteskrieger sind, die den elim­i­na­torischen Anti­semitismus als prak­tis­ches Pro­gramm organ­isieren, ist eben­so Bestandteil dieser Erken­nt­nis wie die Notwendigkeit eines Bruch­es mit dem antizion­is­tis­chen und anti­amerikanis­chen Kon­sens der europäis­chen Friedens- oder Antiglob­al­isierungs­be­we­gung. Bei­des, die Inter­ven­tion gegen Islamis­mus und linken Anti­semitismus ein­er­seits und spez­i­fisch deutschem Nation­al­sozial­is­mus, wie man ihn in Städten wie Hom­burg noch live erleben und fürcht­en ler­nen kann ander­er­seits, schließen sich nicht aus, son­dern gehören zusam­men. Diesem Min­i­malanspruch hat sich eine antifaschis­tis­che Prax­is, die diesen Namen auch ver­di­ent, zu stellen! In diesem Sinne: Krieg den deutschen Zustän­den für den Kommunismus! 

Redebeitrag eines der Opfer auf der Demonstration in Homburg am 26. März 2005

Hal­lo Fre­undin­nen und Fre­unde, Teil­nehmerin­nen und Teil­nehmer dieser Demonstration!
Am ver­gan­genen Fre­itag wurde ich abends von sechs Neon­azis auf dem Weg vom Autonomen Jugendzen­trum Hom­burg zum Bahn­hof abge­fan­gen. Ich befand mich mit mein­er Beglei­t­erin in der Hälfte des Weges, in Höhe der Fir­ma Havekost, als wir auf die “Sieg Heil” rufende Gruppe von Skin­heads und Hooli­gans trafen. Ich wurde bru­tal ver­prügelt. Mit deutsch­er Härte haben sie zugeschla­gen und auf mich einge­treten. Mit Fäusten und einem Teleskop­schlag­stock schlu­gen sie mich, bis ich am ganzen Kör­p­er Prel­lun­gen hat­te, ein blaues Auge, Platzwun­den am Bein und der Nase, bis mein Blut nicht nur das Gesicht und die Haare bedeck­te, son­dern auch meinen Pullover, meine Hose, meine Strümpfe und meine Schuhe. Sie zogen mich an den Haaren, spuck­ten mich an, zer­störten meine Brille und raubten mir das Handy, damit ich die Polizei nicht rufen kon­nte. Mein­er Beglei­t­erin zogen sie das T‑Shirt, mit der Auf­schrift “Gegen Nazis”, aus und ver­bran­nten es. Es gab für mich kein Entkom­men bis sie selb­st von mir abließen. Erst nach etwa ein­er Vier­tel­stunde kon­nte ich zurück zum Jugendzen­trum. Von dort aus wurde ich ins Kranken­haus gebracht. Nach sieben Stun­den im Kranken­haus und bei der Polizei, wurde ich ent­lassen. Zwei der Täter kon­nte die Polizei am sel­ben Abend in Gewahrsam nehmen. Der detail­lierte Bericht der Ereignisse ist auf der Inter­net­seite des Autonomen Jugendzen­trums Hom­burg nachzule­sen unter www.ajzhomburg.de.

Wir wur­den Opfer der deutschen Realität.
Diese Real­ität bedeutet, dass täglich irgend­wo in Deutsch­land Men­schen von Neon­azis belei­digt, angepö­belt, bedro­ht und ver­let­zt wer­den, viel zu oft auch ermordet.
Fast jede Woche marschieren hun­derte von Neon­azis auf irgen­dein­er Demon­stra­tion, Kam­er­ad­schaften und Nationale Wider­stände ziehen unter den Fah­nen des Nation­al­sozial­is­mus durch die Städte.
Regelmäßig erscheinen rechte Zeitun­gen wie die “Junge Frei­heit” oder “Nationale Wochen­zeitung” und wer­den an zahlre­ichen Kiosken verkauft.
Die Städte wer­den mit Nazi-Aufk­le­bern voll­gek­lebt und dumpfen Parolen vollge­sprüht. Rechte Parteien wer­den von Tausenden gewählt und ziehen in Par­la­mente ein.
Das passiert nicht erst seit kurzem, wie es im Main­stream der Berichter­stat­tung scheint, son­dern seit Jahrzehn­ten. Das Dritte Reich hat in Deutsch­land nie aufge­hört zu existieren. Täter des Nation­al­sozial­is­mus waren schnell reha­bil­i­tiert, haben die BRD mitaufgebaut.
Quer durch alle gesellschaftlichen Bere­iche find­en sich Beispiele für eine Fälschung und Umkehrung der Geschichte: Deutsche wer­den zu Opfern des Nation­al­sozial­is­mus verkehrt, Schlussstriche wer­den unter die ver­brecherische Bilanz deutsch­er Ver­gan­gen­heit gezo­gen, Anti­semiten het­zen öffentlich gegen Juden oder Israel und wenige stören sich daran. Nazis kön­nen sich auf diesem Hin­ter­grund recht wohl fühlen. Abge­se­hen von Zeit­en, wo das The­ma, wie jet­zt ger­ade, in ist und über­all darüber berichtet wird, kön­nen sie sich der Zus­tim­mung Viel­er sich­er sein. Ob ger­ade jemand über die Aus­län­der schimpft, die nicht arbeit­en gehen und uns doch irgend­wie die Arbeit­splätze weg­nehmen oder ob an allen Eck­en gefordert wird wieder stolz sein zu dür­fen auf Deutsch­land: der Ras­sis­mus der Nazis kommt aus der soge­nan­nten Mitte der Gesellschaft und dort find­en sie auch ihre Unter­stützung. Mir hat dieser Über­fall wieder ein­mal gezeigt, wie häßlich und scheiße Deutsch­land ist.
Ungläu­big fragte eine Kranken­schwest­er in der Klinik, ob es sowas in Hom­burg gäbe. Ja, Nazis gibt es in jed­er Stadt und in jedem Dorf. Über­all sind ihre Spuren zu find­en und um Deutschtümelei und Volksstolz zu find­en muss man sich nur mal in der Kneipe umhören oder dem Nach­bar mal genauer zuhören.
Auch das Jugendzen­trum musste sich jüngst mit der Dro­hung aus dem Inter­net-Forum des neon­azis­tis­chen Aktions­büro Saar auseinan­der­set­zen, wo angekündigt war, eine Ver­anstal­tung zum The­ma “NPD und freie Kam­er­ad­schaften im Saar­land” zu besuchen. Die bei­den Ver­anstal­tun­gen zum The­ma Recht­sex­trem­is­mus, die am 10. und 15. März im Juz stat­tfan­den, ver­liefen ruhig: Trotz­dem kön­nte dieser Angriff damit im Zusam­men­hang ste­hen. Auch wenn die Kam­er­ad­schaft Homburg/Neunkirchen, die Teil des Aktions­büro Saar ist, schein­bar nur auf dem Papi­er existiert, sollte diese weit­er beobachtet und in jed­er Form ange­grif­f­en werden.
Es wäre wün­schenswert, wenn Men­schen aus Hom­burg und Umge­bung diesen Vor­fall als Gele­gen­heit begreifen wür­den, organ­isiert gegen Faschis­mus vorzuge­hen, wenn sie sich in der Gruppe zusam­men­schließen wür­den, um Nazis auf der Straße zu beseit­i­gen, eben­so wie rechte Spin­nereien aus den Köpfen der Men­schen. Auch in Hom­burg ist es nötig sich gegen jede Form von Ras­sis­mus zur Wehr zu set­zen und Nazis jede Chance, ihre häßliche Fratze zu zeigen, zu nehmen. Hom­burg darf kein schützen­des Hin­ter­land für nationale Idioten sein. Dazu gehört auch, das Autonome Jugendzen­trum mit sein­er mehr als 20-jähri­gen Geschichte und antifaschis­tis­chen Tra­di­tion zu unter­stützen, aufzubauen und zu fördern. Das Jugendzen­trum muss weit­er als Freiraum genutzt wer­den, in dem Neon­azis und Träger von sex­is­tis­chem, ras­sis­tis­chem, anti­semi­tis­chem, nation­al­is­tis­chem und faschis­tis­chem Gedankengut keinen Platz haben und wo Posi­tio­nen für ein schöneres Leben erar­beit­et und gelebt werden.
Lei­der kann ich heute nicht selb­st hier sein, aber ich danke allen , die sich nach dem Über­fall um mich geküm­mert haben, sich nach meinem Zus­tand erkundigt haben und mir gut zuge­sprochen haben. Eben­so danke ich allen, die zur Demon­stra­tion gekom­men sind und denen, die die Demon­stra­tion organ­isiert haben und durch­führen. Es tut gut, soviel Sol­i­dar­ität zu erfahren.

Angriff ist die beste Vertei­di­gung, also schlagt die Faschis­ten, wo ihr sie trefft!

Karawane in Saarbrücken — Demonstration für die Alte Feuerwache — 12.09.2004

Aufruf­text der Karawane (www.karawane.tk)

Karawane — Move your ass, your head will follow.
Für linke Freiräume, beset­zte Häuser, Plätze und Zentren!
Was ist die Karawane? Sie beste­ht aus Gefährten, Men­schen, Aktio­nen, Ideen, Kun­st und Emo­tio­nen. Sie wird riesig groß, vielfältig bunt, hüb­sch anzuschauen, inter­es­sant zu belauschen und amüsant sein mitzu­machen. Sie wird rev­o­lu­tionär aktion­is­tisch aber auch gemütlich verkün­stelt. Die Karawane wird alles und nichts, aber schaut selbst!
Mit dabei wer­den sein: Live­bands, ver­schieden­ste Djanes und Djs aller Musikrich­tun­gen, Jonglage, Dia­bo­lo, Hacky Sack, Feuer­shows, Kick­er, Kino, Infos­tände, Info­laden, Freeshop (Umson­st­laden), Vorträge, Erzäh­lun­gen, The­ater, Kabarett, Impro­vi­sa­tio­nen, Per­for­mance, Druck­w­erk­statt, Work­shops, Graf­fi­ti, und und und…

Aber weshalb der ganze Aufwand? Die teil­nehmenden und organ­isieren­den Per­so­n­en kom­men größ­ten­teils aus ver­schiede­nen linken Freiräu­men, aus beset­zten Häusern, selb­stver­wal­teten Zen­tren und Wagen­bur­gen. Die jüng­sten poli­tis­chen Entwick­lun­gen im süd­deutschen Raum zeigen eine bedro­hte Sit­u­a­tion eben dieser Freiräume auf.

Räu­mungskla­gen, Kündi­gun­gen, Verkauf­s­ab­sicht­en der unkom­merziell genutzten Zen­tren wer­fen einen dun­klen Schat­ten über die Zukun­ft lib­ertär­er Poli­tik, Kun­st und Lebensweisen.
Warum set­zten sich Men­schen so sehr für diese Etab­lisse­ments ein, was ist daran so wichtig?

Linke Freiräume sind die einzige Alter­na­tive zur beste­hen­den Real­ität der Ver­mark­tung von Wohn­raum, Ver­anstal­tung­sorten, Jugendzen­tren und son­sti­gen Treffpunkten.
Alter­na­tives Leben, befre­it von Kon­sumzwän­gen, Kul­tur ohne Prof­it, poli­tis­che Arbeit ohne Fremdbes­tim­mung sind uner­wün­scht in der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft, in der wir leben.
Durch fehlen­den Raum, frei von der gesellschaftlichen Nor­mal­ität, wird Men­schen, die sich aus diesem Trott befreien wollen, die Möglichkeit genom­men ihrer indi­vidu­ellen Ent­fal­tung nachzukommen.

Aber welche Beson­der­heit­en haben linke Freiräume im Einzel­nen, welche Eigen­schaften ermöglichen diese “Befreiung”? Einige bekan­nte Schlag­wörter definieren oft etwas knapp: antifaschis­tisch und anti­ras­sis­tisch, unkom­merziell, emanzi­pa­torisch, antikap­i­tal­is­tisch, basis­demokratisch, anti­sex­is­tisch, revolutionär.
Diese Schlag­worte sind ein­fach zu erk­lären, fol­gen sie let­z­tendlich nur einem lib­ertären denken. Anti­ras­sis­tisch, anti­sex­is­tisch…: gängige Prax­is in gesellschaftlich etablierten Ein­rich­tun­gen: Die Aus­gren­zung von Men­schen auf­grund gegeben­er Eigen­schaften wie Haut­farbe, sex­uelle Nei­gun­gen, Geschlecht oder sozialer Stel­lung. Frei­heit bedeutet vor allem, Men­schen unab­hängig von gegebe­nen Eigen­schaften gle­ich zu behan­deln, ihnen Selb­st­bes­tim­mung zu lassen, Tiere nicht als unter­ge­ord­net dem Men­schen anzuse­hen, son­dern ein gle­ich­es Recht auf Leben, Unversehrtheit und Würde zu gewähren.
Die Aus­beu­tung von Men­schen, Tieren und der Natur darf nicht stillschweigend toleriert wer­den. Die Befreiung von ein­er solchen kap­i­tal­is­tis­chen Ver­w­er­tungslogik zum Zwecke der pri­vat­en und/oder mark­twirtschaftlichen Bere­icherung ist Grund­lage eines jeden lib­ertären Gedankenansatz.
Somit ist die Unkom­merzial­ität ein wichtiger Teil des Funk­tion­ierens eines linken Pro­jek­ts. Prof­it erzeugt unver­hält­nis­mäßige Preise ODER unver­hält­nis­mäßige “Löhne”. Ein Konz­ert mit ein­er Band, die eine hohe Gage ver­langt ist dem Pub­likum gegenüber genau­so ungerecht, wie beispiel­sweise eine unkom­merziell durch Europa tourende Band mit 20 Euro Sprit­geld für den Abend abzus­peisen, um dem Ein­tritt niedrig zu hal­ten. Kosten sind unver­mei­d­bar, wenn damit ver­nünftig umge­gangen wird kön­nen diese im ver­gle­ich zu kom­merziell arbei­t­en­den Ver­anstalterInnen niedrig gehal­ten wer­den. „Ehre­namtliche Arbeit“ (wie es so schön heisst) ist ein wesentlich­er Bestandteil davon, eben­so wie die Organ­i­sa­tion in Selb­stver­wal­tung. Basis­demokratisch wer­den Entschei­dungen in einem gemein­samen öffentlichen Plenum nach dem Kon­sens-Prinzip getrof­fen. Das bedeutet nicht, wie beispiel­sweise bei der bun­des­deutschen Demokratie, dass die Mehrheit nach Stimmkraft über die Min­der­heit siegt und bes­timmt, son­dern, dass gemein­sam durch Diskus­sion und Kom­pro­miss eine Lösung gefun­den wer­den muss, mit der alle leben können.

Ist ein link­er Freiraum zwangsweise rev­o­lu­tionär? Zu dieser Frage kommt die Eigen­schaft “emanzi­pa­torisch” ins Gespräch. Mis­cht sich ein Zen­trum ein in gesellschaftliche The­men oder bleibt es still und heim­lich hin­ter ver­schlosse­nen Toren unbeachtet von der Öffentlichkeit. Die Geschichte link­er Freiräume ist geprägt von offen­er antifaschis­tis­ch­er Arbeit, Ein­mis­chen in kom­mu­nalpoli­tis­che, wie son­stige aktuelle The­men, Par­tizipa­tion im antikap­i­tal­is­tis­chen Kampf und ein­er ewigen Unbe­quem­lichkeit gegenüber den Herrschen­den. Posi­tion zu beziehen, zu seinen Ide­alen zu ste­hen und sich klar von allem ungeliebten abzu­gren­zen ist unab­d­ing­bar für lib­ertäre Ein­rich­tun­gen. Man bedenke die aktuelle Quer­front-Strate­gie der Nazis, die mit link­er Sym­bo­l­ik und ähn­lichen Forderun­gen (“Häuser beset­zen”, “Antikap­i­tal­is­mus”) für Ver­wirrung sor­gen [1].

Für poli­tisch unangepasste Grup­pen, Kul­tur abseits des Main­streams und Men­schen mit alter­na­tiv­en Lebensvorstel­lun­gen sind linke Freiräume die einzige Alter­na­tive sich zu verwirkli­chen und auszuleben.

Kom­men wir zurück zum Grund der Karawane.
Diese Freiräume sind bedro­ht, die alten, die sich bewährt haben, sollen weichen, neue Pro­jek­te soll es kaum mehr geben.
Über Ursachen und Gründe lässt sich viel spekulieren, viele Fak­toren kom­men zusam­men, Zufälle, oder eine klare poli­tis­che Lin­ie? Sich Ver­schwörungs­the­o­rien auszu­malen wäre wohl über­trieben. Seit den Ter­ror Anschlä­gen vom 11. Sep­tem­ber ’01 wur­den weltweit Sicher­heits­ge­set­zte ver­schärft, per­sön­liche “Bürg­er­rechte” eingeschränkt, der Überwachungsstaat einen Schritt vor­angetrieben und “mil­itärisch” sowohl Innen- wie Außen­poli­tisch aufge­stockt, also Mil­itär wie Polizei und Geheim­di­en­ste stark gefördert.
In dieses Konzept passen linke Freiräume, staatlich völ­lig unkon­trol­lierte Häuser und Plätze, die eben jene staatliche Poli­tik offen angreifen, Sachver­halte aufdeck­en und öffentlich machen (z.B. Kam­er­aüberwachung, ras­sis­tis­che Abschiebeprax­is) über­haupt nicht. Vor allem beset­zte Häuser haben sich als beson­ders wider­spen­stig erwiesen. Ist es in Berlin, der Stadt mit der bun­desweit wohl größten Squat­ter­szene [2] , auf­grund zweifel­hafter Son­derge­set­zte, der so genan­nten “Berlin­er Lin­ie”, prak­tisch unmöglich Häuser Instand zu beset­zen, wird es auch in anderen Städten zunehmend schwieriger. In Ham­burg wurde ein Wagen­platz geräumt, trotz mas­siv­er Proteste kon­nte bis jet­zt kein Aus­gle­ich geschaf­fen werden.

Diese Prax­is nimmt auch in Süd­deutsch­land stärk­er zu. Das “Linke Ufer”, ein im Dezem­ber ’03 beset­ztes Haus in Mannheim wurde trotz überzeu­gen­der Pressear­beit, ein­er bre­it­en Unter­stützung aus der Bevölkerung des Stadt­teils und ein­er mündlichen Zusage der Besitzerin (der Deutschen Bahn) geräumt.
Vor allem die Polizeiführung sieht das ganze äußerst beschränkt als einen “rechtswidri­gen Zustand”.

Ähn­lich in Hei­del­berg, wo kurze Zeit später ein Haus beset­zt wurde. Krampfhaft ver­suchte die Polizei einen Straf­be­fehl zu bekom­men, um das Haus schnellst möglich räu­men zu lassen, da ger­ade genü­gend Polizei auf­grund ein­er Demon­stra­tion [3] in der Stadt war. Jegliche Kom­mu­nika­tion, geschweige denn, poli­tis­che Ver­hand­lun­gen wur­den den Beset­zerIn­nen ver­weigert. Polizeiliche „rechtsstaatliche“ Härte war die Antwort auf soziales poli­tis­ches Engage­ment jugendlich­er Haus­be­set­zerIn­nen. Ver­sprechun­gen von Seit­en der Poli­tik, für ein neues Autonomes Zen­trum in Hei­del­berg zu sor­gen wer­den unter den Tisch gekehrt. Selb­st eine Rich­terin, die gegen die Beset­zerIn­nen wegen Haus­friedens­bruch ver­han­deln musste, bemerk­te: “…es ist ja klar, dass die Jugendlichen, die Sache dann selb­st in die Hand nehmen”.

Eine neue Gefahr neben dem schnellen Ende der Haus­be­set­zun­gen ist die Kündi­gung alter Mietverträge mit ehe­mals beset­zten Häusern, die einen legalen Sta­tus haben. Der KTS (Kul­turtr­e­ff in Selb­stver­wal­tung) in Freiburg wurde aus äußerst zweifel­haften Grün­den gekündigt: Falsch­park­erIn­nen in der Zufahrtsstrasse, Lärm­beläs­ti­gung in einem Bah­nge­bi­et ohne Anwohn­er… In ein­er, für heutige Ver­hält­nisse, sehr großen Protest­welle wurde der zuvor ver­botene öffentliche Betrieb in der KTS zumin­d­est wieder durchge­set­zt, an ein­er legalen Grund­lage fehlt es aber nach wie vor. Ver­hand­lun­gen mit der „offe­nen“ Stadt Freiburg und der DB ver­laufen im Sand. Eben­so in Karl­sruhe, wo das Wohn- und Kul­turzen­trum Ex-Stef­fi eine Räu­mungsklage der Stadt Karl­sruhe bekom­men hat. Das innen­städtis­che Gebi­et südlich des Haupt­bahn­hofs lasse sich bess­er ver­mark­ten. Die kleinen Kün­st­lerIn­nen Ate­liers, sowie die Ex-Stef­fi, die sich auf dem Gebi­et befind­en sollen weg. Auch hier stellt die Stadt auf stur. Wo die „Kul­turstadt“ Karl­sruhe alter­na­tive Kun­st und Kul­tur dem Erd­bo­den gle­ich­machen will, fehlt es an ern­sthaften Ver­hand­lun­gen von Seit­en der PolitikerInnen.

Eben­falls eine schwierige Sit­u­a­tion durch­lebt das OBW9 in Stuttgart zur Zeit. Vielmehr ein­mal wieder, da sich der selb­stver­wal­tete Jugen­haus­club seit ’74 mit stadt­poli­tis­chen, zweifel­haften Argu­menten herumärg­ern muss. Das aktuelle Argu­ment, die Jugen­häusler zu vertreiben, ist der Bau eines neuen Jugend­haus­es auf dem Gelände der Oberen Wein­steige 9 (OBW9), in dem Kinder von sechs bis 14 Jahren erzo­gen wer­den sollen. Geld dafür gibt eine dubiose Stiftung, die Stadt ver­sucht, sich aus der Ver­ant­wor­tung zu ziehen.
Die Schließung autonomer und selb­stver­wal­teter Zen­tren scheint von den Städten gewollt. ’99 in Pforzheim und Hei­del­berg, Umzüge in Karl­sruhe und Mannheim und anderen Städten.

Aber die Notwendigkeit und die Forderung nach neuen Zen­tren lässt sich nicht “räu­men”. In Pforzheim, Hei­del­berg, Ben­sheim, Neustadt, Ras­tatt, Basel, Saar­brück­en und vie­len anderen Städten kämpften und kämpfen Jugendliche für ihre Freiräume.

Der Bedarf an selb­s­bes­timmten Freiräu­men, Kul­turzen­tren und Wohn­raum ist wichtiger denn je.

Sozial­ab­bau, Überwachungs­ge­sellschaft, Kom­merzial­isierung, Pri­vatisierung und Gen­tri­fi­ca­tion [4], all das trifft Men­schen, die nicht zur gesellschaftlichen Elite gehören und gehören wollen.
Der Kampf um beste­hende linke Freiräume muss stärk­er wer­den, neue müssen geschaf­fen wer­den, mehr, bess­er, größer, schön­er und bunter!
Deshalb: Auf die Karawanen!
Bewer­ben wir gemein­sam unsere Freiräume und Träume nach einem selb­st­bes­timmten Leben!

Kein Tag ohne autonomes Zentrum!