Für Samstag, den 28. Januar 2023 rief die AfD Saarland zu einer Kundgebung vor dem Landtag des Saarlandes in Saarbrücken auf. Statt der angekündigten 500 TeilnehmerInnen erschienen noch nicht einmal 100. Neben den angekündigten Reden von Nicole Höchst, Christian Wirth, Carsten Becker und Dirk Spaniel sprach auch der AfD-Landtagsabgeordnete Josef Dörr. Es kam zu Gegenprotesten samt Polizeikessel.
AfD-Kundgebung vor dem Landtag: Völlig unverhältnismäßiger Einsatz der saarländischen Polizei.
Am vergangenen Samstag, den 28.01.2023, veranstaltete die saarländische AfD eine Kundgebung vor dem Landtag in Saarbrücken. Unter den rund 80 Teilnehmenden befanden sich zahlreiche bekannte Gesichter der saarländischen Naziszene. Trotz angemeldeter Gegenproteste mit insgesamt etwa 100 Teilnehmenden war die saarländische Polizei mit der Situation überfordert und reagierte völlig unverhältnismäßig. Es gab mehrere Verletzte.
Am 19. September 1991 wurde Samuel Kofi Yeboah in Saarlouis durch einen rassistischen Brandanschlag ermordet. Er ist eines der ersten Opfer rassistischer Gewalt in Westdeutschland nach der Wiedervereinigung. Der oder die Mörder verschütteten im Erdgeschoss des Wohnhauses Benzin und entzündeten es. Das Feuer breitete sich mit großer Geschwindigkeit über das gesamte Treppenhaus aus. Die hölzerne Treppe brannte sofort, der Fluchtweg für die Eingeschlossenen war abgeschnitten. Menschen, die im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss lebten, konnten sich über Fenster und einen Anbau retten. Zwei Bewohner retteten sich durch Sprünge aus dem Fenster und erlitten schwere Verletzungen. Der im Dachgeschoss wohnende 27-jährige Samuel Yeboah konnte sich nicht mehr vor dem Feuer in Sicherheit bringen und erlitt schwerste Verbrennungen und eine Rauchgasvergiftung. Er verstarb kurze Zeit später in einem Saarlouiser Krankenhaus. Die Ermittlungen wurden 1991 von der Polizei Saarlouis geführt und nach nur elf Monaten eingestellt, da kein Tatverdächtiger auszumachen gewesen sei.1
Nach einem Zeuginnenhinweis wurden die Ermittlungen dann 2020 überraschend wieder aufgenommen und aufgrund „gravierender Anhaltspunkte auf einen rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrund“2, der stets von der Saarlouiser Politik in Abrede gestellt wurde, von der Bundesanwaltschaft übernommen. Der mutmaßliche Täter soll auf einer Grillparty gegenüber einer Bekannten mit der Tat geprahlt haben, die im November 2019 zur Polizei gegangen sein soll. Es erfolgten dann bei mehreren Nazis im Raum Saarlouis Hausdurchsuchungen durch die Bundesanwaltschaft und 150 Zeug:innen, vor allem aus der Nazi-Szene, wurden bislang vernommen.3
Peter Schröder, geb. Schlappal
Schließlich wurde am 4. April 2022 Peter Werner Schlappal, der heute Schröder heißt, wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes an Samuel Yeboah verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, den Brand „aus seiner rechtsextremistischen und rassistischen Gesinnung heraus” gelegt zu haben. Zuvor habe er sich in einer Kneipe in Saarlouis mit zwei „rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen”, einer davon war Peter Strumpler, „unter anderem über die rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer in Hoyerswerda ausgetauscht” und man habe die Begehung solcher Anschläge auch in Saarlouis gutgeheißen, wie einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft zu entnehmen ist.4
Der Prozess gegen Peter Schlappal bzw. Schröder, der seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft sitzt, soll nun am 16. November 2022 vor dem Oberlandesgericht in Koblenz beginnen. Die Anklageschrift umfasst 73 Seiten; 75 Zeug:innen sind benannt, darunter viele Nazis wie zum Beispiel auch Peter Strumpler.5Weiterlesen →
Kein Schlussstrich! Entschädigung der Überlebenden des Brandanschlags! Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses! Offenlegung aller Akten des Verfassungsschutzes und der Polizei!
Am 19. September 1991 wurde Samuel Yeboah bei einem rassistischen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis-Fraulautern ermordet. 20 Menschen überlebten den Anschlag. Rund 31 Jahre später beginnt am 16. November 2022 vor dem 4. Strafsenat (Staatsschutzsenat) des Oberlandesgerichts Koblenz die Hauptverhandlung gegen den Saarlouiser Neonazi Peter S. wegen Mordes, versuchten Mordes in 20 Fällen und Brandstiftung mit Todesfolge. Eine ganze Generation lang haben Initiativen und Organisationen aus der antifaschistischen und antirassistischen Bewegung wie Saarländischer Flüchtlingsrat, Aktion 3.Welt Saar und Antifa Saar / Projekt AK die Erinnerung an Samuel Yeboah wachgehalten und das rassistische Motiv der Tat benannt. Ohne dieses Engagement hätte es weder eine Neuauflage der Ermittlungen noch den kommenden Strafprozess vor dem OLG Koblenz gegeben.Weiterlesen →
Am 15.10.2022 versammelten sich in Saarbrücken wieder rund 200 Anhänger:innen der klerikal-faschistischen Pius-Bruderschaft, um mit ihrem sogenannten „Marsch für das Leben” gegen das Recht der Frau, über ihren Körper selbst zu bestimmen, zu demonstrieren. Gegen den Aufmarsch der religiösen Fundamentalist:innen demonstrierten mehr als 300 Menschen. So konnte der Aufmarsch nachhaltig gestört werden, durch eine Blockade auf der Demonstrationsstrecke kam es zu langen Verzögerungen.Weiterlesen →
NSU-Watch Aufklären & Einmischen #72. Vor Ort mit Abdul S., Kristin Pietrzyk und Ursel. Gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt im Saarland. Schwerpunkt: Der Mord an Samuel Yeboah am 19. September 1991.
Karo: Hallo und herzlich willkommen zur 72. Folge von “Aufklären und Einmischen”, dem Podcast über den NSU Komplex, rechten Terror und Rassismus. Und auch herzlich willkommen zur 21. Folge von „Vor Ort”: gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt. Das ist die Podcast Reihe, die wir seit über einem Jahr gemeinsam mit dem Verband der Beratungsstellen für Betroffene rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt machen und die ich gemeinsam mit Heike Kleffner moderiere. Weiterlesen →
Anlässlich des 31. Jahrestags der Ermordung von Samuel Yeboah hatten wir am heutigen Montag, den 19.09.2022 zu einer Gedenkkundgebung in Saarlouis aufgerufen. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Kein Schlussstrich! — Wir gedenken Samuel Yeboah“ und wurde von uns gemeinsam mit der Seebrücke Saar, der Gruppe ConnAct, der Heinrich Böll-Stiftung Saar, der linksjugend.solid Saar und dem Antifaschistischen Schüler:innen Kollektiv organisiert. Letztlich folgten etwa 70 Menschen unserem Aufruf und versammelten sich in der Saarlouiser Straße in Saarlouis-Fraulautern am ehemaligen Tatort.
Am 19. September 1991 wurde Samuel Kofi Yeboah hier vor Ort brutal ermordet. Er wurde Opfer einer Welle rassistisch motivierter Brandanschläge auf Asylbewerber:innenunterkünfte, die in den 90ern die Bundesrepublik Deutschland überrollte. Jahrelang hatte die sogenannte Mitte der Gesellschaft Neid, Verachtung, Missgunst und Hass auf Asylbewerber:innen geschürt. Vom Spiegel bis zur Bild-Zeitung, von der SPD bis zur CDU waren sich alle einig, dass Recht auf Asyl werde ausgenutzt und müsse weg.
Samuel Kofi Yeboah wurde ermordet in einem kleinen Vorort von Saarlouis, wo die Welt noch in Ordnung schien. Nazis wollte man hier nur aus Geschichtsbüchern kennen, nicht aus der Gegenwart, nicht aus Saarlouis.
Kundgebung am Montag 19.09.2022 / 18:30 Uhr / Saarlouiser Straße (Mitte) / Saarlouis
Kein Schlussstrich ! — Wir gedenken Samuel Yeboah!
Am 19.09.2022 jährt sich der rassistische Mord an Samuel Yeboah in Saarlouis zum 31. Mal. Über Jahrzehnte wurde durch die Behörden und die Stadt Saarlouis der rassistische Hintergrund des Brandanschlags, bei dem weitere 18 Menschen teils schwer verletzt wurden, geleugnet. Seit zwei Jahren wird nun wieder ermittelt und gegen ein führendes Mitglied der Saarlouiser Neonaziszene wurde jüngst Anklage erhoben. Voraussichtlich im November soll der Prozess in Koblenz eröffnet werden. Der Ausgang ist mehr als ungewiss. Am Montag dem 19.09.2022 werden wir uns zu einer Kundgebung am Tatort in der Saarlouiser Straße in Saarlouis versammeln um Samuel Yeboah zu gedenken und unsere Forderungen erneut auf die Straße zu bringen:
Offenlegung aller Akten im Fall Samuel Yeboah !
Verfassungsschutz auflösen !
Die Antifaschistische Selbsthilfe organisieren!
Antifa Saar / Projekt AK; Linksjugend — solid Saar; Antifaschistisches Schüler:innen Kollektiv; ConnAct Saar; Seebrücke Saar.