Gegen Polizeibeamte, die am 12.06.04 im Rahmen eines Naziaufmarsches einen Gegendemonstranten bei dessen Festnahme geschlagen und getreten haben, wurde heute Anzeige erstattet. Der betroffene Antifaschist wurde am 12.06.04 in der Nähe des Karstadts verhaftet und anschließend von mehreren Beamten am Boden liegend brutal behandelt (Saarländischer Rundfunk und Saarbrücker Zeitung berichteten). Der Betroffene hat sich an einen Anwalt gewendet, welcher heute Strafanzeige erstattete.
Am 12.06.04 marschierten ca. 70 militante Neonazis aus dem Saarland und Rheinland Pfalz durch Saarbrücken, um ihre menschenverachtende Ideologie in die Öffentlichkeit zu tragen. Dem genehmigten Naziaufmarsch traten ca. 100 AntifaschistInnen entgegen und versuchten, die Nazipropaganda nicht unwidersprochen zu lassen. Anders als in einigen anderen Städten, wo Proteste gegen Naziaufmärsche dazu führten, dass die Nazis nicht marschieren dürfen, entschied sich die Saarbrücker Polizeieinsatzleitung gegen eine “Verhältnismäßigkeit der Mittel” und ließ den Aufmarsch durchprügeln. Hierbei wurden Jugendliche, die sich an den Rand der Naziroute stellten, um mit Transparenten zu protestieren, von Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei mit Schlagstöcken vertrieben. Mindestens eine Person wurde durch den Schlagstockeinsatz verletzt.
Schlagstockeinsatz gegen Protestierende, Gewalttätigkeiten gegen bereits festgenommene und am Boden liegende Personen, Verweigerung ärztlicher Hilfe, Auskunftsverweigerung von Namen oder Dienstnummer beteiligter Polizeibeamter etc; die Liste kritikwürdiger Polizeimaßnahmen vom 12.06.04 ist lang und Bedarf in jedem Fall einer Aufklärung. Die ANTIFA SAAR bittet deshalb alle Menschen, die Zeugen oder Opfer von polizeilichen Schikanen oder Übergriffen waren, sich mit der ANTIFA SAAR (ermittlungsausschuss@yahoo.de) in Verbindung zu setzen.
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Saarbrücker Zeitung: “Demo von Rechtsradikalen hat heftiges Nachspiel”
Saarbrücker Zeitung vom 15.06.2004
Demo von Rechtsradikalen hat heftiges Nachspiel
Antifaschisten Saar werfen der Polizei brutales Vorgehen vor — Sicherheitskräfte widersprechen den Vorwürfen
Bei einer Demonstration von Rechtsradikalen kam es zu einer Gegendemo von Antifaschisten. Einige von ihnen wurden nach eigener Aussage von Polizeibeamten schlecht behandelt. Diese widersprechen.
Saarbrücken. Bei einer Demonstration von etwa 80 Rechtsradikalen kam es in der Innenstadt zu heftigen Auseinandersetzen mit Gegendemonstranten aus der linken Szene. Wie Klaus Siegler, Pressesprecher des Polizeibezirks Saarbrücken-Stadt, auf Anfrage der SZ mitteilte, hatten rund “80 Personen, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind” unter dem Motto “Schützt unsere Kinder” in der City gegen Kindesmissbrauch demonstriert.
Bei dem “ordnungsgemäß angemeldeten” Aufmarsch sei es “zu massiven Störversuchen der linken Szene” gekommen, schreibt die Polizei. Bereits vor der Demonstration seien wegen Körperverletzungen “zwei dem rechten Spektrum zuzuordnende Männer und ein der linken Szene angehörender Mann” im Bereich des Hauptbahnhofs “vorübergehend in Gewahrsam genommen” worden. Zu “ersten Störungen durch die zwischenzeitlich auf 60 bis 70 Personen angewachsene Gruppe der Demonstrationsgegner aus dem linken Spektrum” kam es nach Polizeiangaben gegen 15 Uhr, als sich der Zug am Samstag über die Trierer Straße Richtung Faktoreistraße in Bewegung setzte. So seien die rechten Demonstranten “vom Parkhaus Saargalerie aus mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen” worden. Auch im weiteren Verlauf “mussten Demonstrationsgegner mehrfach durch Einsatzkräfte der Polizei abgedrängt werden.”
Feststellung der Personalien
Fünf Gegendemonstranten seien “zur Unterbindung der Störungen und zur Personalienfeststellung” in polizeilichen Gewahrsam genommen worden. Schwere Vorwürfe macht der Polizei die Antifaschistische Aktion (Antifa) Saar. Wie die Antifa schreibt, hat die Polizei dabei “mehrere Antifaschisten (..) brutal und ohne Grund festgenommen”. “Versuche, am Rande der Nazidemonstration gegen deren menschenverachtende Inhalte zu demonstrieren”, habe die Polizei “durch Schlagstockeinsatz verhindert”. Konkret wirft die Antifa den Beamten vor, einer jungen Frau, die einen Asthma-Anfall erlitten habe, “mehr als 20 Minuten notärztliche Hilfe verwehrt” zu haben. Nach mehr als 30 Minuten sei die Frau aus dem polizeilichen Gewahrsam entlassen und mit einem Rettungswagen ins Klinikum Saarbrücken gebracht worden. Zuvor sei “ein Antifaschist in der Nähe eines Kaufhauses von zirka acht Polizisten ohne Grund zusammengeschlagen und festgenommen worden”. Die daran beteiligten Beamten, so die Antifa, hätten sich geweigert, ihre Dienstnummer oder Dienststelle zu nennen.
Die Vorwürfe richten sich insbesondere gegen zwei Zivilbeamte. Sie sollen nach Schilderung der Antifa Saar den am Boden liegenden Mann mit Füßen getreten und sich auf seinen Kopf gekniet haben. Dieser Vorfall sei von mehreren Personen fotografiert worden. “Um eventuelles Beweismaterial zu beschlagnahmen” hätten die Zivilbeamten später die Festnahme der jungen Frau veranlasst. Polizeipressesprecher Klaus Siegler bestätigt, dass die Frau in Gewahrsam genommen wurde, weil sie “zivile Einsatzkräfte der Polizei aus nächster Nähe (…) fotografiert” habe. Dies verstoße gegen das Recht am eigenen Bild, weshalb die Filme sichergestellt worden seien. “Wir werden das Material sichten”, sagte Siegler, Bilder auf denen keine Beamte zu sehen seien, würden der Frau zurückgegeben. Siegler wies den Vorwurf zurück, die Beamten hätten der Frau ärztliche Hilfe verweigert. Auch sei es weder zu einem “massiven Schlagstockeinsatz” gekommen, noch hätten Zivilbeamte Gegendemonstranten getreten oder geschlagen.
Auf Video festgehalten
Vielmehr habe der “jüngere Mann, der von der Polizei als Rädelsführer der Attacken im Bereich des Parkhauses Saargalerie ausgemacht wurde”, bei seinerFestnahme durch Zivilbeamte “erheblichen Widerstand” geleistet. Der Einsatz, so erklärt Klaus Siegler, sei “auf Video dokumentiert” worden. Diese Dokumentation widerlege die von der Antifa erhobenen Vorwürfe. Wie viele Beamte am Samstag im Einsatz waren wollte Siegler “aus strategischen Gründen” nicht sagen. rae
Bericht zu den Naziaufmärschen in Saarlouis und Saarbrücken am 12.06.2004
Auseinandersetzungen bei Naziaufmarsch in Saarbrücken — erfolgreicher Tag für Antifas im Saarland
Heute am 12.06.04 fanden im Saarland 2 vom “Aktionsbüro Saar” angemeldete Naziaufmärsche und Gegenaktivitäten hierzu statt.
Zuerst marschierten ab 10 Uhr ca. 120 Nazis aus dem Umfeld des Aktionsbüros Saar unter dem Motto “Sozialstaat statt Polizeistaat” durch Saarlouis.
Gegen ca. 2 Uhr marschierten 80 dieser Nazis dann wie angekündigt unter dem Motto “Schützt unsere Kinder” auch am Saarbrücker Hauptbahnhof auf. Autonome Antifas aus dem Saarland hatten für die gleiche Zeit ebenfalls zum Hauptbahnhof mobilisiert. Hier kam es dann auch zu ersten Auseinandersetzungen zwischen Nazis und Gegendemonstranten als ein paar Nachzügler die anwesenden Antifaschisten provozierten. Als die Nazis dies erkannten setzte sich der Braune Mob ungehindert von den zunächst eher hilflos dabei stehenden Bullen in Richtung Antifas in Bewegung und es kam zu vereinzelten Auseinandersetzungen zwischen kleinen Gruppen von Nazis, Bullen und Gegendemonstranten. Es kam zu mehreren Verhaftungen auf beiden Seiten.
Nachdem die Bullen den Braunen Mob wieder brav aussortiert und hinter ein Spalier verpackt hatte setzte sich der Tross begleitet von Schmährufen und dem einen oder anderen Pyro in Richtung “Nachtwerk” in Bewegung wo erst einmal dumm rum stehen und ewig langes Lautsprecher montieren angesagt war. Als die Nazis sich dann in Richtung Stadt in Bewegung setzten wurden sie schon von einer stetig größer werdenden Gruppe von Gegendemonstranten mit Transparenten und Parolen empfangen. Auf jedes “Frei, sozial, national” folgte ein “Dumm, kahl und asozial” usw.
So wurde der Zug der Nazis von einer ständig größer werdenden Gruppe der sich erfreulicherweise viele jugendliche MigrantInnen und der Oberbürgermeister Kajo Bräuer anschlossen begleitet, die den Nazis und dem Rest der Stadt lautstark ihre Meinung über den braunen Spuk verkündete.
Die Abschlusskundgebung wurde von Trillerpfeifen und Parolen, die einen angenehmen Gegenpol zu dem abgelassenen Gesülze lieferten untermalt. Der kleine Dominik(von der Kameradschaft Saarlautern), seines Zeichens schlechtester Hitlerimitator aller Zeiten, fungierte als Redner und schwadronierte in gewohnter Manier über neue Ordnung, hunderttausende Deutsche die hinter ihnen ständen, Kinderschänder und imaginären Weltverschwörern die das deutsche Volk knechten, wobei er sich anscheinend selber nicht entscheiden konnte, ob er diese nun in Israel oder den USA vermuten soll.
Dann zog der traurige Haufen sicher verpackt im Doppelspalier aber diesmal ohne Transparente wieder Richtung Bahnhof wo man dann noch ein bisschen Recherche betreiben konnte.
Quelle: http://de.indymedia.org/2004/06/85498.shtml
Pressemitteilung zum Polizeieinsatz gegen AntifaschistInnen am 12.06.2004
Kritik am Polizeieinsatz!
Massive Kritik hat die ANTIFA SAAR an dem Polizeieinsatz anlässlich des Naziaufmarsches in Saarbrücken am gestrigen Samstag. Mehrere AntifaschistInnen wurden brutal und ohne Grund festgenommen. Versuche am Rande der Nazidemonstration gegen deren menschenverachtende Inhalte zu demonstrieren, wurden durch Schlagstockeinsatz verhindert.
Während des Aufmarsches kam es zu mehreren Festnahmen und Schlagstockeinsätzen gegen Protestierende. Von 6 festgenommenen AntifaschistInnen mussten sich alleine zwei aufgrund brutaler Polizeimaßnahmen zu ärztlicher Behandlung ins Krankenhaus begeben. Einer jungen Frau wurde trotz eines Asthmaanfalls mehr als 20 Minuten notärztliche Hilfe verwehrt. Die durch PassantInnen zur Hilfe gerufenen Rettungswagenfahrer protestierten noch vor Ort gegen die Polizeimaßnahmen und die unterlassene Hilfeleistung von Seiten der Polizei. Nach mehr als 30 Minuten wurde die Frau aus der polizeilichen Gewahrsamnahme „entlassen“ und mit dem Rettungswagen in die Winterberg- Klinik gebracht. Als “Grund” für die Festnahme wurde von der Polizei angegeben, die Antifaschistin habe Polizeibeamte fotografiert und man wolle die Filme beschlagnahmen. Ungefähr 30 Minuten vor der Festnahme der Frau wurde ein Antifaschist in der Nähe des Karstadts von ca. 8 Polizisten ohne Grund zusammengeschlagen und festgenommen. Dieser Vorfall wurde von mehreren Personen fotografiert und von zahlreichen PassantInnen beobachtet. Mit der Festnahme der Frau sollte vermutlich verhindert werden, dass Beweismaterial eines Polizeiübergriffs an die Öffentlichkeit gelangt. Denn die Polizisten, die an dem Übergriff auf den Antifaschisten am Karstadt beteiligt waren, weigerten sich trotz zahlreicher Aufforderung von PassantInnen, ihre Dienstnummer oder Dienststelle zu nennen. Besonders hervor traten zwei Zivilbeamte, die den Festgenommenen und schon am Boden liegenden mit Füßen traten und sich auf dessen Kopf knieten. Eben jene Zivilbeamte, welche Auskunft über Namen und ihre Dienstnummer verweigerten, veranlassten später die Festnahme der jungen Antifaschistin, um eventuelles Beweismaterial zu beschlagnahmen.
Die ANTIFA SAAR fordert eine Stellungnahme des Polizeieinsatzleiters zu den skandalösen Vorfällen, sowie die sofortige Herausgabe des beschlagnahmten Filmmaterials. Zudem werden die Opfer der Polizeiübergriffe in den nächsten Tagen anwaltlichen Rat einholen und gemeinsam überlegen, ob gegen die an Übergriffen und unterlassener Hilfeleistung beteiligten Beamten eine Strafanzeige erstattet wird.
ANTIFA SAAR
Redebeitrag der Antifa Saar auf der Kundgebung “Wider die Antisemitische Internationale!” am 24.04.2004
Offen verbalisierter Antisemitismus ist in der deutschen Öffentlichkeit wieder salonfähig. Antisemitische Attacken eines Walser, Möllemann oder des Bundestagsabgeordneten Hohmann sind jedoch lediglich die öffentlich diskutierten Ausdrücke einer schwelenden Stimmung. Die bekannten Protagonisten sprechen allzu oft den Durchschnittsdeutschen aus dem Herzen. So, wenn wie im Fall Hohmann Juden als “Tätervolk” bezeichnet werden. Dem Satz “Aussagen wie Hohmann sie gemacht hat, müssen heute möglich sein” stimmen immerhin 42 Prozent der Deutschen nach einer “Causa-Umfrage” zu. Die heutige Form des deutschen Antisemitismus speist sich häufig aus dem Bedürfnis nach einer Normalisierung der eigenen Geschichte. Juden und jüdisches Leben erinnern an die deutsche Vernichtungspolitik, wovon die meisten Deutschen nichts mehr wissen wollen. Auf geradezu perverse Weise werden diejenigen, die den Massenmord überlebt haben sowie deren Nachfahren erneut zum Hassobjekt, eben weil sie an die deutsche Tat erinnern. Kein Wunder also, dass nach 1989, seitdem das vereinte Deutschland wieder an die Weltspitze will, der Ruf nach einem “Schlussstrich” immer lauter wird. Im Zuge der von Martin Walser ausgelösten Schlussstrichdebatte und der Frage nach Zwangsarbeiterentschädigung gab es weitestgehenden Konsens in der deutschen Gesellschaft: Man hat genug gebüßt und gezahlt, die Opfer sollen endlich die Klappe halten.
Dass dieser Konsens Generationen übergreifend ist, bestätigte der Star-DJ “Dr. Motte”.
“Dies ist ein Aufruf an alle Juden der Welt: Sie sollen mal eine andere Platte auflegen und nicht immer rumheulen”, so der populäre Mitinitiator der Berliner Love-Parade.
Während der Entschädigungsdebatten Ende der 90-er stellten sich deutsche Politik und Industrie allzu gerne als Opfer dar. Die Gegenseite wurde in Tageszeitungen immer wieder mit antisemitischen Stereotypen versehen. So glaubte etwa die Zeitschrift “Der Spiegel” hinter den Opferverbänden “raffgierige” New Yorker Anwälte entdeckt zu haben. Auch die “Süddeutsche Zeitung” veröffentlichte Artikel, in denen sie die Opferanwälte als “Haifische im Anwaltsgewand” oder “Weltpolizei” titulierte, welche den Holocaust benutze, um die Deutschen finanziell auszubeuten. Der von Hendrik Broders geprägte Satz, “dass die Deutschen den Juden Auschwitz nie verzeihen” wird aufs zynischste bestätigt.
Auch wenn die bekennende Naziszene längst kein Monopol auf Judenhass besitzt, fällt es dieser, innerhalb eines solchen gesellschaftlichen Klimas, leichter, den Volksmob zu aktivieren. Zum Beispiel wenn zum Protest gegen den Bau einer Synagoge aufgerufen wird. So geschehen im März diesen Jahres in Bochum. Deutlicher kann nicht zum erneuten Angriff auf jüdisches Leben in Deutschland geblasen werden.
Nicht mehr nur der einzelne Jude als Teil einer Verschwörung wird benannt, diffamiert und bekämpft, sondern der jüdische Staat, Israel. In Anbetracht der nahezu vollständigen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas war vorerst Büßerhemd und verordnetes Schweigen angesagt. Freilich war die Abnahme des offiziellen Antisemitismus nicht darin begründet, dass es einen strikten Bruch gegeben hätte. Nein, gesellschaftliche Bedingungen des Antisemitismus und die Virulenz antisemitischer Ideologie sind geblieben. Man hielt sich aus einem anderen Grunde vorerst zurück: nachdem man in Fabriken den Massenmord organisiert und Europa in Scherben geschlagen hatte, galt es sich nach 1945 klein zu halten, um mittelfristig wieder in der Weltpolitik mitmischen zu können.
Ein Ersatzobjekt fürs antisemitische Ressentiment war jedoch schnell gefunden: Israel, durch dessen staatliche Präsenz man nun glaubte nachweisen zu können, dass die Juden in Israel die wahren Täter seien.
Moishe Postone‘s Erkenntnis, dass “der Antisemitismus im Antizionismus enthalten ist, wie das Gewitter in der Wolke” geht den Feinden Israels logischerweise ab.
Im restlichen “old europe” sieht die Lage nicht wesentlich besser aus. Durch eine von der EU in Auftrag gegebenen Umfrage sollte ermittelt werden, welches Land “die größte Gefährdung für den Weltfrieden darstellt”. Das Ergebnis spricht Bände: 59% der EU Bürger betrachten das kleine und immer mehr isolierte Israel als die größte Gefahr für den Weltfrieden, nicht etwa ein deutsch-dominiertes “Kern-Europa”.
Was in den Köpfen der EU-Bürger so rumspukt ist auch Teil der offiziellen Politik der Europäischen Union. In diesem Sinne ist der EU-Parlamentarierein Ilka Schröder wohl zuzustimmen, die den zunehmenden “europäischen Antisemitismus als eine Folge der offiziellen Haltung der EU gegenüber Israel” begreift.
So hat die EU in den Jahren 2000–2001 der palästinensischen Autonomiebehörde 330 Millionen Euro zukommen lassen, ohne hören zu wollen, was mit dem Geld passiert.
Dass auch durch diese Gelder der Terrorkrieg gegen Israel geführt und antisemitische Propaganda zum Beispiel in Schulbüchern finanziert wird, scheint den EU-Akteuren egal zu sein. Dabei dürfte jedem halbwegs Informierten der Schulterschluss zwischen der palästinensischen Autonomiebehörde und Terrororganisationen wie der Hamas nicht entgangen sein. Folglich ist nicht auszuschließen, dass die jüngsten Terroranschläge durch Steuergelder der EU — zumindest indirekt — mitfinanziert wurden.
Kein Wunder also, dass die antisemitische Vernichtungs-Gesinnung und Politik der Hamas öffentlich verharmlost wird, wie beispielsweise im Sommer letzten Jahres noch von Reijo Kempinnen, dem Sprecher der EU-Kommission. “Dass die Hamas in Gänze eine Terrororganisation sei, ist gewiss nicht unsere Position” so Kempinnen, der diese Aussage damit begründet, dass die Hamas auch soziale Dienste und Kliniken betreibe. Einen solchen Sprachgebrauch kennt man auch hierzulande nur zu gut. Noch heute wird auf “Hitlers Autobahnen” verwiesen, wenn es darum gehen müsste, kritische Selbstbesinnung zu üben.
Gleichzeitig werden die EU-Moralisten nicht müde, Israel zu verurteilen und nach jedem weiteren Terrorschlag einen Palästinenserstaat zu fordern, was der Tötungspolitik im Nachhinein einen barbarischen Sinn verleiht.
Noch nie hatte Antisemitismus, wie auch Rassismus etwas mit den tatsächlichen Eigenschaften oder dem Verhalten der Opfer zu tun. Folglich hat es weder eine “Juden”- noch eine “Ausländerfrage” zu geben. Das Problem muss bei den Antisemiten und Rassisten gesucht und bekämpft werden, nicht bei deren Opfern.
Seit Beginn der Al-Aqsa-Intifada 2000 und den Anschlägen auf das WTC 2001 ist Israel immer offener in den Fokus einer internationalen Allianz geraten, die vor direktem Terror gegen Israel nicht mehr zurückschreckt. Parallel zu den genannten Ereignissen ist eine Reihe weltweiter, antisemitischer Gewalt gegen jüdische Einrichtungen und Menschen entbrannt, insbesondere auch innerhalb der europäischen Staaten.
Genau das bekam auch die EUMC bei einer in Auftrag gegebenen Untersuchung heraus.
So konnte innerhalb Europas ein starker Anstieg von Angriffen gegen jüdische Einrichtungen und gegen Juden festgestellt werden. Besonders in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Großbritannien scheinen gewaltsame Übergriffe, so ein Tenor der Ermittlung, keine Ausnahme mehr darzustellen. Wie reagierte die EUMC, ein Organ der EU auf die erschreckenden Entwicklungen? Nicht etwa alarmiert, wie man annehmen könnte. Nein, sie verhinderte kurzerhand die Veröffentlichung der Untersuchung mit fadenscheinigen Begründungen.
Eine weitere international vernetzte Bewegung lässt ebenfalls von sich hören, allerdings nicht durch ernstzunehmende Kapitalismuskritiken als vielmehr durch die Verbreitung platter antiamerikanischer, antizionistischer und offen antisemitischer Ressentiments: die so genannte globalisierungskritische Bewegung. Freilich ist dieser Verein keine homogene Masse, dennoch sollten sich jene, die entschuldigend auf den Pluralismus der Bewegung hinweisen, bedenken, wo eine kapitalismuskritische Politik aufhört und wo der reaktionäre Antikapitalismus anfängt, bei dem Politik als “Geisel der Finanzmärkte” verstanden wird und die ausschließliche Kritik an multinationalen Konzernen, der USA und Israel mehr zur Verschleierung als zur Aufklärung beiträgt. Zudem gipfelt dieses Politikverständnis nicht selten in einem verschwörungstheoretischen Weltbild.
Spätestens, wenn, wie in Kopenhagen beim EU-Gipfel von den Hauptorganisatoren zum “umfassenden Boykott Israels” aufgerufen wird, auf einer Attac-Veranstaltung in Köln die Politik Israels mit den Verbrechen der NS-Politik im Warschauer Ghetto gleichgesetzt wird, sich in Davos Menschen mit Masken von US-Politikern einen gelben Judenstern anheften, um auf diese ekelhafte Weise auf ein verschwörerisches Zusammenspiel von USA und jüdischer Lobby hinzuweisen oder italienische No-Globals einen Fahnenzug mit “Intifada, Intifada”- Rufen um das ehemalige jüdische Ghetto in Rom inszenieren und zum Abschluss des Sozialforums in Florenz ein Fahnenmeer von Palästina-Fahnen durch die Stadt zieht, dann sind das keine einzelnen Wirrköpfe mehr.
Auch saarländische Gruppen konnten ähnliche Erfahrungen sammeln. Genossen von der ADW wurden beim Europäischen Sozial Forum in Paris gewaltsam daran gehindert Flugblätter zu verteilen, in denen das Existenzrechts Israels bekräftigt wurde. Mitglieder unserer Gruppe sahen sich — ebenfalls beim Verteilen von Flugblättern, in denen eine Kritik am Antiamerikanismus und Nationalpazifismus der Friedensbewegung formuliert wurde — zu Beginn des Irakkrieges mit aufgebrachten Schülern konfrontiert, die in den Genuss kamen, mal nicht zur Schule zu müssen, um stattdessen regierungsfreundliche Demonstrationen besuchen zu können.
Ein weiteres Phänomen der hiesigen Bewegungslinken ist die ständige Hofierung des populistischen Vulgärökonomen Oskar Lafontaine, der sich dadurch hervortut, dass er immer wieder durch latent antisemitische Aussagen und unreflektierten Antiamerikanismus auffällt. Dieser meinte letzten Monat während einer Friedensdemo in Ramstein, verständnisvoll über islamistischen Terror schwadronieren zu müssen.
Leider sind die genannten Beispiele, die nach Belieben erweitert werden könnten, keine Ausnahmen, sie sind lediglich die immer öfter auftretenden Höhepunkte eines reaktionären Antikapitalismus, der nichts, aber auch gar nichts mit Emanzipation zu tun hat.
Will man sich nicht der Mittäterschaft überführen lassen, sind klare Trennungen und Distanzierungen notwendig, auch wenn man sich an das wohlige Gefühl gewöhnt hat, in der Masse der Globalisierungskritischen und Friedensbewegten mitzulatschen: “So oder so” sang einmal der Liedermacher Franz Josef Degenhardt. Eine Entscheidung tut Not.
Jean Paul Sartre schrieb im Jahre 1946 “Kein Franzose wird in Sicherheit sein, solange noch ein Jude in Frankreich und in der ganzen Welt um sein Leben wird fürchten können.” Der schöne Satz hat heute, fast 60 Jahre später, eine Erweiterung zu erfahren; denn kein Mensch wird in Sicherheit sein, solange auch nur ein Jude um sein Leben wird fürchten müssen. Der Kampf gegen Antisemitismus und Faschismus ist die Bedingung jedweder Emanzipation.
KONTAKT: www.antifa-saar.de.vu
e‑mail: antifasaar@yahoo.de
Pressemitteilung zu einem Anquatschversuch durch den Verfassungsschutz
Aktivist des Vereins Alter Feuerdrache e.V. von Mitarbeitern des saarländischen Verfassungsschutzes zu Hause aufgesucht.
Am heutigen Tag (17.02.04) gegen 14.00 Uhr suchten zwei Mitarbeiter des saarländischen Verfassungsschutzes ein Mitglied des Vereins Alter Feuerdrache e.V., dem Trägerverein der Alten Feuerwache in Saarbrücken, in dessen Wohnung auf. Die beiden Beamten wiesen sich als “Mitarbeiter des saarländischen Innenministeriums” aus und baten um ein Gespräch. — Mit dem Ziel, den Angesprochenen für Spitzeltätigkeiten zu gewinnen.
Das überraschte Mitglied unseres Vereins, welches unmittelbar nach seiner Ankunft zu Hause vom Verfassungsschutz “abgepasst” wurde, verweigerte jegliches Gespräch und schloss die Tür.
Der Versuch des Verfassungsschutzes, sich Informationen über die Tätigkeiten einzelner Mitglieder und Gruppen zu beschaffen, kann als weitere Stufe der Kriminalisierung des Vereins gewertet werden. Die heutige Aktion ist nicht die erste Repressionsmaßnahme, welche gegen die sozialen Proteste, die seit Oktober letzen Jahres anhalten, eingeleitet worden ist. Nach der Stadtratssitzung im November, bei der Mitglieder und FreundInnen des Vereins Alter Feuerdrache gegen die bevorstehende Kündigung des Überlassungsvertrages protestierten und einen Dialog mit den Verantwortlichen der Stadt forderten, wurde gegen 30 AktivistInnen ein Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruch eingeleitet.
Zur Erinnerung: Seit der Vertragskündigung im November 2003 streiten die in der Alten Feuerwache ansässigen Gruppen, FreundInnen und NutzerInnen um den Erhalt des selbstverwalteten Zentrums in Saarbrücken, in dem politischen und kulturellen Projekten ein Raum zur Verwirklichung gegeben ist.
Den verschiedenen Formen sozialer Proteste, die in Saarbrücken nunmehr zu vernehmen sind, wird versucht, die Legitimation abzusprechen, indem sie kriminalisiert werden. Mit dieser Taktik soll versucht werden, unerwünschte politische Tätigkeit in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Die städtische Rhetorik von “mehr Bürgerengagement” verkommt so zur reinen Farce.
Wir betrachten die Vorgehensweise des Verfassungsschutzes als Versuch, die Proteste gegen die Kündigung und Räumung der Alten Feuerwache im Keim zu ersticken. Dieser Tendenz gilt es eine klare Absage zu erteilen.
“Wir werten diesen Vorstoß des saarländischen Innenministeriums als Angriff auf das legitime und notwendige Recht von Vereinen und Initiativen, frei von staatlicher Repression und Aufsicht handeln zu können”, so ein Vorstandsmitglied des Vereins “Alter Feuerdrachen e.V.”
Die Weigerung des Feuerdrachenaktivisten, Auskunft über sich und politische Aktivitäten zu geben, erscheint uns als einzige richtige Reaktion auf solche repressiven Maßnahmen.
Wir lassen uns weder kriminalisieren noch einschüchtern!
Für den Erhalt der Alten Feuerwache!
Saarbrücker Zeitung: “Der Feuerdrache wehrt sich”
Saarbrücker Zeitung vom 22.12.2003
Der Feuerdrache wehrt sich
Demonstration gegen Schließung der Alten Feuerwache — Staus in der Saarbrücker Innenstadt
Rund 250 Personen waren dem Aufruf der Antifa Saar zu einem Protest gegen die Schließung eines Teils der Alten Feuerwache gefolgt. Am Samstagnachmittag zog der Demonstrationszug durch die Innenstadt.
Saarbrücken (red/bub). Durch den Demonstrationszug der Antifa Saar durch die Innenstadt der Landeshauptstadt und den starken Weihnachtseinkaufsverkehr kam es am vergangenen Samstagnachmittag in der Saarbücker City immer wieder zu kurzfristigen Staus, die sich meist schnell wieder auflösten. Gegen 16.30 Uhr hatte sich der Protestzug der rund 250 Personen — überwiegend aus dem linken beziehungsweise autonomen Bereich — vom Max-Ophüls-Platz aus in Bewegung gesetzt. Unter dem Motto “Feuerwache bleibt” wandten sich die Veranstaltungsteilnehmer gegen die beabsichtigte Schließung der Alten Feuerwache durch die Landeshauptstadt Saarbrücken. Der Trägerverein “Alter Feuerdrache e.V.” akzeptierte die von Bürgermeister Kajo Breuer schriftlich erfolgte Kündigung der Nutzungsverträge nicht und wollte mit der Demonstration auf diesen Missstand aufmerksam machen. Weiterhin sind juristische Schritte von Seiten des Vereins geplant. Die Alte Feuerwache ist eine viel genutzte Einrichtung für soziale, politische und kulturelle Aktivitäten. In den letzten 20 Jahren habe sich die ehemalige Feuerwache zu einem linksalternativen Kulturzentrum in Saarbrücken entwickelt, so die Befürworter. Die Demonstranten zogen über die Nauwieser Straße, Rotenbergstraße, Richard-Wagner-Straße, Ursulinenstraße und Karl-Marx-Straße zu einer Zwischenkundgebung in der Reichsstraße. Im Bereich der Kaiserstraße-Ursulinenstraße kam es zu einem Zwischenfall. Fünf Personen, die der rechten Szene zuzurechnen sind, wurden nach ihren Angaben aus der Gruppe der Demonstranten heraus angegriffen. Die Attackierten flüchteten daraufhin zum Hauptbahnhof. Weitere Auseinandersetzungen wurden dort durch den Bundesgrenzschutz und Einsatzkräfte der Polizei verhindert. Nach der Zwischenkundgebung führte der Demonstrationszug weiter über die Bahnhofstraße, nach Alt-Saarbrücken und zur Abschlusskundgebung zurück zum Max-Ophüls-Platz.
Beamte aller Saarbrücker Polizeiinspektionen, des Kriminaldienstes, der saarländischen Bereitschaftspolizei und der Diensthundestaffel waren an diesem Nachmittag im Demo-Einsatz.
Etwa 250 Menschen demonstrierten am vergangenen Samstagnachmittag für den Erhalt der Alten Feuerwache als politisches, kulturelles und soziales Zentrum. Die Demonstranten zogen vom Max-Ophüls-Platz durch die Saarbrücker Innenstadt. Da viele Menschen an diesem Nachmittag ihre Weihnachtseinkäufe tätigten, kam es in der City immer wieder zu kurzfristigen Staus, die sich jedoch meistens gleich wieder auflösten.
Foto: Becker&bredel
Redebeitrag der Antifa Saar / Projekt AK auf der Demonstration am 20.12.2003 für die Alte Feuerwache
Demobericht zur Demonstration auf Indymedia
Wir demonstrieren hier und heute für den Erhalt der “Alten Feuerwache” als selbstverwaltetes Politik‑, Sozial- und Kulturzentrum in Saarbrücken. Mit der schriftlichen Kündigung vom 28.11.2003 ist es jetzt offiziell und amtlich: die Stadt Saarbrücken will den Verein “Alter Feuerdrache e.V.” und die NutzerInnen der Alten Feuerwache aus dem Gebäude werfen, um es einer, so wörtlich “wirtschaftlicheren Nutzung zuzuführen”; heißt also im Klartext: die Feuerwache als eines der letzten öffentlichen Gebäude, die den städtischen Privatisierungswahn bisher relativ unbeschadet überstanden haben, wie so viele andere zuvor einer kapitalistischen Verwertung zuzuführen.
Das selbstverwaltete Hausprojekt “Alte Feuerwache” besteht seit knapp 22 Jahren und hat in dieser Zeit eine sehr wechselhafte Geschichte mitgemacht. Dabei war das Haus so manches Mal Opfer staatlicher Repressalien, so beispielsweise am 28. Mai 1994, als eine vermummte und bewaffnete Hundertschaft der paramilitärischen Bundesgrenzschutzeinheit “GSG‑9” das Gebäude stürmte, die Räume durchsuchte und die Anwesenden festnahm. Ziel des Angriffs war damals der Kurdische Kulturverein.
In den vergangenen Jahren war es dann die Stadt Saarbrücken, die der Alten Feuerwache zunehmend auf die Pelle rückte. Im Jahre 2000 und 2002 gab es dann konkrete Versuche, einen Nachmieter für das Gebäude zu finden und die in der Feuerwache praktizierenden Vereine und Gruppen vor die Tür zu setzen. Was bisher immer durch öffentlichen Druck verhindert werden konnte, scheint nun ein fester Entschluss der Stadtoberen zu sein. Verhandlungen wurden erst gar nicht geführt, die Kündigung ist bereits zugestellt worden, und einer Verlängerung des Mietverhältnisses wird — ich zitiere aus der Kündigung — “bereits jetzt ausdrücklich widersprochen”.
Der Wortlaut des Kündigungsschreibens und der generelle Umgang der Stadtverwaltung mit dem Verein “Alter Feuerdrachen” machen deutlich, dass kulturelle und soziale Projekte, die — wie die Alte Feuerwache — im Sinne kapitalistischer Verwertungslogik nicht effizient sind, in dieser Stadt ausdrücklich nicht erwünscht sind.
Dem Konzept einer marktkonformen und profitorientierten Landeshauptstadt steht längst nicht nur die Alte Feuerwache im Weg. Opfer des städtischen Kürzungswahns wurden bereits das Nachtcafe und die Notschlafstelle des Saarbrücker Drogenhilfezentrums in der Brauerstraße oder das Stadtbad Saarbrücken, andere Einrichtungen sollen und werden folgen. Nach dem Willen der Stadt haben scheinbar nur die Einrichtungen ein Existenzrecht, die gewinnorientiert funktionieren können bzw. wollen. Dass diese Politik nicht auf Saarbrücken beschränkt ist, dürfte jedem Menschen klar sein. Den Kern der Spar- und Kürzungspolitik brachte im August diesen Jahres der Vorsitzende der Jungen Union, Phillip Missfelder, auf den Punkt: er schlug vor, älteren Menschen medizinische Leistungen zu verweigern. Diese Aussage verdeutlicht, worum es der offiziellen Politik geht: Menschen werden darauf reduziert, ob und wie sie für die kapitalistische Gesellschaft verwertbar sind. “Hartz — Papiere” und “Agenda 2010” sind lediglich wohlklingendere Begriffe für die Durchsetzung dieser Logik. Mit rasantem Tempo werden Beschlüsse gefasst wie Krankenhausbetten zu streichen, Löhne zu kürzen, Arbeitslose zu schikanieren, Flüchtlinge abzuschieben oder die medizinische Grundversorgung einzuschränken , demnächst vielleicht ganz abzuschaffen.
Es ist unbestritten, dass es aufgrund der technischen Errungenschaften möglich wäre, der gesamten Menschheit ein Leben in relativem Wohlstand zu sichern. Anstatt diese Tatsache in den Mittelpunkt aller Anstrengungen zu stellen, wird sie einer öffentlichen Diskussion entzogen. Die durch totale Ökonomisierung bedingte Verelendung hat in anderen Gegenden der Erde bereits ein viel verheerenderes Ausmaß erreicht. Kapitalistische Logik und Wirtschaftsordnung haben sich weltweit durchgesetzt.
Die Alte Feuerwache ist konkreter Bestandteil unseres Versuches, dem vom Staat und dem Großteil der Gesellschaft (re-)präsentierten Autoritäts- und Verwertungsgedanken eine Alternative entgegenzusetzen. Dass wir damit nicht alleine stehen, seht ihr heute an der Vielschichtigkeit der Demonstrierenden.
Neben der Alten Feuerwache sind noch weitere linke Zentren von Schließung oder Räumung bedroht. Solidarische Grüße von hier aus an die ExSteffi in Karlsruhe, das Autonome Zentrum im Exil in Heidelberg, das Conne Island in Leipzig, Alte Meierei in Kiel, die Alternative “Walli” aus Lübeck, den Wagenplatz “Bambule” in Hamburg und an alle anderen emanzipatorischen und progressiven, selbstverwalteten Projekte. Ihr werdet nachher noch einen Redebeitrag der ExSteffi hören.
Die Stadt hat uns letzte Woche mal wieder gezeigt, worum es ihr eigentlich geht: so wurde die angemeldete Demoroute durch die Bahnhofstraße kurzerhand verboten, um das Weihnachtsgeschäft des Saarbrücker Einzelhandels nicht zu stören. Statten wir dem weihnachtlichen Konsumterror doch nachher einen kleinen Besuch ab.
Die Alte Feuerwache muss das bleiben, was sie in den letzten 22 Jahren war: ein kulturelles, politisches und soziales Zentrum, und vor allem: links, selbstverwaltet und unkommerziell! Dafür werden wir kämpfen, dafür sind wir heute auf der Straße. Um es ein weiteres Mal in aller Deutlichkeit zu sagen: Freiwillig gehen wir nicht raus!
Kapitalistische Verwertungslogik angreifen! Linke Zentren verteidigen!
Feuerwache bleibt!
Antifa Saar / Projekt AK im Dezember 2003
Saarbrücker Zeitung: “Der Feuerdrache spuckt Gift und Galle”
Saarbrücker Zeitung vom 20.12.2003
Der Feuerdrache spuckt Gift und Galle
Antifa Saar will ihren Teil der Alten Feuerwache per Demo veteidigen
Von MARTIN ROLSHAUSEN
Saarbrücken.Unterstützung kommt aus dem Odenwald. Und vom autonomen Zentrum im Exil in Heidelberg. Auch viele Geschäfte, Kultureinrichtungen und Kneipen im Nauwieser Viertel — etwa der Buchladen, das Kino achteinhalb, das Theater im Viertel, das Gasthaus Bingert, das Cafè Schrill und die Blattlaus — stehen hinter der Forderung des Vereins Alter Feuerdrache, dass der Teil der Alten Feuerwache am Landwehrplatz, der nicht zum Theater gehört, ein Zentrum für “alternative” Gruppen bleiben soll. “Nur” der Saarbrücker Stadtrat kann mit dieser Forderung ziemlich wenig anfangen. Alle 63 Stadtverordneten — die 29 von der CDU, die 29 von der SPD und die fünf der Grünen — haben nämlich beschlossen, dass der Verein, unter dessen Dach sich unter anderem Gruppen wie der kurdische Kulturverein, die Antifa Saar, das Kommando Luftschloss, der anatolische Kulturverein und die Deutsch-Lateinamerikanische Gesellschaft zusammengeschlossen haben, raus muss aus dem historischen Gebäude. 50000 Euro könne die Stadt so sparen, hat Finanzdezernent Frank Oran (CDU) ausgerechnet.
Das allerdings wohl nicht sofort. Die Kündigungen seien zwar rechtzeitig vor dem Jahresende an den Feuerdrachen und die Arbeiterwohlfahrt (Awo), die einen Seniorentreff in dem Gebäude eingerichtet hat, rausgegangen. Sofort wirksam werden diese Kündigungen aber natürlich nicht, erklärt Ursula Marquardt von der Stadtpressestelle. Die Kündigung des Vertrags zwischen der Stadt und dem Feuerdrachen werde zum 1. Juli nächsten Jahres wirksam. Danach habe der Verein noch sechs Monate Räumungsfrist, so dass die Räume der Stadt frühestens im Januar 2005 zur Verfügung stünden. Das gelte auch für die von der Awo genutzen Räume. Der Mietvertrag sei zum 31. Dezember 2004 gekündigt, sagt Ursula Marquardt.
Während sich die Arbeiterwohlfahrt durchaus Hoffnungen machen kann, dass sie einen neuen Vertrag bekommt, eventuell sogar den kompletten Gebäudeflügel nutzen darf, ist es erklärte Absicht der Stadtverwaltung und des Stadtrates, die links-alternativen Vereine aus der Alten Feuerwache rauszuwerfen. Wobei die Stadtverwaltung angekündigt hat, den Vereinen bei der Suche nach neuen Räumen behilflich zu sein.
Das scheint die Feuerdrache-Mitglieder allerdings nicht zu interessieren. Sie wollen die “Feuerwache verteidigen”. Unter diesem Motto ruft die Antifa Saar an diesem Samstag zu einer Demonstration auf. Ab 16 Uhr soll sich der Demonstrationszug vom Max-Ophüls-Platz durch das Nauwieser Viertel und die Bahnhofstraße bewegen. “Es geht darum, politische Entscheidungen, die alleine der ökonomischen Verwertungslogik geschuldet sind, nicht ständig und immer öfter ohnmächtig hinzunehmen”, heißt es im Demonstrationsaufruf der Antifa. Saarbrücken brauche ein links-alternatives Zentrum für Konzerte, Ausstellungen, Workshops, Seminare und “Vorbereitungstreffen für antifaschistische und Antikriegsdemonstrationen”, argumentiert die Antifa.. Und dieses Zentrum sei nunmal die Alte Feuerwache. Bei einer Demonstration wollen es die Nutzer der Alten Feuerwache nach eigenen Angaben nicht belassen.
Pressemitteilung zur Kündigung der Alten Feuerwache
Stadt kündigt Nutzungsvertrag für die Alte Feuerwache auf
Was bereits mehrfach angekündigt wurde, hat die Stadt Saarbrücken in Person von Bürgermeister Kajo Breuer nun wahrgemacht: dem Verein “Alter Feuerdrache e.V.”, der seit knapp 22 Jahren die Räume in der Alten Feuerwache am Landwehrplatz zur kulturellen, sozialen und politischen Arbeit nutzt, wird der Nutzungsvertrag zum 30. Juni 2004 gekündigt. Das würde bedeuten, dass die NutzerInnen die Alte Feuerwache zum 31.12.2004 verlassen müssten, aber…
…so nicht! Während in dieser Woche noch Gespräche seitens des Vereins “Alter Feuerdrache e.V.” mit den Fraktionsvorsitzenden der im Saarbrücker Stadtrat vertretenen Parteien angestrengt wurden, um über die Zukunft des Projektes “Alte Feuerwache” zu verhandeln, war die Kündigung des Nutzungsvertrages für die Alte Feuerwache bereits am 28.11.2003 verschickt worden. Keine der drei angesprochenen Fraktionen hielt es jedoch für notwendig, während der Gespräche auch nur mit einem Wort auf die bereits ausgestellte Kündigung einzugehen, seitens der SPD wurde sogar behauptet, man sei daran interessiert, noch vor der nächsten Stadtratssitzung am 9.12. ein klärendes Gespräch zu führen.
Es ist nicht so, dass die Kündigung oder der Zeitpunkt für uns überraschend kamen, es ist nur die feige Art, wie demokratisch gewählte Repräsentanten der Stadt wider besseren Wissen Gesprächsbereitschaft heucheln, nur um einmal mehr dem Dialog aus dem Weg zu gehen.
Der Wortlaut des Kündigungsschreibens macht deutlich, dass kulturelle und soziale Projekte, die — wie die Alte Feuerwache — im Sinne kapitalistischer Verwertungslogik nicht effizient sind, in dieser Stadt ausdrücklich nicht erwünscht sind.
So leicht werden sie es nicht haben! Mit unserem Besuch der Stadtratssitzung am 4. November wie auch mit der symbolischen Auslagerung des Kulturcafés aus der Feuerwache in die Bahnhofstraße am 25.11. haben wir bereits andeuten lassen, dass ein Rauswurf des “Alten Feuerdrachen” aus der Feuerwache von uns nicht so einfach hingenommen wird. Auch deswegen wird am Samstag, den 20.12.2003 eine Demonstration in der Saarbrücker Innenstadt für den Erhalt der Alten Feuerwache als soziales, kulturelles und politisches Zentrum in Saarbrücken stattfinden.
2004 ist Wahlkampf — auch der Kampf um die Alte Feuerwache wird weitergehen.
Gegen soziale Ausbeutung!
Alte Feuerwache bleibt!
Antifa Saar / Projekt AK
Der Saarländische Rundfunk meldete dazu am 4.12.2003:
Saarbrücken: Stadt kündigt Verein “Alter Feuerdrache” die Räume
Dem alternativen Kulturverein “Alter Feuerdrache” sind von der Stadt die Räume in der Alten Feuerwache gekündigt worden. Das teilten PDS und Antifa Saar mit.
Nach Angaben der PDS wurde die Kündigung offensichtlich ausgesprochen, bevor die Gespräche mit den Betreibern des Zentrums abgeschlossen waren.
Die Antifa Saar teilte mit, man werde dies nicht einfach so hinnehmen. Für den 20.Dezember wurde eine Demonstration in der Innenstadt angekündigt. Der Verein besteht seit knapp 22 Jahren