Lesehinweis: Die Marschrichtung der “Lebensschützer”

Am 21. Oktober 2017 war es wieder soweit: Selb­st ernan­nte „Lebens­schützer” unter Fed­er­führung der „Priester­brud­er­schaft St. Pius X.”, die auch im katholis­chen Rhein­land ver­ankert ist, ziehen durch Saar­brükck­en. Jeanette Schweitzer, Red­ner­in der Abschlusskundge­bung, wet­tert gegen „Auswüchse irrsin­niger fem­i­nis­tis­ch­er Gen­der- und Abtreibungs­lobby”. Schilder proklamieren „Stoppt Gen­der-ide­olo­gie” und „Deutsch­land treibt seine Zukun­ft ab” — was als implizite Ref­erenz zum Bestsel­ler Thi­lo Sar­razins gele­sen wer­den kann.

Der Artikel ist in der Aus­gabe 70 der Zeitschrift Lot­ta — Antifaschis­tis­che Zeitung aus NRW, Rhein­land-Pfalz und Hes­sen erschienen.

Down­load als PDF: Lot­ta #70: Die Marschrich­tung der “Lebenss­chützer”

Protest gegen den Trauermarsch der Nazikameradschaft „Nationaler Widerstand Zweibrücken“ am 14. März 2018

Jedes Jahr im März demon­stri­eren in Zweibrück­en Nazis mit einem Fack­elzug und grässlich­er Musik durch die Zweibrück­er Innen­stadt und gedenken dabei ihren Opfern durch den alli­ierten Beschuss der Stadt im 2. Weltkrieg. Dieses Jahr hat­te die antifaschis­tis­che Gruppe „Sol­i­darische Rose“ mit dem Bünd­nis „Gemein­sam gegen Rechts“ zum Gegen­protest aufgerufen. Etwa 150 Men­schen kamen zu deren Kundge­bung auf dem Hallplatz, während sich 26 Nazis auf dem Alexan­der­platz ver­sam­melten. Nach ein­er Weile gin­gen viele Kundgebungsteinehmer_innen vom Hallplatz in Rich­tung Alexan­der­platz, um ihren Protest auch in Sicht- und Hör­weite der Nazis laut­stark fortzuset­zen. Während die Polizei dies mit Schal­g­stock­ein­satz zu ver­hin­dern ver­suchte, löste das Ord­nungsamt Weit­er­lesen

Tagung in Malstatt gegen die „autoritäre Revolte“

Knapp 40 Antifaschist*innen trafen sich am Son­ntag, dem 19. Novem­ber im Saar­brück­er Stadt­teil Mal­statt, um sich für die anste­hen­den gesellschaftlichen Kämpfe gegen den zunehmenden Recht­sruck ein­er­seits und die Ver­harm­lo­sung islamistis­ch­er Bewe­gun­gen ander­er­seits mit notwendi­gem Wis­sen auszurüsten. Als Ref­er­ent ein­ge­laden hat­ten wir den His­torik­er Volk­er Weiß, der mit seinem aktuellen Buch „Die autoritäre Revolte – die Neue Rechte und der Unter­gang des Abend­lan­des“ eine präzise Analyse der Neuen Recht­en vorgenom­men hat. In mehreren Beiträ­gen stellte er The­sen aus seinem Werk vor. Ver­tieft wurde ins­beson­dere die Rolle der Presse, die auf die Strate­gie der Metapoli­tik der Neuen Recht­en immer wieder here­in fällt. . Dabei wur­den auch Gegen­vorschläge zum medi­alen Umgang unter­bre­it­et. Deut­lich dargestellt wurde, anhand ein­er „Fam­i­lien­auf­stel­lung“ der Neuen Recht­en, dass diese so neu gar nicht ist. Von Weit­er­lesen

Mythen entschleiert – erfolgreiche Veranstaltungsreihe zu 40 Jahre Deutscher Herbst

Ins­ge­samt drei Ver­anstal­tun­gen führten wir gemein­sam mit der Arbeits­gruppe Saar der Deutsch-Israelis­chen Gesellschaft (DIG), der Hein­rich Böll-Stiftung Saar, der linksju­gend [sol­id] Saar und der Saar­brück­er Gesellschaft zur Förderung des kri­tis­chen Denkens und Han­delns – Cri­Think e.V. im Rah­men unser­er Rei­he „40 Jahre Deutsch­er Herb­st – ein Beitrag zur kri­tis­chen Aufar­beitung“ durch.

volles Haus beim Vor­trag mit Mar­tin Kloke

Am Don­ner­stag, dem 21. Sep­tem­ber kamen 50 Inter­essierte zu der Auf­tak­tver­anstal­tung unser­er Rei­he und lauscht­en den Aus­führun­gen von Erich Später, Autor des im Konkret- Weit­er­lesen

Neonazis erfolgreich blockiert

Die Neon­azis um Jacque­line Süß­dorfs „Bünd­nis Saar“ kamen am 30.9.2017 nicht weit. Nach­dem über 200 Gegendemonstrant_innen die Auf­tak­tkundge­bung vor der Europa­ga­lerie in Saar­brück­en laut­stark störten, wurde der Mer­cedes von Jacque­line Süß­dorf mit­samt den rund 30 Neon­azis in der Bahn­hof­s­traße gestoppt.

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Bericht aus Bonn von der Demo gegen die Einheitsfeierlichkeiten am 3. Oktober 2011

Ein knappes Dutzend Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten machte sich am Mon­tag, dem 3. Okto­ber 2011 auf rel­a­tiv spon­tane Ini­tia­tive der Antifa Saar / Pro­jekt AK auf nach Bonn, um dort gegen die zen­tralen Feier­lichkeit­en zum „Tag der deutschen Ein­heit“ zu demon­stri­eren. Neben ver­schiede­nen anar­chosyn­dikalis­tis­chen Grup­pen und dem Ums­Ganze-Bünd­nis gab es auch noch das „Imag­ine there’s no Deutschland“-Bündnis, dessen Aufruf meines Eracht­ens der inhaltlich Beste war.
Deshalb entsch­ieden wir uns auch, uns in diesem Block einzurei­hen und mit dem Trans­par­ent „Deutsch­land denken heißt Auschwitz denken“ auf die nicht trennbare Verknüp­fung des post­nazis­tis­chen Deutsch­lands mit der Shoah aufmerk­sam zu machen. Weit­er­lesen

Bericht: 200 Teilnehmer_innen bei Demonstration in Gedenken an Samuel Yeboah in Saarlouis

In Gedenken an den vor 20 Jahren durch einen ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlag ermorde­ten Flüchtling Samuel Yeboah fand am ver­gan­genen Sam­stag eine Demon­stra­tion gegen Ras­sis­mus und deutschen Nation­al­is­mus in der Saar­louis­er Alt­stadt statt. Die rund 200 Teilnehmer_innen macht­en fast drei Stun­den auf das nach wie vor fehlende öffentliche Gedenken an die Tat und den gesellschaftlichen Kon­text, in dem diese entste­hen kon­nte, aufmerk­sam. Weit­er­lesen

Antifa Saar zu Gast im saarländischen Landtag

Anhörung der Antifa Saar / Pro­jekt AK im saar­ländis­chen Landtag

Am Mon­tag, dem 18. April 2010 fand im saar­ländis­chen Land­tag auf Ein­ladung des Vor­sitzen­den des Innenauss­chuss Lothar Schnitzer (MdL, dieLinke) eine öffentliche Anhörung der Antifa Saar / Pro­jekt AK zur The­matik „Pri­vate Sicher­heits­di­en­ste und deren Ver­strick­un­gen mit der Neon­azi-Szene im Saar­land“ statt.
Zu dieser Ver­anstal­tung an einem für die saar­ländis­che Antifa doch eher unge­wohn­ten Ort kam es auf­grund ver­schieden­er Ereignisse des let­zten Jahres. Weit­er­lesen

Erlebnisbericht zum Naziaufmarsch am 18.12.2004 in Trier

Am Sam­stag, den 18.Dezember 2004, marschierten etwa 30 Neon­azis durch Tri­er. Unter dem Mot­to “Schluss mit den BRD-Refor­men — ein neues Sys­tem bietet neue Möglichkeit­en” forderten die aus der Region Tri­er und dem Saar­land angereis­ten Neon­azis (u.a. “Kam­er­ad­schaft Moselland(Trier)”, “Kam­er­ad­schaft Saarlautern(Saarlouis)”) die Wieder­errich­tung des Nationalsozialismus.

Seit mehreren Wochen hat­te die sog. “Kam­er­ad­schaft Mosel­land” um den Tri­er­er Neon­azi Peter ‘Knolle’ Hall­mann zu einem Auf­marsch am 18. Dezem­ber 2004 in Tri­er aufgerufen. Unter dem ein­deuti­gen Mot­to “Schluss mit den BRD-Refor­men — ein neues Sys­tem bietet neue Möglichkeit­en” woll­ten die Neon­azis für die Wieder­errich­tung des Nation­al­sozial­is­mus auf die Straße gehen. Unter­stützt wurde der Auf­marsch von der Saar­louis­er “Kam­er­ad­schaft Saarlautern”.
Ab 11 Uhr woll­ten sich die Nazis vor dem Tri­er­er Haupt­bahn­hof tre­f­fen, bis dann um 13 Uhr der Aufzug starten sollte. Die angemeldete Route durch die Innen­stadt wurde von der Stadt Tri­er, wohl vor allem wegen dem zeit­gle­ich stat­tfind­en­den Wei­h­nachts­markt, ver­boten, das Ver­bot wurde vom Ver­wal­tungs­gericht bestätigt. Nach­dem die Anmelder gegen dieses Ver­bot klagten und vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Koblenz Recht beka­men, einigten sie sich mit der Stadt Tri­er auf die Route außer­halb der Innen­stadt, durch ein Wohnge­bi­et hin­ter dem Hauptbahnhof.

Pünk­tlich um 11 Uhr trafen dann auch die ersten Nazis ein. Als Laut­sprecher­wa­gen fungierte ein­mal mehr der hell­blaue VW Pas­sat von Dominik Kleer (“Kam­er­ad­schaft Saar­lautern”). Die Polizei hat­te mit einem Großaufge­bot den Bahn­hofsvor­platz abgeriegelt, die nach und nach ein­tr­e­f­fend­en Gegen­demon­stran­tInnen, die zum Teil an der Gegenkundge­bung vor der Basi­li­ka teilgenom­men hat­ten, wur­den von den Überwachung­steams der Polizei fleißig abge­filmt und fotografiert. Jet­zt hieß es warten, ein paar einzeln hinzus­toßende Nazis wur­den ver­jagt, anson­sten wurde die Zeit bis zum Beginn des Auf­marsches durch Sprechchöre etc. überbrückt.
Unter­dessen gab es die Nachricht, dass am Saar­brück­er Haupt­bahn­hof mehrere Faschis­ten am Besteigen eines Zuges nach Tri­er gehin­dert wur­den und im Lauf­schritt den Bahn­steig ver­lassen mussten.
Für gute Stim­mung unter den Gegen­demon­stran­tInnen sorgten dann die Nazis selb­st, als es kräftig aus dem Motor des Nazi­lautis anf­ing zu qual­men. Der Strom war weg, die Bat­terie futsch und die Stim­mung aus­ge­lassen. Nachrück­ende Nazis aus Saar­brück­en bracht­en dann eine neue Auto­bat­terie mit, so dass gegen 13.30 die Nazikundge­bung begin­nen kon­nte. Zu diesem Zeit­punkt nah­men etwa 30 Nazis an der Ver­anstal­tung teil. Die Reden, u.a. von Dominik Kleer, Peter Hall­mann und einem NPDler gin­gen im Großen und Ganzen unter den Rufen und Pfeifen der AntifaschistIn­nen unter.
Nun zog der Nazi­auf­marsch in Form von 30 Nazis mit 3 Trans­par­enten und mehreren schwarzen und Schwarz-Weiß-Roten Fah­nen los Rich­tung Küren­z­er Straße. Kaum ein paar Meter gelaufen, ging ein wahrer Hagel aus Obst, Gemüse, Eiern und Flasche auf die Nazis nieder, so dass diese erst­mal ren­nen mussten um aus der Schus­slin­ie zu kom­men. Zur angekündigten Schnee­ballschlacht (remem­ber Stal­in­grad) kam es lei­der auf Grund der unsym­pa­this­chen Wet­ter­ver­hält­nisse nicht, trotz­dem wur­den die Nazis den ganzen Tag über mit unter­schiedlich­sten Wur­fgeschossen eingedeckt.
Geschützt von mehreren hun­dert PolizistIn­nen zogen die Nazis dann durch ein Wohnge­bi­et hin­ter dem Haupt­bahn­hof. AntifaschistIn­nen gelang es immer wieder, die Naziroute zu block­ieren und auf Wur­fweite an den Nazi­auf­marsch her­anzukom­men. Dabei kam es zu Knüp­pelein­sätzen und ersten Fes­t­nah­men gegen AntifaschistInnen.
Eines der bere­its beschriebe­nen Wur­fgeschosse zer­schlug ziel­ge­nau eine Scheibe des Laut­sprecher­wa­gens und bescherte den Nazis eine etwas zugige Heim­fahrt. Durch die Scher­ben wurde eine im Auto sitzende Faschistin wohl leicht verletzt.
Gegen 16 Uhr endete der Auf­marsch unter ständi­gem antifaschis­tis­chen Protest und die Nazis durften ihre Heim­reise antreten, diejeni­gen die mit dem Zug fuhren beka­men einen polizeilichen Geleitschutz bis zum Ziel­bahn­hof gestellt.

Faz­it:
— magere 30 Neon­azis, ein beschädigtes Naziauto
— min­destens 300 GegendemonstrantInnen
— mehrere Polizei-Hundertschaften
— Block­aden der Naziroute, Obst‑, Gemüse- und Flaschenwürfe
— mehrere Fes­t­nah­men und Knüppeleinsätze

Auch veröf­fentlicht auf indy­media: http://www.de.indymedia.org/2004/12/102195.shtml

Bericht zu den Aktionen am 05.Oktober 2004 auf dem Hauptfriedhof in Saarbrücken

60 Jahre Bom­bardierung von Saarbrücken
Der 60. Jahrestag der Bom­bardierung Saar­brück­ens im Okto­ber 1944 durch die britis­che Luft­waffe wurde in Saar­brück­en von eini­gen ewig gestri­gen inklu­sive der “Saar­brück­er Zeitung” genutzt, um die Verkehrung von Tätern und Opfern weit­er voranzutreiben. AntifaschistIn­nen nutzten die Kranznieder­legung sowie die abendliche Schweigeminute für Protest und Freudenfeuerwerk.

Am 5.Oktober 1944 bom­bardierte die Roy­al Air Force unter dem Kom­man­do von Sir Arthur Har­ris die Saar­brück­er Innen­stadt. Ver­gan­genen Dien­stag jährte sich dieser Tag nun zum 60. Mal, was für Geschicht­sre­vi­sion­is­ten wie den Volks­bund deutsche Kriegs­gräber­für­sorge und andere (echte, keine “Neo-”) Nazis ein willkommen­er Anlass war, sich darüber zu bekla­gen dass die armen Deutschen doch am meis­ten lei­den mussten… sowohl unter Hitler wie natür­lich ganz mas­siv unter dem “alli­ierten Bombenterror”.
Schon Anfang dieses Jahres begann die “Saar­brück­er Zeitung” (SZ) mit ihrer Suche nach Zeitzeu­gen der Bom­bardierung Saar­brück­ens 1944, um dann rechtzeit­ig zum Jahrestag die rührseli­gen Berichte eben­jen­er präsen­tieren zu kön­nen. Es wird gejam­mert, wie schlimm es damals doch war, als die Bomben­tep­piche der Roy­al Air Force auf Saar­brück­en niedergin­gen. Anfang Sep­tem­ber startete die SZ eine wöchentliche Serie, wo groß­for­matig diejeni­gen zu Wort kamen, die 1944 an den Flak­bat­te­rien auf alli­ierte FLieger schossen, im Luftschutzbunker für den Führer beteten oder im Arbeits­di­enst eifrig für die deutsche Kriegswirtschaft schraubten. Forciert wurde diese zur Schau getra­gene Verkehrung der Täter, die sich 1935 bei der ersten Saarab­stim­mung mit 90,76% der Stim­men für “Heim ins Reich”, also den Anschluss des Saarge­bi­etes an das deutsche Reich, entsch­ieden haben, zu Opfern von SZ-Redak­teur Dieter Gräb­n­er, der pünk­tlich zum Jahrestag sein Buch “Über uns Feuer und Verder­ben” veröf­fentlichte, wo eben jene sog. Zeitzeu­gen zu Wort kommen.

Höhep­unkt dieser Kam­pagne war nun der eigentliche Jahrestag selb­st, näm­lich der 5.Oktober 2004. 60 Jahre, nach­dem die antifaschis­tis­chen Luft­stre­itkräfte den Nazis an der Saar so langsam aber sich­er den Spaß am Nazi­sein ver­dar­ben, sollte nun eine offizielle Kranznieder­legung am “Fliegeropfer­feld” des Saar­brück­er Haupt­fried­hofs sowie eine abendliche Schweigeminute, Sire­ne­nalarm und Glock­läuten zum Gedenken der Bombenopfer stattfinden.

Die Kranznieder­legung, 17:00 Uhr, Haupt­fried­hof Saarbrücken
Wirk­lich viel war nicht los an diesem son­ni­gen Nach­mit­tag, als wir am “Fliegeropfer­feld” ein­trafen. Ein aus Saar­louis angekar­rter Kirchen­chor trällerte herzzer­reis­sende Trauer­lieder, und die weni­gen Anwe­senden unter­hiel­ten sich über den schlecht­en Zus­tand, in dem sich ihre Tra­di­tionsvere­ine, wie z.B. der Volks­bund deutsche Kriegs­gräber­für­sorge (VdK) oder die Fallschir­mjäger-Kam­er­ad­schaft doch befän­den. So langsam aber sich­er ver­ab­schieden sich die alten Nazis halt auf natür­lichem Wege. Anwe­send und in über­aus freudi­ger Erwartung auf “sein” Event war der Lan­desvor­sitzende des VdK, CDU-Mit­glied und MdL Kurt Schoe­nen. Er begrüßte fre­undlich die langsam ein­trudel­nde Trauerge­meinde sowie die Ver­ant­wortlichen und Repräsen­tan­tInnen der Stadt Saar­brück­en und freute sich wie ein Kind darüber, dass erstaunlicher­weise so viele junge Leute vor Ort waren. Seine Frage, ob wir denn die Leute wären, die die Kerzen auf den Grab­steinen anzün­den soll­ten, mussten wir aber dann doch mit einem nicht zu ver­heim­lichen­den Lächeln verneinen.
Als dann gegen vier­tel nach fünf auch die neugewählte Ober­bürg­er­meis­terin Char­lotte Britz (SPD) und ihr Stel­lvertreter, Bürg­er­meis­ter Kajo Breuer (Grüne), vor Ort waren, sollte die Zer­e­monie beginnen.
Just in diesem Moment dürfte Her­rn Schoe­nen dann schla­gar­tig klar gewor­den sein, was die jun­gen Leute auf diesen, in der Regel den Alten vor­be­hal­te­nen Ort, trieb: für alle sicht­bar wurde ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift “Wir danken den Alli­ierten für die Befreiung vom Nation­alssozial­is­mus! Deutsche Täter sind keine Opfer!” entrollt und die Fah­nen der Alli­ierten sowie die der Antifaschis­tis­chen Aktion geschwenkt.
Sichtlich geschockt, pikiert oder irri­tiert reagierte die anwe­sende Trauerge­meinde, führte jedoch ihr Pro­gramm fort. So hielt Kurt Schoe­nen (VdK, CDU) eine Rede, die recht klar stellte, wes Geistes Kind er ist. Die Bombenopfer von Coven­try (Eng­land), das zu Kriegs­be­ginn von der nation­al­sozial­is­tis­chen deutschen Wehrma­cht ange­grif­f­en wurde, wur­den gegen die Toten von Saar­brück­en aufgerech­net, und Kurt Schoe­nen kam zu einem ein­deuti­gen Ergeb­nis: während der Angriff auf Coven­try nur um die 500 Tote forderte und der auf Saar­brück­en über 1000, Coven­try aber dreimal soviel Ein­wohn­er wie Saar­brück­en hat­te, war logis­cher­weise die Ver­lus­trate für Saar­brück­en deut­lich höher. Fol­glich ergibt sich, was die Nazis schon immer wussten: die notwendi­gen Luftschläge gegen das “Dritte Reich” waren ein Krieg gegen unschuldige Zivilis­ten und ungle­ich schlim­mer als die paar Toten, die durch NS-Bomben starben.
Dann wur­den die Schleifen an den Gedenkkränzen aufgeklappt (ein Kranz vom VdK, ein­er von der Stadt Saar­brück­en), ein paar Fotos für Presse geschossen und noch ein Lied­chen geträllert, und dann war diese unheil­volle Ver­anstal­tung zu Ende. Ange­führt von fack­el­tra­gen­den Feuer­wehr-Leuten marschierten die Trau­ri­gen nun noch zum sog. “Zwangsar­beit­er­feld”, wo für jene Zwangsar­beit­er ein Kranz niedergelegt wurde, welche der Bom­bardierung der Stadt zum Opfer fie­len. Ob es die Anwe­senden eher schade um die ver­lorene bil­lige Arbeit­skraft fande, sei mal dahingestellt.
Im Vor­beige­hen gab es noch ein paar Kom­mentare in Rich­tung der AntifaschistIn­nen (“Ich hab’ den ganzen Feuerza­uber über­lebt” –> “Schade!” oder “Euch gehts doch viel zu gut!” — Danke, auf volks­ge­mein­schaftlich­es Leid verzicht­en wir gerne), einzig Bürg­er­meis­ter Breuer fand es “gut, dass ihr da seid.”

Gut gelaunt und erfreut darüber, den alten Nazis doch ein bißchen ans Bein gepisst zu haben, ver­ließen wir nun den Ort volks­deutsch­er Trau­rigkeit und macht­en uns auf den Nachhauseweg.

Schweigeminute, 20:30 Uhr
Teil 2 dieses schö­nen Tages begann ein paar Stun­den später. Punkt 20:30 Uhr heul­ten die Sire­nen im Dauer­ton, und sämtliche Kirch­tur­m­glock­en der statt läuteten. Schweigeminute nan­nte man das, um den deutschen Opfern der Bom­bardierung zu Gedenken. Par­tysig­nal, dacht­en sich einige geschichts­be­wusste AntifaschistIn­nen und entzün­de­ten ein kleines Freuden­feuer­w­erk mit Raketen, Böllern und far­ben­fro­hen Fontä­nen, um die Zer­schla­gung Nazideutsch­lands, an der die Luftschläge gegen deutsche Großstädte einen großen Anteil hat­ten, gebührend zu feiern.

Alles in Allem ein ereignis­re­ich­er und von antifaschis­tis­ch­er Seite aus sehr erfol­gre­ich­er Tag, der gebührend been­det wurde. Wir wer­den uns auch weit­er­hin zu Wort melden, wenn sich alte und neue Nazis dafür stark machen, die Täter zu Opfern zu stil­isieren, die Geschichte zu ver­drehen und die Ver­brechen des deustchen Faschis­mus zu ver­harm­losen. Deutsche Täter wer­den niemals Opfer sein.

Auch veröf­fentlicht auf indy­media: http://de.indymedia.org/2004/10/96055.shtml