Pressemitteilung zu den Naziaufmärschen am 1.Juli im Saarland

Neon­azis wollen in Saar­louis und Merzig demonstrieren!

Unter dem Mot­to „Arbeit­splätze statt Krieg­sein­sätze“ rufen saar­ländis­che Neon­azis zu ein­er Dop­peldemon­stra­tion am 1. Juli 2006 in Saar­louis und in Merzig auf. Dabei beziehen sie sich auf den bevorste­hen­den Ein­satz der Saar­land­bri­gade im Kon­go. Die Demon­stra­tion wird vom NPD-Lan­desver­band Saar und dem Aktions­büro Saar, einem Zusam­men­schluss neon­azis­tis­ch­er Kam­er­ad­schaften aus dem Saar­land, organisiert.
Die Antifa Saar / Pro­jekt AK kündigt Proteste gegen die neon­azis­tis­che Mobil­isierung an.

Bere­its seit Ende let­zten Monats kündi­gen das neon­azis­tis­che „Aktions­büro Saar“ und der NPD-Lan­desver­band die Dop­peldemon­stra­tion an. Dabei nehmen sie den bevorste­hen­den Kon­go-Ein­satz der Saar­land­bri­gade zum Anlass, um ihr völkisch-nation­al­is­tis­ches Gedankengut offen auf der Straße zu propagieren.

Chris­t­ian Schnei­der, Sprech­er der Antifa Saar / Pro­jekt AK, erk­lärt hierzu: „Uns ver­wun­dert es über­haupt nicht, dass die Nazis von NPD und so genan­nten „freien Kam­er­ad­schaften“ die Saar­land­bri­gade und ihren bevorste­hen­den Ein­satz the­ma­tisieren. So gibt es bei bei­den eine nicht zu leug­nende Affinität zum Nation­al­sozial­is­mus. Während man dies bei ersteren immer wieder in ihren neuen Veröf­fentlichun­gen nach­le­sen kann, gehört es bei der Saar­land­bri­gade zum guten Ton das NS-Fallschir­mjäger­lied „Rot scheint die Sonne“ abzusingen“.

Die Antifa Saar / Pro­jekt AK wird gegen den Ver­such neon­azis­tis­ches Gedankengut auf die Straße zu tra­gen protestieren und den Wider­stand organ­isieren. Außer­dem rufen wir alle fortschrit­tlichen Kräfte dazu auf selb­st aktiv zu wer­den und sich mit den ver­füg­baren Mit­teln gegen die Pro­voka­tion zu wehren.

Dabei wird es der Antifa Saar / Pro­jekt AK nicht darum gehen, während der Fußball ‑WM das Bild eines „anständi­gen Deutsch­lands“ sich­er zu stellen, son­dern vielmehr prak­tis­che Kri­tik an der deutschen Volk­stümelei zu üben und sich am 1. Juli deren offen­sichtlich­sten Vertretern in den Weg zu stellen.

Bei Rück­fra­gen: Tele­fon: 0175–1271105 e‑mail:antifasaar@yahoo.de www.antifasaar.de.vu

Antifa Saar / Pro­jekt AK

Pressemitteilung nach den Naziaufmärschen am 1.Juli im Saarland

Saar­brück­en, 02.07.2006

700 Polizis­ten unter­drück­en jeglichen Protest gegen Nazi­auf­marsch in Merzig

50 Mit­glieder von NPD und „Freie Kam­er­ad­schaften“ marschieren durch Saar­louis und Merzig. Polizei erteilt großflächig Platzver­weise gegen Jugendliche und unterbindet so jeglichen Protest gegen den nation­al­sozial­is­tis­chen Aufmarsch.

Medi­en­bericht­en zufolge waren am Sam­stag, den 01.Juli 2006, im Rah­men der bei­den Aufmärsche von NPD Saar und „Aktions­büro Saar“, einem Zusam­men­schluss mil­i­tan­ter Neon­azis vor allem aus dem Raum Saar­louis und Saar­brück­en, bis zu 700 Polizis­ten einge­set­zt, die dafür sorgten, dass nie­mand seinen Unmut über diesen Aufzug äußern konnte.

Vor allem in Merzig, wo die Antifa Saar / Pro­jekt AK ursprünglich eine Gegenkundge­bung angemeldet hat­te, die aber durch die Lan­drätin des Kreis­es Merzig-Wadern ver­boten wurde, waren seit dem frühen Mor­gen zahlre­iche PolizistIn­nen, in ziv­il wie in Uni­form, unter­wegs. Die Ein­heit­en aus dem Saar­land und Rhein­land-Pfalz, darunter auch eine Spezialein­heit aus Mainz, kon­trol­lierten massen­haft vor allem Jugendliche in der Merziger Innen­stadt und erteil­ten unseren bish­eri­gen Erken­nt­nis­sen zufolge etwa 50 Platzver­weise, die den betrof­fe­nen Men­schen das Betreten der Stadt Merzig für den ganzen Tag verbot.

Dazu Alexan­der Bress­er, stel­lvertre­tender Press­esprech­er der Antifa Saar / Pro­jekt AK: „Die Frage nach der Ver­hält­nis­mäßigkeit der Mit­tel ist sicher­lich ange­bracht, wenn man sich vor Augen führt, dass an diesem Tag auf jedeN schein­baren oder tat­säch­lichen Demon­stran­tIn 7 PolizistIn­nen kamen. Wir kri­tisieren das Vorge­hen der Polizei, die jeden friedlichen ver­balen Protest in Hör­weite der Nazis durch die mas­siv­en Stadtver­bote unter­band, aufs schärf­ste und hal­ten diesen repres­siv­en Umgang mit dem Ver­samm­lungsrecht für äußerst fragwürdig.“

Für Rück­fra­gen ste­hen wir unter der Tele­fon­num­mer 0175–1271105 sowie per eMail an antifasaar@yahoo.de zur Verfügung.

ANTIFA SAAR / PROJEKT AK

Verhinderter Redebeitrag der Antifa Saar / Projekt AK zu den Aufmärschen am 1.Juli 2006

[Willkom­men in Merzig, der „Stadt mit mehr Möglichkeiten“]
Während die meis­ten Leute hier eine oder mehrere der vielzäh­li­gen Ver­anstal­tun­gen, die die Stadt Merzig dem geneigten Besuch­er heute dar­bi­etet, besuchen oder sich ein­fach nur am schö­nen Wet­ter in dieser net­ten saar­ländis­chen Kle­in­stadt erfreuen wollen, marschieren ein paar hun­dert Meter weit­er Alt- und Neon­azis durch die Straßen von Merzig. Während also diese Leute, ganz in der Tra­di­tion ihrer Eltern- und Großel­tern­gener­a­tion, für eine Poli­tik auf­marschieren, die schon vor 70 Jahren einen bis dato nie dagewe­se­nen Zivil­i­sa­tions­bruch und die indus­trielle Massen­ver­nich­tung von Mil­lio­nen von Men­schen bedeutet hat, fällt der Lan­drätin des Kreis­es Merzig-Wadern nichts besseres ein, als eine geplante Gegenkundge­bung, die sich expliz­it gegen den Auf­marsch der Neo-Nation­al­sozial­is­ten um das so genan­nte „Aktions­büro Saar“ aus Saar­louis und den NPD Lan­desver­band Saar richt­en sollte, kurz­er­hand zu ver­bi­eten und organ­isierten antifaschis­tis­chen Protest am 1.Juli in Merzig für ille­gal zu erk­lären. Der Ver­such der Lan­drätin, die Stadt an diesem schö­nen son­ni­gen Sam­stag poli­tik- und wider­spruchs­frei zu hal­ten, ist nach einem Ver­wal­tungs­gericht­surteil, das das anfänglich aus­ge­sproch­ene Ver­bot des Nazi­auf­marsches für ungültig erk­lärte, gründlich miss­lun­gen. So hat die Stadt heute also noch eine Attrak­tion mehr zu bieten.

[Gute Deutsche und böse Nazis]
Nun sind der­gle­ichen Aufmärsche im wiedervere­inigten Deutsch­land längst die Regel und beim besten Willen keine Aus­nahme mehr; die Kampftrup­pen der neuen Nation­al­sozial­is­ten marschieren mal unter diesem, mal unter jen­em Mot­to all­wöchentlich durch irgen­deine deutsche Klein- oder Großs­tadt. Und all­wöchentlich regen sich Men­schen darüber auf. Die Gründe, warum sie dieses tun, sind jedoch bisweilen äußerst ver­schieden. Aktuell tobt mal wieder ein „Auf­s­tand der Anständi­gen“, aus­gelöst durch mehrere Medi­en­berichte über Mord- und Totschlagsver­suche deutsch­er Neon­azis an ihren wie auch immer für nicht­deutsch befun­de­nen Opfern, durch die Berlin­er Repub­lik und es gehört zur ober­sten Staats­bürg­erpflicht, gegen die Nazis zu sein. Hin­ter der öffentlich vor­ge­tra­ge­nen Empörung der Repräsen­tan­ten der ren­ovierten und geläuterten Berlin­er Repub­lik, seien es nun Funk­tionäre der staat­stra­gen­den Parteien, der Gew­erkschaften oder der Amt­skirchen, ste­ht jedoch vor allem die Angst um den eige­nen Stan­dort und dessen Anse­hen in der übri­gen Welt, ger­ade jet­zt wo doch die ganze Welt zu Gast bei Fre­un­den ist. Denn nichts schreckt die Baumeis­ter des welt­mach­tam­bi­tion­ierten Deutsch­lands mehr als die Möglichkeit, ein Investor aus dem Aus­land kön­nte wom­öglich seine Mitar­beit­er davor war­nen, bes­timmte Gegen­den Deutsch­lands zu betreten oder gar auf Investi­tio­nen ganz zu verzicht­en und lieber in ein Land zu gehen, wo No-Go-Areas für Nichtweiße noch nicht zum guten Ton gehören.
Diesem „Antifaschis­mus“, der in schwarz-rot-gold daherkommt und die Symp­tome zu ver­tuschen sucht, aber keineswegs auch nur gewil­lt ist, dem Prob­lem auf den Grund zu gehen, ver­wehren wir uns aus­drück­lich. Wir leg­en keinen Wert darauf, „Nazis raus!“ zu schreien, wenn es ger­ade ein­mal wieder aus Pres­tige- und Image-Grün­den für Deutsch­land von Vorteil erscheint und der Innen­min­is­ter medi­en­wirk­sam einem der zahllosen Opfer neon­azis­tis­ch­er Gewalt sein her­zlich­stes Mitleid ver­sichert, während Tag für Tag Men­schen gewalt­sam daran gehin­dert wer­den, nach Europa zu migri­eren und diejeni­gen, die es geschafft haben, wieder abgeschoben wer­den. Wir leg­en keinen Wert darauf, als antifaschis­tis­ches Feigen­blatt für ein deutsches Pro­jekt zu dienen, das sich mit dem ständi­gen Hin­weis auf seine Ver­gan­gen­heit und die Lehren, die es daraus gezo­gen zu haben vorgibt, anschickt, wieder zu ein­er Welt­macht, als moralis­ch­er wie mil­itärisch­er und wirtschaftlich­er Gegen­pol zu den USA, aufzusteigen. Eine Gesellschaft, die im Grunde die Forderun­gen der Neon­azis, die sich nicht zu Unrecht als Speer­spitze deutsch­er Volk­side­olo­gie begreifen, nur geschick­ter ver­packt alltäglich umset­zt, ist daher nicht Teil der Lösung, son­dern Teil des Problems.

[Warum gegen Nazis?]
Man kön­nte sich zurück­lehnen und diesen Som­mertag am Bag­gersee ver­brin­gen, mit der Gewis­sheit im Hin­terkopf, dass Nazis eben zu Deutsch­land gehören wie die Fliegen zur Scheiße. Es gibt sicher­lich tausend schönere Dinge, als sich immer wieder das Woch­enende mit irgendwelchen Nazis zu ver­sauen. Man kön­nte sie ein­fach ignori­eren und zuse­hen, dass man ihnen aus dem Weg geht und das Prob­lem damit für sich selb­st ad acta legt. Dass die NPD kurz vor der Machter­grei­fung stünde und das 4.Reich in greif­bar­er Nähe sei, würde wohl auch kaum jemand ern­sthaft behaupten wollen.
Dass es trotz­dem unab­d­ing­bar notwendig ist, Nazis jeglich­er Couleur offen­siv ent­ge­gen­zutreten, ste­ht für uns außer Frage. Deutsche Neon­azis sind eine per­ma­nente Gefahr für die kör­per­liche Unversehrtheit und Leben von Men­schen, die in den Augen dieser deutschesten aller Deutschen nicht deutsch genug, im schlimm­sten Falle sog­ar jüdisch sind. Mag man Neon­azis auch gerne als mar­gin­al­isierte Rand­gruppe darstellen, so sprechen die über 150 Todes­opfer der let­zten 15 Jahre und die tausenden Ver­let­zten eine andere Sprache. Dass die Gewalt durch Neon­azis gegen Nicht­deutsche, Juden, Linke, Kom­mu­nis­ten, Obdachlose etc. nicht etwa die Folge man­gel­nder Zukun­ftsper­spek­tiv­en mar­gin­al­isiert­er Jugendlich­er, Arbeit­slosigkeit und Langeweile ist, son­dern hand­feste Ide­olo­gie und poli­tis­ches Pro­gramm, müssen Men­schen, die von eben diesen Nazis als „Volks­feinde“ erkan­nt und eingestuft wer­den, Tag für Tag am eige­nen Kör­p­er erfahren.
Am heuti­gen Tag geht es darum, den Nazis dort, wo sie öffentlich auftreten, offen­siv ent­ge­gen­zutreten. Ein echter Antifaschis­mus, der diesen Namen auch ver­di­ent, geht selb­stver­ständlich auch darüber hin­aus. Doch dazu an ander­er Stelle mehr.

In diesem Sinne: Den Nazis den Saft abdrehen! Kein Friede mit Deutsch­land! Für den Kommunismus!
ANTIFA SAAR / PROJEKT AK (Juli 2006)

Gesammelte Presseartikel zu den Naziaufmärschen in Saarlouis und Merzig am 1. Juli 2006

Gesam­melte Presseartikel zu den Nazi­aufmärschen in Saar­louis & Merzig — 01.07.2006

(ältere Artikel weit­er unten)

 

SR-online, Saar­text

01.07.2006, abends

Saarlouis/Merzig: Rechte Demos ohne große Beteiligung

Eine angekündigte, gerichtlich ges­tat­tete Dop­peldemon­stra­tion rechter Grup­pen hat am Sam­sta­gnach­mit­tag im Saar­land stattge­fun­den. Nach Polizeiangaben nah­men daran etwa 50 Per­so­n­en teil.

Nach einem Marsch durch Saar­louis ver­sam­melten sich die Demon­stra­tionsteil­nehmer in Merzig. Dort hiel­ten sie eine Kundge­bung ab.

Der Auf­marsch der recht­en Grup­pen war vom Oberver­wal­tungs­gericht Saar­louis zuge­lassen wor­den. Eine Gegen­demon­stra­tion link­er Grup­pen in Merzig war im Vor­feld vom Ver­wal­tungs­gericht unter­sagt worden.

 

20 cent

01.07.2006

Gericht erlaubt Nazi-Demo

Jet­zt ist es endgültig: Die NPD darf am Sam­stag in Saar­louis demon­stri­eren. Das hat das Oberver­wal­tungs­gericht (OVG) des Saar­lan­des gestern entschieden.

Anfang Juni hat­ten die NPD und recht­sex­treme Kam­er­ad­schaften im Inter­net zu Demon­stra­tio­nen am 1.Juli aufgerufen (20cent berichtete). Sie kündigten an: Um gegen den Kon­go-Ein­satz der Bun­deswehr zu protestieren, wollen sie durch Saar­louis und Merzig ziehen. Sowohl die Lan­drätin des Land­kreis­es Saar­louis, Moni­ka Bach­mann (56), als auch die des Kreis­es Merzig-Wadern, Daniela Schlegel-Friedrich, unter­sagten das. Dage­gen klagte die NPD — und bekam Recht. Der Kreis Merzig-Wadern nahm das hin, Saar­louis erhob erneut Beschw­erde. Der hat das OVG damit jet­zt eine Absage erteilt. Faz­it: In bei­den Städten dür­fen sie marschieren. In Merzig war eine Gegen­demon­stra­tion geplant. Auch die hat das Gericht verboten.

 

Saar­brück­er Zeitung

01.07.2006

Oberver­wal­tungs­gericht genehmigt NPD-Demo

Saar­louis. Die für diesen Sam­stag in Saar­louis geplante NPD-Demon­stra­tion gegen den Bun­deswehr-Ein­satz im Kon­go darf stat­tfind­en. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Beschw­erde des Land­kreis­es Saar­louis gegen einen entsprechen­den Entscheid des Ver­wal­tungs­gericht­es am Fre­itag abgewiesen. Zugle­ich hat das Ver­wal­tungs­gericht das Ver­bot ein­er Gegen­demon­stra­tion gegen den an diesem Sam­stag geplanten Protest­marsch der NPD in Merzig bestätigt. pum

 

Welt Kom­pakt Saar

30.06.2006

weltkompakt300606

 

 

Saar­brück­er Zeitung

22.06.2006

 Kreis Saar­louis ver­bi­etet NPD-Demo

Saarlouis/Merzig. Die Lan­drätin des Kreis­es Saar­louis, Moni­ka Bach­mann, hat gestern eine von der NPD angemeldete Demon­stra­tion am Sam­stag, 1. Juli, in Saar­louis ver­boten. In der Ver­fü­gung heißt es, die geplante Ver­samm­lung könne zu ein­er „konkreten Gefährdung der öffentlichen Sicher­heit“ führen. Zur Zeit der geplanten Demon­stra­tion wer­den in der Innen­stadt zahlre­iche Besuch­er erwartet, die die Viertel­fi­nal-Spiele der Fußball­welt­meis­ter­schaft auf einem Groß­bild­schirm ver­fol­gen. Auch in Merzig will die NPD am sel­ben Tag gegen den Bun­deswehrein­satz im Kon­go demon­stri­eren. Lan­drätin Daniela Schlegel-Friedrich sagte gestern auf Anfrage, der Land­kreis werde am Fre­itag entschei­den. Eine Ablehnung sei aber sehr wahrscheinlich.

 

Saar­brück­er Zeitung

13.06.2006

Protest gegen NPD-Aufmärsche

Kundge­bung der Antifa Saar — Parteien gegen Neonazis

Saarlouis/Merzig. Die saar­ländis­chen Antifaschis­ten wollen mit ein­er Kundge­bung am Sam­stag, 1. Juli in Merzig gegen die geplanten NPD-Aufmärsche in Merzig und Saar­louis demon­stri­eren. Dies teilte am Dien­stag der stel­lvertre­tende Press­esprech­er der Antifa Saar, Alexan­der Breser, auf SZ-Anfrage mit. Einen entsprechen­den Antrag werde man noch in dieser Woche bei der Ort­spolizeibehörde ein­re­ichen. Die recht­sex­treme NPD und recht­sex­treme Kam­er­ad­schaften hat­ten kür­zlich für den 1. Juli in Saar­louis und Merzig zu Protest­demon­stra­tio­nen gegen den Kon­go-Ein­satz der Bun­deswehr aufgerufen. Die Demos sind bish­er allerd­ings noch nicht genehmigt.

Die Land­tagsparteien riefen unter­dessen dazu auf, dem beab­sichtigten Treiben der Neon­azis eine deut­liche Abfuhr zu erteilen. SPD-Lan­deschef Heiko Maas zeigte sich davon überzeugt, dass die “ganz große Mehrheit der Bevölkerung den Recht­sex­tremen nicht auf den Leim gehen wird”. CDU-Frak­tionsvize Klaus Meis­er sagte, es wäre zu begrüßen, wenn eine solche Demo juris­tisch ver­hin­dert wer­den könne. Wenn dies ver­fas­sungsrechtlich nicht möglich sei, müsse eine Demokratie solche Proteste aushal­ten. Christoph Hart­mann, Vor­mann der saar­ländis­chen Lib­eralen, plädierte dafür, alle rechtsstaatlichen Mit­tel auszuschöpfen, um den Auf­marsch der Recht­sex­tremen zu ver­hin­dern. Nach Ansicht des Grü­nen-Vor­sitzen­den Hubert Ulrich soll­ten möglichst viele Men­schen bei der Gegen­ver­anstal­tung friedlich deut­lich machen, was sie von dem NPD-Auftritt hal­ten. gp

 

20cent

13.06.2006

 Wider­stand gegen Nazis formiert sich

SAARLOUIS/MERZIG. Gle­ich in zwei saar­ländis­chen Städten will die recht­sex­treme NPD am 1. Juli demon­stri­eren. Die Braunen wollen durch Saar­louis und Merzig marschieren (20cent berichtete). Sie wollen gegen den geplanten Kon­go-Ein­satz der Bun­deswehr protestieren.

Doch jet­zt formiert sich der Wider­stand! Antifaschis­ten wollen mit ein­er Kundge­bung in Merzig — eben­falls am 1. Juli — gegen die NPD-Aufmärsche demon­stri­eren. Alexan­der Breser, Sprech­er der Antifa-Saar: “Einen entsprechen­den Antrag wer­den wir noch in dieser Woche bei der Ort­spolizeibehörde ein­re­ichen.” Die muss dann die Gegen-Demo genehmi­gen. Bish­er sind auch die Nazi-Aufmärsche noch nicht von der Behörde abgesegnet.

Die Parteien im saar­ländis­chen Land­tag haben unter­dessen dazu aufgerufen, dem beab­sichtigten Treiben der Neon­azis eine deut­liche Abfuhr zu erteilen. SPD-Lan­deschef Heiko Maas (39): “Ich bin überzeugt, dass die ganz große Mehrheit der Bevölkerung den Recht­sex­tremen nicht auf den Leim gehen wird.” CDU-Frak­tionsvize Klaus Meis­er (52) sagte, es wäre zu begrüßen, wenn eine solche Demo juris­tisch ver­hin­dert wer­den könne. Meis­er: “Wenn dies ver­fas­sungsrechtlich nicht möglich ist, muss eine Demokratie solche Proteste aber aushal­ten.” Christoph Hart­mann (34), Chef der saar­ländis­chen FDP, plädierte dafür, alle rechtsstaatlichen Mit­tel auszuschöpfen, um den Auf­marsch der Recht­sex­tremen zu ver­hin­dern. Nach Ansicht des Grü­nen-Vor­sitzen­den Hubert Ulrich (48) soll­ten möglichst viele Men­schen bei der Gegen­ver­anstal­tung deut­lich machen, was sie von dem NPD-Auftritt hal­ten. szn/aw

 

20cent

12.06.2006

 Recht­en-Demo im Saarland

Die recht­sex­treme NPD im Saar­land und recht­sex­treme Kam­er­ad­schaften rufen im Inter­net zu ein­er Demon­stra­tion am 1. Juli in Saar­louis und Merzig gegen den Kon­goein­satz der Saar­land­bri­gade auf. Laut Lan­drat­samt Saar­louis ist die Demon­stra­tion dort angemeldet. Chris­t­ian Schnei­der, Sprech­er der Antifa Saar, teilte mit, man werde gegen die NPD-Demo protestieren.

Rote Hilfe Zeitung: “Kein Stein des Anstoßes? Wie eine Stadt sich nicht erinnern will”

Rote Hil­fe Zeitung 01/2006

 

Kein Stein des Anstoßes? Wie eine Stadt sich nicht erin­nern will

Saar­louis erstre­it­et 134,50 Euro — für das Ent­fer­nen eines Gedenksteins. Nur um nicht daran erin­nern zu müssen, daß 1991 hier der Flüchtling Samuel Yeboah ermordet wurde

 

Man gibt sich gerne weltof­fen und koket­tiert unge­niert mit dem “Saar­voire vivre”, schließlich ver­spricht in Saar­louis schon der Name franzö­sis­ches Flair. 40.000 Ein­wohn­er, das Herz von Mar­chall Ney, den Napoleon wegen Ver­rats hin­richt­en ließ, eine Einkaufs- und Flanier­meile mit ele­gan­ten Bou­tiquen und schick­en Restau­rants und eine Alt­stadt, deren Kneipen ihren Teil zum Ruf der “heim­lichen Haupt­stadt” des Saar­lands beige­tra­gen haben, sollen Besuch­er lock­en. Doch kein Idyll ist vol­lkom­men, zwis­chen Blu­menkü­beln und Biergärten hat es braune Stellen. Saar­lautern, wie die Recht­en die Stadt nach der offiziellen Beze­ich­nung aus dem “Dut-zend­jähri­gen Reich” immer noch nen­nen, gilt als faschis­tis­che Hochburg und Organ­i­sa­tion­ss­chw­er­punkt der regionalen neo­faschis­tis­chen Szene an der Saar.

 

Dieser braune Sumpf kostete in der Nacht vom 18. auf den 19. Sep­tem­ber 1991 ein Men­schen­leben. Bei einem Bran­dan­schlag auf eine Asyl­be­wer­berun­terkun­ft starb der 26jährige Samuel Yeboah. Damit wurde dem im Saar­land leben­den Ghanaer eine mak­abere Ehre zuteil: er war nach der Wiedervere­ini­gung das erste Todes­opfer ras­sis­tis­ch­er Über­griffe in den alten Bun­deslän­dern. Er blieb nicht das let­zte. Dies hielt die Regierung, die damals noch in Bonn saß, nicht von der fak­tis­chen Abschaf­fung des Grun­drechts auf Asyl ab.

 

Obwohl auf Hin­weise, die zur Ergrei­fung des Täters führen soll­ten, eine Beloh­nung von 20.000 DM aus­ge­set­zt wurde, kon­nten die Mörder nie gefaßt wer­den, es kamen keine Hin­weise aus der Bevölkerung. Daran änderte auch eine Demon­stra­tion von antifaschis­tis­chen Grup­pen, die an den Tod von Samuel Yeboah erin­nerte, nichts. Andere Dinge dage­gen änderten sich sehr wohl: Dank der von offizieller Seite ver­fol­gten Strate­gie der “akzep­tieren­den Sozialar­beit” wuchs in den kom­menden Jahren die Neon­aziszene in “Saar­lautern” beträchtlich an. Fünf Jahre nach dem Tod von Samuel Yeboah zogen die Recht­en mit 100 Mann durch die Saar­louis­er Innen­stadt — die erste, aber bei weit­em nicht die let­zte Demon­stra­tion recht­sex­tremer Gesin­nung am Ort. Zynisch vor diesem Hin­ter­grund der Kom­men­tar des zuständi­gen Sozialar­beit­ers, der meinte, es sei bess­er, die Nazis wür­den “durch die Stadt marschieren, statt Häuser anzuzün­den.” In den fol­gen­den Jahren kam es immer wieder zu Zusam­men­stößen und mas­siv­en Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen antifaschis­tis­chen Grup­pen, die zum fün­ften Jahrestag des Todes von Samuel Yeboah eine Gedenkkundge­bung ver­anstal­tet hat­ten, und den neuen Nazis. Die kon­nten ihre Stel­lung in “Saar­lautern” hal­ten und aus­bauen. Dabei kam ihnen auch zugute, daß man von offizieller Seite den Antifa-Grup­pen ent­ge­gen arbeit­ete, die Bünd­nis­grü­nen ihnen die angemieteten Räum­lichkeit­en kündigten und die linken Grup­pen mas­siv­er Repres­sion aus­ge­set­zt waren. Obwohl sich die Antifa Saar­louis danach auflöste, gab es auch in den näch­sten Jahren immer wieder einzelne Veranstaltungen.

 

Eine der größten Aktio­nen war die Kundge­bung zum 10. Todestag von Samuel Yeboah. Mehr als 150 Men­schen waren den Aufrufen der Antifa Saar und weit­er­er Grup­pierun­gen gefol­gt und trafen sich in der Saar­louis­er Innen­stadt. Nach dem Ende der Kundge­bung formierte sich eine spon­tane Demon­stra­tion zum Rathaus. Dort wurde von nicht erkan­nten Demon­stran­ten eine Stein­plat­te an der Fas­sade des Gebäudes ange­bracht, die an den jun­gen Mann erin­nern sollte, der Asyl gesucht hat­te und im Saar­land durch einen Bran­dan­schlag gestor­ben war.

 

Die mas­sive Stein­plat­te, die offen­sichtlich in pro­fes­sioneller Aus­führung von einem Stein­metz ange­fer­tigt wor­den war, trug die Inschrift “IN ERINNERUNG AN SAMUEL YEBOAH, FLÜCHTLING AUS GHANA, AM 19.9.1991 DURCH EINEN RASSISTISCHEN BRANDANSCHLAG IN SAARLOUIS ERMORDET”.

 

Mit dieser Art von Erin­nerung kon­nten allerd­ings die Ver­ant­wortlichen im Saar­louis­er Rathaus nicht viel anfan­gen. Nur wenige Stun­den hing die Gedenk­tafel für den ermorde­ten Ghanaer, bis Ober­bürg­er­meis­ter Fontaine (CDU) sie ent­fer­nen ließ. Doch genügte es dem Stad­to­ber­haupt nicht, die Mah­nung zu beseit­i­gen, es erstat­tete Strafanzeige gegen den Anmelder der Antifa-Kundge­bung. Kon­se­quenz: Eine Geld­strafe von 60 Tagessätzen zu je 20 Euro wurde verhängt.

 

Als Begrün­dung heißt es im Straf­be­fehl: “Die Staat­san­waltschaft beschuldigt Sie, am 19.9.2001 in Saar­louis gemein­schaftlich rechtswidrig öffentliche Denkmäler beschädigt oder zert­sört zu haben, indem sie zwis­chen 19.15 Uhr und 19.30 Uhr auf­grund eines gemein­sam gefassten Tatentschlusses zusam­men mit unbekan­nten Mit­tätern im arbeit­steili­gen Ver­hal­ten an die unter Denkmalschutz ste­hende Rathaus­fas­sade im Ein­gangs­bere­ich eine rote Sand­stein­plat­te 40 x 40 cm groß und ca. 8 kg schw­er, mit­tels eines schnell här­tenden Spezialk­le­bers anbracht­en, die in der Folge nur durch den kraftvollen Ein­satz von Werkzeu­gen ent­fer­nt wer­den kon­nte, wobei die Rathaus­fas­sade beschädigt wurde”, “Verge­hen gemäß §§ 303, 304, 25 II StGB” (Rechtschreibfehler im Original).

 

Dabei hat die heim­liche Haupt­stadt des Saar­lands kein prinzip­ielles Prob­lem mit Gedenk­tafeln für Ver­stor­bene: An den Gen­er­al Paul­von Let­tow-Vor­beck, dessen Geburt­sort zu sein sich die Stadt geschme­ichelt rüh­men darf, erin­nert sehr wohl eine Tafel. Gut sicht­bar in der Fußgänger­zone, an dem Haus in dem Let­tow-Vor­becks Wiege stand, kann der geneigte Spaziergänger fol­gende Lobeshymne lesen: “Der unbe­siegte rit­ter­liche Vertei­di­ger Deutsch-Ostafrikas im Weltkriege 1914–1918 Gen­er­al von Let­tow-Vor­beck wurde am 20. 3. 1870 in diesem Hause geboren.” Gen­er­al Paul von Let­tow-Vor­beck war 1904 maßge­blich an der geziel­ten Ermor­dung von tausenden Hereros im heuti­gen Namib­ia beteiligt und im 1. Weltkrieg ver­ant­wortlich für den ver­lus­tre­ichen Hin­hal­tekrieg in Deutsch-Ostafri­ka, dem heuti­gen Tansa­nia — was aber nicht auf der Tafel ver­merkt ist.

 

Gegen den Straf­be­fehl ließ der Beklagte durch seinen Anwalt Ein­spruch ein­le­gen. Bre­ite Unter­stützung fand er dabei durch die Anit­fa Saar und weit­ere Grup­pierun­gen, die Unter­schriften sam­melten, offene Briefe ver­faßten, flächen­deck­end Plakate mit dem Bild der ent­fer­n­ten Gedenk­tafel klebten, Flug­blät­ter verteil­ten und Ver­anstal­tun­gen organ­isierten. Durch diese Aktio­nen wurde eine Öffentlichkeit hergestellt, die zumin­d­est dafür sorgte, daß die Stadt Saar­louis die Gedenk­tafel her­aus­gab, der Forderung nach Ein­stel­lung des Ver­fahrens kam man indes nicht nach.

 

Und so fand im Juni 2003 in Saar­louis der Straf­prozeß statt. Die Sicher­heitsvorkehrun­gen waren streng, doch das kon­nte die große Gruppe von mehr als 60 Per­so­n­en nicht abschreck­en, die durch Anwe­sen­heit Unter­stützung demon­stri­erte. Demon­stri­ert wurde an diesem Tag im Gerichtssaal in Saar­louis noch mehr — näm­lich poli­tis­ches Bewußt­sein. Der Angeklagte nutzte die Gele­gen­heit, um ein State­ment abzugeben, damit kon­nte sich allerd­ings der Richter nicht anfre­un­den und ver­suchte die Erk­lärung zu unterbinden.

 

Ein Unter­fan­gen, daß den laut­stark bekun­de­ten Unmut der anwe­senden Fre­unde, Bekan­nten und Unter­stützer her­vor­rief, was wiederum zum Abbruch der Ver­hand­lung führte. Er lasse aus seinem Gerichtssaal keine Show­bühne für die Antifa machen, begrün­dete der Richter sein Vorge­hen. 18 Monate später wurde das Ver­fahren dann eingestellt. Eigentlich hätte das der Schlußpunkt in diesem Trauer­spiel um das ver­weigerte Erin­nern sein müssen, doch so schnell woll­ten die Ver­ant­wortlichen im Rathaus sich nicht geschla­gen geben. Es wurde Zivilk­lage erhoben, um die Kosten für das Ent­fer­nen der Tafel einzutreiben.

 

Und so wurde am 6. Okto­ber 2005 erneut über die uner­wün­schte Gedenk­tafel für den ermorde­ten Asyl­be­wer­ber Samuel Yeboah ver­han­delt. Dies­mal allerd­ings in Saar­brück­en und nicht in Saar­louis. Knapp drei Wochen später erg­ing das Urteil: 134,50 Euro sollte der junge Mann, der vor mehr als vier Jahren in Saar­louis eine Ver­anstal­tung gegen das Vergessen angemeldet hat­te, an die Stadt bezahlen. Eine Summe, die laut Presseerk­lärung, die “Aktion 3. Welt” übern­immt, die damit ver­bun­den zu Spenden auf ein eigens ein­gerichtetes Kon­to aufruft. 2006 jährt sich der gewalt­same Tod des jun­gen Afrikan­ers zum fün­fzehn­ten Mal. Doch auch das ist noch immer kein Grund für die Stadt “Saar-lautern”, irgend­wo an die Nacht zu erin­nern, in der das Asyl­be­wer­ber­heim bran­nte. So als wäre es nicht geschehen, wenn man nur nicht darüber spricht…

 

Antifa Saar weit­ere Infos: www.antifasaar.de.vu

 

Die Rote Hil­fe unter­stützte den Betrof­fe­nen im ersten Prozeß, dem Strafver­fahren. Für das Zivil­ver­fahren um die Kosten der Ent­fer­nung der Gedenk­tafel kann die Rote Hil­fe laut ihrer Satzung keine Unter­stützungszahlun­gen leis­ten, ruft aber zu Spenden auf das Kon­to der Ini­tia­tive auf:

 

Spenden

Spendenkon­to für Prozeß- und Anwaltskosten

Vere­in für kom­mu­nika­tives Wohnen & Leben Kon­ton­um­mer: 900 11 537

BLZ: 590 501 01 Sparkasse Saarbrücken

Ver­wen­dungszweck: Gedenktafelprozeß

Saarbrücker Zeitung: “Streit um Gedenken an getöteten Ghanaer”

Saar­brück­er Zeitung vom 6.Oktober 2005

 

Stre­it um Gedenken an getöteten Ghanaer

Prozess um ungenehmigte Tafel am Saar­louis­er Rathaus: Angeklagter stre­it­et Beteili­gung ab

 

Vor vier Jahren wurde eine Gedenk­tafel für den ermorde­ten Flüchtling Yeboah ohne Erlaub­nis am Saar­louis­er Rathaus angek­lebt. Gestern kam es zum Prozess gegen den mut­maßlichen Ver­ant­wortlichen der Aktion.

 

Saar­brück­en. For­mal geht es nur um Sachbeschädi­gung: Die Stadt Saar­louis klagte auf Schaden­er­satz gegen den Ver­anstal­ter eines “Antifaschis­tis­chen Aktion­stages” in Saar­louis im Jahr 2001. Der 29-jährige Saar­brück­er soll dafür ver­ant­wortlich sein, dass nach der von ihm angemelde­ten Kundge­bung eine Gedenk­tafel am Saar­louis­er Rathaus ange­bracht wurde. Da diese Aktion von der Stadt Saar­louis nicht genehmigt war, ließ sie die Tafel kurz­er­hand wieder ent­fer­nen und klagte. Gestern, vier Jahre nach der Aktion, fand der Prozess vor dem Saar­brück­er Amts­gericht statt. Der Angeklagte stritt die Ver­ant­wor­tung für das Anbrin­gen der Tafel ab: “Ich habe mit der Anbringung der Plat­te nichts zu tun. Aber ich finde die Aktion gut.” Mit der Gedenkplat­te woll­ten die Demon­stran­ten, ein los­er Zusam­men­schluss aus mehreren antifaschis­tis­chen Grup­pen, des grausamen Mordes an Samuel Yeboah im Sep­tem­ber 1991 gedenken. Der junge Mann aus Ghana war damals bei einem Bran­dan­schlag in Saar­louis ums Leben gekom­men. Im Prozess bestritt der Angeklagte, dass er von der Plat­te gewusst habe. Er habe lediglich eine Kundge­bung in der Franzö­sis­chen Straße in Saar­louis angemeldet und geleit­et. Als es danach noch zu ein­er spon­ta­nen Demon­stra­tion gekom­men sei, habe er nicht gewusst, dass diese das Anbrin­gen ein­er Gedenk­tafel am Rathaus zum Ziel hat­te. Er selb­st sei auch nicht beim Ankleben der Plat­te dabei gewe­sen, son­dern erst später dazugekom­men, weil er noch Laut­sprech­er und Teile ein­er Ausstel­lung nach der Kundge­bung im Auto habe ver­stauen müssen. Der einzige Zeuge, der zum Prozess geladen war, der lei­t­ende Polizist am Tag der Demon­stra­tion, sagte jedoch aus, dass er den Angeklagten sehr wohl am Ort des Geschehens gese­hen habe. “Ich habe ihn darauf aufmerk­sam gemacht, dass das nicht in Ord­nung ist, was dort geschieht und dass es wahrschein­lich eine Anzeige geben werde, aber er hat nur gelächelt und mit den Schul­tern gezuckt.” Das Urteil soll am 27. Okto­ber gesprochen wer­den. Der Stre­it um das Andenken an Yeboah wird wohl noch weit­er gehen. “Wir wollen, dass es an zen­traler, öffentlich­er Stelle in Saar­louis ein Gedenken an den ermorde­ten Yeboah gibt”, sagte der Angeklagte nach dem Prozess. Unter­stützt wird er von der Antifa Saar und der Aktion Dritte Welt Saar, die am Mittwoch einen run­den Tisch mit allen Beteiligten angeregt hat­te. ut

Saarbrücker Zeitung: “Prozess um Gedenktafel am Rathaus”

Saar­brück­er Zeitung vom 6.Oktober 2005

 

Prozess um Gedenk­tafel am Rathaus

Stadt Saar­louis klagt gegen Ver­anstal­ter des “Antifaschis­tis­chen Aktion­stages” von 2001 Weil er eine Gedenk­tafel für den 1991 ermorde­ten Flüchtling Yeboah am Saar­louis­er Rathaus anschlug, muss sich heute ein Mann vor dem Amts­gericht Saar­brück­en wegen Schaden­er­satz verantworten.

 

Saarlouis/Saarbrücken. An ein bru­tales Ver­brechen wollte ein “Antifaschis­tis­ches Bünd­nis” 2001 in Saar­louis mit ein­er Gedenk­tafel erin­nern: Den Mord an dem ghane­sis­chen Flüchtling Samuel Yeboah, der am 19. Sep­tem­ber 1991 bei einem Bran­dan­schlag in einem Asyl­be­wer­ber­heim bei Fraulautern ums Leben kam. Deshalb bracht­en Mit­glieder mehrerer antifaschis­tis­ch­er Grup­pen eine Gedenk­tafel anlässlich des zehn­ten Todestages Yeboahs am Saar­louis­er Rathaus an. Diese Tafel hing damals allerd­ings nur wenige Stun­den. Dann wurde sie auf Anweisung des dama­li­gen Ober­bürg­er­meis­ters Hans-Joachim Fontaine (CDU) wieder ent­fer­nt. Begrün­dung: Es gebe keine Genehmi­gung für das Anbrin­gen der Tafel und die Fas­sade des Rathaus­es sei denkmalgeschützt. Aus diesem Grund erstat­tete die Stadt Anzeige wegen Sachbeschädigung.

 

Heute, vier Jahre nach der Aktion, kommt es zum Prozess vor dem Saar­brück­er Amts­gericht. Wie das Gericht mit­teilte, klagt die Stadt Saar­louis auf Schaden­er­satz gegen den Ver­anstal­ter des “antifaschis­tis­chen Aktion­stages” zum zehn­jähri­gen Todestag Yeboahs. Durch das Ent­fer­nen der Gedenkplat­te mit der Auf­schrift “In Erin­nerung an Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana, am 19.9.1991 durch einen ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlag in Saar­louis ermordet”, sei der Stadt ein finanzieller Schaden entstanden.

 

Bei der Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tion “Aktion Dritte Welt Saar” sorgt die Klage und der heute stat­tfind­ende Prozess für Verärgerung. “Ich habe kein Ver­ständ­nis für diesen Prozess. Die Stadt Saar­louis sollte stolz darauf sein, dass es noch Men­schen mit Zivil­courage gibt, die die Mauer des Schweigens nicht hin­nehmen”, sagt Gertrud Selz­er vom Vor­stand. Die Aktion fordert von der Stadt Saar­louis, sie möge ihre Klage zurückziehen. Außer­dem solle der Ober­bürg­er­meis­ter gemein­sam mit allen Inter­essierten einen run­den Tisch ver­anstal­ten, in dem Vorschläge für eine neue Gedenk­tafel erar­beit­et wer­den sollen. Denn bis heute erin­nere nichts in Saar­louis an den Flüchtling Samuel Yeboah. “Stattdessen rühmt sich die Stadt, Geburt­sort des Gen­er­als Paul von Let­tow-Vor­beck zu sein”, kri­tisiert Gertrud Selz­er. Dieser sei 1904 maßge­blich an der geziel­ten Ermor­dung von tausenden Hereros im heuti­gen Namib­ia beteiligt gewe­sen. ut

Presseerklärung zur Einstellung des Verfahrens wegen der Gedenktafel für Samuel Yeboah

Ver­fahren wegen Gedenk­tafel nun endlich eingestellt — Aber noch immer erin­nert nichts in der Saar­louis­er Innen­stadt an Samuel Yeboah

Am 19. Sep­tem­ber 2001 führte ein antifaschis­tis­ches Bünd­nis in Saar­louis eine Kundge­bung zur Erin­nerung an den 1991 bei einem ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlag ermorde­ten Samuel Yeboah durch. Bei der Kundge­bung wurde zum Kampf gegen Neon­azis, Geschicht­sre­vi­sion­is­mus und Ras­sis­mus aufgerufen. Im Anschluss an die Kundge­bung wurde am Saar­louis­er Rathaus eine Gedenk­tafel ange­bracht, die der dama­lige Ober­bürg­er­meis­ter Fontaine noch am gle­ichen Tag in ein­er vol­lkom­men unüber­legten Aktion wieder abreißen ließ. Gegen den Anmelder der Kundge­bung erstat­tete OB Fontaine Anzeige wegen “Gemein­schädlich­er Sachbeschädigung”.

Das Ver­fahren wurde nun durch den zuständi­gen Richter beim Amts­gericht Saar­louis eingestellt. Damit hat ein weit­eres unsäglich­es Kapi­tel in der Chronik der Pein­lichkeit­en und Absur­ditäten der Stadt Saar­louis im Umgang mit AntifaschistIn­nen und Anti­ras­sistIn­nen ein Ende gefun­den. So wurde schon im Sep­tem­ber 2001 und in den darauf fol­gen­den Monat­en das Ver­hal­ten der Stadtver­wal­tung, ins­beson­dere des Her­rn Fontaine, stark kri­tisiert und auch die regionalen und über­re­gionalen Medi­en berichteten darüber, dass im Jahr des “Auf­s­tands der Anständi­gen” aktive Antifaschis­ten nun sog­ar für das Anbrin­gen ein­er Gedenk­tafel bestraft wer­den sollen. Zahlre­iche Grup­pen und Einzelper­so­n­en sol­i­darisierten sich mit dem Betrof­fe­nen in einem offe­nen Brief. In ganz Saar­louis und darüber hin­aus waren Plakate zu sehen mit einem Abbild der Gedenk­tafel, die Herr Fontaine gewalt­sam ent­fer­nen ließ und der Auf­schrift: “In Erin­nerung an Samuel Yeboah — Flüchtling aus Ghana — am 19.9.1991 durch einen ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlag in Saar­louis ermordet”.
Der Prozess im Juni 2003 endete bere­its nach weni­gen Minuten in einem Eklat, als der Angeklagte bere­its nach den ersten sechs Worten sein­er Prozesserk­lärung durch den Richter unter­brochen wurde, der nicht zulassen wollte, dass “die Antifa in seinem Gerichtssaal eine Show abziehe”. Daraufhin kam es zu Protesten der anwe­senden ZuschauerIn­nen und die Gerichtsver­hand­lung wurde abge­sagt. Nun, gut 1 ½ Jahre später wurde das Ver­fahren eingestellt. Ein Sprech­er der Antifa Saar erk­lärte hierzu:

Natür­lich werten wir die Ein­stel­lung des Ver­fahrens als einen kleinen Erfolg unser­er Öffentlichkeit­sar­beit. An dieser Stelle sei auch allen Unter­stützerin­nen und Unter­stützern noch mal gedankt. Aber machen wir uns nichts vor, an Samuel Yeboah erin­nert noch immer nichts in der Innen­stadt und neon­azis­tis­ches Gedankengut tritt zur Zeit in der Bevölkerung so deut­lich zu Tage, wie schon lange nicht mehr. Außer­dem gibt es zur Zeit noch zahlre­iche weit­ere Ver­fahren gegen saar­ländis­che Antifaschisten”.

Die Antifa Saar wird auch in Zukun­ft gegen staatlichen Ras­sis­mus, Neon­azis­mus und Anti­semitismus ange­hen. Außer­dem fordern wir die Ein­stel­lung aller Ver­fahren gegen AntifaschistIn­nen und AntirassistInnen!

Antifa Saar / Pro­jekt AK

Wer schweigt, stimmt zu… Flugblatt zum 12.Todestages von Samuel Yeboah

Wer schweigt, stimmt zu…

In der Nacht zum 19. Sep­tem­ber 1991 verübten Ras­sis­ten einen Bran­dan­schlag auf das Flüchtling­sheim in Saar­louis-Fraulautern. Dabei starb Samuel Yeboah, ein Flüchtling aus Ghana, weit­ere Men­schen wur­den schw­er verletzt.
Er war das erste Todes­opfer faschis­tis­ch­er Gewalt in West­deutsch­land nach der “Wiedervere­ini­gung”.

Und heute, 12 Jahre danach?
Noch immer sind die Täter nicht gefasst, das Ermit­tlungsver­fahren ist längst eingestellt, die Stadt Saar­louis hat kein Inter­esse an der Aufar­beitung dieses Mordes. Im Gegen­teil: Um ihren Ruf als weltof­fene Stadt zu bewahren, tut sie alles, um die Geschehnisse zu ver­tuschen und diejeni­gen, die daran erin­nern, zu krim­i­nal­isieren. So läuft gegen den Anmelder der Kundge­bung zum 10. Todestag, bei der eine Gedenk­tafel für Samuel Yeboah ans Rathaus ange­bracht wurde, noch immer ein Strafver­fahren wegen “Sachbeschädi­gung”. Die Tafel wurde noch in der gle­ichen Nacht auf Befehl von Ober­bürg­er­meis­ter Fontaine ent­fer­nt. Dieser Akt des Ver­drän­gens ist Teil des ras­sis­tis­chen Kon­sens in ein­er Gesellschaft, in welch­er die etablierte Poli­tik im Ein­klang mit dem Großteil der deutschen Bevölkerung den Schul­ter­schluss mit den faschis­tis­chen Mördern vollzieht.

Kam­er­ad­schaft Horst Wes­sel Saarlautern”
Saar­louis ist als Hochburg organ­isiert­er Neon­azis bekan­nt und berüchtigt, auch wenn die Stadt ver­sucht, dieses Prob­lem zu leug­nen und das Vorhan­den­sein ein­er neon­azis­tis­chen Szene totzuschweigen. In Saar­louis existiert jedoch eine straff organ­isierte Struk­tur mil­i­tan­ter Neon­azis, die sog. “Kam­er­ad­schaft Saar­lautern”. Diese stellt schon alleine durch ihren Namen einen direk­ten Zusam­men­hang zum Nation­al­sozial­is­mus her, da ‚Saar­lautern’ der Name der Stadt Saar­louis in Nazideutsch­land war, hinzu kommt die pos­i­tive Bezug­nahme auf den SA-Mann Horst Wessel.
Neben der aggres­siv­en Präsenz im Saar­louis­er Stadt­bild sind die Mit­glieder der Kam­er­ad­schaft durch ihre Teil­nahme an Nazi­aufmärschen auf Bun­de­sebene aktiv und ein­flussre­ich. Spätestens seit dem 05.07.2003, als etwa 100 Faschis­ten, von der Polizei geschützt, durch Saar­louis-Roden marschierten, kann nie­mand mehr die Exis­tenz ein­er aktiv­en Neon­aziszene in Saar­louis leugnen.

Ras­sis­mus kommt aus der Mitte der Gesellschaft!
Von stillschweigen­der Hin­nahme — wie bei den ver­gan­genen Nazi­aufmärschen in Saar­louis — bis hin zu Beifall und aktiv­er Teil­nahme — wie bei den Pogromen von Ros­tock-Licht­en­hagen, Mannheim-Schö­nau etc. — reichen die Reak­tio­nen der deutschen Bevölkerung. Über diese ras­sis­tis­che Grund­stim­mung kann auch das sog. Saar­louis­er “Bünd­nis gegen Rechts”, das sich vor allem durch Untätigkeit und Ver­harm­lo­sung der Zustände ausze­ich­net, nicht hin­wegtäuschen. Ras­sis­tis­che Kon­trollen, z.B. an Bahn­höfen, und gewalt­same Abschiebun­gen von Men­schen, die für das kap­i­tal­is­tis­che Sys­tem ökonomisch nicht ver­w­ert­bar sind, gehören in Deutsch­land zum All­t­ag und stoßen auf bre­ite Zustimmung.
Solche Morde sind All­t­ag in der BRD, seit der soge­nan­nten “Wiedervere­ini­gung” gab es über 100 Todes­opfer durch neo­faschis­tis­che Gewalt. Auch das Saar­land stellt hier­bei keine Aus­nahme dar: erst let­ztes Jahr, in der Nacht vom 11. auf den 12.August 2002, wurde der 19jährige Ahmed Sar­lak auf dem Sulzbach­er Salzbrun­nen­fest von dem Neon­azi Car­los Neu erstochen. Auch bei dieser Tat wurde der Hin­ter­grund zu ver­tuschen ver­sucht, das ras­sis­tis­che und frem­den­feindliche Motiv sog­ar vom Gericht geleugnet und der Mord als Dorffestschlägerei unter Jugendlichen abgetan.

Wider­stand ist notwendig!
Die ständi­gen Naz­iüber­griffe machen die drin­gende Notwendigkeit von entschlossen­em Wider­stand gegen Neon­azis und Ras­sis­ten deut­lich. Gegen­wehr gegen Angriffe von Neon­azis war und ist möglich! Hal­tet zusam­men und schaut nicht weg, wenn Faschis­ten ihre men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie in die Öffentlichkeit tra­gen! Greift ein und schlagt zurück, wenn Men­schen von Neon­azis ange­grif­f­en oder beschimpft wer­den! Nehmt Kon­takt zu anderen AntifaschistIn­nen auf und organ­isiert euch! Gemein­sam kön­nen wir es schaf­fen, die Faschis­ten aus dem öffentlichen Raum zu drängen!

Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Antifaschis­tis­chen Wider­stand organisieren!