Der Verein AkuBiZ e.V. aus dem sächsischen Pirna hat am ersten Septemberwochenende dieses Jahres die Patenschaft für den Gedenkstein für Samuel Yeboah übernommen. Weiterlesen
Schlagwort-Archive: Samuel Yeboah
20. Todestag von Samuel Yeboah – Demonstration gegen Rassismus und deutschen Nationalismus am 24.09.2011
Aufruf zur Demonstration:
Am 19. September 1991 fiel Samuel Kofi Yeboah in Saarlouis einem rassistischen Brandanschlag zum Opfer. Er ist eines der ersten Opfer rassistischer Gewalt in Westdeutschland nach der Wiedervereinigung. Anlässlich seines nahenden 20. Todestags wollen wir mit einer Aktionsreihe an Samuel Yeboah, dessen Mörder_innen nie gefasst wurden, würdig erinnern und den rassistischen Alltag in der Bundesrepublik und Europa thematisieren.
Wir knüpfen hiermit an Aktivitäten anlässlich des 5., 10. und 15. Todestags an. Am 10. Todestag hielten mehrere antirassistische Gruppen eine Gedenkveranstaltung ab, in deren Verlauf am Rathaus in Saarlouis eine schwere Steinplatte zum Gedenken an Yeboah angebracht wurde. Die Stadt fühlte sich durch das Gedenken offenbar gestört und prozessierte sowohl auf straf- als auch auf zivilrechtlichem Weg gegen die Anbringung der Gedenktafel und bekam vor Gericht Schadensersatz zugesprochen. Weiterlesen
Filmvorführung: „Die Wahrheit liegt/lügt in Rostock“ – mit Kurzvortrag zum Mord an Samuel Yeboah
Filmvorführung: “Die Wahrheit liegt/lügt in Rostock” — mit Kurzvortrag zum Mord an Samuel Yeboah
Donnerstag, 7. Juli 2011
20 Uhr im Kino achteinhalb
Nauwieserstraße 19, Saarbrücken
Am 19. September 1991 wurde der Flüchtling Samuel Yeboah bei einem rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet. Diese Tat ist bis heute nicht aufgeklärt, bis heute erinnert nichts in Saarlouis an den gewaltsamen Tod Yeboahs. Im Rahmen einer Kampagne anlässlich seines 20. Todestages zeigen wir den Film “The truth lies in Rostock”. Weiterlesen
Rote Hilfe Zeitung: “Kein Stein des Anstoßes? Wie eine Stadt sich nicht erinnern will”
Rote Hilfe Zeitung 01/2006
Kein Stein des Anstoßes? Wie eine Stadt sich nicht erinnern will
Saarlouis erstreitet 134,50 Euro — für das Entfernen eines Gedenksteins. Nur um nicht daran erinnern zu müssen, daß 1991 hier der Flüchtling Samuel Yeboah ermordet wurde
Man gibt sich gerne weltoffen und kokettiert ungeniert mit dem “Saarvoire vivre”, schließlich verspricht in Saarlouis schon der Name französisches Flair. 40.000 Einwohner, das Herz von Marchall Ney, den Napoleon wegen Verrats hinrichten ließ, eine Einkaufs- und Flaniermeile mit eleganten Boutiquen und schicken Restaurants und eine Altstadt, deren Kneipen ihren Teil zum Ruf der “heimlichen Hauptstadt” des Saarlands beigetragen haben, sollen Besucher locken. Doch kein Idyll ist vollkommen, zwischen Blumenkübeln und Biergärten hat es braune Stellen. Saarlautern, wie die Rechten die Stadt nach der offiziellen Bezeichnung aus dem “Dut-zendjährigen Reich” immer noch nennen, gilt als faschistische Hochburg und Organisationsschwerpunkt der regionalen neofaschistischen Szene an der Saar.
Dieser braune Sumpf kostete in der Nacht vom 18. auf den 19. September 1991 ein Menschenleben. Bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft starb der 26jährige Samuel Yeboah. Damit wurde dem im Saarland lebenden Ghanaer eine makabere Ehre zuteil: er war nach der Wiedervereinigung das erste Todesopfer rassistischer Übergriffe in den alten Bundesländern. Er blieb nicht das letzte. Dies hielt die Regierung, die damals noch in Bonn saß, nicht von der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl ab.
Obwohl auf Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen sollten, eine Belohnung von 20.000 DM ausgesetzt wurde, konnten die Mörder nie gefaßt werden, es kamen keine Hinweise aus der Bevölkerung. Daran änderte auch eine Demonstration von antifaschistischen Gruppen, die an den Tod von Samuel Yeboah erinnerte, nichts. Andere Dinge dagegen änderten sich sehr wohl: Dank der von offizieller Seite verfolgten Strategie der “akzeptierenden Sozialarbeit” wuchs in den kommenden Jahren die Neonaziszene in “Saarlautern” beträchtlich an. Fünf Jahre nach dem Tod von Samuel Yeboah zogen die Rechten mit 100 Mann durch die Saarlouiser Innenstadt — die erste, aber bei weitem nicht die letzte Demonstration rechtsextremer Gesinnung am Ort. Zynisch vor diesem Hintergrund der Kommentar des zuständigen Sozialarbeiters, der meinte, es sei besser, die Nazis würden “durch die Stadt marschieren, statt Häuser anzuzünden.” In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Zusammenstößen und massiven Auseinandersetzungen zwischen antifaschistischen Gruppen, die zum fünften Jahrestag des Todes von Samuel Yeboah eine Gedenkkundgebung veranstaltet hatten, und den neuen Nazis. Die konnten ihre Stellung in “Saarlautern” halten und ausbauen. Dabei kam ihnen auch zugute, daß man von offizieller Seite den Antifa-Gruppen entgegen arbeitete, die Bündnisgrünen ihnen die angemieteten Räumlichkeiten kündigten und die linken Gruppen massiver Repression ausgesetzt waren. Obwohl sich die Antifa Saarlouis danach auflöste, gab es auch in den nächsten Jahren immer wieder einzelne Veranstaltungen.
Eine der größten Aktionen war die Kundgebung zum 10. Todestag von Samuel Yeboah. Mehr als 150 Menschen waren den Aufrufen der Antifa Saar und weiterer Gruppierungen gefolgt und trafen sich in der Saarlouiser Innenstadt. Nach dem Ende der Kundgebung formierte sich eine spontane Demonstration zum Rathaus. Dort wurde von nicht erkannten Demonstranten eine Steinplatte an der Fassade des Gebäudes angebracht, die an den jungen Mann erinnern sollte, der Asyl gesucht hatte und im Saarland durch einen Brandanschlag gestorben war.
Die massive Steinplatte, die offensichtlich in professioneller Ausführung von einem Steinmetz angefertigt worden war, trug die Inschrift “IN ERINNERUNG AN SAMUEL YEBOAH, FLÜCHTLING AUS GHANA, AM 19.9.1991 DURCH EINEN RASSISTISCHEN BRANDANSCHLAG IN SAARLOUIS ERMORDET”.
Mit dieser Art von Erinnerung konnten allerdings die Verantwortlichen im Saarlouiser Rathaus nicht viel anfangen. Nur wenige Stunden hing die Gedenktafel für den ermordeten Ghanaer, bis Oberbürgermeister Fontaine (CDU) sie entfernen ließ. Doch genügte es dem Stadtoberhaupt nicht, die Mahnung zu beseitigen, es erstattete Strafanzeige gegen den Anmelder der Antifa-Kundgebung. Konsequenz: Eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 Euro wurde verhängt.
Als Begründung heißt es im Strafbefehl: “Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Sie, am 19.9.2001 in Saarlouis gemeinschaftlich rechtswidrig öffentliche Denkmäler beschädigt oder zertsört zu haben, indem sie zwischen 19.15 Uhr und 19.30 Uhr aufgrund eines gemeinsam gefassten Tatentschlusses zusammen mit unbekannten Mittätern im arbeitsteiligen Verhalten an die unter Denkmalschutz stehende Rathausfassade im Eingangsbereich eine rote Sandsteinplatte 40 x 40 cm groß und ca. 8 kg schwer, mittels eines schnell härtenden Spezialklebers anbrachten, die in der Folge nur durch den kraftvollen Einsatz von Werkzeugen entfernt werden konnte, wobei die Rathausfassade beschädigt wurde”, “Vergehen gemäß §§ 303, 304, 25 II StGB” (Rechtschreibfehler im Original).
Dabei hat die heimliche Hauptstadt des Saarlands kein prinzipielles Problem mit Gedenktafeln für Verstorbene: An den General Paulvon Lettow-Vorbeck, dessen Geburtsort zu sein sich die Stadt geschmeichelt rühmen darf, erinnert sehr wohl eine Tafel. Gut sichtbar in der Fußgängerzone, an dem Haus in dem Lettow-Vorbecks Wiege stand, kann der geneigte Spaziergänger folgende Lobeshymne lesen: “Der unbesiegte ritterliche Verteidiger Deutsch-Ostafrikas im Weltkriege 1914–1918 General von Lettow-Vorbeck wurde am 20. 3. 1870 in diesem Hause geboren.” General Paul von Lettow-Vorbeck war 1904 maßgeblich an der gezielten Ermordung von tausenden Hereros im heutigen Namibia beteiligt und im 1. Weltkrieg verantwortlich für den verlustreichen Hinhaltekrieg in Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania — was aber nicht auf der Tafel vermerkt ist.
Gegen den Strafbefehl ließ der Beklagte durch seinen Anwalt Einspruch einlegen. Breite Unterstützung fand er dabei durch die Anitfa Saar und weitere Gruppierungen, die Unterschriften sammelten, offene Briefe verfaßten, flächendeckend Plakate mit dem Bild der entfernten Gedenktafel klebten, Flugblätter verteilten und Veranstaltungen organisierten. Durch diese Aktionen wurde eine Öffentlichkeit hergestellt, die zumindest dafür sorgte, daß die Stadt Saarlouis die Gedenktafel herausgab, der Forderung nach Einstellung des Verfahrens kam man indes nicht nach.
Und so fand im Juni 2003 in Saarlouis der Strafprozeß statt. Die Sicherheitsvorkehrungen waren streng, doch das konnte die große Gruppe von mehr als 60 Personen nicht abschrecken, die durch Anwesenheit Unterstützung demonstrierte. Demonstriert wurde an diesem Tag im Gerichtssaal in Saarlouis noch mehr — nämlich politisches Bewußtsein. Der Angeklagte nutzte die Gelegenheit, um ein Statement abzugeben, damit konnte sich allerdings der Richter nicht anfreunden und versuchte die Erklärung zu unterbinden.
Ein Unterfangen, daß den lautstark bekundeten Unmut der anwesenden Freunde, Bekannten und Unterstützer hervorrief, was wiederum zum Abbruch der Verhandlung führte. Er lasse aus seinem Gerichtssaal keine Showbühne für die Antifa machen, begründete der Richter sein Vorgehen. 18 Monate später wurde das Verfahren dann eingestellt. Eigentlich hätte das der Schlußpunkt in diesem Trauerspiel um das verweigerte Erinnern sein müssen, doch so schnell wollten die Verantwortlichen im Rathaus sich nicht geschlagen geben. Es wurde Zivilklage erhoben, um die Kosten für das Entfernen der Tafel einzutreiben.
Und so wurde am 6. Oktober 2005 erneut über die unerwünschte Gedenktafel für den ermordeten Asylbewerber Samuel Yeboah verhandelt. Diesmal allerdings in Saarbrücken und nicht in Saarlouis. Knapp drei Wochen später erging das Urteil: 134,50 Euro sollte der junge Mann, der vor mehr als vier Jahren in Saarlouis eine Veranstaltung gegen das Vergessen angemeldet hatte, an die Stadt bezahlen. Eine Summe, die laut Presseerklärung, die “Aktion 3. Welt” übernimmt, die damit verbunden zu Spenden auf ein eigens eingerichtetes Konto aufruft. 2006 jährt sich der gewaltsame Tod des jungen Afrikaners zum fünfzehnten Mal. Doch auch das ist noch immer kein Grund für die Stadt “Saar-lautern”, irgendwo an die Nacht zu erinnern, in der das Asylbewerberheim brannte. So als wäre es nicht geschehen, wenn man nur nicht darüber spricht…
Antifa Saar weitere Infos: www.antifasaar.de.vu
Die Rote Hilfe unterstützte den Betroffenen im ersten Prozeß, dem Strafverfahren. Für das Zivilverfahren um die Kosten der Entfernung der Gedenktafel kann die Rote Hilfe laut ihrer Satzung keine Unterstützungszahlungen leisten, ruft aber zu Spenden auf das Konto der Initiative auf:
Spenden
Spendenkonto für Prozeß- und Anwaltskosten
Verein für kommunikatives Wohnen & Leben Kontonummer: 900 11 537
BLZ: 590 501 01 Sparkasse Saarbrücken
Verwendungszweck: Gedenktafelprozeß
Saarbrücker Zeitung: “Streit um Gedenken an getöteten Ghanaer”
Saarbrücker Zeitung vom 6.Oktober 2005
Streit um Gedenken an getöteten Ghanaer
Prozess um ungenehmigte Tafel am Saarlouiser Rathaus: Angeklagter streitet Beteiligung ab
Vor vier Jahren wurde eine Gedenktafel für den ermordeten Flüchtling Yeboah ohne Erlaubnis am Saarlouiser Rathaus angeklebt. Gestern kam es zum Prozess gegen den mutmaßlichen Verantwortlichen der Aktion.
Saarbrücken. Formal geht es nur um Sachbeschädigung: Die Stadt Saarlouis klagte auf Schadenersatz gegen den Veranstalter eines “Antifaschistischen Aktionstages” in Saarlouis im Jahr 2001. Der 29-jährige Saarbrücker soll dafür verantwortlich sein, dass nach der von ihm angemeldeten Kundgebung eine Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus angebracht wurde. Da diese Aktion von der Stadt Saarlouis nicht genehmigt war, ließ sie die Tafel kurzerhand wieder entfernen und klagte. Gestern, vier Jahre nach der Aktion, fand der Prozess vor dem Saarbrücker Amtsgericht statt. Der Angeklagte stritt die Verantwortung für das Anbringen der Tafel ab: “Ich habe mit der Anbringung der Platte nichts zu tun. Aber ich finde die Aktion gut.” Mit der Gedenkplatte wollten die Demonstranten, ein loser Zusammenschluss aus mehreren antifaschistischen Gruppen, des grausamen Mordes an Samuel Yeboah im September 1991 gedenken. Der junge Mann aus Ghana war damals bei einem Brandanschlag in Saarlouis ums Leben gekommen. Im Prozess bestritt der Angeklagte, dass er von der Platte gewusst habe. Er habe lediglich eine Kundgebung in der Französischen Straße in Saarlouis angemeldet und geleitet. Als es danach noch zu einer spontanen Demonstration gekommen sei, habe er nicht gewusst, dass diese das Anbringen einer Gedenktafel am Rathaus zum Ziel hatte. Er selbst sei auch nicht beim Ankleben der Platte dabei gewesen, sondern erst später dazugekommen, weil er noch Lautsprecher und Teile einer Ausstellung nach der Kundgebung im Auto habe verstauen müssen. Der einzige Zeuge, der zum Prozess geladen war, der leitende Polizist am Tag der Demonstration, sagte jedoch aus, dass er den Angeklagten sehr wohl am Ort des Geschehens gesehen habe. “Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht in Ordnung ist, was dort geschieht und dass es wahrscheinlich eine Anzeige geben werde, aber er hat nur gelächelt und mit den Schultern gezuckt.” Das Urteil soll am 27. Oktober gesprochen werden. Der Streit um das Andenken an Yeboah wird wohl noch weiter gehen. “Wir wollen, dass es an zentraler, öffentlicher Stelle in Saarlouis ein Gedenken an den ermordeten Yeboah gibt”, sagte der Angeklagte nach dem Prozess. Unterstützt wird er von der Antifa Saar und der Aktion Dritte Welt Saar, die am Mittwoch einen runden Tisch mit allen Beteiligten angeregt hatte. ut
Saarbrücker Zeitung: “Prozess um Gedenktafel am Rathaus”
Saarbrücker Zeitung vom 6.Oktober 2005
Prozess um Gedenktafel am Rathaus
Stadt Saarlouis klagt gegen Veranstalter des “Antifaschistischen Aktionstages” von 2001 Weil er eine Gedenktafel für den 1991 ermordeten Flüchtling Yeboah am Saarlouiser Rathaus anschlug, muss sich heute ein Mann vor dem Amtsgericht Saarbrücken wegen Schadenersatz verantworten.
Saarlouis/Saarbrücken. An ein brutales Verbrechen wollte ein “Antifaschistisches Bündnis” 2001 in Saarlouis mit einer Gedenktafel erinnern: Den Mord an dem ghanesischen Flüchtling Samuel Yeboah, der am 19. September 1991 bei einem Brandanschlag in einem Asylbewerberheim bei Fraulautern ums Leben kam. Deshalb brachten Mitglieder mehrerer antifaschistischer Gruppen eine Gedenktafel anlässlich des zehnten Todestages Yeboahs am Saarlouiser Rathaus an. Diese Tafel hing damals allerdings nur wenige Stunden. Dann wurde sie auf Anweisung des damaligen Oberbürgermeisters Hans-Joachim Fontaine (CDU) wieder entfernt. Begründung: Es gebe keine Genehmigung für das Anbringen der Tafel und die Fassade des Rathauses sei denkmalgeschützt. Aus diesem Grund erstattete die Stadt Anzeige wegen Sachbeschädigung.
Heute, vier Jahre nach der Aktion, kommt es zum Prozess vor dem Saarbrücker Amtsgericht. Wie das Gericht mitteilte, klagt die Stadt Saarlouis auf Schadenersatz gegen den Veranstalter des “antifaschistischen Aktionstages” zum zehnjährigen Todestag Yeboahs. Durch das Entfernen der Gedenkplatte mit der Aufschrift “In Erinnerung an Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana, am 19.9.1991 durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet”, sei der Stadt ein finanzieller Schaden entstanden.
Bei der Menschenrechtsorganisation “Aktion Dritte Welt Saar” sorgt die Klage und der heute stattfindende Prozess für Verärgerung. “Ich habe kein Verständnis für diesen Prozess. Die Stadt Saarlouis sollte stolz darauf sein, dass es noch Menschen mit Zivilcourage gibt, die die Mauer des Schweigens nicht hinnehmen”, sagt Gertrud Selzer vom Vorstand. Die Aktion fordert von der Stadt Saarlouis, sie möge ihre Klage zurückziehen. Außerdem solle der Oberbürgermeister gemeinsam mit allen Interessierten einen runden Tisch veranstalten, in dem Vorschläge für eine neue Gedenktafel erarbeitet werden sollen. Denn bis heute erinnere nichts in Saarlouis an den Flüchtling Samuel Yeboah. “Stattdessen rühmt sich die Stadt, Geburtsort des Generals Paul von Lettow-Vorbeck zu sein”, kritisiert Gertrud Selzer. Dieser sei 1904 maßgeblich an der gezielten Ermordung von tausenden Hereros im heutigen Namibia beteiligt gewesen. ut
Presseerklärung zur Einstellung des Verfahrens wegen der Gedenktafel für Samuel Yeboah
Verfahren wegen Gedenktafel nun endlich eingestellt — Aber noch immer erinnert nichts in der Saarlouiser Innenstadt an Samuel Yeboah
Am 19. September 2001 führte ein antifaschistisches Bündnis in Saarlouis eine Kundgebung zur Erinnerung an den 1991 bei einem rassistischen Brandanschlag ermordeten Samuel Yeboah durch. Bei der Kundgebung wurde zum Kampf gegen Neonazis, Geschichtsrevisionismus und Rassismus aufgerufen. Im Anschluss an die Kundgebung wurde am Saarlouiser Rathaus eine Gedenktafel angebracht, die der damalige Oberbürgermeister Fontaine noch am gleichen Tag in einer vollkommen unüberlegten Aktion wieder abreißen ließ. Gegen den Anmelder der Kundgebung erstattete OB Fontaine Anzeige wegen “Gemeinschädlicher Sachbeschädigung”.
Das Verfahren wurde nun durch den zuständigen Richter beim Amtsgericht Saarlouis eingestellt. Damit hat ein weiteres unsägliches Kapitel in der Chronik der Peinlichkeiten und Absurditäten der Stadt Saarlouis im Umgang mit AntifaschistInnen und AntirassistInnen ein Ende gefunden. So wurde schon im September 2001 und in den darauf folgenden Monaten das Verhalten der Stadtverwaltung, insbesondere des Herrn Fontaine, stark kritisiert und auch die regionalen und überregionalen Medien berichteten darüber, dass im Jahr des “Aufstands der Anständigen” aktive Antifaschisten nun sogar für das Anbringen einer Gedenktafel bestraft werden sollen. Zahlreiche Gruppen und Einzelpersonen solidarisierten sich mit dem Betroffenen in einem offenen Brief. In ganz Saarlouis und darüber hinaus waren Plakate zu sehen mit einem Abbild der Gedenktafel, die Herr Fontaine gewaltsam entfernen ließ und der Aufschrift: “In Erinnerung an Samuel Yeboah — Flüchtling aus Ghana — am 19.9.1991 durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet”.
Der Prozess im Juni 2003 endete bereits nach wenigen Minuten in einem Eklat, als der Angeklagte bereits nach den ersten sechs Worten seiner Prozesserklärung durch den Richter unterbrochen wurde, der nicht zulassen wollte, dass “die Antifa in seinem Gerichtssaal eine Show abziehe”. Daraufhin kam es zu Protesten der anwesenden ZuschauerInnen und die Gerichtsverhandlung wurde abgesagt. Nun, gut 1 ½ Jahre später wurde das Verfahren eingestellt. Ein Sprecher der Antifa Saar erklärte hierzu:
“Natürlich werten wir die Einstellung des Verfahrens als einen kleinen Erfolg unserer Öffentlichkeitsarbeit. An dieser Stelle sei auch allen Unterstützerinnen und Unterstützern noch mal gedankt. Aber machen wir uns nichts vor, an Samuel Yeboah erinnert noch immer nichts in der Innenstadt und neonazistisches Gedankengut tritt zur Zeit in der Bevölkerung so deutlich zu Tage, wie schon lange nicht mehr. Außerdem gibt es zur Zeit noch zahlreiche weitere Verfahren gegen saarländische Antifaschisten”.
Die Antifa Saar wird auch in Zukunft gegen staatlichen Rassismus, Neonazismus und Antisemitismus angehen. Außerdem fordern wir die Einstellung aller Verfahren gegen AntifaschistInnen und AntirassistInnen!
Antifa Saar / Projekt AK
Wer schweigt, stimmt zu… Flugblatt zum 12.Todestages von Samuel Yeboah
Wer schweigt, stimmt zu…
In der Nacht zum 19. September 1991 verübten Rassisten einen Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in Saarlouis-Fraulautern. Dabei starb Samuel Yeboah, ein Flüchtling aus Ghana, weitere Menschen wurden schwer verletzt.
Er war das erste Todesopfer faschistischer Gewalt in Westdeutschland nach der “Wiedervereinigung”.
Und heute, 12 Jahre danach?
Noch immer sind die Täter nicht gefasst, das Ermittlungsverfahren ist längst eingestellt, die Stadt Saarlouis hat kein Interesse an der Aufarbeitung dieses Mordes. Im Gegenteil: Um ihren Ruf als weltoffene Stadt zu bewahren, tut sie alles, um die Geschehnisse zu vertuschen und diejenigen, die daran erinnern, zu kriminalisieren. So läuft gegen den Anmelder der Kundgebung zum 10. Todestag, bei der eine Gedenktafel für Samuel Yeboah ans Rathaus angebracht wurde, noch immer ein Strafverfahren wegen “Sachbeschädigung”. Die Tafel wurde noch in der gleichen Nacht auf Befehl von Oberbürgermeister Fontaine entfernt. Dieser Akt des Verdrängens ist Teil des rassistischen Konsens in einer Gesellschaft, in welcher die etablierte Politik im Einklang mit dem Großteil der deutschen Bevölkerung den Schulterschluss mit den faschistischen Mördern vollzieht.
“Kameradschaft Horst Wessel Saarlautern”
Saarlouis ist als Hochburg organisierter Neonazis bekannt und berüchtigt, auch wenn die Stadt versucht, dieses Problem zu leugnen und das Vorhandensein einer neonazistischen Szene totzuschweigen. In Saarlouis existiert jedoch eine straff organisierte Struktur militanter Neonazis, die sog. “Kameradschaft Saarlautern”. Diese stellt schon alleine durch ihren Namen einen direkten Zusammenhang zum Nationalsozialismus her, da ‚Saarlautern’ der Name der Stadt Saarlouis in Nazideutschland war, hinzu kommt die positive Bezugnahme auf den SA-Mann Horst Wessel.
Neben der aggressiven Präsenz im Saarlouiser Stadtbild sind die Mitglieder der Kameradschaft durch ihre Teilnahme an Naziaufmärschen auf Bundesebene aktiv und einflussreich. Spätestens seit dem 05.07.2003, als etwa 100 Faschisten, von der Polizei geschützt, durch Saarlouis-Roden marschierten, kann niemand mehr die Existenz einer aktiven Neonaziszene in Saarlouis leugnen.
Rassismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft!
Von stillschweigender Hinnahme — wie bei den vergangenen Naziaufmärschen in Saarlouis — bis hin zu Beifall und aktiver Teilnahme — wie bei den Pogromen von Rostock-Lichtenhagen, Mannheim-Schönau etc. — reichen die Reaktionen der deutschen Bevölkerung. Über diese rassistische Grundstimmung kann auch das sog. Saarlouiser “Bündnis gegen Rechts”, das sich vor allem durch Untätigkeit und Verharmlosung der Zustände auszeichnet, nicht hinwegtäuschen. Rassistische Kontrollen, z.B. an Bahnhöfen, und gewaltsame Abschiebungen von Menschen, die für das kapitalistische System ökonomisch nicht verwertbar sind, gehören in Deutschland zum Alltag und stoßen auf breite Zustimmung.
Solche Morde sind Alltag in der BRD, seit der sogenannten “Wiedervereinigung” gab es über 100 Todesopfer durch neofaschistische Gewalt. Auch das Saarland stellt hierbei keine Ausnahme dar: erst letztes Jahr, in der Nacht vom 11. auf den 12.August 2002, wurde der 19jährige Ahmed Sarlak auf dem Sulzbacher Salzbrunnenfest von dem Neonazi Carlos Neu erstochen. Auch bei dieser Tat wurde der Hintergrund zu vertuschen versucht, das rassistische und fremdenfeindliche Motiv sogar vom Gericht geleugnet und der Mord als Dorffestschlägerei unter Jugendlichen abgetan.
Widerstand ist notwendig!
Die ständigen Naziübergriffe machen die dringende Notwendigkeit von entschlossenem Widerstand gegen Neonazis und Rassisten deutlich. Gegenwehr gegen Angriffe von Neonazis war und ist möglich! Haltet zusammen und schaut nicht weg, wenn Faschisten ihre menschenverachtende Ideologie in die Öffentlichkeit tragen! Greift ein und schlagt zurück, wenn Menschen von Neonazis angegriffen oder beschimpft werden! Nehmt Kontakt zu anderen AntifaschistInnen auf und organisiert euch! Gemeinsam können wir es schaffen, die Faschisten aus dem öffentlichen Raum zu drängen!
Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Antifaschistischen Widerstand organisieren!