Gut 100 Menschen erinnerten am Donnerstag, 18. Oktober 2012 in Saarbrücken an den militanten Antifaschisten Max Braun, der als Mitglied der Saarbrücker SPD in den frühen 1930er Jahren gegen die Angliederung des Saargebietes an Nazi-Deutschland kämpfte. Anlass für die Kundgebung war die offizielle Einweihung des zwischen Großherzog-Friedrich-Straße und Landwehrplatz neu geschaffenen „Max-Braun-Platz“. Antifaschist_innen erinnerten mit Transparenten, Fahnen, Plakaten und Aufklebern auf dem Platz und im Umfeld an die politische Arbeit Max Brauns und seiner Mitstreiter_innen, die bis heute aus der öffentlichen Erinnerung dieser Stadt weitgehend verdrängt ist.
Die Benennung des Platzes nach Max Braun wurde von der Koalition aus SPD, Grünen und Linke im Saarbrücker Stadtrat beschlossen und mit einem offiziellen Akt und der Enthüllung einer Gedenktafel 67 Jahre nach Brauns Tod im Londoner Exil umgesetzt. In Redebeiträgen erinnerten Redner der Partei die Linke, der St.Johanner SPD und der Historiker Erich Später an Max Braun und seinen Einsatz für ein demokratisches, antifaschistisches Saargebiet und die von nazistischer Verfolgung bedrohten saarländischen Jüdinnen und Juden. Als eine der herausragenden Akteure einer antifaschistischen Einheitsfront machte sich Max Braun im Abstimmungskampf 1935 für die Beibehaltung des Status Quo und gegen den Anschluss des Saargebietes an Nazi-Deutschland stark. Von einer überwältigenden Mehrheit der Saarländer_innen wurde Max Braun dafür angefeindet und bedroht. Nach dem eindeutigen Votum von über 90% der Saarländer_innen für den Anschluss des Saargebietes an Hitler-Deutschland emigrierte Max Braun, wie rund 6.000 weitere Saarländer_innen, zuerst nach Frankreich, von wo aus er seinen antifaschistischen Kampf vor allem publizistisch weiterführte. Nach der Besatzung Frankreichs durch deutsche Truppen gelang Max Braun die Flucht nach London.
In den ersten Nachkriegsjahren wurde die Politik im Saargebiet hauptsächlich von ehemaligen Widerstandskämpfern getragen, die sich in den neu zuglassenen Parteien SPS, CVP und KPS engagierten. 1947 wurde die Großherzog-Friedrich-Straße in Saarbrücken in Max-Braun-Straße umbenannt. Doch der Sieg der prodeutschen „Heimatbundparteien“, deren Akteure mehrheitlich ehemalige Nazis waren, bei der Abstimmung 1955 bedeutete zugleich ein jähes Ende der bis dahin gepflegten antifaschistischen Erinnerungskultur. Mit der öffentlichkeitswirksamen Rückbenennung der Max-Braun-Straße in Großherzog-Friedrich-Straße und zahlreicher weiterer Straßenumbenennungen sowie der Wiedererrichtung preußischer und deutscher Militärdenkmäler forcierten die saarländischen Altnazis eines ihrer zentralen Anliegen: das nachhaltige Auslöschen der Erinnerung an die wenigen saarländischen Antifaschist_innen, die sich dem Nationalsozialismus entgegen gestellt hatten.
Bereits 2010 machte ein von Antifa Saar / Projekt AK und dem Verein CriThink! e.V. initiiertes Bündnis mit einer Demonstration und einer Abendveranstaltung auf die in Saarbrücken noch immer verdrängte Erinnerung an Max Braun aufmerksam. Dass der Saarbrücker Stadtrat sich nun dazu entschlossen hat, den Namen Max Braun zurück in die Saarbrücker Innenstadt zu bringen, ist sicherlich ein guter Anfang. Doch in einem Land, wo etablierte Parteien noch immer mit Stolz auf ihre Nazi-Gründerväter blicken, wo eine „Straße des 13. Januars“ den Beginn der organisierten Vertreibung, Entrechtung und Vernichtung der jüdischen Minderheit und des Terrors gegen die wenigen Antifaschist_innen feiert, und wo die geplante Errichtung eines Denkmals für die ausgelöschte jüdische Gemeinde den saarländischen Mob zur Raserei treibt, da bleibt noch sehr viel zu tun.