Wir dokumentieren an dieser Stelle zwei Beiträge des SR im Aktuellen Bericht vom 05. und vom 09.01.2018. Der Verfassungsschutz verharmlost hier im zweiten Bericht mal wieder die Aktivitäten saarländischer Neonazis wenn behauptet wird, die Nazi-Band Wolfsfront sei nicht mehr besonders aktiv.
Schlagwort-Archive: Jungsturm
Rechtsrock – Sommersaison im Südwesten
… und wer dahinter steht: Neonazistische Netzwerke in der Pfalz.
Zwei Neonazikonzerte im Juli und August zeigen die Heterogenität und den hohen Vernetzungsgrad der pfälzischen Neonaziszene. Während jenseits der Landesgrenze in Frankreich die selbsternannte Elite der Hammerskins mit der Masse feierte, kümmerten sich Neonazis, Rocker, Hooligans und NPD um die Durchführung eines Konzertes mit der Band Kategorie C. Der Neonazismus in der Pfalz konzentriert sich nicht auf einzelne Szenen, sondern er ist längst ein verbindendes und szeneübergreifendes Phänomen.
Hammerskins im Saarland und angrenzenden Frankreich
In den vergangenen Jahren haben die “Hammerskins Westmark” ihren Schwerpunkt bei der Durchführung von Konzerten auf das Saarland und das grenznahe Frankreich verlagert und dort auch gezielt ihre Infrastruktur ausgebaut.
Es wurden neue Mitglieder in das Netzwerk aufgenommen und Rahmenbedingungen geschaffen, um Konzerte verschiedenster Größenordnungen durchführen zu können.
Der Artikel beleuchtet die Strukturen der neonazistischen “Hammerskin-Nation (HSN)” im Saarland und im angrenzenden Frankeich und ist in dem Magazin “Der Rechte Rand” Nr. 132 erschienen:
Der Rechte Rand Nr. 132 (2011): Hör mal, wer da hämmert — Hammerskins im Saarland und angrenzenden Frankreich
Nazikonzert in Rohrbach-lès-Bitche (Lothringen / Frankreich) am 09.07.2011
Am Samstag, den 09. Juli 2011 fand in einer Sporthalle im französischen Rohrbach (Lothringen) ein Neonazikonzert mit circa 2.500 Besuchern statt, die vor allem aus der Bundesrepublik Deutschland und dem angrenzenden Ausland angereist waren. Auf diesem Konzert, welches bereits seit mehreren Monaten öffentlich in zahlreichen neonazistischen Webseiten und Foren beworben wurde, spielten die in Neonazikreisen sehr beliebten Bands „Bound for Glory“ (USA), „Division Germania“ (Mönchengladbach), „Brutal Attack“ (UK), „Frakass“ (Lyon / Frankreich) sowie „Jungsturm“ (Saarland). Weiterlesen
Pressemitteilung: Nazikonzert in Schleithal (Elsass/Frankreich)
Nazikonzert in Schleithal (Elsass/Frankreich) — 28.12.2008
PDF: Nazikonzert in Schleithal
Am Samstag, dem 27. Dezember 2008 fand im französischen Schleithal ein Neonazikonzert mit etwa 1.000, hauptsächlich aus der Bundesrepublik Deutschland angereisten Besuchern statt. Organisiert wurde das Konzert von einem Chapter der so genannten „Hammer Skin Nation“ (HSN) um den Ludwigshafener Malte Redeker und den Saarbrücker Frank Molina. Beide gehören schon seit Jahren zum harten Kern der deutschen Division dieser 1988 in Dallas (Texas, USA) gegründeten Organisation, die der „White Power — Bewegung“ nahe steht.
Ideologisch werden sie vor allem bestimmt von der Vorstellung der „Reinheit der Rasse“ und der Idealisierung von Krieger- und Männlichkeitsvorstellungen unter besonderem Bezug zu „historischen Vorbildern“ wie den Ariern, Wikingern und Nationalsozialisten. Diese Ideologie spiegelt sich auch wider in der Aufstellung der eingeladenen Musikgruppen. So spielten auf dem Konzert die in Neonazikreisen sehr beliebten Bands „Stahlgewitter“, „Jungsturm“ „Aristokraken“, „Gigi“ und „Rotte Charlotte“.
Schleithal ist eine kleine Gemeinde im unteren Elsass, nahe der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland und hat etwa 1.400 Einwohner. Die nähsten größeren Städte sind Karlsruhe (ca. 30 km), Straßbourg (ca. 75 km), Stuttgart (ca. 100 km) und Saarbrücken (ca. 120 km). Dementsprechend handelte es sich bei einem Großteil der Konzertbesucher auch um Neonazis aus dem gesamten südwestdeutschen Raum, so etwa aus den Landkreisen Aachen, Südliche Weinstraße, Lahn-Dill Kreis, Pirmasens, Zweibrücken, Westerwald, Homburg (Saar), Saarbrücken, Karlsruhe, Rastatt, Bad Ems, Kircheimbolanden und Trier.
Unter ihnen waren zahlreiche Kameradschaftsaktivisten, aber auch Parteifunktionäre wie beispielsweise der stellvertretende rheinland-pfälzische NPD-Vorsitzende Sascha Wagner. Dies zeigt wieder, dass in so genannten „Rechtsrock“ verpackte nationalsozialistische Ideologie neben einem wichtigen Mittel zur Politisierung und Rekrutierung Jugendlicher auch einen gemeinsamen Bezugspunkt offen neonazistischer Organisationen und der NPD darstellt. Dies drückt sich auch darin aus, dass beispielsweise die Band „Jungsturm“ um ihren Frontmann Frank Molina auch immer wieder auf NPD — Veranstaltungen auftritt.
Nicht zu vernachlässigen ist auch der finanzielle Aspekt solcher Konzerte. Die „HSN“ arbeitet immer auch gewinnorientiert, um sich selbst und ihre führenden Aktivisten finanziell abzusichern. Ein Teil des Gewinnes wird aber immer wieder zurück in die rechte Szene investiert, so dass die teilweise deftigen Preise bei den Besuchern nicht auf allzu viel Kritik stoßen. Außerdem lohnt sich auch eine solche Investition in die „Zukunft der Bewegung“ finanziell für das Unternehmen „Hammer.-Skin-Nation“, da dadurch die Kundschaft der nächsten Jahre herangezogen wird.
Um zu verdeutlichen, um welche Geldsummen es sich dabei handelt folgende Rechnung: Jeder Besucher zahlt Eintritt (20,- Euro), nimmt 5 Getränke zu sich (7,50 Euro) und versorgt sich an den Verkaufsständen noch mit T‑Shirts, CDs und Fahnen im Wert von 15,- Euro (durchschnittlich dürften die Beträge weitaus höher liegen). Dies macht dann bei einem solchen Konzert wie am 27.12.2008 im Elsass einen geschätzten Umsatz von mindestens 42.500,- Euro.
Zudem bestätigt sich anhand der zunehmenden Einbindung saarländischer Neonazis in die Organisation von Konzerten aus dem Spektrum der „Hammer Skin Nation“, die Tendenz, dass sich das Saarland zu einem organisatorischen Schwerpunkt der „Rechts-Rock-Szene“ im südwestdeutschen Raum und darüber hinaus entwickelt. Dabei spielt auch insbesondere die Grenznähe zu Frankreich eine bedeutende Rolle. Über die „Kameraden“ mit Wohnadressen in Frankreich kann so der Handel mit in der Bundesrepublik Deutschland verbotenen Tonträgern mit nationalsozialistischen Texten deutlich einfacher organisiert werden.
Ebenso bedeutend dürfte aber auch die Zurückhaltung von staatlicher Seite gegenüber diesen Konzerten sein. Weder auf deutscher noch auf französischer Seite waren mehr als zwei Streifenwagen zur Kontrolle der etwa 1.000 Neonazis zu sehen, obwohl auf das Konzert bereits seit mehreren Tagen öffentlich hingewiesen wurde. Aber auch der antifaschistische Protest blieb völlig aus. Und so ist es eine Aufgabe für die antifaschistischen Gruppen in der Region, dieses Aktions- und Agitationsfeld der Neonazis stärker in den Fokus ihrer Arbeit zu rücken.
ANTIFA SAAR / PROJEKT AK
28. Dezember 2008
(Verwendung der hier veröffentlichten Informationen unter Quellenangabe für antifaschistische Gruppen und die Presse ausdrücklich erwünscht. Wir bitten um Zusendung eines Belegexemplars Von dieser Erlaubnis ausgenommen sind ausdrücklich der extremen Rechten zuzuordnende Parteien, Zeitungen, Gruppierungen, Veröffentlichungen)
Weitere Informationen:
Informationen zu den Nazibands
Saarbrücker Zeitung: “Brauner Rock im Backstein”
Saarbrücker Zeitung vom 16.12.2003
Brauner Rock im “Backstein”
Die Skinhead-Band “Jungsturm” gab am Samstag in Niederwürzbach ein Konzert — Mütter in Sorge um ihre Kinder
Die Skinhead-Musikgruppe “Jungsturm” sorgt seit Sonntag in Blieskastel-Niederwürzbach für helle Aufregung. Gab die rechtsextreme Neonazi-Band in einem örtlichen Lokal doch ungeniert ein Konzert.
Blieskastel (red). Dem 30-jährigen ausländischen Studenten (Name und Wohnort bekannt) stand gestern Mittag beim Joggen um den Niederwürzbacher Weiher noch die Angst im Gesicht geschrieben. Stockend erzählt der junge Mann, was er in der Nacht von Samstag zum Sonntag vor der nahe gelegenen Gaststätte “Zum Backstein” in der Bezirksstraße bemerkt hat. Etwa 30 Personen mit kurz geschorenen Haaren seien nach und nach zu später Stunde in die Kneipe gegangen, die nach längerer Schließung am 12. Dezember wieder eröffnet worden war. “Die Musik war grauenhaft. Ein einziger Hass auf Ausländer, Kirchgänger, Sportler, demokratische Parteien und Politiker. Mir läuft es jetzt noch eiskalt den Rücken herunter.” Die Angst des Südeuropäers scheint berechtigt. Denn in dem Gasthaus konzertierte die berüchtigte Neonazi-Band “Jungsturm”.
Die Gruppe sang wohl Lieder ihrer CD “Wir bleiben deutsch”. Der neue Pächter der Kneipe, Philipp Orlemann, gab sich wortkarg, bestätigte nur den Namen der Gruppe, und dass nach dem Konzert auch CDs verkauft wurden. Polizisten der Polizeiinspektion Blieskastel fuhren bis zum frühen Morgen mehrmals an dem Lokal vorbei, da bei ihnen ein Anruf wegen Ruhestörung eingegangen war. Sie stellten vor Ort jedoch keine Straftaten fest. Die Anzeige eines Nachbarn, die zu dem anrückenden Polizeiwagen-Korso geführt habe, sei unberechtigt, so der Wirt. Von den rechtsextremen Umtrieben der Neonazi-Gruppe wisse er nichts.
Beim Landesamt für Verfassungsschutz wird das Konzert jedoch sehr ernst genommen. Direktor Helmut Albert erzählte unter anderem auch über konspirative Methoden der rechten Szene, die vor allem über Konzerte versuche, an Jugendliche heranzukommen. “Für viele ist deren Musik der Einstieg in die rechtsextreme Szene.” So wurden am Samstagabend bei der Gaststätte niederländische und dänische Kfz-Kennzeichen gesichtet, auch NK‑, WND- und SLS-Nummern. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Namen und Adressen von Band-Mitgliedern nannte der Wirt nicht. Er plane aber bereits ein zweites Konzert mit der Band. Das Gegröle vom Samstag konnte die Polizei aus rechtlichen Gründen nicht auflösen. Die Band sei ja nicht verboten, heißt es beim LKA. Das mag stimmen, doch die Skinheads können ihr menschenfeindliches Gedankengut “offiziell” via Internet verbreiten. So gelangen Jugendliche über das Internet auf Seiten übelster brauner Soße, auf denen Menschen auf unterstem Niveau beleidigt und verleumdet werden.
Niederwürzbachs Ortsvorsteher Albert Welsch, selbst Polizist, will dem zweiten Konzert einen Riegel vorschieben. “Wir werden niemals hinnehmen, dass sich im Ort eine rechtsextreme Szene breit macht, Konzerte dieser Art stattfinden, und wir in Verruf geraten.” Beim städtischen Ordnungsamt will er unverzüglich anfragen, ob das Konzert angemeldet war, und ob man dem Pächter schnellstmöglich die Konzession entziehen könne. “Ich dulde in unserem Ort kein Lokal für Neonazis.” Die Polizei will das Lokal im Auge behalten. Immerhin liege der Verdacht sehr nahe, dass “Jungsturm” strafbare Lieder gesungen hat.
Eine 40-jährige Frau meint: “Am besten wäre es, die Kneipe würde heute noch dicht gemacht und dem Pächter, dessen dunkle Vergangenheit von seiner Mimbacher Kneipe ohnehin viele kennen, fristlos gekündigt. Das Lokal ist eine Gefahr für unsere Jugend. Mein Kind darf niemals in die rechtsextreme Szene abdriften.” Der gesamte Orts- und Stadtrat sei aufgefordert, dem Skinhead-Treiben in der Kneipe möglichst schnell ein Ende zu bereiten. Ähnlich äußerten sich auch viele Vertreter örtlicher Vereine.