Saarbrücker Zeitung vom 26.09.2003
Feuerdrache faucht die Stadt an
Verein fürchtet, dass sein “links-alternatives Kulturzentrum” aus der Alten Feuerwache vertrieben wird
Von MARTIN ROLSHAUSEN
St. Johann.Der “Alte Feuerdrachen bläht seine Nüstern und schnaubt. “Alte Feuerwache bleibt! Alter Feuerdrachen auch!”, schnaubt er. Der Alte Feuerdrache, das ist ein Verein, in dem sich unter anderem der Kurdische Kulturverein, die “Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstverweigerer, die Deutsch-Lateinamerikanische Gesellschaft, die Antifa Saar und das “Kommando Luftschloss” zusammengeschlossen haben. Was den Feuerdrachen so erregt: Die Stadt denkt darüber nach, ob die Vereine, die in der Alten Feuerwache am Landwehrplatz (der größte Teil des Gebäudes wird vom Staatstheater genutzt) ihre Büros haben, dafür weiterhin nur 4000 Euro Jahres-Miete zahlen.
In einer Pressemitteilung formuliert der Feuerdrachen seine Sorge so: “Im Zuge der anstehenden städtischen Bereicherungsmaßnahmen befasst sich die Stadt Saarbrücken mit dem Vorhaben, finanziellen Zugewinn durch enorme Mieterhöhungen für die Alte Feuerwache zu erwirtschaften. Dieser Verwertungslogik würde das Projekt Alte Feuerwache zum Opfer fallen.” Auf 50000 Euro jährlich wolle die Stadt die Miete hochschrauben, befürchten die Feuerdrachen-Leute. Daraus ergebe sich, “dass die politischen, sozialen und kulturellen Gruppen, die unter dem Dach des Trägervereins Alter Feuerdrachen zusammengeschlossen sind, letztendlich das Haus verlassen sollen”. Und damit verknüpft der Verein die Fragen: “Was ist in Saarbrücken sozial und kulturell erwünscht? Wofür soll es Geld geben?”
“Funktionierende Selbstverwaltung”
Den städtischen Haushalt um einige tausend Euro zu entlasten, indem mehr Geld von den Vereinen in der Alten Feuerwache eingetrieben wird, hält der Feuerdrachen auf jeden Fall für den falschen Weg. Der Verein sei schließlich “ein funktionierendes Modell der Selbstverwaltung recht unterschiedlicher kultureller und sozialer Gruppen”. Und in den vergangenen 20 Jahren habe sich die Alte Feuerwache “zu dem links-alternativen Kulturzentrum in Saarbrücken entwickelt”. Das solle so bleiben.
20 Jahre, in denen es schon öfter den Versuch gegeben habe, die Vereine aus dem historischen Gebäude herauszubekommen. “Der letzte Vorstoß in diese Richtung fand im Januar 2000 statt”, erinnert sich der Verein. Damals sei der Versuch gescheitert, weil die Stadt in Folge der “Korruptionsaffäre von Hajo Hoffmann” und dem Bruch der rot-grünen Stadtratskoalition plötzlich genug mit sich selbst zu tun gehabt habe.
Auch dieses Mal will der Verein Ungemach abwenden. “Die Alte Feuerwache ist Teil unserer Kultur und notwendige Voraussetzung unserer Arbeit”, heißt es in der Feuerdrachen-Pressemitteilung. Und: “Um es klar zu sagen: Freiwillig gehen wir hier nicht raus!”
Für Mark Diening, den Pressesprecher der Stadt klingt das “ein wenig nach Parolen aus einem Guerilla-Krieg — und somit für meine Ohren leicht überzogen”. “Als nächstens wird dann die Revolution ausgerufen oder was?”, fragt Diening. Dass der Feuerdrachen von “städtischen Bereicherungsmaßnahmen” spreche, wirke angesichts des Defizits von mehr als 350 Millionen Euro in der Stadtkasse “wie eine Formulierung des absurden Theaters”. “Bei allem Verständnis für die Sorgen der Vereinsmitglieder: Wir sollten etwas ruhiger miteinander reden”, schlägt der Stadtpressesprecher vor.
Dass die Stadt 50000 Euro von den Vereinen wolle, stimme so nicht. “Richtig ist aber, dass das Gebäude den städtischen Haushalt jährlich mit einem Zuschussbedarf von mehr als 50000 Euro belastet. Und richtig ist auch, dass die Stadt sparen will und muss”, sagt Diening. Er räumt ein: “Die Diskussion, dass die Stadt sich bemühen sollte und wollte, die Gruppen an anderen Orten unterzubringen, um das Haus leer zu bekommen, damit wir uns dann von ihm trennen können, gibt es schon seit einigen Jahren. Das Staatstheater hatte zum Beispiel Interesse an dem Gebäude angemeldet.”
Kündigung für Ende 2004?
Diening geht noch weiter: “Eine weitere Möglichkeit, die derzeit diskutiert wird, möchte ich auch nicht verschweigen: Es könnte auch sein, dass den Gruppen, die das Haus derzeit nutzen, schlicht gekündigt wird, soweit ich weiß mit einem Jahr Vorlaufzeit, was hieße frühestens zum 31. Dezember 2004. Dann müssten sich die Nutzer selbst andere Quartiere suchen. Darüber ist aber noch keine Entscheidung gefallen. Und — um das auch nochmal ganz deutlich zu sagen: Diese Entscheidung trifft nicht die Verwaltung, sondern der Stadtrat.” SPD, CDU und Grüne seien aufgefordert, “beim Thema Alte Feuerwache/Alter Feuerdrache endlich Farbe zu bekennen”.