Erfolgreiche Demo in Lebach

Am Sam­stag dem 23. Okto­ber 2021 fand in Lebach eine Demon­stratin für die Auflö­sung des Lagers Lebach statt. Wir danken nochmal dafür, dass wir ein­ge­laden wur­den und einen Rede­beitrag hal­ten durften. Diesen, sowie die Pressemit­teilung der See­brücke Saar doku­men­tieren wir im Folgenden:

Pressemit­teilung zur Demon­stra­tion „Woh­nun­gen für alle statt Lager Lebach“ am 23.10.2021

Saar­brück­en, 23. Okto­ber 2021.
Unter dem Mot­to „ Lager Lebach auflösen! Woh­nun­gen und Teil­habe für alle!“ rief die See­brücke Saar für den 23.10.2021, 14 Uhr, zu einem bun­ten und laut­en Protest­marsch durch Lebach auf. Rund 100 Per­so­n­en, unter ihnen viele Bewohner:innen aus dem Lager, tru­gen ihre Forderun­gen und ihre Wut auf die Straßen vor dem Lager und in die Innen­stadt vor Rathaus und Polizeis­ta­tion. Nach Rede­beiträ­gen von der See­brücke Saar, Con­n­Act Saar, Antifa Saar / Pro­jekt AK, dem Kur­dis­chen Gesellschaft­szen­trum sowie mehreren aktuellen und ehe­ma­li­gen Bewohner:innen des Lagers endete die Demon­stra­tion mit einem Konz­ert des kur­dis­chen Musik­du­os Bihevra.
„In Lagern wie dem in Lebach entrechtet der deutsche Staat tagtäglich Men­schen. Mit Zwang­sun­ter­bringung, Arbeitsver­boten, Sach- statt Geldleis­tun­gen und jahre­langem Warten ohne Zukun­ftsper­spek­tive wer­den Geflüchtete dort aktiv an Teil­habe gehin­dert und psy­chisch zer­mürbt. Und das an einem Ort wie Lebach, poli­tisch gewollt vor den Augen der saar­ländis­chen Öffentlichkeit ver­bor­gen! Diese men­schen­ver­ach­t­en­den Zustände sind nicht hin­nehm­bar und waren es noch nie!“ so die Press­esprecherin der See­brücke Saar, Marie Schmitz.
Das Lager Lebach ist als soge­nan­ntes „Ankerzen­trum“ (Zen­trum für Ankun­ft, Entschei­dung und Rück­führung) auf die Internierung und schließlich die Abschiebung von Men­schen aus­gelegt. Dabei sind die Geflüchteten in den Lagern willkür­lichen Per­so­n­en- und Zim­merkon­trollen aus­ge­set­zt – zum Teil unter Anwen­dung von Gewalt durch Secu­ri­ty-Per­son­al und Polizist_innen, die zu jed­er Tages- und Nachtzeit Abschiebun­gen durch­führen.
„Die Sit­u­a­tion in Lebach und anderen Lagern in Deutsch­land und Europa tritt die Rechte Schutz Suchen­der mit Füßen. Wir stellen uns dem herrschen­den ras­sis­tis­chen Asyl­sys­tem ent­ge­gen und fordern ein Leben in Sicher­heit, Würde und Selb­st­bes­tim­mung für alle. Dazu müssen sofort sichere Fluchtwege geschaf­fen wer­den, jede Abschiebung gestoppt und das Bleiberecht für alle, in Woh­nun­gen statt Lagern, hergestellt wer­den!“, so Schmitz.




Rede­beitrag Antifa Saar / Pro­jekt AK Demo in Lebach am 23.10.2021
Hal­lo, ich darf Euch alle im Namen der Antifa Saar / Pro­jekt AK auf unser­er heuti­gen Demon­stra­tion in Lebach begrüßen. Wir bedanken uns recht her­zlich bei der See­brücke Saar für die Organ­i­sa­tion der heuti­gen Aktion und die Ein­ladung hier sprechen zu dür­fen. Wir wur­den gebeten kurz über recht­en Ter­ror zu sprechen.
Heute vor vier Wochen demon­stri­erten wir in Saar­louis. Einige von Euch wer­den dabei gewe­sen sein. Anlass war der 30. Todestag von Samuel Kofi Yeboah. Samuel Yeboah ver­bran­nte, nach­dem das als soge­nan­nte „Asyl­be­wer­berun­terkun­ft“ dienende ehe­ma­lige Hotel Weiss­es Rößl in der Nacht zum 19. Sep­tem­ber 1991 angezün­det wurde. 18 weit­ere Men­schen über­lebten den Bran­dan­schlag – teil­weise schw­er ver­let­zt. Zur gle­ichen Zeit tobte in Hoy­er­swer­da der ras­sis­tis­che Mob und bun­desweit kam es zu ein­er ganzen Serie von ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlä­gen. Und auch im Saar­land bran­nten in diesen Tagen noch weit­ere Unterkün­fte für Geflüchtete. Wie gesagt – das ist jet­zt 30 Jahre her. Und das war auch wed­er der Anfang noch das Ende ras­sis­tis­ch­er Mobil­machun­gen im Saar­land nach dem Beitritt zur Bun­desre­pub­lik im Jahr 1957.
Ein his­torisches Beispiel mit Bezug zum Lager Lebach: Seit 1985 ver­suchte die saar­ländis­che Nazi­partei NPD ras­sis­tis­che und frem­den­feindliche The­men anhand von ihr ins Leben gerufen­er „Bürg­erini­tia­tiv­en“ und Ver­anstal­tun­gen ins Zen­trum der Öffentlichkeit zu rück­en. Diese „Ini­tia­tiv­en“ tru­gen Namen wie „Ein Herz für Deutsch­land“ oder „Deutsche Volksini­tia­tive“. Befeuert wurde dies durch rechte Union­spoli­tik­er wie Dreg­ger, Strauß und Zim­mer­mann, die eine Steigerung von Asy­lanträ­gen zu einem Prob­lem von nationaler Bedeu­tung hochstil­isierten. Als dann eine Anzahl von Ein­brüchen ein­er kleinen Gruppe von Geflüchteten im Lager Lebach ange­lastet wurde, heizte sich die Stim­mung soweit auf, dass ein Lebach­er Pfar­rer sich dazu genötigt sah, öffentlich Stel­lung zu beziehen „gegen den Ver­such das Prob­lem Lan­deswohn­sied­lung durch das Faus­trecht oder Gewal­tan­dro­hung lösen zu wollen. So nachzule­sen in der Saar­brück­er Zeitung im August 1986. 1986! — so ver­dammt lange gibt es das Lager hier schon. So lange liefert man Men­schen hier der Stig­ma­tisierung und der Willkür der Behör­den aus. Lässt sie teil­weise jahrzehn­te­lang ohne Per­spek­tive vor sich hin­veg­etieren. Und das ist gewollt. Das ist Kalkül der Poli­tik. Wohlfühlen soll sich hier näm­lich nie­mand. Betritt man beispiel­sweise das Wartez­im­mer der Zen­tralen Aus­län­der­be­hörde hier find­et man dort an der Wand keine net­ten Bilder, die einem das Warten ein Stück angenehmer gestal­ten, son­dern nur groß­for­matige Plakate mit denen für die soge­nan­nte „frei­willige Rück­reise“ in zahlre­ichen Sprachen gewor­ben wird. Ja, man will die Men­schen hier nicht inte­gri­eren. Denn wenn sie Fre­undin­nen und Fre­unde find­en in der Nach­barschaft, in Beruf, im Fußbal­lvere­in oder in der Dis­co gäbe es plöt­zlich viel mehr Bürg­erin­nen und Bürg­er dieses Lan­des, die mit­bekä­men wie beschä­mend man hier mit Hil­fe­suchen­den umge­ht. Wir hat­ten eben das Beispiel aus dem Jahr 1986. Ein weit­eres Beispiel aus dem Jahr 2015. Vielle­icht erin­nert ihr Euch. Grup­pen wie PEGIDA und „Hooli­gans gegen Salafis­ten“ sorgten bun­desweit für Furore mit ras­sis­tis­chen Aufmärschen und Gewal­tak­tio­nen. Im Saar­land marschierte im Mai 2015 hier in Lebach ihr saar­ländis­ches Pen­dant auf. Die selb­ster­nan­nten „Saar­län­der gegen Salafis­ten“. Darunter fast auss­chließlich bekan­nte Neon­azis. Wenige Tage vor dem Auf­marsch präsen­tierte ein­er diese Teil­nehmer seinen Kam­er­aden ein Video bei youtube, wie er durch die Straßen des Lagers fuhr und das Gelände auskund­schafte. Burkhard B., der sich selb­st gerne als keltisch­er Druide insze­nierte wurde mehrere Monate später festgenom­men unter dem Ver­dacht der Grün­dung ein­er recht­en Ter­ror­gruppe. So rief er auch dazu auf, dass der Mord an Wal­ter Lübcke kein Einzelfall bleiben dürfe.
Das heißt, und das muss man mit aller Deut­lichkeit sagen: Das Lager Lebach ste­ht im Fadenkreuz rechter Ter­ror­ban­den. Und dass zahlre­iche Sol­dat­en aus dem recht­en Ter­ror­net­zw­erk, dass als Han­ni­bal-Net­zw­erk bekan­nt wurde hier in Lebach sta­tion­iert waren ist eben­falls bekan­nt.
Bewohner­in­nen und Bewohn­er des Lagers kön­nen sich­er von hun­derten Vor­fällen und Ereignis­sen bericht­en, die von der ras­sis­tis­chen Pöbelei bis hin zu tätlichen Über­grif­f­en reichen. Und dieser Ras­sis­mus man­i­festiert sich eben auch in der Unter­bringung hier in Lebach. Deshalb fordern wir mit Euch zusam­men:

Woh­nun­gen und Teil­habe für alle statt Lager Lebach!
Gegen ras­sis­tis­chen Ter­ror muß die antifaschis­tis­che Selb­sthil­fe organ­isiert wer­den! Helft uns dabei!