Kurzbericht (Dokumentation von der facebook-Seite Streets of Saarbrooklyn)
500 (!) Leute auf der Demo zum Internationalen Frauenkampftag in Saarbrücken
Teilnehmer*innenrekord trotz strömenden Regens.
500 Menschen folgten am heutigen Mittwoch, dem 8. März dem Aufruf des Saarbrücker Bündnis Internationaler Frauenkampftag zur jährlich stattfindenden Demonstration in der Landeshauptstadt. Diese stand in diesem Jahr unter dem Motto „Frau. Leben. Freiheit.“.
Bereits am Vormittag beteiligten sich AktivistInnen des Bündnisses an der Streikkundgebung der Sozial- und Erziehungsdienste auf dem Tbilisser Platz und verteilten dort den vierseitigen Aufruf. Eine Rednerin der GEW rief in ihrer Rede zur Teilnahme an der Abend-Demonstration auf.
Der Auftakt fand ab 18.00 Uhr bei Wind und strömendem Regen mit einer Kundgebung auf dem Max-Ophüls-Platz statt. Dort gab es einen Redebeitrag der Linksjugend.solid zu Armut und Ausbeutung von Frauen international.
Die Rednerin des Kurdischen Gesellschaftszentrums (KGZ) sprach anschließend über die Kämpfe der kurdischen Bewegung insbesondere im Bereich des Feminismus. Sie betonte u.a. dass für sie der Feminismus auch immer Antifaschismus bedeuten muss.
Im letzten Beitrag auf der Auftaktkundgebung thematisierte die Antifa Saar / Projekt AK die nun schon seit fast einem halben Jahr andauernden Proteste und Widerstandsaktionen der Frauen im Iran gegen das Regime der Islamischen Republik und betonte welche Bedeutung diese Kämpfe international und für uns hier vor Ort haben.
Lautstark setzte sich der Demonstrationszug dann in Bewegung, zog mit Parolen und Musik durch das Nauwieser Viertel Richtung Innenstadt zur Abschlußkundgebung auf dem St. Johanner Markt, die mit einer kämpferischen Rede der stellvertretenden Landesvorsitzenden der GEW Saar begann. Dabei wurde die Bedeutung auch des feministischen Ansatzes der GEW in dem aktuellen Streik und darüberhinaus betont.
Danach gab es eine Rede von dem Zusammenschluß Fempire. Darin wurde die Solidarität des queerfeministischen Blocks auf der Demo mit den Anliegen des Frauenkampftags thematisiert und eine queerfeministische Perspektive miteingebracht.
Die Rede der Gruppe ConnAct Saar beschäftigte sich mit der Thematik der Gewalt gegen Frauen und des Internationalismus.
Zum Abschluss der Demonstration sangen die Teilnehmer*innen gemeinsam mit dem Chor der Roten Concordia das Lied Bread & Roses und wir mussten gemeinsam feststellen, dass wir das fürs nächste Mal nochmal üben müssen (die verteilten Textblätter verwandelten sich aufgrund des Dauerregens innerhalb Sekunden in Brei).
„Eine rundum gelungene Aktion“ stellte die Sprecherin der Antifa Saar / Projekt AK am Ende gegenüber S.o.S. fest und betonte „Feminismus ist kein Thema nur für den 8. März. Feminismus muss vor allem auch in unseren eigenen Strukturen stärker thematisiert und diskutiert werden. Wir werden unseren Teil dazu beizutragen. Danke an die gesamte Orga, alle die geredet haben und alle die bei diesem scheiß Wetter mit uns den Teilnehmer*innenrekord gebrochen haben.“
Das Bündnis Internationaler Frauenkampftag wird derzeit getragen von der Linksjugend.solid Saar, der Gruppe ConnAct Saar und der Antifa Saar / Projekt AK.
(Ende Dokumentation des Kurzbericht von Streets of Saarbrooklyn)
Redebeitrag der Antifa Saar / Projekt AK am 8. März in Saarbrücken
Jin, Jihan, Azadi – Frau, Leben, Freiheit…
…das ist das Motto unserer diesjährigen Demo zum Internationalen Frauenkampftag.
Warum ? — das liegt auf der Hand.
Seit dem 16. September letzten Jahres gehen im Iran Frauen auf die Straße und kämpfen gegen das Regime der Islamischen Republik und seine Tugendwächter.
Seit nun fast schon einem halben Jahr.
Auslöser war der gewaltsame Tod der 22jährigen Zhina „Mahsa“ Amini in Teheran.
Verhaftet von der sogenannten Sittenpolizei, weil sie ihren Hijab nicht korrekt getragen haben soll.
Als sie an diesem Tag ins Krankenhaus eingeliefert wurde, soll sie bereits im Koma gelegen haben.
Was sich genau zwischen Festnahme und Krankenhaus im Polizeigewahrsam abgespielt hat ist bislang ungeklärt.
Die Behörden sprechen von einem Herzinfarkt.
Röntgenaufnahmen hingegen zeigen allerdings Knochenbrüche, Blutungen und ein Hirnödem.
Und die Proteste, — nein – vielmehr der revolutionäre und unglaublich mutige Widerstand der Frauen im Iran flaut nicht ab.
Im Gegenteil: Zwar werden die Massenproteste weniger – aber der zivile Ungehorsam und der Widerstand im Alltag wächst weiter.
Längst haben sich auch Arbeiter, Studierende und auch die Freunde und Brüder den revolutionären Forderungen der Frauen angeschlossen.
Denn auch sie begreifen – ohne die Befreiung der Frau kann es keine Befreiung des Menschen geben.
Und selbstverständlich steht auch die LGBTIQ-Bewegung im Iran an der Seite der Frauen, die sich das Kopftuch vom Haupt reissen, es verbrennen und dazu freudig tanzen.
Und allen ist klar – es geht längst nicht mehr nur um das Kopftuch.
Es geht um den Sturz der Islamischen Republik und dem gesamten patriachalen System, dass sich dort mit seiner hässlichen Fratze seit Jahrzehnten verfestigt hat.
Jahrzehntelange Repressionen.
Jahrzehntelange Ausbeutung.
Jahrzentelange Unterdrückung.
Folter, Gefängnis, Todesstrafe.
Oder die neueste Perfidität: das massenhafte Vergiften von Schulmädchen im Iran um sie von der Bildung auszuschließen – wie es unter den Taliban in Afghanistan schon wieder Gang und Gäbe ist –
All das könnte vorbei sein —
wenn die Revolution der Frauen im Iran erfolgreich ist.
Und nicht nur das: auch die Drohung der nuklearen Vernichtung Israels die das Mullah-Regime ebenfalls seit Jahren immer wieder erneuert, bekräftigt und auch mit seinem Atomprogramm vor den Augen der Weltöffentlichkeit vorantreibt wäre endlich aus der Welt.Denn große Teile der Bevölkerung des Irans machen auf der Straße immer wieder deutlich, dass sie der Hetze des Regimes gegen andere Staaten keinen Glauben mehr Schenken.
Das macht so viel Hoffnung.
Und das in Zeiten wo die Welt immer auch immer noch mit einer Pandemie, zahlreichen Kriegen und den zerstörerischen Folgen des planetaren Raubbaus durch die kapitalistische Wirtschaftsweise zu kämpfen hat.
Hoffnung die wir alle gut gebrauchen können.
Deshalb gilt es den Menschen im Iran nicht nur unsere Solidarität auszusprechen, sondern auch ein Dankeschön.
Ein Dankeschön dafür, dass sie uns zeigen was möglich sein kann, wenn wir uns zusammen schließen und zusammen kämpfen.
Als Antifa Saar / Projekt AK hätten wir an dieser Stelle noch viel zu sagen:
über die patriachalen Strukturen hier im Alltag.
Auf der Arbeit, in der Schule oder auch in der Szene.
Über die Misogynie die in den Pamphleten des rechten Terrors Ausdruck findet.
Utoya, Christchurch, Hanau.
Gewalt gegen Frauen und rechter Terror fallen oft zusammen. Sexismus, Abwertung von Weiblichkeit und geschlechtsspezifische Gewalt dienen in der Bundesrepublik und International auffallend oft als Grundlage für rechte Gewalt.
Dagegen müssen wir uns organisieren. Zusammen kämpfen!
Wir möchten aber abschließen mit ein paar Textzeilen aus der Ballade „Baraye“ des iranischen Künstlers Shervin Hajipour.
Der Song wurde von ihm am 28. September 2022 auf Instagram veröffentlicht und schnell zur Hymne der Proteste im Iran.
Im Anschluß werden wir den Song in der Cover-Version von Ifa hören.
Die Behörden nahmen Shervin umgehend fest und zwangen ihn dazu den Song bereits zwei Tage nach Veröffentlichung zu löschen.
Bis dahin hatte er sich bereits 40 Millionen mal verbreitet.
Der Text setzt sich zusammen aus online-Kommentaren von Demonstrierenden in denen sie begründen warum sie auf die Straße gehen:
Für das Tanzen auf der Straße
Wegen der Angst sich zu küssen
Für meine Schwester, deine Schwester und unsere Schwestern
Für den Wechsel alter Werte
Wegen der Scham, wegen der Armut
Wegen der Sehnsucht nach einem normalen Leben
(…)
Für ein lachendes Gesicht
Für die Studierenden, für die Zukunft
Wegen dem aufgezwungenen Paradies
Für diejenigen, die im Gefängnis sind
Für die afghanischen Kinder
(…)
Wegen all den leeren Parolen
Wegen dem Schutt der billig gebauten Häuser
(…)
Für das Mädchen, das sich wünschte ein Junge zu sein
Für die Frau, das Leben, die Freiheit!
Jin, Jihan, Azadi!