Rund 200–250 Personen sind am Dienstag dem Aufruf des Bündnisses zum Internationalen Frauenkampftag gefolgt und haben sich zur Demonstration am Saarbrücker Max-Ophüls-Platz getroffen.
„Seit über 100 Jahren kämpfen Frauen – nicht nur am 8. März – für Emanzipation und Gleichberechtigung“, sagt Lisa Schneider, Sprecherin des Aktionsbündnisses. Im letzten Jahr musste die Demonstration pandemiebedingt ausfallen. Gerade diese Krise habe aber gezeigt, wie notwendig es sei, dass diese Kämpfe auch weiterhin geführt würden, so Schneider.
„Die Weltgesundheitsorganisation betrachtet Gewalt als eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen, auch im Saarland sind die Strukturen zum Schutz von Frauen mangelhaft ausgebaut: in ganzen drei Landkreisen gibt es kein einziges Frauenhaus“, hieß es im Redebeitrag der Linksjugend.
Emanzipatorische Errungenschaften würden derzeit von verschiedenen Seiten aktiv angegriffen. Das thematisierten die „Antifa Saar/Projekt AK“ – mit Blick auf das reaktionäre Frauenbild, dass in der extremen Rechten vorherrscht, sich aber auch bei Gegnerinnen und Gegnern der Corona-Maßnahmen zeigt – sowie die Gruppe „Medical Students for Choice“, eine studentische Gruppe, die sich für die Legalisierung und Entstigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen einsetzt. „Die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist ein systematischer Angriff verschiedener Antifeministen und Antifeministinnen auf den Körper und das Leben von Frauen“, so die Sprecherin der Medical Students. Daher sei es wichtig, für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und damit für körperliche und sexuelle Selbstbestimmung zu kämpfen.
Die Gruppe „Connact Saar“ fordert, die Sorgearbeit, die sowohl im beruflichen wie auch dem familiären Kontext auch im Jahr 2022 noch immer an den Frauen hängenbliebe, künftig gesellschaftlich anders zu organisieren.
Die Demonstrierenden solidarisierten sich mit oppositionellen feministischen Gruppen in Russland, die ungeheurer Repressionen ausgesetzt seien und wiesen auf die prekäre Lage der Menschen in der Ukraine hin, wo insbesondere Frauen von sexueller Gewalt, Menschenhandel und Zwangsprostitution bedroht sind.
Die Demonstration zog vom Max-Ophüls-Platz über das Rathaus zum St. Johanner Markt, wo die Abschlusskundgebung stattfand.
Redebeitrag der Antifa Saar / Projekt AK:
Jom Kippur im Oktober 2019: in Halle versucht ein Attentäter in eine Synagoge einzudringen und die dort versammelte jüdische Gemeinde zu töten. Als dies misslingt erschießt er 2 Menschen vor Ort.Februar 2020 in Hanau: bei einem rassistischen Terrorakt werden 9 migrantische Menschen ermordet. Anschließend tötet der Täter seine Mutter und sich selbst.Wir erleben Jahr für Jahr unzählige rechte und antisemitische Terrorakte auf der ganzen Welt, sei es in Toronto in Canada, in Christchurch in Neuseeland, in Charlottesville oder El Paso, Texas in den USA, um hier jetzt mal nur die bekannteren zu nennen. Wir sprechen hier von antisemitischen Anschlägen, von rassistischen Anschlägen, von rechtem Terror — und sie haben alle etwas miteinander gemein, nämlich dass ihre Täter alle auch eine frauenfeindliche Ideologie hatten.
Es ist klar, dass es da zwischen diesen Taten große Unterschiede gibt. Es fängt an bei patriarchalen Denkmustern, die dazu führen, dass an Frauen Besitzansprüche gestellt werden, über die Welt der sog. Incels, die ein Recht auf Sex beanspruchen und Frauen dafür verantwortlich machen, wenn sie ihn nicht bekommen. Und es geht bis zu Gewalt, die Frauen deshalb angetan wird, weil sie Frauen sind, einfach weil sie als minderwertig betrachtet werden. Bis hin zu rechten und antisemitischen Attentätern, die Frauen und dem Feminismus die Schuld am Aussterben “ihres Volkes” geben und die Forderung erheben, dass diese ihre Rolle in der Reproduktion einnehmen und sich auf ihre Funktion als Frau und Mutter konzentrieren sollen.
Und dabei ist es nicht einfach nur ein rein männliches patriarchales Handeln, das diese Gesellschaft bestimmt. Wir bemerken besonders deutlich die rechten Attentäter und kritisieren männliches Dominanzverhalten. Aber Frauenfeindlichkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, geprägt von Männern, und genauso auch geprägt von Frauen, die eine rückständige Gesellschaft einfordern und eine frauenfeindliche Ideologie verbreiten.Das zeigt sich besonders gut bei den Corona-Leugner_innen und Schwurbler_innen, denn dort sind genau diese Frauen aktiv — und das zahlreich! Sie leben diese Ideologie geradezu vor. Als besorgte Mütter begehren sie auf gegen das Tragen von Masken oder gegen Impfungen. In ihren Telegram-Gruppen fordern sie, dass Frauen wieder zu ihrem “Mutterinstinkt” zurückfinden sollen und schwurbeln über einen “Feminismus-Unsinn”, der diesen ach so natürlichen Urinstinkt angeblich unterdrücken würde. Oberflächlich betrachtet engagieren sie sich ja nur “für die Kinder”. Tatsächlich aber sind sie Vertreter_innen eines konservativen Familienbildes, das ihnen dazu dient, andere Frauen, die ihrem verqueren Denken nicht Folge leisten wollen, zu verurteilen und sich selbst über sie zu stellen.Sie empowern sich mit diesem Gehabe und glauben auch noch, dass sie damit einen wichtigen Beitrag leisten und ihre Stimme für ihre Kinder erheben.Aber, um es hier einmal ganz deutlich zu sagen: Es ist nicht ihre Aufgabe, ihre Kinder vor der Welt zu schützen! Es ist unsere Aufgabe, ihre Kinder vor ihnen zu schützen! Sie fördern ein altbackenes Weltbild und laufen einer Idee hinterher, die ins letzte Jahrhundert gehört. Das ist keine Emanzipation, das ist Reaktion und das gehört konsequent bekämpft!
Denn was hier passiert ist nicht einfach nur peinlich oder lächerlich. Es ist der Einstieg in völkisches Denken und rechte Ideologie. Und so sind die Grenzen auch wieder fließend zurück zum rechten Spektrum, mit seinem Hass auf Gender Mainstreaming oder gar mit völkischen Siedlungsprojekten der Anastasia-Bewegung. Oder auch alljährlich hier zu beobachten, wenn die Anhänger_innen der fundamentalistischen Piusbruderschaft, Frauen und Männer Seite an Seite, ihre Parade durch die Stadt veranstalten und gegen die Selbstbestimmung von Frauen und für eine konservative Gesellschaft eintreten. Ihr neuester Move ist jetzt übrigens ironischerweise unter dem Motto “my body, my choice”, gegen eine Impfpflicht zu schwurbeln. Berührungsängste mit Nazis gibt es dort grundsätzlich natürlich keine.
Was bedeutet das für uns? Hass gegen Frauen, die Ablehnung des Weiblichen, ist Einstieg in ein menschenverachtendes Denken und fungiert als wichtiges Bindeglied von Antisemitismus und Rechter Ideologie. Wir müssen Frauenfeindlichkeit ernst nehmen, nicht nur wenn wir von Rechtem Terror oder sog. Incels sprechen, sondern auch, wenn sie im vermeintlich harmlosen Gewand von besorgten Müttern und betenden Familien daherkommt. Und gerade deshalb, egal ob Antifeminismus, Rassismus oder Antisemitismus! Lasst uns all das zusammen bekämpfen, denn das gehört fest miteinander zusammen! Lasst uns alle diese Menschenfeinde zurück in ihre Löcher treiben!
Feminismus ist Antifa, Antifa ist Feminismus!Nieder mit dem Patriarchat!