Saarbrücker Zeitung vom 04.01.2005
“Nicht mit Gewalt”
von sz-redakteur martin rolshausen
Der Saarbrücker Stadtrat hat im November 2003 beschlossen, dass die links-alternativen Gruppen aus der Alten Feuerwache raus müssen. Er hat die Mietverträge zum 31. Dezember 2004 gekündigt. Die Frist ist verstrichen. Eine Räumungsklage soll es aber nicht geben, sagt die Stadt.
Saarbrücken. Dass ausgerechnet er als Grünen-Politiker die Polizei gegen Demonstranten zu Hilfe rufen musste, fiel Bürgermeister Kajo Breuer sichtlich schwer. Aber was sollte er machen? Rund 40 Mitglieder von links-alternativen Vereinen, die ihre Büros in der Alten Feuerwache am Landwehrplatz haben, hatten das Podium in der Congresshalle besetzt, von dem aus Breuer die Sitzung des Saarbrücker Stadtrats zu leiten hatte. Freiwillig wollten die Demonstranten nicht weichen. Also ließ sie der Bürgermeister von der Polizei aus dem Saal führen. Das war am 4. November 2003. Nach dem Polizeieinsatz beschloss der Stadtrat mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen einstimmig das, was die Demonstranten verhindern wollten: den im Verein Alter Feuerdrache zusammengeschlossenen Gruppen wurden die Räume in der Alten Feuerwache zum 31. Dezember 2004 gekündigt.
Bei der Umsetzung dieses Beschlusses kann auf die Hilfe der Polizei verzichtet werden, das hofft jedenfalls die Stadtverwaltung.
Die hat es offensichtlich auch nicht allzu eilig, die vom Stadtrat nicht mehr erwünschten Mieter aus dem Haus zu bekommen. Die Vereine “werden aufgefordert, das Gebäude zu räumen”, teilte Stadtpressesprecher Dirk Sellmann gestern auf Anfrage mit. Die vom Stadtrat beschlossene Kündigung werde die Stadtverwaltung aber “sicher nicht in den nächsten Wochen” und “nicht mit Gewalt” durchsetzten. “Eine Räumungsklage ist nicht geplant”, sagt Sellmann.
Bisher hatte der Verein Alter Feuerdrache, dem unter anderem der Kurdische Kulturverein, die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstverweigerer, die Deutsch-Lateinamerikanische Gesellschaft, die Antifa Saar und das Kommando Luftschloss angehören, allerdings keine Kompromissbereitschaft erkennen lassen. Die Botschaft des Dachvereins lautete: “Freiwillig gehen wir nicht raus.”
Das Angebot der Stadtverwaltung, den Vereinen bei der Suche nach neuen Räumen behilflich zu sein, lehnte der Alte Feuerdrache ab. Dass die Vereine in Räume außerhalb des Stadtzentrums umziehen sollen, womöglich in verschiedenen Stadtteilen, ist für den Feuerdrachen nicht akzeptabel. Dass die Stadt durch den Auszug der Vereine 50000 Euro im Jahr sparen könne, wie Finanzdezernent Frank Oran (CDU) vorgerechnet hatte, ist für den Alten Feuerdrachen kein Argument.
Die Alte Feuerwache müsse als “politisches, kulturelles und soziales Zentrum” erhalten bleiben, erklärten die von Kündigung bedrohten Vereine. Sie sammelten Unterschriften und organisierten eine Demonstration. Die links-alternativen Gruppen kündigten vollmundig an, dass sie die “Feuerwache verteidigen” wollen.
Die Stadtverwaltung bleibt gelassen. Dirk Sellmann: “Wir gehen davon aus, dass das einvernehmlich geregelt wird.”
Quelle: Saarbrücker zeitung, 04.01.05