Antifaschistische Demonstration in Saarbrücken
Samstag, 18. Januar 2014
Treffpunkt: Römerkastell (Mainzer Straße), 12.00 Uhr
Auch ohne NPD-Bundesparteitag – Keine Räume den Nazis, weder in Saarbrücken-Schafbrücke noch anderswo!
Die NPD wollte am 18. und 19. Januar ihren Bundesparteitag für die 2014 anstehende Europawahl in Saarbrücken abhalten. Als Ort sollte wieder einmal die städtische Festhalle im Stadtteil Schafbrücke dienen, die die saarländische NPD schon häufiger für ihre Veranstaltungen nutzen konnte. Auch wenn an diesem Wochenende kein Bundesparteitag der NPD in Saarbrücken stattfinden wird: wir werden trotzdem auf die Straße gehen, denn das Problem ist mit der aktuellen Verlegung der NPD-Veranstaltung nach Thüringen nicht vom Tisch. Die NPD wird weiterhin versuchen, städtische Hallen für ihre Zusammenkünfte anzumieten, sie wird weiterhin das Hotel Budapest in Fechingen nutzen können, und die NPD-Funktionäre Peter Marx und Peter Richter werden auch in Zukunft von der Birkenstraße in Schafbrücke aus agieren können.
Daher rufen wir alle fortschrittlich gesinnten Menschen auf, am Samstag, 18. Januar, ein klares Zeichen zu setzen und der antisemitischen und rassistischen Ideologie der NPD unseren Widerstand entgegenzusetzen!
Zur Zeit macht die NPD vor allem durch Negativschlagzeilen von sich reden: Intrigen und persönliche Animositäten führten vor wenigen Wochen zum Rückzug des damaligen Parteivorsitzenden Holger Apfel, sein Nachfolger Udo Pastörs, der im Nachgang einer NPD-Veranstaltung 2009 in Saarbrücken-Schafbrücke wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, soll die Partei nun durch das anstehende Verbotsverfahren führen. Nach eher mäßigen Ergebnissen bei den vergangenen Wahlen erhofft sich die NPD neuen Aufwind bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, die in Deutschland am 25. Mai 2014 abgehalten werden. Die Chancen dazu stehen gar nicht mal so schlecht, zumal bei der Europawahl auch nur eine niedrige Sperrklausel von 3% gilt. Die Aufstellung der NPD-Kandidaten für die Europawahl sollte ursprünglich am Wochenende in Saarbrücken stattfinden.
Rechte (Frei-)Räume im Saarbrücker Osten
Dass sich die Nazipartei zur Durchführung ihres Bundesparteitages nun ausgerechnet Saarbrücken als Veranstaltungsort ausgesucht hatte, ist indes kein Zufall. Denn neben ihren Hochburgen in Ost-Deutschland hat die NPD schon vor Jahrzehnten auch im Saarland Fuß gefasst. Vor allem die Saarbrücker Stadtteile Schafbrücke und Fechingen waren in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von rechten Aufmärschen mit bundesweiter Bedeutung. In der städtischen Festhalle Schafbrücke fanden alleine im letzten Jahr mit der sogenannten „Saarbrücker Sommeruniversität“ und einem Landesparteitag inklusive anschließendem Nazikonzert zwei Veranstaltungen der NPD mit weit über die Saarbrücker Stadtgrenzen hinausreichender Bedeutung statt.
Im benachbarten Saarbrücker Stadtteil Fechingen kann die NPD außerdem auf die Räumlichkeiten des „Hotel Budapest“ zurückgreifen. In dem Hotel, das seit Jahrzehnten Zimmer und Tagungsräumlichkeiten für nahezu alle bedeutenden Naziorganisationen des Saarlandes (von den „Republikanern“ über die NPD bis hin zum „Stahlhelm“) zur Verfügung stellte, fanden auch in diesem Jahr wieder zahlreiche NPD-Veranstaltungen statt. Beispielsweise der „Politische Aschermittwoch“ der NPD, eine „kommunalpolitische Schulungswoche“ im Oktober für NPD-Kader aus der gesamten Bundesrepublik und auch die Weihnachtsfeier der Saar-NPD. Für das kommende Wochenende war das Hotel mit zahlreichen Delegierten des NPD-Bundesparteitages bereits ausgebucht, zudem wollte die NPD am Sonntag, 19. Januar, ihre Kandidaten für die Europawahl im Hotel Budapest der Presse vorstellen. Auch wenn die meisten Zimmer im Hotel Budapest an diesem Wochenende leer bleiben werden: die extreme Rechte wird in Fechingen wohl auch in Zukunft auf die Räumlichkeiten des ihnen wohlgesinnten Hoteliers Uwe Lukacs zurückgreifen können.
Darüber hinaus befinden sich in der Schafbrücker Birkenstraße der Wohnsitz des Generalsekretärs der NPD Peter Marx, der auch im Saarbrücker Stadtrat sitzt. Im gleichen Haus hat seit einiger Zeit auch der St. Ingberter Nazianwalt Peter Richter, der die NPD unter anderem im kommenden Verbotsverfahren vertritt, seine Kanzlei eingerichtet.
Saarbrücken – eine Stadt schaut zu und schweigt
Die Landeshauptstadt Saarbrücken spielt als Vermieterin der Festhalle Schafbrücke eine nicht unwichtige Rolle in der aktuellen Problematik. Auch wenn Oberbürgermeisterin Charlotte Britz immer wieder gerne betont – so zuletzt in der „Saarbrücker Zeitung“ vom 11. Januar 2014 -, dass in der „weltoffenen“ Stadt Saarbrücken für Nazis kein Platz sei, so spricht das Verhalten der Stadtverwaltung eine ganz andere Sprache. Denn der NPD macht man es hier sehr einfach, sich in kommunalen Räumlichkeiten einzumieten. Gängige Praxis der Stadt in den vergangenen Jahren war es immer, die Mietanfragen der NPD positiv zu bescheiden, die Öffentlichkeit aber nicht zu informieren. So kann die NPD schon seit Jahren ungestört ihre Veranstaltungen, ob Parteitage oder Rechtsrockkonzerte, in Saarbrücken-Schafbrücke durchführen, während sich die Saarbrücker Politik auf den legalistischen Standpunkt zurückzieht, dass die NPD ja nicht verboten sei, und man ihr somit öffentliche Räume nicht verwehren könne. Nazi-Veranstaltungen werden für die Behörden im Gegenteil erst dann zum Problem, wenn sie öffentlich bekannt werden und Protest angekündigt wird. Auch für den 18. Januar wurde der NPD mal wieder problemlos die Nutzung der angefragten Räumlichkeiten zugesagt. Mittlerweile hat die Stadt nach Bekanntwerden des Vorhabens der NPD, hier ihren Bundesparteitag abzuhalten, zwar die Nutzung der Festhalle untersagt, und dies ist als Erfolg der vielseitigen Anstrengungen gegen den NPD-Bundesparteitag zu werten. Wie die Stadt Saarbrücken sich in Zukunft gegenüber den Raumanfragen der Nazis verhalten wird, bleibt aber abzuwarten.
Rassismus steckt in der Mitte der Gesellschaft
Mag die NPD zur Zeit auch eher als Chaostruppe auftreten, die – auch aufgrund ihrer „Wahlerfolge“ im niedrigen einstelligen Bereich – politisch marginalisiert zu sein scheint: ihre Ideologie aus Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus ist in weiten Teilen der Gesellschaft anschlussfähig und wird von vielen Menschen geteilt, die niemals auf die Idee kommen würden, ihr Kreuz bei der NPD zu machen. Wenn es um die rassistische Mobilmachung gegen Flüchtlinge und Roma geht, gelingt es der NPD immer wieder, sich mehr schlecht als recht getarnt als „Bürgerinitiative“, wie in Berlin-Hellersdorf, oder ganz offen, wie in der Gemeinde Schneeberg im Erzgebirge, an die Spitze des wütenden Volksmobs zu setzen, der seine Wohlstandsoase, seine Kinder und seine „Sicherheit“ bedroht sieht von „einem nicht enden wollenden Zustrom an Menschen“, für die er nur Zuschreibungen wie „Armutsflüchtlinge“, „Zigeuner“, und „Drogendealer“ findet; von Menschen, von denen er nichts weiß als dass sie irgendwie „anders“ sind und deshalb nicht hierher gehören sollen. In vielen Orten der Bundesrepublik funktioniert die völkische Mobilmachung, die sich gerne mit Kerzen- und Fackelmärschen in Szene setzt, bereits auch ganz gut ohne die NPD.
In einem gesellschaftlichen Klima, wo die deutsche Mehrheitsgesellschaft dem „Fremden“, dem „Anderen“ landauf, landab mit unterschwelliger bis offener Feindschaft, bis hinauf in die höchsten Ebenen der Politik, und bisweilen auch mit Mord und Totschlag begegnet; wo Polizisten Personenkontrollen nach rassistischen Kriterien ausführen und die Hautfarbe entscheidet, ob man geduzt oder gesiezt wird; wo „Jude“ ein gängiges Schimpfwort auf den Schulhöfen ist und Israel als größte Bedrohung des „Weltfriedens“ gilt; da muss es eigentlich kaum noch verwundern, wenn eine Nazibande namens „NSU“ über 12 Jahre quer durch die BRD ziehen und mindestens 10 Menschen ermorden kann, ohne dass zuständige Behörden und Medien auch nur auf die Idee kommen könnten, dass es sich bei den Mördern um zu allem bereite Neonazis handelt könnte. Viel einfacher war die offensichtlich sehr naheliegende Schlussfolgerung, die Morde mussten irgendwas mit einem kriminellen Milieu, mit Drogen- und Schutzgeldgeschäften zu tun haben, die Opfer irgendwie darin verwickelt sein. In dieser Gesellschaft, deren höchste Repräsentanten in ihren Sonntagsreden gerne mit allerlei Phrasen von „Weltoffenheit“ und „Pluralismus“ um sich werfen, und die dennoch der Barbarei, aus der alle ja so vorbildlich viel gelernt haben wollen, viel näher ist als man wahrhaben möchte – in dieser Gesellschaft stellt die NPD mit ihrem aggressiven Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus nur die Spitze eines Eisberges dar.
Ein Antifaschismus, der es ernst meint, darf daher auch nicht bei der Bekämpfung der NPD und ihrer Sturmtrupps halt machen – es gilt, den ganzen Eisberg zu versenken.
Antifaschistische Aktion vor Ort
Die NPD wird am Samstag aller Wahrscheinlichkeit nach in Thüringen tagen. Doch damit ist das Thema nicht vom Tisch. Wir werden unseren Protest und Widerstand an die Orte tragen, wo sich die widerwärtigsten Elemente des postnazistischen Menschenhasses schon viel zu oft ungestört versammeln konnten, wo ihnen private und geschäftliche Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Wir sehen keinen Sinn darin, für diese Stadt, die sich auf ordnungspolizeilicher Ebene von Neonationalsozialisten an der Nase herumführen lässt, das demokratische Feigenblatt zu spielen, sondern werden auch in Zukunft dann protestieren und ins braune Wespennest stechen, wenn wir es für nötig erachten, und nicht nur, wenn es medienwirksam heißen soll „Eine Stadt stellt sich quer“. Daher rufen wir alle fortschrittlich gesinnten Menschen auf, die es am Samstag nicht schaffen, zum Verhindern des NPD-Bundesparteitages nach Thüringen zu fahren, sich uns anzuschließen und gemeinsam nach Schafbrücke zu demonstrieren.
Pas de fascistes dans les quartiers!
Pas de quartier pour les fascistes!