Der Saarbrücker Lehrer Markus Breidt aus Scheidt wurde wegen seiner extrem rechten Umtriebe aus dem Schuldienst entlassen. Der Aktivist der Naziszene ist in Saarbrücken in den letzten Jahren oft aufgefallen, sei es bei Naziveranstaltungen, aber auch im Umfeld von bürgerlichen oder sogar alternativen Veranstaltungen. Haltet die Augen offen!
Zu den Hintergründen der Kündigung und zum Prozess gegen Markus Breidt empfehlen wir die Lektüre dieses gut recherchierten Artikels in der Saarbrücker Zeitung:
Beschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht erfolglos : Rechtsextremer Saar-Lehrer besorgte sich illegal Waffen – Fristlose Kündigung rechtens
Von Daniel Kirch, Saarbrücken. Ein Lehrer, der in der rechten Szene verkehrte und sich illegal mit Waffen eindeckte, darf im Saarland nie mehr unterrichten. Die fristlose Kündigung hatte in einem fast dreijährigen Rechtsstreit Bestand. Ganz abgetaucht ist der entlassene Pädagoge aber nicht.
An einem Freitag im August 2017 spricht der Direktor des Verfassungsschutzes, Helmut Albert, in einer dringenden Angelegenheit im Bildungsministerium vor. Er warnt einen hohen Ministerialbeamten vor dem Lehrer Markus B., der seit 2015 im Ministerium arbeitet, und legt Auszüge aus Ermittlungsakten vor. Die brisanten Informationen lassen nur einen Schluss zu: Der angestellte Pädagoge, Entgeltgruppe E 13 (4607,28 Euro brutto), gehört dem Kern der rechtsextremen Szene im Saarland an.
Einen Tag zuvor hatten Zollfahnder die Wohnung des Erdkunde- und Sportlehrers durchsucht und dabei einen Revolver, eine Langwaffe, 25 Hartgummi-Geschosse und 25 Knallkartuschen gefunden. Das Material hatte er illegal über die inzwischen verbotene Internetseite „Migrantenschreck.ru“ bestellt, die Waffen zur „Verteidigung gegen Asylbewerber“ anbot.
Kaum hatte das Bildungsministerium den Mann angehört, sprach es am 30. August 2017 eine fristlose Kündigung aus. Zwei Wochen später bekam er eine weitere Kündigung, nachdem Beamte auf seinem Dienstrechner „Strategiepapiere“ fanden. In denen räsonierte er unter anderem über „Deutschenhass“, der auch aus einer „einseitig schwerpunktmäßigen Betrachtung der Naziherrschaft in den Schulen und Medien“ stamme.
Die Kündigungen begründete das Bildungsministerium mit dem Verdacht einer Straftat nach dem Waffengesetz und dem Verdacht der mangelnden persönlichen Eignung für das Lehramt. Markus B. zog mit seinem Anwalt, dem AfD-Bundestagsabgeordneten Christian Wirth, vor das Arbeitsgericht, hatte aber keine Chance: Die 8. Kammer aus Richter Matthias Notzon und zwei ehrenamtlichen Richtern urteilte am 16. April 2019, die Verdachtsmomente seien im Verfahren nicht widerlegt, sondern sogar noch verstärkt worden (Az. 8 Ca 208/17.SB). Das Gericht erkannte bei dem Lehrer ein xenophobes, also rassistisches Weltbild.
Abgeschlossen ist der Rechtsstreit erst seit kurzem, nachdem das Bundesarbeitsgericht eine Beschwerde des Mannes verworfen hat (Az. 2 AZM 30/19). Gerichtsunterlagen erlauben einen Einblick in die Gedankenwelt des Lehrers. Sie sind auch die Quelle für die hier wiedergegebenen Äußerungen aus den Anhörungen gegenüber dem Ministerium und aus der Gerichtsverhandlung.
Nach seiner Anstellung 2009 wurde der Lehrer zunächst in der Lehrerfeuerwehr eingesetzt, ab 2012 unterrichtete er an einem Gymnasium im Nordsaarland und ab 2014 an verschiedenen Gemeinschaftsschulen. Unter seinen Schülern galt er wegen seines Kleidungsstils und seiner Lehrmethoden als alternativer und liberaler Öko.
Weil sich B. jedoch als untauglich für den Schuldienst erwies und Unruhe stiftete, wie es einer seiner ehemaligen Vorgesetzten formuliert, wurde er 2015 aus dem Verkehr gezogen und ans Bildungsministerium abgeordnet. Dort fiel er direkt bei seinem ersten Betriebsausflug auf, als er sich ungefragt zu Ressortchef Ulrich Commerçon (SPD) setzte und eine Diskussion über die deutsche Vergangenheit vom Zaun brach. An geschichtsklitternde Thesen zur Schuld Deutschlands am 1. Weltkrieg erinnert sich Commerçon noch heute. Den „rechten Tendenzen“ habe er widersprochen, aber er habe seinem Gegenüber nicht gleich unterstellt, dass er ein Verfassungsfeind ist.
Erst später wurde dem Minister klar, wer da in seinem Haus arbeitete. Ein Lehrer, der sich mit Waffen eindeckte, obwohl er nicht einmal eine Erlaubnis dazu hatte, weshalb das Amtsgericht Saarbrücken am 24. Oktober 2017 einen Strafbefehl von 700 Euro gegen den inzwischen gefeuerten und daher arbeitslosen Lehrer verhängte. Die Waffen will er ausschließlich zur Selbstverteidigung beschafft haben, wie er in einer Anhörung gegenüber seinem Dienstherrn angab. Seine Begründung: Der Staat biete zu wenig Schutz und nehme sein Gewaltmonopol nicht wahr. Auf den Einwand, ob er nicht der Meinung sei, dass das Gewaltmonopol beim Staat liege, erwiderte der Lehrer, dies sei eine Gewissensfrage. Dazu schilderte er Situationen, in denen er oder Bekannte sich von ausländisch aussehenden Personen bedroht oder belästigt gefühlt hätten. Erst in der Gerichtsverhandlung fast zwei Jahre später bezeichnete der Lehrer die Bestellung der Waffen als Fehler: Er sei sich der Gefährlichkeit der Gummi-Geschosse nicht bewusst gewesen.
In seinem Urteil kam das Arbeitsgericht zu dem Schluss, wer unverhohlen dem Gewaltmonopol des Staates widerspreche, sei für den Schuldienst und für eine Beschäftigung im Ministerium „völlig untragbar“. Seine Äußerungen legten den Verdacht nahe, dass er vorhatte, die Waffen auch in der Öffentlichkeit, gegebenenfalls an der Schule, zu tragen – denn wie sollte er sich sonst entsprechend seinen geschilderten Ängsten vor Ausländern schützen?
Der illegale Waffenkauf war indes nicht die einzige Verfehlung des Pädagogen. Bereits am 3. März 2017 nahm er nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes an einem Vortrag in Saarbrücken über eine angebliche „Gleichschaltung aller Kulturen der Erde durch Vermischung der Rassen“ teil. Die Beteiligten kamen laut Verfassungsschutz hauptsächlich aus der NPD und ihrem Umfeld. Markus B. habe sich als Vertreter der „Ein-Prozent-Bewegung“ vorgestellt. Einer Gruppe, die schon damals im Visier des Verfassungsschutzes war.
Für diese Rechtsaußen-Gruppe trat er auch am 12. August 2017 als Redner bei einer Demonstration in Sulzbach auf, bei der auch der NPD-Landesvorsitzende Peter Marx sprach. Schon am 22. Juli 2017 wirkte B. bei der Kundgebung einer von der NPD gesteuerten Initiative gegen die in Sulzbach geplante Moschee mit. Vor Gericht legte der Lehrer Wert darauf, dass er keiner Partei angehöre, schon gar nicht der NPD. Er habe sich gegen den Bau der Moschee gewandt, unabhängig davon, wer bei der Demonstration anwesend war.
In der Akte des Verfassungsschutzes fand sich auch ein Vorkommnis von der Fastnacht 2017: Damals liefen B. und vier andere Personen in Blieskastel verhüllt in Burkas vor einem Umzug her, sie trugen Schilder mit Aufschriften wie „Merkels Gäste“ oder „Bombenstimmung“. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen wegen Volksverhetzung später ein, weil sich nicht feststellen ließ, wer welches Schild trug. Dass es sich dennoch um „Hetze gegen Migranten“ handelte und nicht um Satire, wie B. behauptete, stand für das Arbeitsgericht aber außer Frage.
Vor Gericht zeichnete der Lehrer von sich das Bild eines besorgten Bürgers, der sich über Salafisten, nicht integrierte Flüchtlinge und arabische Clans Gedanken macht. Der auch eine kritische Einstellung zum Islam habe, aber keine Vorbehalte gegen Menschen anderen Glaubens, anderen Aussehens oder einer anderen Rasse hege (was ihm das Gericht nicht glaubte). Es sei bedauerlich, so wird er im Urteil zitiert, dass die großen Parteien die Sorge der Bürger nicht ernst nähmen und das Feld zum Teil rechtsradikalen Parteien überließen. Bedenklich sei, so B. weiter, dass seit der Grenzöffnung 2015 kritische Stimmen der Einwanderungspolitik durch die „Altparteien“ in eine rechte Ecke gestellt würden. Die Kanzlerin habe Deutschland erheblichen Schaden zugefügt.
Das entspricht dem Programm der AfD, weshalb es nicht verwundert, dass Markus B. die Nähe zu dieser Partei sucht. Bei einem Landesparteitag 2018 wurde er – wie Mitglieder der damaligen Parteispitze berichten – aus dem Saal geworfen, als er Werbung für die „Ein-Prozent-Bewegung“ machen wollte. Andere in der Partei haben weniger Berührungsängste zu dem geschassten Lehrer, vor allem im Kreisverband Saarpfalz. Bei Stammtischen der Partei taucht er häufiger auf, wie Besucher bestätigen. Anfang 2019 wurde B. von der St. Ingberter AfD auch eingeladen, sich an der Planung des Kommunalwahlkampfes zu beteiligen, das belegt eine E‑Mail. Fotos zeigen ihn zudem mit führenden Mitgliedern der AfD Saarpfalz, unter anderem beim Straßenwahlkampf. Der Kreisvorsitzende Daniel Schütte, der auf einem Foto mit B. ebenfalls zu sehen ist, bestreitet, dass er den Ex-Lehrer kennt.
Für den 13. März 2020 lud Markus B. Gleichgesinnte per E‑Mail zu einer geselligen Runde nach St. Ingbert ein. Bei gutem Essen sollte „dem immer stickiger und enger werdenden Gedankenkorsett in unserer Gesellschaft“ etwas entgegengesetzt und das „offene Wort“ gepflegt werden – im Bierkeller des St. Ingberter AfD-Vorsitzenden und ehemaligen Landesschatzmeisters Reinhard Latza.