Verfahren nach Hausdurchsuchung eingestellt

von links: Asif Khan mit Daniel Zanner beim Angriff auf das Jugendzentrum Neunkirchen, 2007.

von links: Asif Khan mit Daniel Zan­ner beim Angriff auf das Jugendzen­trum Neunkirchen, 2007.

Seit dem Sep­tem­ber 2013 hat­te das saar­ländis­che LKA nach einem Naz­iüber­griff ermit­telt. Doch nicht etwa gegen die Täter, son­dern gegen einen Antifaschis­ten, dem vorge­wor­fen wurde, an der Veröf­fentlichung von Namen und Bild­ma­te­r­i­al bekan­nter Nazis­chläger aus der Saar­brück­er Fußball­szene beteiligt gewe­sen zu sein. Ende 2015 wurde das Ver­fahren schließlich eingestellt. Obwohl wir selb­stver­ständlich die Ein­stel­lung des Ver­fahrens begrüßen, bleibt ein fad­er Beigeschmack hin­sichtlich der skan­dalösen Ermit­tlungsar­beit der Polizei.

Im Rah­men der Haus­durch­suchung am 05.05.2014 wur­den durch den soge­nan­nten Staatss­chutz zahlre­iche Daten­träger, Com­put­er und Mobil­tele­fone beschlagnahmt und aus­gew­ertet. Von lediglich vorder­gründi­gem Inter­esse dürfte dabei das Auffind­en von Beweisen hin­sichtlich der Anschuldigun­gen gegen den Betrof­fe­nen gewe­sen sein. Um es vor­weg zu nehmen: Offen­bar reicht­en die aus­gew­erteten Dat­en dem zuständi­gen Staat­san­walt nicht ein­mal zur Erhe­bung der Anklage. Ein Hauptziel staatlich­er Repres­sion­sor­gane im Umgang mit linken Grup­pierun­gen ist von jeher auch die Ausleuch­tung unser­er Struk­turen. Die poli­tis­che Polizei hat hier also, obwohl es nicht zur Anklage gekom­men ist, ganze Arbeit geleis­tet. Lei­der war das Lan­deskrim­i­nalamt in der Lage fast alle Dat­en des Beschuldigten auszuw­erten. Vor diesem Hin­ter­grund emp­fiehlt die Antifa Saar / Pro­jekt AK das Ver­wen­den von Ver­schlüs­selungssoft­ware wie etwa True­Crypt und PGP. Als prak­tis­che Lehre aus dem Ermit­tlungsver­fahren empfehlen wir außer­dem aus­drück­lich, nicht mehr benötigte Dat­en sich­er zu löschen und ältere Archiv-Dat­en getren­nt von aktuellen Arbeits-Dateien zu ver­schlüs­seln. So erhal­ten eventuelle Angreifer_innen selb­st bei eingeschal­tetem Gerät nur Zugriff auf Bruchteile eur­er Dat­en. Auch über die Ver­schlüs­selung mobil­er Endgeräte und eur­er Kom­mu­nika­tion soll­tet ihr drin­gend nach­denken und diese ggf. verbessern. Der vor­liegende Fall zeigt deut­lich, dass gängige Sicher­heit­stools nur von Nutzen sind, wenn sie entsprechend kon­fig­uri­ert und ver­wen­det wer­den. Als Aus­gangspunkt für die Beschäf­ti­gung mit Tech­niken und Soft­ware zum Schutz eur­er Pri­vat­sphäre empfehlen wir das www.privacy-handbuch.de.

Der fade Beigeschmack wird noch ver­stärkt durch die Tat­sache, dass sich die zuständi­gen Beamt_innen nun nicht ein­mal öffentlich vor Gericht zu ihrem Tun ver­hal­ten müssen. Fakt ist näm­lich, dass die halt­losen Beschuldigun­gen und die darauf basierende Ermit­tlungsar­beit sich naht­los ein­rei­hen in die Vor­fälle, Skan­dale und Ver­strick­un­gen rund um saar­ländis­che Polizeibehör­den.1 Durch die Ein­stel­lung des Ver­fahrens gegen den betrof­fe­nen Antifaschis­ten ver­mei­det die saar­ländis­che Jus­tiz eine öffentliche Auseinan­der­set­zung über die Vor­würfe und die Ermit­tlungsmeth­o­d­en der involvierten Behörden.

In ein­er öffentlichen Gerichtsver­hand­lung müssten die Beamt_innen näm­lich erk­lären, warum die Aus­sage eines Fre­un­des der Neon­azis, der an dem Über­griff vom 15.08.2013 beteiligt war, als einzige Recht­fer­ti­gungs­grund­lage für die Haus­durch­suchung herange­zo­gen wurde. Der im Umfeld des Sup­port­sclub 95 – SC95 aktive Asif Khan hat­te den Antifaschis­ten mit ein­er erfun­de­nen Aus­sage bei der Polizei schw­er belastet. Asif Khan, der sich selb­st „Heiko“ nen­nt, war bere­its 2007 an einem Über­griff auf das Jugendzen­trum in Neunkirchen beteiligt. Damals hat­ten mehrere Neon­azis (u.a. auch Daniel Zan­ner) nach einem Fußball­spiel das Jugendzen­trum am hel­l­licht­en Tag mit Flaschen und Steinen ange­grif­f­en. Die Beamten schenk­ten sein­er Aus­sage uneingeschränkt Glauben und ermit­tel­ten gegen den betrof­fe­nen Antifaschis­ten. Khan hat­te gegenüber der Polizei behauptet, in einem Gespräch mit dem Beschuldigten habe dieser ihm gegenüber die Veröf­fentlichung des Berichts über den Nazian­griff an der Diskothek „Garage“ eingeräumt. Dass die Anschuldigun­gen sich als halt­los erwiesen haben und die Beamt_innen trotz Auswer­tung der beschlagnahmten Dat­en keine Beweise für eine Beteili­gung des Beschuldigten gefun­den haben, zeigt schon die Ein­stel­lung des Ver­fahrens bevor es über­haupt zur Ver­hand­lung kam. Spätestens beim Ver­such zu erk­lären, woher die Infor­ma­tio­nen, die er der Polizei gegeben hat, stam­men, wäre Asif Kahn dann wohl auch in Ver­legen­heit geraten.

von links: Asif Khan mit den beiden Nazis Boris-Schellenberg und Jörn-Bußmann.

von links: Asif Khan mit den bei­den Nazis Boris-Schel­len­berg und Jörn-Bußmann.

von links: Boris Schellenberg und Asif Khan.

von links: Boris Schel­len­berg und Asif Khan.

Auch wenn uns der Ehren­codex irgendwelch­er Sup­port­er-Clubs nicht son­der­lich inter­essiert: Es ist doch in höch­stem Maße ver­wun­der­lich, dass sich eine Per­son, die ohne Zögern mit der Polizei kooperiert, im Umfeld von Men­schen ein­nis­ten kon­nte, die sich selb­st regelmäßig mit der über­zo­ge­nen und ungerecht­fer­tigten Gewalt des Staates kon­fron­tiert sehen. Umso absur­der wird das Ganze, wenn man bedenkt, dass Asif Khan hier zu Gun­sten von Neon­azis bei der Polizei gel­o­gen hat. Zu Gun­sten von Neon­azis, die an einem Über­griff beteiligt waren und die dafür keine weit­ere Sank­tion erhal­ten hat­ten, als von saar­ländis­chen Antifaschist_innen als das geoutet zu wer­den, was sie sind: gewalt­tätige Men­schen­feinde. Wir begrüßen es, dass Asif Khan und seinen Nazi-Fre­un­den inzwis­chen auch aus dem Umfeld der Saar­brück­er Fan­grup­pierun­gen Wind ent­ge­gen schlägt. Antifaschis­tis­ches Engage­ment darf nicht am Sta­dion­tor halt machen. Der vor­liegende Fall verdeut­licht, was passieren kann, wenn Nazis und ihre Fre­unde im eige­nen Umfeld toleriert wer­den. Schließt sie aus euren Fre­un­deskreisen aus und brecht den Kon­takt ab, son­st sitzen sie wom­öglich bald beim LKA und erfind­en Geschicht­en über euch!

Zusam­men­fassend: Neon­azis und ihre Fre­unde lügen die Polizei an. Saar­ländis­che Ermit­tlungs­be­hör­den ermit­teln daraufhin gegen Antifaschist_innen und machen sich so zum Hand­langer von Nazis­chlägern. Das Ver­fahren wurde von der Staat­san­waltschaft eingestellt. Wichtig ist nun ein­er­seits den Umgang mit den eige­nen Dat­en zu verbessern und ander­er­seits Leuten wie Asif Khan kein Ver­trauen mehr zu schenken.

Antifa Saar / Pro­jekt AK


1 Klein­er Fun Fact am Rande: In den let­zten bei­den Jahren gab es mehr Haus­durch­suchun­gen in saar­ländis­chen Polizei­di­en­st­stellen, als bei den vom soge­nan­nten Ver­fas­sungss­chutz stets zur Gefahr hochstil­isierten Linken. Die Gründe für die Durch­suchun­gen reicht­en dabei von Pen­sions­be­trug bis zum Anfer­ti­gen von Nack­tauf­nah­men der Dienststellen-Kolleginnen.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen zu Nazis in der Saar­brück­er Fußball­szene auch in unserem Artikel: “Blau-Schwarze-Fam­i­ly – Der 1. FC Saar­brück­en und seine Nazis