In Gedenken an den vor 20 Jahren durch einen rassistischen Brandanschlag ermordeten Flüchtling Samuel Yeboah fand am vergangenen Samstag eine Demonstration gegen Rassismus und deutschen Nationalismus in der Saarlouiser Altstadt statt. Die rund 200 Teilnehmer_innen machten fast drei Stunden auf das nach wie vor fehlende öffentliche Gedenken an die Tat und den gesellschaftlichen Kontext, in dem diese entstehen konnte, aufmerksam.
Am vergangenen Samstag versammelten sich rund 200 Personen gegen 14 Uhr in der Fußgängerzone der „heimlichen Hautpstadt“ des Saarlandes, um anlässlich des 20. Todestages von Samuel Yeboah für ein aktives Gedenken an den Flüchtling aus Ghana und gegen Rassismus und deutschen Nationalismus zu demonstrieren. Die Teilnehmer_innen kamen vor allem aus dem Saarland, aber auch aus dem angrenzenden Rheinland Pfalz, z.B. aus Trier, Zweibrücken oder dem hessischen Frankfurt a.M. Kurz vor Beginn wurde eine Person auf dem Weg zur Demo auf einem Supermarktparkplatz von Nazis attackiert und verletzt.
Noch vor der Auftaktkundgebung tauchte eine Gruppe Neonazis der „Sturmdivision Saar“ aus dem benachbarten Dillingen auf, die jedoch schnell durch entschlossene Demoteilnehmer_innen angegangen wurden und schließlich von der Polizei festgesetzt wurden.
Während die Auftaktkundgebung mit leichter Verspätung inmitten gut besuchter Cafés und Geschäfte los ging, wurden ca. 2000 Flyer an Passant_innen verteilt.
Den Anfang machte der Saarländische Flüchtlingsrat, vertreten von Peter Nobert (Aktion 3. Welt Saar) mit einem Redebeitrag zur heutigen Situation von Flüchtlingen im saarländischen Lager Lebach. Es folgte ein Statement des Bündnis „Buntes Homburg“ zur Erinnerungsverdrängung und ein Redebeitrag der Antifa Saar / Projekt AK zu Samuel Yeboah und der Problematik von als Antirassismus verstandener Reproduktion rassistischer Zustände.
Nach der Auftaktkundgebung zog die Demonstration rund eine Stunde lautstark durch die gut besuchte Saarlouiser Innenstadt, vorbei am „Weltkindertag“ zum Geburtshaus des Kolonialrassisten Paul von Lettow-Vorbeck, wo die Zwischenkundgebung abgehalten wurde. Hier sprachen Thomas Lutze, MdB der Partei „dieLinke“ aus Saarlouis und Erich Später, Autor der Monatszeitschrift konkret. Vor dem Saarlouiser Rathaus, an dem vor 10 Jahren eine Gedenktafel für Samuel Yeboah angebracht und auf Anweisung des damaligen Oberbürgermeisters wenige Stunden danach wieder entfernt wurde, fand dann gegen 17 Uhr die Abschlusskundgebung statt. Vermutlich um ein erneutes Anbringen der Tafel zu verhindern, wurde die Rathaustreppe komplett von Beamt_innen der Einsatzhundertschaft besetzt. Vor dem Rathaus sprach Dirk Scholl (dieLinke), fraktionsloser Stadtverordneter aus Saarlouis, der bereits für mehrere Anträge zum Thema „Gedenken an Samuel Yeboah“ verantwortlich zeichnete. Den Abschluss bildete ein Redebeitrag von antinationale.org, der sich primär mit der heutigen Flüchtlingspolitik Deutschlands und der EU beschäftigte. Danach wurde die Demonstration, die ohne Zwischenfälle verlief und das Ansinnen der Teilnehmenden gut in die Öffentlichkeit bringen konnte, aufgelöst.
Als vorläufiges Fazit bleibt, dass die Aktionsreihe zum 20. Todestag Samuel Yeboahs und die Demonstration als Teil dieser, zwar den Mord wieder zurück ins Gedächtnis von Stadt und Medien gerufen haben, jedoch auch eine zunehmende Bewegung zur Entpolitisierung, sowohl von Seiten der Stadt, als auch anderer Gruppen, festzustellen ist. Dieser Entpolitisierung gilt es mit einer Fortführung der initiierten Aktionsreihe und Öffentlichkeitsarbeit entschlossen entgegenzutreten und sich weiter für ein aktives Gedenken an Samuel Yeboah stark zu machen.