Saarbrücker Zeitung vom 23.11.2004
Schläger prügelt 35-Jährige in der City krankenhausreif
Angreifer löst sich aus Clique und fällt grundlos über Opfer her — Frau muss mit schweren Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus — Tatverdächtiger auf freiem Fuß
Eine 35-Jährige liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Ohne Grund ist ein Schläger aus der rechten Szene über sie hergefallen. Eine Handhabe, den jungen Mann einzusperren, hatte die Polizei nicht. Saarbrücken. Ihre Stimme stockt. Die 23-Jährige, vor gerade mal zwei Tagen Zeugin eines Gewaltverbrechens, braucht viel Kraft, will sie die Schreckens-Szenen schildern, die sich ihr ins Gedächtnis gebrannt haben.
“Er kam auf meine Freundin zugerannt und hat sie geschubst. Sie stolperte. Er setzte ihr nach. Er trat ihr an den Kopf. Sie fiel mit dem Kopf gegen einen Pfeiler und blieb liegen. Sie konnte nicht mehr aufstehen. Ich hab’ gesehen, dass sie blutet und wollte ihr beim Aufstehen helfen. Ein Tritt traf sie am Knie. Da stellte ich mich vor sie und schrie den Typ an. Zum Glück sagte ein Zeuge: ‚Ich habe die Polizei angerufen’.” Der Schläger lässt erst jetzt von seinem Opfer ab, geht mit einem Begleiter gemächlich davon. Die Clique, zu der die beiden gehören, steht nicht weit entfernt.
Zurück bleibt die 35-Jährige. Sie ist so schwer verletzt, dass sie in ein Krankenhaus eingeliefert werden und dort bleiben muss. Schlimmste Folge der Attacke: Der Frau droht eine aufwändige Operation. Sie hat womöglich einen Bruch der Augenhöhle erlitten, wie ihre Begleiterin am Montag unserer Zeitung sagte. Diese Zeugin beschreibt den erschütternden Anblick, den das schwer misshandelte Opfer bietet. Das lässt ahnen, was die Frau durchgemacht hat. “Sie hat eine riesige Platzwunde unterm Auge, offene Knie und Schnittwunden an der Stirn. Das Auge ist zugeschwollen. Die Zähne tun ihr weh.” Die Zeugin quälen nicht nur die furchtbaren Szenen, die sich am Samstagmorgen vor ihren Augen abspielten. Gleichzeitig martert sie ihr Hirn mit der Frage: warum?
“Wir haben denen nicht den geringsten Grund gegeben, uns anzugreifen. Wir hätten nie gedacht, dass so was passiert, dass man ohne Grund auf der Straße zusammengeschlagen wird.” Sie kann nicht fassen, wie es zu dieser Explosion der Gewalt gekommen ist, erzählt die unspektakuläre Vorgeschichte: Die beiden Frauen und die Gruppe, aus der sich später der Schläger und sein Begleiter lösen werden, begegnen sich gegen 3.45 Uhr in der Dudweilerstraße. Die Frauen haben einen schönen Abend mit Freunden hinter sich. 20 Meter vor ihnen geht die Clique , “so zwei Mädchen und drei Typen”. Die beiden Frauen wechseln die Straßenseite. Die Gruppe, aus der Bomberjacken leuchten, kommt ihnen nicht geheuer vor. “Dann fingen die an, hinter uns herzubrüllen und versuchten, uns anzupöbeln. Ich hab’ ‚linke Bazille’ oder so was verstanden und dann gemerkt, dass es Skinheads sind.” Der Polizeibericht wird denn auch später kahlgeschorene Köpfe vermerken und zwei Männer, “die der rechten Szene zuzurechnen sind”.
Arglos gehen die Frauen ihres Weges. “Wir hatten die schon mehr oder weniger vergessen.” Dann der Angriff. Unerwartet und heftig wie ein Blitzschlag. Und nur deshalb so kurz, weil die Freundin des Opfers so viel Mut bewies, weil der Zeuge die Polizei alarmiert und das durch die Straße gerufen hat. Zwei Verdächtige sitzen schon kurz darauf in der Polizeiinspektion an der Karcherstraße. Die Routineprozedur beginnt: Personalien, Vernehmung, Blutproben, die Prüfung, ob die beiden vorbestraft sind. Sie sind es nicht, haben einen festen Wohnsitz, haben Arbeit. Und damit ist klar: Es gibt keinen Grund, gegen die beiden einen Haftbefehl zu erlassen. Sie dürfen gehen, weil es das Gesetz so vorschreibt. Polizeisprecher Klaus Siegler zum Ausmaß dieser Art von Gewalt: “Man kann sagen, das ist ein absoluter Einzelfall. Wir hatten bislang 2004 im Bereich rechter Gewalt in der Landeshauptstadt nichts in dieser Art zu verzeichnen. Das Wichtigste ist, so schnell wie möglich die Polizei zu verständigen — bei einer solchen Straftat immer über die Notrufnummer 110. In der Innenstadt sind wir innerhalb weniger Minuten vor Ort. Und für uns ist es wichtig, die Fluchtrichtung der Täter zu wissen und eine gute Beschreibung zu haben. Gerade deswegen konnten wir diesmal so rasch Verdächtige festnehmen.” red
Quelle: Saarbrücker zeitung, 23.11.04