Prozess zum rassistischen Brandanschlag von Saarlouis 1991 und zum Mord an Samuel Kofi Yeboah

Der Prozess gegen den bekan­nten Saar­louis­er Neon­azi Peter Wern­er Schlap­pal (heute Schröder) aus Saar­louis hat am 16. Novem­ber vor dem OLG in Koblenz begonnen — über 30 Jahre nach der Tat. Die Gen­er­al­bun­de­san­waltschaft (GBA) klagt den Tatverdächti­gen des Mordes an Samuel Kofi Yeboah, des ver­sucht­en Mordes an 20 Men­schen und der Brand­s­tiftung mit Todes­folge an. Der Anklage der GBA haben sich acht Betrof­fene des Bran­dan­schlags als Neben­kläger angeschlossen, vertreten u.a. durch die Anwält:innen Kristin Pietrzyk und Alexan­der Hoff­mann (Mit­tler­weile sind es acht Neben­kläger, Stand: 16.01.23).

Aufk­lärung
Als Antifa Saar / Pro­jekt AK haben wir seit fast 30 Jahren Gerechtigkeit für Samuel Yeboah gefordert, gemein­sam mit der Aktion Dritte Welt Saar, dem Saar­ländis­chen Flüchtlingsrat und anderen antifaschis­tis­chen Ini­tia­tiv­en. Wir haben Aufk­lärung dieses Ver­brechens gefordert, Benen­nung der ras­sis­tis­chen Tat als solche, anstatt Ver­leug­nung und Ver­harm­lo­sung durch die staatlichen Behör­den. Wir haben gefordert, Kon­se­quen­zen zu ziehen angesichts des recht­en Ter­rors, nicht nur in der Nazi-Hochburg Saar­louis in den 90er Jahren. (Siehe auch: Inter­view mit Mit­gliedern der ehe­ma­li­gen Antifa Saar­louis) Jet­zt wird sich das OLG nach über 30 Jahren auf Indizien und Zeug:innenaussagen stützen müssen.

Die Täter
Angeklagt ist Schlap­pal als Einzeltäter, der „aus sein­er recht­sex­trem­istis­chen und ras­sis­tis­chen Gesin­nung her­aus“ den Brand gelegt haben soll (siehe auch: Samuel Yeboah: Nazi Peter Schlap­pal wegen Mord­ver­dacht ver­haftet). Dabei spie­len seine Zuge­hörigkeit zur extrem recht­en Szene im Saar­land und seine guten Kon­tak­te zu führen­den Nazikadern, auch bun­desweit, eine entschei­dende Rolle. All­seits bekan­nt als prügel­nder Naziskin und tief in saar­ländis­chen Nazistruk­turen verortet, „pfif­f­en es die Spatzen von den Däch­ern“ (siehe auch: Zur Per­son: Peter Schlap­pal, der Hauptverdächtige im Mord­fall Samuel Yeboah ist seit Jahrzehn­ten bekan­nt), dass Saar­louis­er Nazis die Täter waren. Viele sein­er Nazi-Kamerad:innen sind als Zeug:innen geladen, viele wur­den im Zuge der aktuellen Ermit­tlun­gen überwacht. Wir sind ges­pan­nt auf die Entwick­lung im Fort­gang des Prozess­es, und ob die zweifel­hafte Einzeltäterthese aufrechter­hal­ten wird.

Die Nicht-Ermit­tlun­gen
Die dama­li­gen Ermit­tlun­gen zum Bran­dan­schlag wur­den nach rund einem Jahr ergeb­nis­los eingestellt, viele wichtige Beweis­mit­tel sind „unterge­gan­gen“ (siehe auch: Kleine Anfrage von Mar­ti­na Ren­ner, MdB: Der Mord an Samuel Kofi Yeboah und weit­ere ungek­lärte recht­ster­ror­is­tis­che Ver­dachts­fälle). Das Ver­sagen der ermit­tel­nden Behör­den ist der­art skan­dalös, dass dies im Ver­fahren ein zen­trales The­ma sein muss, wenn es um die Aufk­lärung geht. Das struk­turelle Prob­lem der saar­ländis­chen Behör­den wird auch in dem Zusam­men­hang klar, wenn ein Licht auf die unfass­bare Serie von mörderischen Anschlä­gen in den 90er Jahren in und um Saar­louis fällt, die nicht aufgek­lärt wur­den (siehe auch: Der Mord an Samuel Yeboah – über Nazi-Ter­ror und das Ver­sagen der Behör­den im Saar­land — ein aus­führlich­er Beitrag). Den dama­li­gen „Ver­säum­nis­sen“ soll nun durch interne Ermit­tlun­gen bei der saar­ländis­chen Polizei nachge­gan­gen wer­den. Der saar­ländis­che Ver­fas­sungss­chutz war gle­ich­sam nicht wil­lens oder nicht in der Lage, gegen die Nazis vorzuge­hen und sollte am besten gle­ich ganz aufgelöst werden.

Gerechtigkeit für die Über­leben­den
Dass sich Betrof­fene zu ein­er Neben­klage entschlossen haben, ist ein großer Schritt zu ein­er Per­spek­tive, die auch den struk­turellen Ras­sis­mus des deutschen Staates anklagt. Die Geschichte der Über­leben­den des Bran­dan­schlages wird gehört wer­den, ihre Auseinan­der­set­zung mit dem alltäglichen Ras­sis­mus der Behör­den, mit den Angrif­f­en durch den ras­sis­tis­chen Mob wird durch die Schilderung des erlebten deut­lich gemacht. Der gesellschaftliche Ras­sis­mus hat Wirkung gezeigt. Viele der Betrof­fe­nen sind nicht mehr in Deutsch­land, wur­den abgeschoben oder sind wegge­zo­gen. Wir wün­schen den Über­leben­den des ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlags alle Kraft, die Aufar­beitung dieses Ver­brechens gut durchzustehen.

Wird jet­zt alles gut?
Dieser Prozess zeigt uns eines, egal wie das Urteil gegen Schlap­pal am Ende aus­fällt: Der Rechtsstaat wird gesiegt haben, Deutsch­land wird sich uns präsen­tieren als ein nun­mehr besseres, geläutertes Deutsch­land. Mit der gerichtlichen Aufar­beitung des Ver­brechens begin­nt die Ein­hegung des Gedenkens und der Forderung nach Gerechtigkeit. Aber wir lassen uns nicht blenden: Nicht ver­han­delt wird die Unter­stützung der Naz­iban­den, der Auf­bau von Nazistruk­turen, der all­ge­gen­wär­tige rechte Ter­ror im Saar­land in den 90er Jahren und darüber hin­aus. Auch nicht ver­han­delt wird die geistige Brand­s­tiftung durch Poli­tik und Medi­en, und nicht die fak­tis­che Abschaf­fung des Asyl­rechts, auch nicht die Ertrunk­e­nen im Mit­telmeer. Und solange das so ist, machen wir keinen Frieden mit den deutschen Zuständen.

Kein Schlussstrich!
Offen­le­gung aller Akten im Fall Yeboah!
Ein­rich­tung eines par­la­men­tarischen Unter­suchungsauss­chuss­es!

Entschädi­gung für die Betrof­fe­nen des ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlags!
„Ver­fas­sungss­chutz“ abschaf­fen!
Nazistruk­turen kon­se­quent zerschlagen!

Der Prozess ist öffentlich, die Ver­hand­lun­gen find­en statt am Ober­lan­des­gericht Koblenz, Stre­se­mannstr. 1. Die Ver­hand­lungstage sind jew­eils mon­tags und dien­stags ab 9:30 Uhr, bish­er sind Ter­mine bis Mitte April festgesetzt.

Der Prozess wird von mehreren Ini­tia­tiv­en beobachtet, wir doku­men­tieren im Fol­gen­den die Berichte zu den einzel­nen Verhandlungstagen.

24. Prozesstag, Montag 8. Mai 2023 
Antifaschistische ProzessbeobachterInnen

Die Verteidigung des Angeklagten Peter Schlappal (heute Schröder) hat für den morgigen Tag ein Geständnis angekündigt. Ein Geständnis muss gemäß dem vorgeschlagenen Deal "qualifiziert" sein, also Mittäter, Ablauf und Hintergründe enthalten. Es soll schriftlich ausgeteilt werden, Fragen wird er aber zunächst nicht beantworten. 

Als heutige Zeug:innen wurden damalige Sozialarbeiter:innen gehört, die damals mit den Naziskins „gearbeitet“ hatten. (Dieses Projekt der damals vom Staat stark geförderten „akzeptierenden Sozialarbeit“ mit rechten Jugendlichen wird in der Broschüre „Kein schöner Land“ eingehender beschrieben, siehe Seite 34, 42 ff) 
Der erste Zeuge R. war gut vorbereitet und überraschend reflektiert. Er beschreibt sich vor Gericht in dem damaligen Streetworker-Projekt als naiven Berufsanfänger. Er habe das Projekt 1995 von Vorgänger:innen übernommen, die es zuvor aufgegeben hatten, weil sie von den Skins bedroht worden seien. 
Auch er wurde von Strumpler massiv bedroht, den er als intelligent, manipulativ und cholerisch beschreibt. Strumpler sei gewalttätig und dominant gewesen, der Kopf der Gruppe, er habe immer versucht, politische Strukturen mit Konzerten und Demonstrationen zu verknüpfen. Der Gruppe bezeugte er beste Kontakte in die bundesweite Naziszene, mit führenden Köpfen wie Christian Hehl, Siegfried Borchard („SS-Siggi“) seien sie eng verbunden gewesen. Auch die „Kameradschaft Saarlautern“ sei eine typische Naziorganisation mit dem Ziel des Umsturzes gewesen. Die Sozialarbeiter:innen hatten damals den Verdacht, dass Strumpler von jemandem geschützt wurde. Er kannte dessen Strafregister voller Gewalttaten und hielt es für unmöglich, dass der immer wieder mit solch milden Strafen davon kam, das wäre nicht gegangen ohne „eine schützende Hand von oben“. Es sei offensichtlich gewesen, dass da was mit dem Verfassungsschutz gelaufen sei. Strumpler selbst habe dann später allerdings Schlappal der Spitzelei verdächtigt, ihn auch eine Weile aus der Gruppe ausgeschlossen. Vielleicht, um abzulenken. Schlappal wurde von dem Sozialarbeiter beschrieben als jemand „der nicht in der Spur blieb“, er habe im Schwimmbad „aus Spaß“ mal den Bademeister unter Wasser gedrückt, und mehrmals Sachen angezündet, es gab einen Verdacht auf Brandstiftung. 

Ihre Aufgabe als Sozialarbeiter:innen sei gewesen zu verhindern, dass Leute aus dem Umfeld der Gruppe tiefer in die Naziszene abgleiten. Im Rückblick gab er sich selbstkritisch: Das sei naiv gewesen, sie seien schließlich gescheitert undhätten aufgegeben, das sei schließlich eine „Frage der Haltung“ geworden. Konkret erzählt er in der Befragung durch die Nebenklagevertreterin Kristin Pietrzyk: Das städtische JUZ in Saarlouis wurde von den Naziskins dominiert, die anderen Jugendlichen wurden verdrängt, und das JUZ wurde benutzt, um den Nachwuchs für rechtsextreme Organisationen wie die JN oder auch die FAP zu rekrutieren. Den Behörden bezeugte er währenddessen mindestens eine politische Ignoranz, wenn nicht sogar Negierung der Naziszene.Auch die Erinnerung an den Brandanschlag sei in Saarlouis nicht gern gesehen gewesen, „die wollten weggucken“. Die Nazis hätten währenddessen guten Kontakt zum Oberbürgermeister und zur Polizei gehabt. Die Polizei habe bei den Demos nur begleitet („Die waren nur so dabei.“), kritisiert er, ganz anders als er das später im Kontext seiner Arbeit mit Fußballfans und Ultras mitbekommen habe, wo wirklich massiv interveniert werde. 

Die zweite Zeugin S. war Sozialarbeiterin in dem Vorgängerprojekt von 1993 bis 1995 und beschreibt diese Jahre als sehr stressige Zeit.Es habe viel Gewalt gegeben und auch Streit unter Kolleg:innen. Ihre Aufgabe damals: die Skins von der Straße zu holen, ansprechbar zu sein, und Gewalttaten im Vorfeld zu erkennen. Sie kann sich an nicht sehr viel Konkretes erinnern, aber sie machte deutlich, dass die Skins damals klar Nazis waren.Es wäre von „Ausländer klatschen“ die Rede gewesen und es  habe einen positiven Bezug zur Shoah oder der Ermordung von Menschen durch Nationalsozialisten im Rahmen der sogenannten „Euthanasie“ gegeben.

Zusammenfassend beschreibt der Nebenklagevertreter Alexander Hoffmann in seiner Erklärung am Ende die zutreffende Schlussfolgerung: Das Projekt JUZ war also nicht dazu da, die Skins der Kerntruppe zu bekehren oder zu Demokraten zu machen, sondern es sollte dazu dienen, befürchtete Gewalttaten schon im Vorfeld zu erkennen. Das zeigt, dass im Gegensatz zu einigen Aussagen von Polizeibeamten in diesem Verfahren sehr wohl mit schweren Gewalttaten aus dieser Gruppe gerechnet wurde. Es wäre wichtig, das festzuhalten, da uns teilweise von Polizeibeamten erklärt worden ist, da gab es gar nichts zu befürchten und es wäre nichts gewesen.    
20. Prozesstag 07.03.2023 
Antifaschistische ProzessbeobachterInnen

Als Zeugin sagte an diesem Prozesstag zunächst eine Ex-Freundin des Angeklagten Peter Schröder, früher Schlappal aus. Sie war 1992-1993 als damals 15-16-jährige mit ihm zusammen, und schildert ihn als heimtückisch, als Rassisten und Sadisten. Er habe sie bedroht, und als sie die Beziehung beenden wollte, habe er ihr eine Knarre an den Kopf gehalten. 
Die damalige Naziszene erlebte sie bei gemeinsamen Kneipenabenden und Zusammenkünften als gewaltbereite und organisierte Gruppe, rassistische Sprüche, Nazi-Parolen und Aufrufe zu Angriffen auf Migrant:innen, Linke und Punks etc. seien an der Tagesordnung gewesen. Es wurde sich zu Schlägereien verabredet, danach wurde darüber gesprochen und die davongetragenen Blessuren gezeigt. 
Einmal habe Schlappal bei einem Treffen mit der Gruppe, auf ein nahe gelegenes Flüchtlingsheim bezogen, gesagt: „Das ist das Nächste, das brennt.“ Aus dieser Aussage können zwei Schlüsse gezogen werden, erklärt die Anwältin der Nebenkläger Kristin Pietrzyk: Es sei überhaupt kein Tabu-Thema in diesem Umfeld gewesen, über so etwas zu sprechen. Und die Formulierung „das nächste“ lasse nur den Schluss zu, dass es ein „davor“ gab. Dass dem nicht widersprochen wurde bestätige, was wir schon öfter gehört haben: Dass es ein offenes Geheimnis in der Szene war. Bemerkenswert auch, dass die Zeugin nach dem Bekanntwerden der Verhaftung sofort an den Angeklagten dachte. 
Das trifft auf unsere Einschätzung: Der Brandanschlag am 19.9.1991 auf das Haus in Fraulautern bei dem Samuel Yeboah ermordet wurde, war als Anschlag aus der Saarlouiser Naziszene bekannt und die Täter haben damit geprahlt. 

Als weiterer Zeuge war der Bewährungshelfer geladen, der Schlappal schon 1989/90 betreut hatte, als dieser zu der anwachsenden Nazizene hinzustieß. Über die folgenden zehn Jahre hatte er diesen noch mehrmals als Proband auf Bewährung, auch einige andere aus der Naziszene, z.B. Peter Strumpler. Er sagte aus, er habe sich damals gewundert, dass die Bewährungshelfer nach dem Brandanschlag nicht von der Polizei befragt wurden, als ob in diese Richtung nicht ermittelt würde. Damals habe er die damalige Stimmung in der Bevölkerung als ausländerfeindlich wahrgenommen, auch bei der Polizei Saarlouis seien sicher einige der Meinung gewesen, es gäbe „zu viele Ausländer“.   
In seiner Arbeit als Bewährungshelfer mit den Naziskins konnte er in den folgenden Jahren eine Entwicklung beobachten, eine immer stärkere Organisierung. Strumpler sei schließlich auch bundesweit in Nazi-Strukturen unterwegs gewesen, und für die Szene in Saarlouis eine Führungsfigur, ideologisch sei er geschult und in den Gesprächen vorsichtig. Im Gegensatz zu diesem sei der Angeklagte Schlappal in ihren Gesprächen recht offen gewesen, er habe zu den zahlreichen Schlägereien und Körperverletzungsdelikten gestanden, die der Bewährungshelfer klar einschätze als Übergriffe und Angriffe auf Migrant:innen, Linke und Punks. (Mehr dazu: Der brutale Überfall auf einen Studenten in Saarbrücken 1992, bei dem Schlappal als Haupttäter zusammen mit 11 anderen Nazis das Opfer verprügelte und schwer verletzte, führte 1995 zu einer weiteren Verurteilung auf Bewährung. Siehe: Zusammenstellung zum faschistischen Angriff auf einen Studenten im Oktober 1992 in Saarbrücken und zum Prozess gegen die beteiligten Faschoskins im Mais 1995. Autonome Antifa Saarbrücken, 1995). 

Die Einschätzung des Bewährungshelfers steht so in einem klaren Gegensatz zu der Aussage des Polizisten Wilhelm von 14. Prozessstag, der lediglich unpolitische Schlägereien unter Jugendlichen sehen wollte. Befragt zu seiner Einschätzung, ob er dem Angeklagten den Anschlag zutraue, bleibt der ehemalige Bewährungshelfer zurückhaltend, könne sich aber vorstellen, dass dieser im betrunkenen Zustand „etwas anstecke“.
17. Prozesstag 27.02.2023 
Antifaschistische ProzessbeobachterInnen

Nach dreiwöchiger krankheits- und feiertagsbedingter Unterbrechung wurde am Montag, dem 27.02.2023 der Prozess gegen Peter Schröder (geb. Schlappal) am Oberlandesgericht Koblenz fortgesetzt. Zu Beginn erwiderte Oberstaatsanwalt Dr. Malte Merz eine Erklärung der Verteidigung, wonach die an den vergangenen Prozesstagen gehörten Sachverständigen zu Hoyerswerda keine eigenen Beobachtungen und Schlussfolgerungen haben einbringen können. Dieser Interpretation der Verteidigung wurde seitens der Anklage entgegengetreten.

Fortsetzung der Befragung der Hauptbelastungszeugin

Der restliche Vormittag wurde mit der Vernehmung der Hauptbelastungszeugin D.K. verbracht. Über den Saarländischen Rundfunk (SR) ließ die Verteidigung bereits ankündigen, dass sie mit einem umfangreichen Fragenkatalog aufwarten würde. Dieser bestand dann allerdings in erster Linie aus Fragen zu der folgenreichen Grillparty, bei der der Angeklagte gegenüber der Zeugin die Tat mit „Ich war’s und sie haben mich nie erwischt.“ gestanden haben soll. 
Wer hat wo gesessen? Wer waren die Gäste? Welche Getränke wurden serviert? Wer sprach mit welchem Dialekt und welche Musik lief auf der Grillparty in der Saarlouiser Vauban-Straße?
Die Zeugin K. wiederholte ruhig und gelassen ihre bereits getätigten Aussagen. Demnach befanden sich auf der Party neben ihr und ihrer Tochter nur der Angeklagte mit seiner Frau und deren Tochter, sowie Chrsitoph Hector, der damalige Freund der Zeugin, und der Gastgeber Stephan Berg. Die beiden Letzteren wurden von ihr als überzeugte Nazis beschrieben. Sie selbst habe deren Einstellung zwar abgelehnt und gegebenenfalls auch widersprochen; In einer seltsamen Meinungstoleranz war sie aber dennoch mit Nazis zusammen, führte eine Liebesbeziehung mit einem Nazi und nahm an gemeinsamen Unternehmungen der Szene teil. Bei allem Respekt vor der mutigen Aussage von Frau K. zeigte sich hier ein Widerspruch wie bei vielen anderen Frauen, die mit rechten Männern zusammen sind, obwohl sie deren Einstellung angeblich nicht teilen.
Weitere Fragen der Verteidigung drehten sich dann um den Artikel zu Cold Cases, über den die Zeugin in den sozialen Medien gestolpert sei und sich dadurch erst wieder an die Geschehnisse auf der vermutlich 2007 stattgefundenen Party erinnerte beziehungsweise diese mit dem Mord an Samuel Yeboah in Verbindung brachte und sich dann nach reiflicher Überlegung entschieden habe, Anzeige zu erstatten.
Die Strategie der Verteidigung war allzu durchsichtig: Es sollte in Zweifel gezogen werden, dass es diesen Artikel je gegeben hat. Auch wurde ihr seitens der Verteidigung versucht zu unterstellen, dass sie die Aussage nur wegen der ausgeschriebenen Belohnung getätigt hätte. Die Belohnung, falls sie je eine bekommen würde, würde sie nicht annehmen oder an die Hinterbliebenen des Mordopfers weiterleiten, entkräftete die Zeugin den Vorwurf. Die Nebenklage fragte zum Ende noch namentlich nach einigen bekannten Nazis. Die Zeugin gab an, diese nicht zu kennen.
Nach über zwei Stunden endete die Befragung. Die Zeugin wurde vereidigt, was zeigt, welche bedeutende Rolle das Gericht ihrer Aussage beimisst.
Nach der Entlassung der Zeugin gegen 12 Uhr gab Alexander Hoffmann, Rechtsanwalt der Nebenklage, zum Ende eine Erklärung ab, in der er betonte, dass die Kronzeugin über die gesamte Vernehmung hinweg eine beeindruckende Aussage von enormer Glaubhaftigkeit getätigt habe und es keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage gäbe.
Das Gericht setzte eine Pause bis 13:30 Uhr an. Dann sollte Christoph Hector vernommen werden.

Vernehmung des Zeugen Christoph Hector: Nazisprüche, Tattoos und „markanter“ Humor

Um 13:30 Uhr ging es pünktlich weiter mit der Vernehmung des Nazis Christoph Hector aus Dillingen. Der heute 37jährige Produktionsmitarbeiter bei Saarstahl war zum Zeitpunkt der Grillparty, auf der der Angeklagte Peter Werner Schröder (geb. Schlappal) gegenüber der Hauptbelastungszeugin D.K. die Tat gestanden haben soll, mit dieser liiert und dort mit ihr gemeinsam zugegen. Er erschien mit Glatze und trug eine Brille. 

Hector gab an, den Angeklagten nur flüchtig zu kennen. Aber schon vor den neu aufgenommen Ermittlungen habe er gehört, dass Schlappal die Tat begangen haben soll. Dies wäre immer wieder „Dummgespräch“ in der Saarlouiser Altstadt gewesen. Aber er selbst habe nun nach einer Hausdurchsuchung und stundenlangen Vernehmungen „die Schnauze voll“.
Auf Nachfrage gab Hector an, dass an besagtem Grillabend auch die Szeneangehörigen Marco „Kiki“ Schwickert und Marc Martin zugegen gewesen seien und gegenüber dem Angeklagten „gestibbelt“ hätten, dass er doch den Brandanschlag 1991 verübt habe.
Seitens des Vorsitzenden Richters wurde nachgefragt, ob er sich da sicher sei, denn alle anderen hätten nichts von deren Anwesenheit erwähnt. Der spürbar immer nervöser werdende Hector gab daraufhin an, sich an das alles nicht mehr genau erinnern zu können. Wie er denn den Angeklagten kennengelernt habe, wollte nun das Gericht wissen. Hector antwortete, dass er Schlappal über Peter Strumpler kennengelernt habe und ihm dann auch öfter mal in der Waschstraße beim Globus in Saarlouis begegnet sei. Mit Strumpler habe er früher öfter mal Security-Dienste gemacht und sich generell auch gut mit diesem verstanden. Stefan Berg habe er über den Kampfsport kennengelernt und sich mit ihm direkt gut verstanden und angefreundet. Vor etwa fünf Jahren sei die Freundschaft aber „wegen einer Frau“ auseinander gegangen.
Das Gericht hakte nochmal bezüglich der angeblichen Anwesenheit von Schwickert und Marc Martin nach. Wie man diesen Widerspruch zu den Aussagen aller anderen nun aufgelöst bekäme, will der Vorsitzende Richter wissen und bekam zur Antwort, dass die Erinnerung verschwommen sei. Aber er erinnere sich noch an „das Gestichel“ der beiden gegenüber Schröder. „Du warschd das doch unn bischd nie erwischt genn“ sollen sie gesagt haben. Schröder habe darauf nicht reagiert bzw. habe davon nichts hören wollen, behauptete Hector. Bis die Polizei in der Angelegenheit vor seiner Tür stand, habe er das immer nur für „Dummgespräch“ gehalten.
Daraufhin hielt ihm das Gericht Ergebnisse aus der Auswertung beschlagnahmter Handys und Computer vor. Demnach habe Hector bereits am 6. August 2020 an Peter Strumpler einen Artikel aus der BILD-Zeitung geschickt über die Wiederaufnahme der Ermittlungen im Fall Yeboah. Die Polizei sei laut Aktenlage aber erst vier Tage später bei Hector erstmals an der Tür gewesen und die erste polizeiliche Vernehmung wiederum habe am 5. Oktober 2020 stattgefunden. Der Artikel an Strumpler sei von Hector mit dem Kommentar „Da zittert jemand“ versehen gewesen. Damit habe er den jetzt Angeklagten gemeint, gab Hector auf Nachfrage an.
Der Vorsitzende Richter konfrontierte Hector mit weiteren Aussagen aus seiner ersten Vernehmung. Unter anderem habe er dort angegeben, dass öfter gesagt worden sei, dass „da ein Niggeri verbrannt sei“. Dies bejahte der Zeuge Hector und gab an sich zu erinnern, dass das der Schwickert auf der Grillparty oder bei einem Saufgelage in der Altstadt gesagt habe. 
Dann wurde der Zeuge damit konfrontiert, dass er die Vernehmung am 5.10.2020 abgebrochen habe unter der Angabe, dass er „seinen Großen“ aus der Schule abholen müsse, aber laut Überwachungsprotokoll direkt Peter Strumpler an dessen Arbeitsplatz in Überherrn aufgesucht hätte. Dies wurde von dem Zeugen zugegeben. Er sei damals über vier Stunden vernommen worden und hätte aus der Vernehmungssituation raus gewollt. Dann habe er von Strumpler wissen wollen, was da „überhaupt abgeht“. Der Vorsitzende Richte stellte dann fest, dass es schon sehr auffällig sei, dass Hector immer wieder direkt zu Strumpler renne.

Nachdem dann im Gerichtssaal nur unzureichend geklärt werden konnte, warum Hector seine Chatverläufe mit Peter Strumpler gelöscht habe, wurde gegen 15:10 Uhr eine halbstündige Pause anberaumt. Hector nutzte die Pause, um vor dem Gebäude eine Zigarette zu rauchen. Anschließend versteckte er sich im Gerichtsflur hinter einer Ecke, bis die Verhandlung um 15:40 Uhr fortgesetzt wurde. Die Befragung wurde durch den Berichterstatter Richter Dr. Keppel fortgesetzt. Er wollte wissen, wie Hector seinen Freund Peter Strumpler politisch einschätzt. Dieser antwortete umgehend, dass Strumpler ein Nazi sei. Er habe aber auch bei einer Begegnung im Globus mal einen N**** bei sich gehabt. Wie Hector sich denn selbst politisch einordnen würde, ging die Befragung weiter. Er sei Patriot, kein Nationalsozialist, antwortete er. Er wisse aber, dass er immer in die „rechte Ecke“ gedrängt werde. 

Richter Keppel konfrontierte Hector nun mit zahlreichem weiteren Material, dass auf seinen Datenträgern gefunden wurde. So ein Dokument der Antifa Saar / Projekt AK zum 25. Todestag von Samuel Yeboah aus dem Jahr 2016. Auch das konnte der Zeuge nicht erklären, aber er würde öfter mal auf den Seiten der „Punkt.Punkt.Punkt… Antifa“ vorbeischauen, denn die hätte ihm in seinem Leben durch verschiedene Veröffentlichungen schon „viel versaut“. 
Nun wurde eine Lichtbildmappe - gut sichtbar über die im Gerichtssaal angebrachten Monitore - eingeführt. Die Fotos zeigten vom Zeugen an andere verschickte Memes mit eindeutigen nationalsozialistischen Inhalten. Dies kommentierte der Zeuge nur damit, dass er einen „markanten Humor“ habe.Ein weiteres Bild zeigte den Zeugen Hector als Sicherheitskraft bei dem Musikfestival „Rocco del Schlacko“. Ja, da habe die Antifa sie damals fotografiert. Strumpler habe das damals organisiert. (Siehe auch: https://antifa-saar.org/2010/08/17/pressemitteilungneonazis-als-security-beim-diesjaehrigen-rocco-del-schlacko-festival/)
Das nächste Bild zeigte  Hector mit freiem Oberkörper. Deutlich zu erkennen: der auf seiner Brust tätowierte Schriftzug „Meine Ehre heißt Treue“. Dazu befragt meinte er, er wisse, dass das eine SS-Parole sei. Das sei vielleicht ein „etwas falscher Ansatz“ gewesen. Er hätte damit die Treue zum Sport gemeint.  Das Tattoo habe er mittlerweile überstechen lassen. Das nächste Foto mit Datum vom 30.08.2018 zeigte Hector an seinem Arbeitsplatz einen Hitlergruß zeigend. „Was soll ich da noch sagen, ich mache den Hitlergruß. Das ist eben mein markanter Humor.“ kommentiert er die eindeutige Pose. Ein weiteres Foto zeigte ihn mit der Aufschrift „Sieg Heil“ auf seinen Fingern - „markanter Humor“ war erneut der ebenso lächerliche wie wenig glaubwürdige Kommentar des Zeugen Christoph Hector.  Weitere Fotos mit Hakenkreuz-Stickern und von ihm angefertigten Hakenkreuz-Tatoovorlagen versuchte er weiter mit dem bereits zur Genüge bemühten „markanten Humor“ zu erklären. 

Für alle anwesenden war spürbar, dass Christoph Hector im Laufe der Vernehmung immer nervöser und unsicherer wurde. Es war ihm deutlich unangenehm, dass seine politische Gesinnung so ausführlich und untermauert durch umfangreiches Beweismaterial  thematisiert wurde.
Nachdem das Gericht die Befragung seinerseits für beendet erklärte, waren die VertreterInnen der Generalbundesanwaltschaft am Zug und fragten abermals nach dem von Hector auf sein Handy heruntergeladenen Antifa-Dokument von 2016. Dies stünde im Widerspruch zu seiner Angabe, erst 2020 von dem Brandanschlag erfahren zu haben. Konfrontiert mit diesem und  weiteren Widersprüchen in seinen Aussagen konnte Hector nichts mehr sagen. „Ich bin durch. Ich kann da nix mehr aushalten“ wimmerte Hector. Daraufhin regte ein Vertreter der Nebenklage an, den Zeugen zu entlassen und die Befragung am nächsten Tag fortzusetzen. Schließlich wolle man den Zeugen auch noch im „fitten Zustand“ befragen. Allerdings machte der Senat daraufhin deutlich, dass die Befragung an diesem Tag abgeschlossen werde, auch wenn man bis in den späten Abend hinein tagen müsse. Es wurde eine zehnminütige Pause angesetzt.

Gegen 17:00 Uhr begann dann die Befragung durch die VertreterInnen der Nebenklage. Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk fragte nach: Hector habe sich im Laufe der heutigen Vernehmung mehrmals für Worte wie „Saufen“ etc. entschuldigt und auch zu verstehen gegeben, dass er wisse was Rassismus sei. Warum er denn dann etwa ein Dutzend Mal das N-Wort verwendet habe? Das seien doch nur Zitate gewesen, wiegelt Hector ab. Dann wollte Pietrzyk wissen, ob er aus der rechten Szene ausgestiegen sei. Er wäre nie Teil dieser Szene gewesen, gab er zu Protokoll. Er habe sich zurückgezogen und als das Saar-Gym aufgelöst wurde wäre der Kontakt abgebrochen.

Die Frage, ob er Robert Kiefer und Frank Mailänder kenne, bejahte er. Beide seien Hammerskins (Zu Hammerskins siehe auch: https://exif-recherche.org/?p=7180). Robert Kiefer habe das ihm gegenüber auch mal auf Nachfrage zugegeben. Hector gab auf Nachfrage an, gemeinsam mit Robert Kiefer auch schon einschlägige Konzerte besucht zu haben. Die Namen der dort aufgetretenen Bands wisse er aber nicht mehr. 
Ob er die Gruppe „Sturmdivision Saar“ kenne, fragte Rechtsanwältin Pietrzyk weiter. „Ja“ antwortet der Zeuge. Der Patrick Glaab sei bei denen aktiv gewesen und habe im Saar-Gym bei ihnen trainiert. Deshalb habe dieses Gym einen „Nazistempel“ bekommen. Hector verneinte, je am „Kampf der Nibelungen“ teilgenommen zu haben und auch in der Dillinger Hate-Bar der Hammerskins sei er nie gewesen. „Blood and Honour“ kenne er. Das sei eine Band. Und auch die „Kameradschaft Saarlautern“ sage ihm was. Das sei die Kameradschaft vom Strumpler gewesen. 
Den Security-Job beim „Rocko del Schlacko“ habe ihm ebenfalls Strumpler vermittelt. Da sei er sich sicher. Neben Frank Molina und Strumpler sei aus der rechten Szene auch noch der Kevin Tkatsch damals dabei gewesen. Auch den aktiven Hammerskin Malte Redeker habe er auf Kampfsportevents getroffen. Robert Kiefer habe ihm diesen vorgestellt. 
 
Ob er versuche, den Angeklagten oder Peter Strumpler zu schützen, will nun der Vertreter der Nebenklage, Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, wissen. Dies beantwortete Hector mit einem deutlichen „Nein!“.

Der Nebenklagevertreter Björn Eberling fragte, wie denn diese mehrmals vom Zeugen erwähnten Altstadtgespräche über den Brandanschlag konnotiert gewesen seien. Die Gespräche zur Tat seien rassistisch geprägt gewesen. Man habe den Brandanschlag damals befürwortet, antwortet Hector. 
Auch der Nebenklagevertreter Schmitt stellte noch eine kurze Nachfrage zur Grillparty und wollte darüber hinaus wissen, ob der Angeklagte aus Sicht des Zeugen gefährlich sei. Hector antwortete: „Nein, der ist eher ein lustiger, trotteliger Kerl.“
Um 17:22 Uhr wurde die Befragung beendet. Am nächsten Tag sollte es weiter gehen mit der Befragung des Nazizeugen Stefan Berg sowie dem Vater und der Schwester der Hauptbelastungszeugin.

Einschätzung: Der 27. Februar 2023 war ein langer und inhaltsreicher Prozesstag. Eine Hauptbelastungszeugin, die sehr deutlich ihre bisherigen Aussagen untermauerte und auch bei der Befragung durch die Verteidigung keine Widersprüche erkennen ließ. Und ein lange Jahre in der Naziszene aktiver Christoph Hector, der sich immer wieder in Widersprüche verwickelte. Seine Erzählung, nie Teil der rechten Szene gewesen zu sein, konterkarierten die vielen das Gegenteil belegende Beweismittel, die an diesem Tag eingeführt wurden ebenso wie seine ständigen Kontakte mit Peter Strumpler bezüglich den laufenden Ermittlungen. Darüber konnte auch sein angeblicher „markanter Humor“ nicht hinwegtäuschen.
Zur Person Christoph Hector siehe auch: https://antifa-saar.org/2012/11/14/recherche-info-christoph-hector-muay-thai-kaempfer-und-teil-der-saarlaendischen-naziszene/

 
14. Prozesstag, 24.01.2023 
Antifaschistische ProzessbeobachterInnen

Der Verhandlungstag #14 am 24.1.2023 begann mit dem Zeugen Polizeihauptkommissar Wilhelm, damals Dienstgruppenleiter bei der Schutzpolizei in Saarlouis und verantwortlich für zahlreiche Repressionen gegen Antifaschist:innen. Er erklärt gleich in der Einleitung, sich vorbereitet zu haben mit Hilfe der Broschüre „Kein schöner Land“ der Antifa Saar. Diese sei in ihren Fakten richtig, erklärte er auf Nachfrage des Richters, nur manches sei etwas theatralisch, oder überzeichnet dargestellt. Er habe die Broschüre sogar als Grundlage genommen auf der Fachhochschule, wo er später mit dem damaligen Chef des saarländischen Verfassungsschutzes Helmut Albert Seminare für zukünftige Staatschützer:innen hielt.  
Das war noch ganz witzig, aber in der Beschreibung seines Dienstes als Schutzpolizist stellt er sich als Held in Cowboy-Manier dar, als derjenige, der dafür gesorgt habe, dass Saarlouis eine friedliche Stadt ohne Naziproblem gewesen sei. „Die Skinheadszene hat mich gekannt und gefürchtet“ (O-Ton). Er erklärt weiter „Ausländerfeindliche Angriffe gab es nicht in Saarlouis, es gab Schlägereien innerhalb der Jugendszenen“. Obwohl nachgefragt wird, beharrt er darauf, und leugnet weiter die Existenz von organisierten rechten Strukturen und  einer politisch aktiven Naziszene im damaligen Saarlouis.
Größere Probleme habe er derweil mit Antifaschist:innen gehabt. Ganz präsent scheinen ihm noch die Ereignisse um die antifaschistische Infoveranstaltung im Infoladen „Bambule“ am 14. Juli 1997 zu sein: „1997 wurde dieses KOMM gestürmt von mir [sic!] weil die Antifa Auseinandersetzungen mit Skins dort hatte“ (Siehe dazu die ausführliche Schilderung der Ereignisse in „Kein schöner Land, Eine Informationsveranstaltung in Saarlouis und ihre Folgen“).
Obwohl er versucht sich als ausgewiesener Kenner der rechten Szene zu präsentieren, sind ihm auf Nachfrage des Gerichts nur wenige der damals aktiven Nazis namentlich bekannt. Peter Strumpler z.B., mit dem habe er öfter „Koordinationsgespräche“ geführt. Ein Flugblatt von saarländischen Antifaschist:innen aus dem Jahr 1997 dokumentiert eine solche Koordination des Nazi-Aktivisten Strumpler mit Kommissar Wilhelm bei einem Übergriff auf Jugendliche in einer Anti-Antifa-Aktion: Wie ein organisierter Faschist zum Hilfspolizisten wurde.
Konfrontiert von Nebenklageanwältin Pietrzyk mit der langen Reihe von rassistischen Anschlägen und Übergriffen auf Unterkünfte von Geflüchteten, wiegelt er ab, das sei in der Antifa-Broschüre wie gesagt „ausgeschmückt und überreizt dargestellt“ und „ob da mal ein kleines Feuer war …“ - er jedenfalls wisse nichts von Übergriffen auf Geflüchtete in Saarlouis. Zu den Bewohner:innen der Geflüchtetenunterkunft in Saarlouis-Roden habe er z.B. guten Kontakt gehabt, und Angst sei kein Thema gewesen. Ohne jede Scham erzählt er, er habe dort „öfter Kontrollen gemacht, regelmäßig Illegale dort festgestellt, manchmal in einer Anzahl von 20 Stück [sic!], die wir dann mit Formular dem Ausländeramt zugeführt haben“. Vom Vorsitzenden Richter angesprochen auf den Anschlag in Saarlouis-Roden am 20.8.1991 gibt er an, nie etwas gehört zu haben.  So präsentierte sich der Kommissar Wilhelm ganz in der Saarlouiser Tradition von Verharmlosung und Leugnung des rechten Terrors und gleichzeitiger Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands. Ein weiterer Überzeugungstäter mit reinem Gewissen. 
(Zur Vernehmung von Wilhelm und zum Thema rechter Terror in Saarlouis in den 90ern siehe auch: https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarlouis-90er-jahre-war-die-stadt-eine-hochburg-der-neonazis).

Der zweite Zeuge an diesem Tag ist ein Presse-Fotograf, geladen als Sachverständiger für die Ereignisse in Hoyerswerda im September 1991. Er erinnert sich, dass schon am Mittwoch, dem 18.9.1991 erste Brandsätze auf die Vertragsarbeiterunterkunft der Mosambikaner:innen in Hoyerswerda geflogen sind. Das ist insofern interessant, da die Verteidigung des Angeklagten behauptet, die Angriffe mit Brandsätzen begannen dort erst am 20.09.1991, und niemand hätte vorher davon wissen können. Damit versucht die Verteidigung, der Anklage der Generalbundesanwaltschaft gegen Schlappal zu widersprechen, die das Pogrom von Hoyerswerda in ihrer Anklageschrift als  motvierendes Ereignis für den Brandanschlag in Saarlouis bewertet.

Am Nachmittag spricht als Zeuge ein damalig guter Freund von Samuel Yeboah, der viel zu der Persönlichkeit Yeboahs erzählen kann, von seiner freundlichen und intelligenten Art, von einem Menschen, den alle mochten und der viele Freund:innen hatte. Er sei damals viel mit ihm zusammen gewesen, sie hätten zusammen Boxen trainiert und seien ausgegangen. Yeboah sei Teil seiner Familie gewesen und habe auch Weihnachten mit ihnen verbracht. Er erzählt, Samuel Yeboah habe zwar den gesellschaftlichen Rassismus bemerkt, z.B. wenn er im Schwimmbad angespuckt worden sei, er habe aber vor allem Angst vor einer drohenden Abschiebung gehabt. Am Abend des Anschlags seien sie in der Innenstadt auf dem Heimweg an einer Gruppe Skins vorbeigegangen. Da habe Samuel Yeboah zu ihm gesagt: „Eines Tages, wenn du zu Hause bist, werden die mich umbringen.“ Der Zeuge erinnert sich spontan, aber etwas unklar, mit Samuel am Vortag des Anschlags die Nachricht vom Pogrom von Hoyerswerda im TV gesehen zu haben. 
12. Prozesstag 17.01.2023 
NSU-Watch auf Twitter https://twitter.com/nsuwatch/status/1616089521229271042
Am 17.1.23 (12. Verhandlungstag) am OLG #Koblenz wurden im Prozess zum rassistischen Brandanschlag 1991 in #Saarlouis, bei dem Samuel Kofi Yeboah ermordet wurde, erneut Zweifel an den polizeilichen Zeugenvernehmungen von 1991 deutlich. Im Fokus: Die Vernehmungsprotokolle.
Am 17.1.2023 sagten vor dem großen Strafsenat (Staatsschutz) am OLG #Koblenz vier Zeug*innen aus. Zunächst ein Polizist, der in der Nacht des Brandanschlags, am 19.9.1991, mit einem Kollegen auf Streifenfahrt war, als der Alarmruf kam. Sie waren früh am Tatort, sahen das Feuer.
Zum Brandgeschehen konnte der Zeuge keine neuen Beobachtungen für die Beweisaufnahme am OLG #Koblenz beitragen. Er und sein Kollege (Zeuge am 7. Prozesstag, 19.12.2022) hätten die Unterkunft für Geflüchtete am 19.9.1991 nicht betreten.
Gut erinnerlich war dem Polizei-Zeugen seine Einschätzung zur Nazi-Skinhead-Szene in #Saarlouis der 1990er Jahre. Nach seinem Eindruck sei das eine Szene ohne "rassistische Veranlagung" gewesen, deren Gewalt sei "nicht politisch-rassistisch" gewesen.
Nach der Vernehmung des heute pensionierten Polizei-Beamten befragte der Senat zwei damalige Nachbarinnen. Sie waren seinerzeit 15 und 25 Jahre alt, lebten in unmittelbarer Nähe der Unterkunft und waren in der Brandnacht Augenzeuginnen.
Die damals 15-jährige Zeugin berichtete: Ihre Befragung bei der Polizei habe damals ohne ihre Mutter stattgefunden. Sie erinnere sich an den Eindruck, dass die Zeuginnenvernehmung außerdem sehr kurz gewesen sei - vielleicht "nur 10 Minuten".
In der Aussage am 12. Prozesstag ging es auch um die wichtige Beobachtung eines Autos an der Unterkunft. Zwei Personen, weiß, vermummt, dunkel gekleidet, seien kurz nach Brandausbruch eingestiegen, unter Rufen in deutscher Sprache:"Schnell weg!"
Der Angeklagte: #KeinEinzeltaeter?
Im damaligen Vernehmungsprotokoll zu ihrer Aussage ist allerdings von einer einzelnen, schwarzen Person am Auto die Rede. Anders als im Protokoll vermerkt habe sie Begriffe wie das N-Wort in ihrer Zeuginnenvernehmung damals sicher nicht genutzt, das erinnerte die Zeugin klar.
Diese und auch die Zeuginnenvernehmung der damals 25-jährigen Nachbarin der damaligen Unterkunft für Geflüchtete ließen am 17.1.2023 am OLG #Koblenz erhebliche Zweifel aufkommen darüber, ob die Ermittungsbeamt*innen seinerzeit die Aussagen korrekt protokolliert hatten.
Es könne hingegen gut sein, so der Senat am 17.1.2023 im Prozess zum Brandanschlag von #Saarlouis 1991, dass die Vernehmungen damals "falsch aufgeschrieben" worden seien.
Der 12. Prozesstag am OLG #Koblenz endete mit der Aussage eines Brandsachverständigen - erneut mit Fragen zur Menge des Brandbeschleunigers ("Ottokraftstoff"), der für die tödliche Branddynamik hätte ausreichen können.
Der Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis 1991 wird am 23.01.2023 fortgesetzt. Die Prozessbeobachtung am OLG #Koblenz ist möglich unter Vorlage eines Ausweisdokumentes. Öffentlichkeit kann Aufmerksamkeit schaffen. #AufklaerenUndEinmischen. 
11. Prozesstag 16.01.2023 
NSU-Watch auf Twitter https://twitter.com/nsuwatch/status/1615736668165636098
 „... wir waren so jung“: Am 16.1. sagten im Prozess zum rassistischen Brandanschlag 1991 in #Saarlouis, bei dem Samuel Kofi Yeboah ermordet wurde, drei Überlebende aus, die bisher noch keine Nebenkläger waren. Sie schlossen sich nun dem Verfahren als Nebenkläger an.
Zwei der am 16.1. gehörten Zeugen lebten damals im Erdgeschoss der Unterkunft für Geflüchtete in #Saarlouis-Fraulautern. Der dritte Überlebende, der zum OLG #Koblenz gekommen war, lebte im 2. Stock des ehemaligen Hotels.
Die Zeugen berichteten von ihren Erinnerungen an Rauch und Feuer in der Nacht des 19.9.1991 – im Treppenhaus der Unterkunft in #Saarlouis. Sie erinnerten die Schreie aus dem Dachgeschoss des Hauses, die Hilferufe des tödlich verletzten Samuel Kofi Yeboah.
Zwei der Zeugen lebten damals mit ihrem Cousin (Zeuge am 10. Prozesstag) in einem Zimmer im Erdgeschoss der Unterkunft in #Saarlouis. Einer der Zeugen feierte an diesem Abend seinen 17. Geburtstag.
Bei der Befragung der drei Überlebenden am OLG #Koblenz beleuchtete der Senat auch die Vernehmungsprotokolle der Zeugen bei der Polizei im September 1991. Erneut: mit Fragezeichen dazu, wie aussagekräftig die Protokolle angesichts der damaligen Protokollführung heute noch seien.
Die drei Zeugen am 16.1.23 sind nun ebenfalls im Prozess zum Brandanschlag #Saarlouis 1991 als Nebenkläger zugelassen. Es gibt jetzt acht Nebenkläger (u.a. anwaltlich vertreten von @raahoff, @RA_Elberling & @RPietrzyk). Ein wichtiger Punkt bei der Anerkennung des Erlebten.
Ein Nebenkläger erinnert sich: Damals „hat keiner gefragt, wie es uns geht. Keiner hat sich gekümmert, keiner hat mit uns geredet.“ Der Prozess in #Koblenz zeigt einmal mehr, wie wichtig die Überlebenden-Perspektiven sind – auch mehr als 31 Jahre nach dem Anschlag.
10. Prozesstag, 10.01.2023 
NSU-Watch auf Twitter https://twitter.com/nsuwatch/status/1613882915552624644
Beim Prozess zum rassistischen Brandanschlag #Saarlouis 1991, bei dem Samuel Kofi Yeboah ermordet wurde, sagte am vergangenen Dienstag, dem 10. Prozesstag, ein Überlebender des Anschlags aus. Am OLG #Koblenz erinnerte er sich an die Nacht vom 18. auf den 19.9.1991.
Der damals 13-Jährige lebte mit zwei Cousins im Erdgeschoss der Unterkunft für Geflüchtete. Er habe als erster den Brand wahrgenommen, warnend an die Türen der Mitbewohner*innen geklopft, Alarm geschlagen.
Vor Ausbruch des Feuers habe er, so der Zeuge im Prozess in #Koblenz, mit einem seiner Cousins, kaum älter als er selbst, vor der Tür des Hauses nachgesehen – sie hätten draußen Geräusche gehört, aber nichts gesehen.
Erst wenige Monate vor dem Brandanschlag am 19.9.1991 auf die Bewohner*innen des ehemaligen Hotels in #Fraulautern war er aus Ex-Jugoslawien nach #Saarlouis gekommen. In der kurzen Zeit habe er Samuel Kofi Yeboah kennengelernt. Sie trainierten zusammen boxen. Er mochte ihn.
Die Befragung des Zeugen und seiner Cousins, die mit ihm damals ein Zimmer in der Unterkunft teilten und die wie er den Brandanschlag von #Saarlouis 1991 überlebten, muss in den kommenden Prozesswochen weitergeführt werden. Der Senat unterbrach die Sitzung vorzeitig.
Nach Hinweis über Kreislaufbeschwerden und Unwohlsein wurde der Angeklagte Peter S. ärztlich untersucht und mit dem RTW in ein Krankenhaus gebracht. Es steht aber zu vermuten, dass die Hauptverhandlung am 11. Prozesstag, am kommenden Montag, 16.1.2023, fortgesetzt werden kann.
9. Prozesstag, 09.01.2023 
NSU-Watch auf Twitter https://twitter.com/nsuwatch/status/1613879010202685440
Mit schwesterlich geteiltem Entlastungswunsch: Im Prozess zum rassistischen Brandanschlag in #Saarlouis 1991, bei dem Samuel Kofi Yeboah ermordet wurde, waren am Montag (9.1.23), dem 9. Verhandlungstag, vier Geschwister des Angeklagten vor dem OLG #Koblenz als Zeuginnen geladen. 
Die vier Schwestern sagten als Zeuginnen vor dem 4. (dem Staatsschutz-) Senat des OLG #Koblenz aus. Als Angehörige des Angeklagten hätten sie schweigen können, erklärten aber, ihren Bruder mit ihren Aussagen entlasten zu wollen. Am Ende in bemerkenswert ähnlichem Ton & Wortlaut. 
Die Schwestern zeichneten ein Bild von S. als liebevoller Familienmensch. Damals, 1991, mit 20: als für sein Alter etwas kindischen, aber lustigen Kerl, nie aggressiv, trotz gelegentlichen Alkoholrauschs; wie seine Freunde aus der #Skinhead-Szene von #Saarlouis: "Goldige Jungs". 
Die jüngste Schwester, Simone, war ab ca. 1994/95 mit 14 Jahren selbst Teil der Skinheadszene, die „Prinzessin“ im engeren Umfeld ihre Bruders: Kneipenrunden, „Mäxchenspiele“ in Sauflaune, keine Politik – das sei ihre Erinnerung an die Naziskinheads von #Saarlouis & ihren Bruder. 
Auf Nachfrage von Nebenklage-RA @raahoff erinnerte sich Simone A., jüngste Schwester von Peter Schlappal (heute: Peter S.), dann doch: am Lagerfeuer sei damals hin und wieder Hitler verehrt worden, nicht aggressiv allerdings. Ihre Szenekleidung sei außerdem v.a. modisch gewesen.
Der Senat am OLG #Koblenz ließ durchblicken, dass die Aussagen von Simone A. und ihren Schwestern – vor allem dazu, wie und wann sie seitdem in der Familie über den Brandanschlag von #Saarlouis 1991 gesprochen hätten, in Zweifel zu ziehen seien. 
Alle vier Zeuginnen gaben am 9.1.2023 vor dem OLG #Koblenz an, sich nicht an den Brandanschlag in #Saarlouis vom 19.9.1991 zu erinnern. Sie lebten damals alle in oder nahe der Stadt, waren zwischen 11 und um die 30 Jahre alt. 
7. und 8. Prozesstag, 19./20.12.2022 
NSU-Watch auf Twitter https://twitter.com/nsuwatch/status/1606258381815259138
Sicher: Brandstiftung. Unklar: Aufklärungsbemühen 1991. Unwissend: Staatsschutz. Ungeschickt: LKA im OLG #Koblenz. Am 7. & 8. Verhandlungstag im Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis 1991 und zum Mord an Samuel Kofi Yeboah sagten u.a. 7 Polizisten aus. 
1-3 l Benzin dürften lt. Brandermittlern genügt haben für die Brandstiftung in der Unterkunft in #Saarlouis-Fraulautern in der Nacht des 19.9.91. Das Feuer wurde sicher durch flüssigen Brandbeschleuniger am unteren Treppenbereich gelegt, durch "Kamineffekt" mit tödlicher Dynamik. 
Durch den Brandanschlag in #Saarlouis wurde am 19.9.1991 Samuel Kofi Yeboah ermordet. Zeugenaussagen der ermittelnden Polizeibeamten von 1991 brachten in dieser Verhandlungswoche am 19. & 20.12.2022 vielschichtige Erkenntnisse - 6 Beispiele: 
1. Keiner der in der Hauptverhandlung am OLG #Koblenz befragten Polizeibeamten will den Benzinkanister, der am Tatort in der Unterkunft in #Saarlouis-Fraulautern am Morgen des 19.9.1991 gesehen wurde, an sich genommen haben in der Spurensicherung. Sein Verbleib: unklar. 
2. Postkarte mit Hetze gegen Flucht und Migration, die nach dem Anschlag bei der Polizei einging, wurde im Prozess zwar "Bekennerschreiben" genannt, vom damaligen Leiter der Ermittlungsgruppe heute aber als "haltloses Zeug" bezeichnet, der Absender wurde damals nicht ermittelt. 
3. Partnerin eines Überlebenden, die ihn zur Vernehmung 1991 begleitete, zeigte am 20.12.22 als Zeugin: Betroffene wurden nicht angemessen gehört, Übersetzungen nicht sachgemäß durchgeführt, Beobachtungen nicht korrekt zu Protokoll genommen. Opferrechte: Leerstelle. 
4. Der damalige Staatsschutz gab sich im OLG #Koblenz bisher als kenntnislos. Hinweise auf "Skinheadszene" wurden keine 4 Wochen nach dem Anschlag verworfen: "Zusammenhang mit der Mordsache besteht nicht" (10.10.1991). Virulente Nazi-Szene in #Saarlouis: mindestens unterschätzt. 
5. Keiner der Staatsschützer erinnerte sich bisher im Prozess zum Brandanschlag von #Saarlouis daran, dass am 28.9.91 im 40 km entfernten St. Ingbert ein Nazi-Konzert mit "Screwdriver" internationale rechter Terror-Akteure ins #Saarland holte & die regionale Szene mobilisierte. 
6. Der aktuelle Staatsschutz des LKA Saarland beobachtet allerdings gegenwärtig den Prozess am OLG Koblenz. 2 Beamte in Zivil sprachen dabei mit den älteren “Kollegen”, die als Zeugen geladen waren, führten im Gerichtssaal Mobiltelefone mit sich. Beides: ernüchternd ungeschickt. 
Die Hauptverhandlung wird am 9. Januar 23 fortgesetzt. Der Prozess braucht öffentliche Aufmerksamkeit - mit Blick auf Nazi-Zusammenhänge im #Saarland, mit kritischer Beobachtung von Behördenhandeln 1991 bis heute. In Unterstützung der Überlebenden. #Opferhilfefonds 
6. Prozesstag, 13.12.2022 
NSU-Watch auf Twitter 
https://twitter.com/nsuwatch/status/1604766810972344320
Brandstiftung - "klipp und klar". Am vergangenen Dienstag, 13.12.22 sagten am 6. Verhandlungstag im Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis 1991 vor dem OLG #Koblenz 4 Feuerwehrleute aus. Einer von ihnen hatte keine Atemschutzmaske. Er erinnert den Benzingeruch.
5. Prozesstag, 12.12.2022 
NSU-Watch auf Twitter 
https://twitter.com/nsuwatch/status/1604766810972344320
"Wir kennen alle seine Stimme." Am 5. Prozesstag der Hauptverhandlung am OLG #Koblenz zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis & zum Mord an Samuel Kofi Yeboah am 19.9.1991 berichteten drei Überlebende: Von der Nacht des Anschlags, ihren Erinnerungen, den Folgen. 
Im Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis 1991 haben sich drei Überlebende als Nebenkläger*innen der Anklage der #Generalbundesanwaltschaft angeschlossen. Sie sagten am 12.12.2022 vor dem OLG #Koblenz aus. 
In der Nacht des 19.9.1991 wurden sie von Feuer & Rauch im Schlaf überrascht. Das Treppenhaus der Unterkunft in #Saarlouis stand in Flammen. Aus dem Dachgeschoss: Samuel Kofi Yeboahs Schreie, seine Hilferufe. Die brennende Holztreppe aber war unüberwindbar, keine Rettung möglich. 
Den Überlebenden gelang die Flucht aus dem brennenden Gebäude in #Saarlouis durch Sprung aus dem Fenster oder über eine Feuerleiter. Die Leiter aber endete in der 2. Etage. Samuel Kofi Yeboah war im Dachgeschoss von jedem Fluchtweg abgeschnitten. 
Die Nebenkläger*innen schilderten am 5. Prozesstag vor dem OLG #Koblenz, wie Samuel Kofi Yeboah von der Feuerwehr geborgen wurde, schwerstverletzt. Sie versuchten, ihn im Krankenhaus noch einmal zu sehen. Er starb in den frühen Morgenstunden. 
Vor Gericht am OLG #Koblenz berichteten die Nebenkläger*innen: In der Brandnacht unterstützten Nachbar*innen sie mit Decken. Am selben Tag noch wurden sie verhört, blieben aber ohne ausreichende Kleidung, unversorgt mit Schmerzen, Hunger und Durst - und ihrem Erleben der Nacht. 
Im Januar 2021, nach Wiederaufnahme der Ermittlungen zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis vom 19.9.1991, konnten sie ihre Erinnerungen erneut zur Aussage geben, ein zweites Mal. Fast 30 Jahre später. 
Am OLG #Koblenz hörten wir am 5. Prozesstag: Einem der Überlebenden des rassistischen Brandanschlags von #Saarlouis wurde seine Aussage vom 19.9.1991 im Protokoll in deutscher Sprache zur Unterschrift vorgelegt, eine Übersetzung gab es nicht. 
Heute, im Dezember 2022 schildern die Überlebenden als Nebenkläger*innen im Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis 1991 ihre Erinnerungen, so klar sie es heute noch können. Zu der Nacht, zu Samuel Kofi Yeboahs Stimme: "Diesen Tag werde ich nie vergessen." 
Brandstiftung - "klipp und klar". Am vergangenen Dienstag, 13.12.22 sagten am 6. Verhandlungstag im Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis 1991 vor dem OLG #Koblenz 4 Feuerwehrleute aus. Einer von ihnen hatte keine Atemschutzmaske. Er erinnert den Benzingeruch. 
4. Prozesstag, 05.12.2022 NSU-Watch auf Twitter 
https://twitter.com/nsuwatch/status/1600124745701216256
Im Prozess zum rassistischen Brandanschlag und zum Mord an Samuel Kofi Yeboah 1991 in #Saarlouis am OLG #Koblenz geht es heute weiter. Der Angeklagte hat angekündigt, sich zu seiner politischen Biographie einlassen zu wollen.
Zu seiner #Neonazi-Biographie wollte der Angeklagte überraschend doch nicht aussagen: Am 4. Tag im Prozess zum Brandanschlag von #Saarlouis 1991 führte das Gericht in #Koblenz stattdessen über Fotos Beweismittel zu seiner extrem rechten Ideologie und Szene-Einbettung ein.
Erst am 2. Prozesstag am OLG #Koblenz hatte die Verteidigung von Peter S. (1991: Peter Schlappal) angekündigt, ihr Mandant werde sich am 5.12.22 zu seiner politischen Biographie in der Nazi-Szene in #Saarlouis äußern. Doch am Ende: Fehlanzeige. Keine Einlassung, keine Antworten.
Nur zur Tatnacht machte der Angeklagte am 4. Verhandlungstag – erwartbare – Angaben: Er habe am 18.09.91 abends mit Peter Strumpler (Führungsperson der inzwischen aufgelösten „Kameradschaft Saarlautern“) und einem weiteren Neonazi im „Bayrischen Hof“ getrunken.
Trotz widersprüchlicher Angaben zu einer Vernehmung von 1991 blieb S. dabei: er sei stark alkoholisiert gewesen, wisse aber genau, dass sie über #Hoyerswerda in der Kneipe nicht gesprochen hätten, auch nicht über Nachahmung von Angriffen gg. Geflüchtetenunterkünfte in #Saarlouis.
Nach dem Besuch des „Bayrischen Hof“ sei er gegen 1.30 Uhr nach Hause gegangen, so S. Er habe zum Tatzeitpunkt betrunken geschlafen und habe erst am Morgen vom Brand in #Saarlouis gehört.
Entgegen der Gedächtnisleistung, die Peter S. am 2. Prozesstag am OLG #Koblenz zu seiner Berufsbiographie an den Tag gelegt hat, gab er jetzt an, sich an wenig von damals zu erinnern. Verteidiger Britz nach der Pause: S. mache erstmal keine Angaben zu Einbindung in die Naziszene.
Der Senat des OLG #Koblenz zeigte stattdessen u.a. Fotos aus den Asservaten einer aktuellen Hausdurchsuchung: Peter S. in historischer Naziuniform, extrem rechte Memes vom Handy-Speicher. Außerdem Fotos einschlägiger Tätowierungen des Angeklagten.
Im Besitz des Angeklagten außerdem: Das Foto eines Transparents der Antifa Saar zum Gedenken anlässlich des 25. Jahrestages des Brandanschlages in #Saarlouis und des Mordes an Samuel Kofi Yeboah aus dem September 2016 (Kampagne #HassHatKonsequenzen).
Weitere Inaugenscheinnahmen am OLG #Koblenz am 4. Prozesstag: Fotos aus den 1990er Jahren (u.a. #Antifa-Veröffentlichungen) in der Ermittlungsakte. Darunter laut Ermittlern der junge Peter Schlappal am 17.08.1996 beim Hess-Marsch in #Worms. https://antifa-saar.org/2022/11/15/der-mord-an-samuel-yeboah-ueber-nazi-terror-und-das-versagen-der-behoerden-im-saarland-ein-ausfuehrlicher-beitrag/#more-4718
Beim Aufmarsch in #Worms, an dem S. Ermittlern zufolge teilnahm, nahm auch die „Kameradschaft Jena“ teil, die späteren #NSU-Kerntrio-Mitglieder Mundlos u. Zschäpe, die im NSU-Prozess verurteilten Wohlleben u. Gerlach sowie die Neonazis A. Kapke u. Brandt.
https://www.nsu-watch.info/2012/02/fotos-der-nsu-in-worms-1996/
In der kommenden Prozesswoche am OLG #Koblenz wird sich der Senat vermutlich außerdem dem Beweisantrag der Nebenklagevertreter*innen @RPietrzyk und @raahoff widmen – zur Geschichte der rassistischen und rechten Pogrome von #Hoyerswerda. Die Verhandlung ist öffentlich.
3. Prozesstag, 29.11.2022 NSU-Watch auf Twitter 
https://twitter.com/nsuwatch/status/1597655589899096064

Samuel Kofi Yeboah in der Zeit vor dem Anschlag vom 19.9.1991 - mit Bildern von ihm endete der 3. Prozesstag am OLG #Koblenz. Dort verhandelt der Staatsschutzsenat seit Mitte November zum rassistischen #Brandanschlag von #Saarlouis 1991. Thread zur Eröffnung der Beweisaufnahme.
Zu Beginn der Beweisaufnahme am OLG #Koblenz wandte sich der Senat heute dem Tod von Samuel Kofi Yeboah und den Todesursachen zu. Zur Verlesung kamen die Todesfeststellung der Polizei (Tod nach "Unfall"), Arzt- und Obduktionsbericht, Inaugenscheinnahme von Lichtbildern.
Als Zeuginnen hörte der Senat 2 Polizeibeamtinnen, die in der Nacht & am Morgen des rassistischen Brandanschlags von #Saarlouis 1991 im Einsatz waren. Beide waren damals noch in Ausbildung. 2 weitere Polizist*innen, die in der Tatnacht Dienst hatten, sind inzwischen verstorben.
Die Polizistin F. sagte am OLG #Koblenz spürbar bewegt aus: Sie habe am 19. September 1991 die Aufgabe gehabt, um 7 Uhr früh nach der Brandnacht zum Klinikum St. Elisabeth in #Saarlouis zu fahren. Der schwerst brandverletzte Samuel Kofi Yeboah lebe noch, hieß es.
Bei ihrem Eintreffen im Klinikum #Saarlouis erfuhr die Zeugin dann aber, dass Samuel Kofi Yeboah kurz zuvor an den massiven Brandverletzungen gestorben war. Die diensthabende Krankenschwester, die ihn noch hatte versorgen können, sei nicht vernehmungsfähig gewesen.
In Augenschein nahm der Senat am OLG #Koblenz heute auch Papiere zum Aufenthalt von Samuel Kofi Yeboah. Er war im September 1991 von Abschiebung bedroht.
Die Nebenklage-Vertreter*innen stellten einen Beweisantrag auf Sachverständigenanhörung zur Chronologie des rassistischen Pogroms von #Hoyerswerda 1991: Die Angriffe mit Brandsätzen begannen dort nicht erst am 20.09.1991, wie von der Verteidigung des Angeklagten behauptet.
Der Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis wird am 5.12.2022 fortgesetzt, dann soll sich der Angeklagte weiter einlassen. Die Verhandlung am OLG #Koblenz ist öffentlich. Der Verhandlungstag beginnt voraussichtlich wieder um 9.30 Uhr. #AufklaerenUndEinmischen
2. Prozesstag, 28.11.2022 NSU-Watch auf Twitter 
https://twitter.com/nsuwatch/status/1597284314991177730

Ein Angeklagter, der sich an Details und Einzelheiten gut erinnern kann. - 2. Prozesstag am OLG #Koblenz zum Brandanschlag von #Saarlouis 1991, bei dem Samuel Kofi Yeboah ermordet wurde: Heute hörte der 4. Strafsenat die Einlassungen zur Person des Angeklagten. 
Die Kammer am OLG #Koblenz befragte am Vormittag den Angeklagten Peter Schlappal (heute Peter S.) sehr kleinteilig zu Kindheit, Familiengeschichte, Schule, Unterbringung als Jugendlicher, Ausbildung, Strafvollzugszeiten wg. Diebstahlsdelikten und Beruflichem.
Mit seinen Einlassungen zur Person korrigierte oder ergänzte der Angeklagte am OLG #Koblenz dabei wiederholt die Verfahrensakten auf Basis seiner detailreichen Erinnerungen - zum Teil bis auf den Tag genau. Ein Angeklagter mit klarem Gedächtnis.
Die Einlassung am OLG #Koblenz zeigt auch: Ins Persönliche gehören auch Kontakte zu Personen der #Saarland-Naziszene. Schlappal lernt u.a. Nazi-"Führungsfigur" Peter Strumpler 1990 in der #JVA Rottweil kennen. Der ist 2006 sein Hochzeitsfotograf, trotz kleiner, familiärer Feier.
Auf Fragen der Nebenklage zu seinem Freizeitverhalten antwortet der Angeklagte im OLG-#Koblenz-Prozess zum rassistischen Brandanschlag von #Saarlouis 1991: zu Konzerten sei er auch mal "in den Osten" gereist, nach #Jena zum Beispiel.
Auf Frage der Nebenklage: "Weil es so gut gepasst" hätte, habe er sich "2011/2012" ein Tattoo stechen lassen: Paulchen Panther. Das Motiv hätte in eine Lücke gepasst. Paulchen Panther ist der "Erzähler" im Video des #NSU, mit dem sich dieser im November 2011 selbst enttarnte.
Der 2. Prozesstag am OLG #Koblenz zeigte: 1. Die Erinnerungen des Angeklagten sind detailstark. 2. Seine Verbindung zu wichtigen Personen der Neonaziszene des Saarlands: langjährig und persönlich.
Zur Sache will sich der Angeklagte am OLG #Koblenz wohl am 5.12.22 äußern. Morgen (29.11.22) wird die Strafkammer zunächst die Beweisaufnahme eröffnen, konkret: zum Todesermittlungsverfahren zum Brandanschlag #Saarlouis 1991. Unser Bericht zum Tag folgt.
1. Prozesstag, 16.11.2022 Bericht zur Prozesseröffnung in Koblenz 
Antifa Saar / Projekt AK

Anklageverlesung und Kundgebung zur Prozesseröffnung – Kein Schlussstrich!

Am Mittwoch, dem 16.11.2022 begann vor dem Oberlandesgericht in Koblenz vor dem 4. Strafsenat einer der wichtigsten Prozesse im Zusammenhang mit organisierten Nazistrukturen im Saarland des Nachkriegsdeutschland. Das Saarland verfügt über keinen eigenen Staatsschutzsenat. Aufgrund eines Staatsvertrages finden deshalb die entsprechenden Prozesse vor dem OLG Koblenz statt. 

Es geht um den rassistischen Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in der Saarlouiser Straße im Saarlouiser Stadtteil Fraulautern am 19. September 1991, bei dem der damals 27jährige Samuel Kofi Yeboah qualvoll verbrannte. Zwei weitere Menschen wurden beim Versuch, sich durch das Springen aus dem Fenster zu retten, erheblich verletzt, 18 weitere Bewohner schafften es, sich rechtzeitig vor das brennende Gebäude in Sicherheit zu bringen. Angeklagt ist der zum Prozessauftakt 51jährige Peter Schröder (geb. Schlappal) wegen Mord und zwanzigfachem versuchten Mord.

Wir sind als Antifa Saar / Projekt AK seit 7:30 Uhr morgens vor dem Oberlandesgericht präsent und haben gemeinsam mit weiteren GenossInnen aus dem Saarland und Koblenz mehrere Pavillons aufgebaut mit Beschallungsanlage, Infotischen und zahlreichen Schildern und Transparenten. Auch die angereisten VertreterInnen des Saarländischen Flüchtlingsrates und der Aktion 3. Welt Saar gesellen sich zu uns. Unser gemeinsames Ziel ist es,  Öffentlichkeit zu schaffen und unsere Hauptforderungen im Zusammenhang mit dem rassistischen Brandanschlag zu transportieren. 
So fordern wir, dass es im Zusammenhang mit dem Brandanschlag keinen Schlussstrich geben darf. Vielmehr muss der Gesamtzusammenhang zwischen organisierter Neonaziszene, rassistischer Pogromstimmung in der Bevölkerung, Staat, Verfassungsschutz und Polizei restlos aufgeklärt werden. Der Verfassungsschutz muss mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden. Nazi-Organisationen müssen zerschlagen werden. 
Unsere Infostände sind gut besucht von den auf Einlass wartenden PressevertreterInnen und ZuschauerInnen. Wir verteilen alle unsere Pressemappen zum anstehenden Prozess und können viele Gespräche führen. Unsere Schilder und Transparente werden in den folgenden Stunden in zahlreichen Medien – vom ZDF heute journal über die Tagesschau und taz bis hin zur FAZ die visuelle Berichterstattung zum Prozessauftakt prägen.

Ab 9:00 Uhr ist Einlass am OLG. Wer das Gericht betreten will muss intensive Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen. Taschen- und Körperkontrollen finden statt, ein Durchgangsdetektor muss passiert werden, Handys und Smartphones müssen abgegeben werden. Lediglich akkreditierte PressevertreterInnen dürfen ihre Laptops mit in den Gerichtssaal nehmen. Sämtliche Personalausweise werden kopiert. Im Gerichtsgebäude herrscht noch Maskenpflicht (Coronaprävention). 

Der große Saal fasst etwa 60 ZuschauerInnen. Davon ist ein Drittel für die Presse reserviert. Nahezu alle Plätze sind besetzt. Mit leichter Verspätung beginnt der Prozess um 9:41 Uhr im Saal 120 des Dienstgebäude I in der Koblenzer Stresemannstraße. Geführt wird er unter dem Aktenzeichen 4 StE 10/22.

Im Gerichtssaal 

Gegenüber der ZuschauerInnenplätze befindet sich ein Podest, auf dem der Senat seinen Platz einnimmt. Ihm gehören an: der Vorsitzende Richter Dr. Leitges, Richterin Dr. Dohrn, Richter Dr. Ehses, Richter Dr. Hamel, Richter Dr. Keppel und Ergänzungsrichter Müller. Auf der linken Seite haben Platz genommen: Generalbundesanwalt Dr. Merz und Generalbundesanwältin Gößl. Daneben die Sachverständige Gutachterin Dr. Leiphold und die VertreterInnen der Nebenklage Rechtsanwalt  Alexander Hoffmann, Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk und Rechtsanwalt Christian Schmitt.
Vom ZuschauerInnenbereich gesehen rechts sitzt auf der Anklagebank der Angeklagte Peter Werner Schröder geb. Schlappal, mit seinen beiden Verteidigern Rechtsanwalt Dr. Guido Britz und Rechtsanwalt Dr. Kai-Daniel Weil. Da der Angeklagte aufgrund seines Alters zum Zeitpunkt der Tat als Heranwachsender noch unter das Jugendstrafrecht fallen könnte, sitzen hinter der Anklagebank die beiden Mitarbeiterinnen des Kreisjugendamts Saarlouis, Lisa Aktun und Katharina Blaser.

Peter Schröder (geb. Schlappal) wird in Fußfesseln und Handfesseln in den Gerichtssaal geführt. Sein schwarzes Hemd und seine schwarze Jacke verdecken seine zahlreichen Tätowierungen. Er gibt sich betont gelassen und unbeteiligt. Während die Anklageschrift durch Generalbundesanwältin Gößl verlesen wird, blättert er in seinen Unterlagen, er schaut nicht auf.

Verlesung der Anklageschrift: „Mord und zwanzigfach versuchter Mord“

In der verlesenen Anklageschrift heißt es, der Angeklagte habe am 19. September 1991 aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln einen Menschen getötet und versucht, 20 weitere Menschen zu töten, indem er die Asylbewerberunterkunft in der Saarlouiser Straße in Brand gesetzt habe. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, eine nationalsozialistische und rassistische geprägte Ideologie zu vertreten, und Personen ausländischer Herkunft, Juden und Muslimen gegenüber eine ablehnende Haltung zu haben. Peter Schröder (geb. Schlappal) sei seit Beginn der 90er Jahre Teil der Saarlouiser Skinheadszene unter der Führung seines Gesinnungskameraden Peter Strumpler gewesen, welche regelmäßig Brandanschläge thematisiert und befürwortet habe. Damals habe angesichts bundesweiter rechtsextremistischer Ausschreitungen gegen Asylsuchende eine Pogromstimmung geherrscht. 
In der Tatnacht von dem 18. auf den 19. September 1991 habe sich Schröder (geb. Schlappal) gemeinsam mit Peter Strumpler und Heiko Schuder in der Saarlouiser Gaststätte „Bayerischer Hof“ aufgehalten. Dort habe dann der Anführer Peter Strumpler unter dem Eindruck der seit dem 17. September 1991 andauernden rassistisch motivierten Angriffen auf Unterkünfte für ausländische Vertragsarbeiter und Geflüchtete in Hoyerswerda geäußert, „dass auch hier mal so etwas brennen müsste“ und sei dabei auf Zustimmung von Schuder und dem Angeklagten getroffen. 
Zwischen 01:00 Uhr und 01:30 Uhr nachts hätten die drei den Bayerischen Hof verlassen und seien dann getrennter Wege gegangen. 
Der Beschuldigte Peter Werner Schröder (geb. Schlappal) habe sich dann einen 10-Liter-Benzinkanister besorgt. Um ca. 03:30 Uhr hätte er dann  das Wohnheim in der Saarlouiser Straße 53 in Saarlouis-Fraulautern aufgesucht um dort aus rassistischen Beweggründen einen Brand zu legen. Er sei in das nicht abgesperrte Gebäude eingedrungen, wo sich zu diesem Zeitpunkt 21 Personen aufgehalten hätten. Das mitgebrachte Benzin habe er dann im Erdgeschoss auf dem unteren Teil der Holztreppe im Erdgeschoss verteilt und angezündet. 
Das Feuer habe sich dann mit großer Geschwindigkeit und begünstigt durch eine Kaminwirkung im Treppenhaus ausgebreitet. Im Dachgeschoss des Wohnheims sei dann Samuel Kofi Yeboah im Flur von der entstandenen Feuerwalze erfasst worden. Verbrennungen zweiten und dritten Grades, sowie eine Rauchvergiftung seien die Folge gewesen und hätten das multiple Organversagen verursacht, an dem Samuel Kofi Yeboah noch am selben Tag verstarb. 
Zwei weitere Bewohner hätten auf der Flucht vor dem Feuer durch Sprünge aus dem Fenster Knochenbrüche erlitten. Die anderen 18 Personen hätten unverletzt über die Fenster, Balkone und Feuerleiter vor dem Flammen entkommen können.
Dies sei ein Verbrechen, strafbar gemäß § 211 Abs. 1, Abs. 2, § 212 Abs. 1, §§ 307 Nr. 1, 306 Nr 2 a.F., §§ 22, 23 Abs. 1 § 52 StGB, §§ 1, 105 JGG.  

Einlassung der Verteidigung und Hinweise der Nebenklagevertretung

Auf die Verlesung der Anklageschrift folgte dann die Belehrung des Angeklagten durch den Vorsitzenden Richter Leitges. Schröder (geb. Schlappal) gibt an, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Aussage bereit zu sein. 
Dieser Ankündigung folgt dann ein Statement seines Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Guido Britz. Dieser sagt, es sei übergreifend festzuhalten, dass die Anklage die funktionalen Grenzen verlasse, und die ständige Rechtsprechung überschreite. Sie genüge nicht den Anforderungen und beruhe auf Vermutungen. Es gäbe Merkmale unzutreffender Beschreibung bezüglich der Einstellung des Angeklagten und diese beziehe sich weniger auf objektive Vorwürfe als auf Mutmaßungen. Die Anklage sei viel zu stark auf das Politische akzentuiert und sei ein auf einem Gesinnungsvorwurf basierendes Konstrukt. Dies kontrastiere die allgemein gültige Vorstellung eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Die Schilderung einer Pogromstimmung sei stark verzerrt und überzeichnet. Zudem sei der zeitliche Ablauf der Ausschreitungen in Hoyerswerda ein völlig anderer als in der Anklage dargestellt. In der Tatnacht hätte man in Saarlouis von diesen noch keine Kenntnis haben können. Zudem hätte sich der Angeklagte 1997, spätestens aber 2007 (sic!) von der Naziideologie abgewendet. Peter Werner Schröder (geb. Schlappal) habe mit der Szene abgeschlossen und sich ein bürgerliches Familienleben aufgebaut.
Dann stellt Britz die durchaus interessante Frage, ob nicht noch viel mehr Personen auf der Anklagebank sitzen müssten als ausschließlich sein Mandant.  

Durch Rechtsanwalt Alexander Hoffmann kommt  ein Anliegen der Nebenkläger zu Wort, die zu diesem Zeitpunkt nicht persönlich im Gerichtssaal anwesend sein wollen. Sie bitten um Anonymisierung. Sie hätten „großes Interesse nicht mit der ganzen Welt reden zu müssen“. 

Gegen 10:10 Uhr endet der erste Prozesstag nach einer knappen halben Stunde. Er soll am Montag, dem 28.11.2022 fortgesetzt werden mit der Vernehmung des Angeklagten. Dieser lässt ankündigen, sich äußern zu wollen. Ob nur zur Person oder auch zur Sache ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar. 

Erste Nachbetrachtungen auf unserer Kundgebung

Während im Dienstgebäude I der Prozess begann, wurde die Kundgebung der Antifa Saar / Projekt AK vor dem Gericht fortgesetzt mit Podcast-Beiträgen zur Einordnung des Prozesses von NSU-Watch. Nach dem Prozess und zahlreichen Presse-Interviews kamen dann noch die VertreterInnen der Nebenklage Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk und Rechtsanwalt Alexander Hoffmann zu unserer Kundgebung und berichteten von dem Verlauf des ersten Prozesstages. Dabei wiesen sie auch darauf hin, wie wichtig es sei, durch solche Aktionsformen Öffentlichkeit zu schaffen und dass dieser Prozess nicht nur ausschließlich im Gerichtssaal geführt wird.
Zahlreiche ProzessbeobachterInnen zeigten sich gegenüber uns erstaunt, dass die Verteidigung offenbar die Existenz einer Naziszene im Saarlouis der 90er Jahre bestreite. Gegen Mittag machten wir uns dann nach diesem bemerkenswerten Tag auf den Heimweg nach Saarbrücken und verabschiedeten uns von den Koblenzer GenossInnen und den FreundInnen der Aktion 3. Welt Saar und Saarländischem Flüchtlingsrat.
An dieser Stelle möchten wir uns auch nochmal ausdrücklich bedanken bei allen, die uns und die gemeinsamen Anliegen zum Prozessauftakt innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals auf ganz vielfältige Art und Weise unterstützt haben.