Aufruf zur Demonstration

Update (15.09.2021): Masken mit­brin­gen! Abstand hal­ten!
Bezüglich Pan­demielage: Wir haben uns entschlossen eine Demon­stra­tion durchzuführen und freuen uns sehr. Nach zahlre­ichen Kundge­bun­gen in den ver­gan­genen einein­halb Jahren freuen wir uns nun auch mal wieder mit Euch gemein­sam zu demon­stri­eren — und dann auch noch zu diesem wichti­gen Jahrestag. Wir starten um 14:00 Uhr am HBF Saar­louis, wer­den zum Ort des Bran­dan­schlags gehen, wo auch die Möglichkeit beste­ht Blu­men abzule­gen (kön­nt Ihr also gerne mit­brin­gen). Danach geht es weit­er Rich­tung Innen­stadt, am Rathaus vor­bei und dann zur Abschlusskundge­bung auf dem Kleinen Markt. Die Lauf­strecke beträgt in etwa 5km. Nehmt Euch also ein bis­chen Zeit und auch Getränke mit.
Wir nehmen die Pan­demie ernst und möcht­en den Schutz aller Teil­nehmenden vor ein­er etwaigen Ansteck­ung gewährleis­ten. Bringt Eure Masken mit und hal­tet auf der Demon­stra­tion nach Möglichkeit auch die Abstand­sregeln ein. Mit Polizei und Lan­drat­samt wurde durch die Anmelder vere­in­bart, dass uns die gesamte Straßen­bre­ite frei gehal­ten wird. Wir freuen uns darauf am kom­menden Sam­stag mit Euch endlich wieder auf der Straße demon­stri­eren zu kön­nen! (Antifa Saar / Pro­jekt AK)

Sam­stag 18. Sep­tem­ber 2021 / 14:00 Uhr / Saar­louis Hauptbahnhof

Kein Schlussstrich – 30 Jahre nach dem rassistischen Mord an Samuel Yeboah
Aufklären ⋆ Einmischen ⋆ Konsequenzen ziehen

Der ras­sis­tis­che Bran­dan­schlag und der Mord an Samuel Yeboah jähren sich am 19. Sep­tem­ber 2021 zum dreißig­sten Mal. Und noch immer sind seine Mörder auf freiem Fuß. Dabei schien im Som­mer let­zten Jahres Bewe­gung in die Sache gekom­men zu sein. Anfang August 2020 wurde bekan­nt, dass die Polizei wieder ermit­telt. Die Gen­er­al­bun­de­san­waltschaft wurde eingeschal­tet und verkün­dete, dass jet­zt (sic!) „gravierende Anhalt­spunk­te auf einen recht­sex­trem­istis­chen und frem­den­feindlichen Hin­ter­grund des Anschlags“ hin­deuteten. Die Ermit­tlun­gen wegen achtzehn­fachen ver­sucht­en Mordes sowie wegen Mordes an dem damals 27-jähri­gen Samuel Yeboah wur­den allerd­ings bei der saar­ländis­chen Polizei belassen. Eben­so eine polizeiliche Ermit­tlungs­gruppe, die schw­er­wiegende Vor­würfe gegen die 1991 ermit­tel­nden Polizeibeamten prüfen sollte. Es kam sog­ar – nach­dem die Täter 29 Jahre lang Zeit hat­ten Beweis­mit­tel ver­schwinden zu lassen – zu mehreren Haus­durch­suchun­gen bei ehe­mals führen­den Kadern der Saar­louis­er Neon­azi-Szene, auch ein Tatverdächtiger wurde präsentiert.

Auf­fal­l­end ist, dass es sich bei denen, die nun ins Visi­er der Ermit­tler ger­at­en sind, in erster Lin­ie um Nazis han­delt die bere­its seit Jahrzehn­ten von antifaschis­tis­chen Grup­pen im Zusam­men­hang mit der Saar­louis­er Neon­aziszene immer wieder in zahlre­ichen Veröf­fentlichun­gen benan­nt wur­den. Ganze Broschüren und Büch­er wur­den zu dem The­ma veröf­fentlicht und sind im Inter­net frei abruf­bar. Zu ein­er Fes­t­nahme kam es allerd­ings bis­lang nicht. Auf­grund der Erfahrun­gen aus ver­gan­genen Ermit­tlun­gen zu rechtem Ter­ror im Saar­land, den Erken­nt­nis­sen aus dem soge­nan­nten „NSU-Skan­dal“ und den Ver­strick­un­gen von Polizei und Geheim­di­en­sten in rechte Net­zw­erke befürcht­en wir auch im Mord­fall Samuel Yeboah eher eine weit­ere Ver­schleierung der Tat­en statt Aufk­lärung — ganz nach dem Mot­to „Wir haben doch jet­zt wirk­lich ein Jahr lang alles mit großem Per­son­alaufwand und hun­derten Zeug­In­nen­vernehmungen ver­sucht und sind lei­der zu keinem Ergeb­nis gekom­men. Wir müssen die Akten jet­zt lei­der wieder schließen“.

Und auch die Saar­louis­er Poli­tik wird dann wohl wieder zu ihrem alten Mantra „Es gibt ja keine Beweise für einen ras­sis­tis­chen Mord“ zurück­kehren. Dazu sagten Vertreter der Aktion 3. Welt Saar kür­zlich in einem Gespräch mit der Antifa Saar / Pro­jekt AK: „Die Stadt Saar­louis betreibt ein ‚Erin­nern ohne Ver­gan­gen­heit‘. Offiziell möchte man an Samuel Yeboah erin­nern, aber man klam­mert die eigene 30 Jahre lang währende Ver­tuschung und Ver­harm­lo­sung aus und eben­so die Dif­famierung der weni­gen, die kon­tinuier­lich an Samuel Yeboah erin­nert haben.“

Wie zur Bestä­ti­gung dieser Vor­würfe wurde jüngst, im August 2021, bekan­nt, dass sich hochrangige Mit­glieder der Saar­louis­er Feuer­wehr nach ein­er Betrieb­s­feier mit Hit­ler­grüßen haben ablicht­en lassen. Schon 1991 ließ die Saar­louis­er Feuer­wehr eine Stunde auf sich warten bis sie am Ort des Bran­dan­schlags ein­traf (siehe taz, 27.9.91). Im Juli 1997 beteiligte sie sich durch eine in unmit­tel­bar­er Nähe des Info­ladens Bam­bule abge­hal­tene Übung an der Sab­o­tage ein­er dort stat­tfind­en­den antifaschis­tis­chen Infover­anstal­tung über Ver­strick­un­gen von Stadt und Naziszene. Ein Feuer­wehrmann tauschte auf Betreiben des auch jüngst wieder in die Schlagzeilen ger­ate­nen Grü­nen-Chefs Hubert Ulrich sog­ar die Schlöss­er der Toi­let­te­nan­lage aus (siehe KEINSCHOENERLAND S. 47). Die Räume des Info­ladens wur­den frist­los gekündigt. Solche Geschicht­en sind dutzend­fach doku­men­tiert und offen­bar Saar­louis­er Tra­di­tion. Das alles ist Stadt und Behör­den an der ein oder anderen Stelle mit­tler­weile unan­genehm. Man möchte endlich einen Schlussstrich ziehen.

Aber mit uns wird es keinen solchen Schlussstrich geben!

Der ras­sis­tis­che Bran­dan­schlag von 1991 in Saar­louis fiel in eine Zeit, in der die etablierten Parteien mit ras­sis­tis­ch­er Stim­mungs­mache das poli­tis­che Kli­ma anheizten und in der ein nach der Wiedervere­ini­gung ent­fes­sel­ter Mob, ange­führt von bere­its länger beste­hen­den neon­azis­tis­chen Organ­i­sa­tio­nen, mit Prügel, Dro­hun­gen, Het­z­jag­den, Anschlä­gen und Mor­den den recht­en Ter­ror auf die Straßen bracht­en. Orte wie Saar­louis, Hoy­er­swer­da, Ros­tock-Licht­en­hagen, Mölln, Solin­gen und viele mehr sind zu Sym­bol­en dieser soge­nan­nten „Base­ballschläger­jahre“ gewor­den. Die von CDU/CSU, FDP und SPD 1993 im Deutschen Bun­destag, beschlossene und als „Asylkom­pro­miss“ beze­ich­nete fak­tis­che Abschaf­fung des Rechts auf Asyl war die par­la­men­tarische Legit­i­ma­tion für die Tat­en des recht­en Mobs.

Und machen wir uns nicht vor: Es hat sich an vielem nichts geän­dert. Im Gegen­teil. Naziter­ror und Ras­sis­mus haben nicht aufge­hört. Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund (NSU), der anti­semi­tisch motivierte ver­suchte Massen­mord beim Anschlag auf die Syn­a­goge in Halle 2019, die ras­sis­tis­chen Morde von Hanau im Feb­ru­ar let­zten Jahres und der ras­sis­tisch motivierte ver­suchte Mord an einem Stu­den­ten in Saar­brück­en im Juni 2020 sind nur drei Beispiele. Bekan­nt gewor­dene neon­azis­tis­che Struk­turen in Polizei, Bun­deswehr und Ver­fas­sungss­chutz der let­zten Jahre — Nord­kreuz, NSU 2.0, Uniter, Han­ni­bals Schat­ten­net­zw­erk – lassen sich schon gar nicht mehr zählen. An den Außen­gren­zen des Frieden­sno­bel­preisträgers Europa ster­ben Tausende auf der Flucht vor Krieg, Ver­fol­gung, Hunger und Armut. Von der anti­semi­tis­chen Quer­denker-Bewe­gung wollen wir jet­zt gar nicht erst anfangen.

Und auch im Land­kreis Saar­louis geht die Igno­ranz gegenüber Neon­azistruk­turen weit­er. Seit Jahren betreiben die Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tio­nen der neon­azis­tis­chen Saar­louis­er Kam­er­ad­schaften in Dillin­gen einen Tre­ff­punkt, die soge­nan­nte Hate-Bar und haben sich zu einem der führen­den Chap­ter der inter­na­tion­al agieren­den Nazi- und Ras­sis­tenor­gan­i­sa­tion Ham­mer­skins entwick­elt, weit­ge­hend unbe­hel­ligt von Poli­tik und Polizei. Wieder ein­mal waren es antifaschis­tis­che Grup­pen wie EXIF, die erst kür­zlich das gesamte Net­zw­erk und seine Struk­turen offen­legten. Im aktuellen Ver­fas­sungss­chutzbericht des Bun­des sind die Ham­mer­skins noch nicht ein­mal erwähnt.

Dies ist alles nur ein mikroskopisch klein­er Auss­chnitt der Gründe, warum wir mit Euch am 18. Sep­tem­ber 2021 in Saar­louis auf die Straße gehen wollen. Denn es wird weit­er Auf­gabe und Pflicht von uns allen bleiben, diese Zustände anzuge­hen. Wir müssen uns organ­isieren und zusam­men dage­gen kämpfen. Auf Polizei und Behör­den ist, wie die Geschichte nicht nur von Saar­louis beweist, über­haupt kein Verlass.

Wir müssen Aufklären, uns einmischen und Konsequenzen ziehen!

Organisiert den antifaschistischen Selbstschutz!

Antifa Saar / Pro­jekt AK

Es rufen auf (Stand 09.09.2021):
Antifa Saar / Pro­jekt AK
Cri­think! e.V. — Gesellschaft zur Förderung des kri­tis­chen Denkens und Han­delns
Con­n­Act Saar
Peter-Imandt-Gesellschaft / Rosa-Lux­em­burg-Stiftung Saar
Linksjun­gend ‘[sol­id] Saar
Omas gegen Rechts Saar­land
SfA — Saar­land für Alle e.V.
FemUp
See­brücke Saar
Hein­rich-Böll-Stiftung Saar
VVN-BdA Lan­desvere­ini­gung Saar

 

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