Recherche-Info: Neonazi — Clubhaus in Saarbrücken — Rußhütte

Naz­itr­e­ff­punkt: Saar­ländis­che Neon­azis aus dem Umfeld der soge­nan­nten „Ham­mer­skins“ nutzen seit Feb­ru­ar 2013 ein kleines Gebäude im Saar­brück­er Stadt­teil Rußhütte als Szen­e­tr­e­ff­punkt und Proberaum.

Mehrere Jahre waren saar­ländis­che Neon­azis aus dem Kam­er­ad­schafts- und Recht­srock­spek­trum auf der Suche nach Räum­lichkeit­en, in denen sie sich ein „Club­haus“ und Proberäume ein­richt­en kön­nen. Nach­dem sie bere­its in den ver­gan­genen Jahren an ver­schiede­nen Orten im Saar­land Lokalitäten anmi­eten und nutzen kon­nten, war die organ­isierte saar­ländis­che Neon­aziszene in den let­zten Jahren „obdach­los“. Davor nutzte etwa die „Kam­er­ad­schaft Saar­lautern“ im Jahr 2004 Räum­lichkeit­en im saar­ländis­chen Schwal­bach (bei Saar­louis), darüber­hin­aus existierte ein weit­er­er “Clu­braum” in Prim­stal. Die saar­ländis­che Naz­iband „Jungsturm“, die dem „Hammerskin“-Netzwerk zugerech­net wer­den kann, hat­te bis Mai 2011 ihren Prober­aum auf dem Gelände der ehe­ma­li­gen Beck­er-Brauerei in St.Ingbert, wo auch mehrere Recht­srock­konz­erte und (Geburt­stags-) Par­tys stattfanden. 

Im Früh­jahr 2013 wur­den die saar­ländis­chen Neon­azis auf der Suche nach ein­er neuen Bleibe dann im Saar­brück­er Stadt­teil Rußhütte fündig: sei­ther wurde in dem kleinen ein­stöck­i­gen Anbau in der Straße Am Torhaus 25a, wo zuvor die „Anony­men Alko­ho­lik­er“ ihren Tre­ff­punkt hat­ten, ren­oviert und die Fen­ster von innen mit schwarz­er Folie blick­dicht abgek­lebt. Auf rund 80 m² haben sich die Neon­azis direkt gegenüber der evan­ge­lis­chen Kirche einen Prober­aum ein­gerichtet, der mit Theke und zwei Toi­let­ten nicht unkom­fort­a­bel ist und bere­its für Par­tys im kleineren Rah­men diente. 

Treibende Kraft hin­ter der neuen Lokalität ist der 30jährige, aus Püt­tlin­gen stam­mende, Robert Kiefer. Kiefer, mit­tler­weile ver­heiratet und Vater eines Sohnes, ist ein­er der aktivsten Neon­azis im Saar­land. Bis zu ihrer Selb­stau­flö­sung im März 2005 kon­nte er der Neon­azikam­er­ad­schaft „Nationaler Wider­stand Köller­tal“ zuge­ord­net wer­den und war Schlagzeuger der Naz­iband „Aggres­sor“. Seit rund fünf Jahren ist er Vollmit­glied der soge­nan­nten „Ham­mer­skin Nation“, einem elitären und weltweit ver­net­zten Net­zw­erk von Naziskin­heads. Die saar­ländis­chen Mit­glieder der „Ham­mer­skins“ bilde­ten bis vor kurzem zusam­men mit ihren Gesin­nungskam­er­aden aus Rhein­land-Pfalz das „Ham­mer­skin Chap­ter West­mark“, nach dessen tak­tis­chen Auflö­sung im März diesen Jahres gehören sie nun dem Lux­em­burg­er Chap­ter an. Robert Kiefer ver­wal­tet auch ein von saar­ländis­chen Neon­azis im Jahre 2009 gekauftes Wiesen­grund­stück nahe dem kleinen elsäs­sis­chen Ort Vol­mun­ster-Eschviller direkt hin­ter der deutsch-franzö­sis­chen Gren­ze. Auf dem Grund­stück, wo zwis­chen­zeitlich auch eine Bühne errichtet wurde, fan­den bere­its mehrfach Recht­srock­konz­erte und andere Feiern statt.

(Neon­azis auf dem Weg zum Club­haus in Saar­brück­en — Rußhütte: Links Robert Kiefer)

Kiefers aktuelle Band, die die neuen Räum­lichkeit­en zum Proben nutzen kann, hört auf den Namen „Wolfs­front“ und spielt nach eigen­em Ver­laut­baren „RAC1 ’n’ Roll aus der West­mark“. Der Band, die seit 2011 existiert, gehören neben Kiefer noch vier weit­ere Neon­azis aus dem Saar­land und Rhein­land-Pfalz an. „Wolfs­front“ veröf­fentlicht­en im Jahre 2012 eine Demo-CD, die ins­ge­samt vier Titel wie „Viel Feind, viel Ehr“ und „Deutsche Wehrma­cht“ enthielt. Im Novem­ber 2012 trat­en „Wolfs­front“ zusam­men mit weit­eren „Hammerskin“-Bands auf dem „Euro­pean Ham­mer­fest“ im lothringis­chen Toul sowie im Juni 2013 im „Skin­haus Milano“ (Mailand/Italien) auf.

Es ist davon auszuge­hen, dass der Prober­aum auch von weit­eren saar­ländis­chen Neon­az­ibands wie „Hunt­ing Sea­son“ oder „Jungsturm“ genutzt wird.

Was tun?

Auch wenn staatliche Behör­den, allen voran der landläu­fig „Ver­fas­sungss­chutz“ genan­nte Inlands­ge­heim­di­enst, immer wieder zu ver­harm­losen ver­suchen und Über­griffe von Neon­azis gerne als Spon­tan­ta­t­en Einzel­ner, die vor allem durch über­mäßi­gen Alko­holkon­sum bed­ingt seien, herunterspielen2: Neon­azis propagieren eine Ide­olo­gie der Ungle­ich­w­er­tigkeit der Men­schen und set­zen diese immer wieder in Mord und Totschlag um – zulet­zt am 17. Juli im bay­erischen Kauf­beuren, als mehrere Neon­azis auf einem Volks­fest zuerst eine Gruppe Fes­t­be­such­er ras­sis­tisch belei­digten und schließlich einen 34jährigen Mann so schw­er zusam­men­schlu­gen, dass er am Fol­ge­tag starb. Oder am 5. Juni 2013, als der 18jährige Antifaschist Clé­ment Méric in Paris von Neon­azis auf offen­er Straße ermordet wurde. Im April 2013 wur­den außer­dem die drei saar­ländis­chen Neon­azis David „Dave“ Schulz, Patrick Mörs­dorf und Math­ias „Mul­der“ Müller zu mehrjähri­gen Haft­strafen verurteilt, weil sie am 10. April 2011 im schwäbis­chen Win­ter­bach (Rems-Murr-Kreis) an ein­er Het­z­jagd auf mehrere Migranten beteiligt waren, in deren Folge eine Garten­hütte, in die sich die Migranten vor den Nazis geflüchtet hat­ten, angezün­det wurde. Zur Unter­stützung der angeklagten Neon­azis reis­ten neben weit­eren Neon­azis auch Dan­ny Hoff­mann (ex-„Jungsturm“, „Hunt­ing Sea­son“, Saar­brück­en) und Robert Kiefer zum Prozes­sauf­takt nach Stuttgart an.

Nazis dür­fen keine Freiräume erhal­ten, in denen sie ungestört proben, feiern und het­zen kön­nen. Es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis aus ver­meintlich „harm­losen“ Band­proben, Geburt­stags­feiern oder son­sti­gen Zusam­menkün­ften überzeugter Neon­azis eine Gefahr für Leib und Leben all der­er wird, für die im Welt­bild deutsch­er Nation­al­sozial­is­ten kein Platz ist. Diese Ide­olo­gie von Mord und Totschlag wird ger­ade auch von den „Ham­mer­skins“ und der saar­ländis­chen Neon­aziszene gepredigt und ausgelebt.

Der Naz­itr­e­ff­punkt auf der Rußhütte muss weg!

In der Ver­gan­gen­heit zeigte sich glück­licher­weise immer wieder, dass antifaschis­tis­che Inter­ven­tion gegen neon­azis­tis­che Umtriebe erfol­gre­ich sein kann. Der Naziladen „First Class Streetwear“ im saar­ländis­chen Neunkirchen etwa musste vor weni­gen Jahren nach antifaschis­tis­chen Aktio­nen schließen. Auch einige saar­ländis­che Kom­munen ver­suchen mit­tler­weile, durch eine Neuregelung der Nutzung­sor­d­nun­gen ihrer Sport- und Fes­thallen eine Anmi­etung durch die NPD und andere Nazi­grup­pierun­gen von vorn­here­in auszuschließen.

Den saar­ländis­chen Neon­azis muss der Zugriff auf die Räum­lichkeit­en Am Torhaus 25a genom­men wer­den! Jed­er weit­ere Tag, an dem die saar­ländis­che Naziszene ihr Club­haus auf der Rußhütte nutzen kann, ist ein Tag zu viel.

Naz­itr­e­ff­punk­te dichtmachen!
Pas de fas­cistes dans les quartiers! Pas de quarti­er pour les fascistes!

Fußnoten:

[1] „RAC“ ste­ht für „Rock against Com­mu­nism“ und wird in der Naziszene unab­hängig vom Musik­stil als Sam­mel­be­griff für extrem rechte Rock­musik ver­wen­det; der „Gau West­mark“ umfasste in der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus das Saarge­bi­et, die Pfalz und das franzö­sis­che Lor­raine (Lothrin­gen)

[2] So etwa im aktuellen „Kurzüberblick: Beobach­tungs­bere­ich Recht­sex­trem­is­mus 2012“ des saar­ländis­chen Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz: „Die Gewalt­tat­en (darunter neun Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­te und ein Brand­de­likt) waren sit­u­a­tiv bed­ingt; oft­mals spielte auch Alko­hol eine Rolle. Ein plan­mäßiges und ziel­gerichtetes Täter­vorge­hen war nicht festzustellen.“ [http://www.saarland.de/4483.htm]

 

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