Im Hinblick auf den anstehenden Bundesparteitag der NPD im Saarbrücker Schloss hat die Antifa Saar / Projekt AK hat sich in einem offenen Brief direkt an den Regionalverbandsdirektor gewandt. Darin fordern wir diesen auf der Partei nicht einfach die Räume des Regionalverbands zu überlassen. Außerdem gehen wir auf das vom Regionalverband intern verschickte Schreiben ein, in dem sich der Regionalverband hinter alten Gerichtsurteilen verschanzt um zu rechtfertigen, dass nichteinmal der Versuch unternommen wurde der NPD die Räumlichkeiten zu verwehren. Das Schreiben kann im Originaltext hier eingesehen werden.
An dieser Stelle dokumentieren wir den Inhalt des offenen Briefs, der hier als PDF eingesehen werden kann:
Sehr geehrter Herr Gillo,
wie mehreren Medienberichten zu entnehmen ist, wird die NPD am 11. März 2017 in den Räumen des Saarbrücker Schlosses ihren Bundesparteitag abhalten. Kurzgefasst heißt das, dass eine vom Bundesverfassungsgericht für „ideologisch eindeutig verfassungsfeindlich“ erklärte Partei in einem der prunkvollsten Räume des Saarlandes ihre Bundesdelegierten empfangen darf.
Es handelt sich bei der NPD nicht nur um die derzeit radikalste völkisch-nationalistische Partei, sondern darüber hinaus auch um eine Brutstätte für den in Deutschland immer stärker werdenden rechten Terror. Schon längst ist beispielsweise bekannt, dass der ehemalige Vorsitzende des NPD-Landesverbandes Thüringen, Tino Brandt, unter Mithilfe des Verfassungsschutzes die rechten Strukturen aufbaute, auf deren Grundlage der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) sich konstituieren konnte.
Auch im Saarland hat die NPD enge Beziehungen zu denen, die die menschenverachtende Ideologie der Nazis in die Tat umsetzen wollen. Burkhard Bangert, ein sogenannter „Reichsbürger“ und Nazi-Druide, wurde im Januar 2017 mit sechs weiteren Personen wegen des Verdachts festgenommen, Kopf einer terroristischen Vereinigung zu sein. Bei Hausdurchsuchungen fand man Waffen, Munition und Sprengstoff. Bangert verkehrte bis dahin auf Mahnwachen der NPD-Tarnorganisation „Saarländer gegen Salafisten“ (SageSa) und im Umfeld von Jacqueline Süßdorf, einer NPD-Aktivistin aus Saarbrücken. Diese verteidigte Bangert noch vor kurzem, indem sie auf einem ihrer Facebook-Profile schrieb: „Burgos [gemeint ist Bangert] ist richtig super drauf. Ich mag ihn […]“.
Seit Beginn der Flüchtlingskrise ist die Zahl der rechten Straftaten in diesem Land so hoch wie noch nie. Über 3.500 gemeldete Übergriffe zählte die Bundesregierung im Jahr 2016, das sind durchschnittlich fast zehn gemeldete Übergriffe täglich. Grund für diese hohe Zahl sowie den Mangel an Öffentlichkeit dieser Fälle ist mitunter, dass sich die Hetzer den Anschein der Rechtmäßigkeit geben können indem sie sich in Parteien wie der NPD und der AfD organisieren. Darüber hinaus werden diese Übergriffe systematisch bagatellisiert und die Täter marginalisiert, während die Behörden viel zu oft untätig bleiben.
Anders sieht es auch nicht im Regionalverband Saarbrücken aus. Denn entgegen Ihrer Behauptung haben Sie als Hausherr bislang keine rechtlichen Schritte erwogen, um den Bundesparteitag der NPD in Ihren Räumen zu untersagen. Stattdessen bringen Sie in einem über Ihre Pressestelle verteilten Schreiben1 Ihre Mitarbeiter auf Linie und rechtfertigen Ihre Untätigkeit mit dem „Grundsatz der Gleichbehandlung“. Als im Regionalverband vertretene Partei hätte die NPD das Recht, diese öffentlichen Räume zu mieten. Dies hätten Sie bereits 2015 in zahlreichen Auseinandersetzungen vor Gericht „hinnehmen müssen“. In dem Schreiben suggeriert Ihr Pressesprecher, es gäbe „keine rechtlichen Möglichkeiten, den Parteitag im Schloss zu verhindern.“ Die Tatenlosigkeit wird damit gerechtfertigt, dass in der Auseinandersetzung mit der NPD am Ende lediglich ein „symbolischer Widerstand“ gegen die Nazis bliebe.
Was in dem Schreiben nicht erwähnt wird: Die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der NPD fanden noch vor dem Ende des Verbotsverfahrens statt. Sicher stünden die Chancen dieses Mal besser, einen Prozess vor dem Hintergrund der Verfassungsfeindlichkeit der Partei zu führen. Fest steht auch, dass es zahlreiche andere Möglichkeiten gäbe, die Partei aus dem Schloss herauszubekommen: So hätten Sie festlegen können, dass grundsätzlich keine verfassungsfeindlichen Organisationen und Parteien im Schloss unter kommen dürfen. Sie hätten auch alle Räume des Regionalverbandes für überregional ausgerichtete Parteiveranstaltungen sperren können, wie es andere Städte getan haben. Nicht zuletzt gäbe es die Möglichkeit, das Schloss als ehemaligen Sitz der Gauleitung der Westmark, von wo aus Unterdrückung, Inhaftierung und systematische Ermordung politischer Gegner sowie die Annexion Lothringens und die damit verbundenen Vertreibungen geplant wurden, zum Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus zu erklären und rechten Organisationen auf diesem Weg den Zugang zu den Räumlichkeiten zu verwehren.
Ob angesichts der zwischenzeitlich konstatierten Verfassungsfeindlichkeit der NPD oder den zahlreichen Möglichkeiten, den extremen Rechten auf anderem Weg den Zugang zum Schloss zu verwehren: Es drängt sich der Eindruck auf, dass es Ihnen an Wille und Mut mangelt, entschieden gegen die Veranstaltung der NPD vorzugehen.
Entgegen dem vermittelten Eindruck sind Sie nicht das Opfer der juristischen Umstände, im Gegenteil, Sie hofieren bereitwillig eine der radikalsten rassistischen Parteien in Saarbrücken! Sie stellen der NPD, der Partei, die den rechten Terror in Deutschland nach wie vor anfeuert, ohne nennenswerte Gegenwehr das Saarbrücker Schloss zur Zelebrierung ihres Sieges am Bundesverfassungsgericht zur Verfügung. Sie verleihen der NPD im Regionalverband somit einen höheren Stand als der AfD.
Ihre Passivität demonstriert, dass die staatlichen Institutionen aller Ebenen an den deutschen Zuständen, in denen Abschiebung durch den Staat und Mord durch die Nazis an der rassistischen Tagesordnung stehen, nichts ändern wollen. Sei es der Verfassungsschutz, der nicht in der Lage ist, das rassistische Morden des NSU in über 10 Jahren zu unterbinden oder aufzuklären. Sei es ein Bürgermeister in Saarlouis, der den rassistischen Mord an Samuel Yeboah nach 25 Jahren immer noch nicht anerkennen möchte. Oder Sie, der Sie den vulgärsten Hetzern der Republik einen Festsaal zur Begehung ihres Bundesparteitags zur Verfügung stellen:Vielen Menschen wird immer klarer, dass sie sich beim Kampf gegen Nazis nicht auf den Staat verlassen können.
Wir fordern Sie auf: Lassen Sie es als Hausherr nicht zu, dass die Menschenfeinde der NPD im Saarbrücker Schloss ihren Parteitag abhalten können! Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht! Setzen Sie sich endlich mit all Ihrer Kraft und all Ihren Möglichkeiten dafür ein, den NPD-Bundesparteitag zu verhindern! Wenn es aktuell der Stadt Gaggenau möglich ist, den Auftritt des türkischen Justizministers Bekir Bozdag mit der Begründung zu untersagen, dass Halle, Parkplätze und Zufahrten nicht ausreichten und daher die Situation zu gefährlich werden könnte, zeigt dies deutlich auf, welche Möglichkeiten auch Ihnen in Bezug auf den NPD-Bundesparteitag zu Verfügung stünden. Nutzen Sie diese endlich, statt sich hinter Ausreden und alten Gerichtsurteilen zu verstecken!
Weil Sie offenbar nicht Willens oder nicht dazu im Stande sind, bleibt den Menschen nur, sich selbst zu organisieren und so zu versuchen, den Parteitag der NPD zu verhindern oder zumindest zu stören. Mehrere fortschrittliche Kräfte haben sich dazu entschlossen, am 11. März 2017 solidarisch und konsequent ab 8 Uhr vor dem Saarbrücker Schloss ihren Widerstand gegen die NPD und andere Nazis auf die Straße zu bringen.
1Siehe Schreiben vom 10.02.2017, Betreff „Informationen zum Bundesparteitag der NPD im Saarbrücker Schloss“