Bericht vom ersten Prozess gegen den Prügelpolizisten

Wie bere­its kurz ver­meldet, endete der Prozess gegen den Saar­brück­er Prügelpolizis­ten am 13. Novem­ber 2014 mit ein­er Verurteilung zu 18 Monat­en Haft, aus­ge­set­zt zur Bewährung und ein­er Zahlung von Schmerzens­geld. Der Beamte der Saar­brück­er BFE (Beweis­sicherungs- und Fes­t­nah­meein­heit), der am 29.7.2013 im Umfeld der Nazi-Mah­nwache für den Kriegsver­brech­er Erich Priebke einen antifaschis­tis­chen Gegen­demon­stran­ten nieder­schlug, ist in Beru­fung gegangen.

Die Beru­fungsver­hand­lung find­et am 10.7.2015 vor dem Saar­brück­er Landgericht statt. Das Urteil der ersten Instanz wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung im Amt und Ver­fol­gung Unschuldiger – um seine Tat zu ver­tuschen leit­ete der Beamte zunächst ein Ver­fahren gegen das Opfer ein – würde den Schläger seinen Job kosten.

Dem Aufruf der Antifa Saar / Pro­jekt AK sich mit dem Neben­kläger und Opfer des Angriffs sol­i­darisch zu zeigen waren etwa zwei Dutzend Antifaschist_innen gefol­gt. Die den ganzen Tag dauernde und von mas­siv­en Vorkon­trollen begleit­ete Ver­hand­lung am 13. Novem­ber ver­gan­genen Jahres hat­te gle­ich mehrere inter­es­sante Kom­po­nen­ten. Zunächst ein­mal ist es dur­chaus bemerkenswert, dass Fälle von Polizeige­walt über­haupt vor einem Gericht lan­den. Die aller­meis­ten Fälle wer­den bere­its nach kurz­er Zeit von der Staat­san­waltschaft eingestellt. Die wenig­sten Fälle, die tat­säch­lich vor Gericht lan­den, enden mit ein­er Verurteilung. Die Gründe hier­für sind zahlre­ich, wohl aber vor allem im soge­nan­nten Korps­geist der Polizist_innen zu sehen, die sich gegen­seit­ig deck­en und, wurde Anzeige erstat­tet, selb­st gegen Kolleg_innen ermit­teln, oder auch nicht.

Dieser Korps­geist spiegelte sich während der Ver­hand­lung vor allem durch die Anwe­sen­heit von zahlre­ichen Beamt_innen im Zuschauer­raum wider, die ihren Kol­le­gen auf der Anklage­bank unter­stützen woll­ten. In den Aus­sagen der Polizeizeu­gen – unter den 14 gelade­nen Zeug_innen waren 13 Beamte — war dann jedoch nicht mehr viel von diesem Zusam­men­halt zu spüren, kaum ein­er stützte die hanebüch­enen Beschrei­bun­gen des Angeklagten. Viel mehr blieb den Zeug_innen angesichts des deut­lichen Video­ma­te­ri­als, das im Laufe der Ver­hand­lung mehrfach vorge­spielt wurde, auch nicht übrig. Lediglich ein Beamter hal­luzinierte in sein­er Aus­sage einen antifaschis­tis­chen Lynch­mob her­bei, vor dem die Beamten die Nazis hät­ten schützen müssen. Die für den angeklagten Prügelpolizis­ten größ­ten­teils wenig hil­fre­ichen Aus­sagen der eige­nen Kolleg_innen lassen sich wohl vor allem mit dem nach den Protesten aufge­taucht­en und später von der Antifa Saar / Pro­jekt AK veröf­fentlicht­en, ein­deuti­gen Video­ma­te­r­i­al erk­lären. So erk­lärte der Anwalt des Opfers, der als Neben­kläger auf­trat, auch nach dem Prozess: „Wäre das Video nicht aufge­taucht, säße mein Man­dant auf der Anklage­bank “. Und so kam der höchst sel­tene Fall zus­tande, dass ein Beamter tat­säch­lich ein­mal für seine Gewalt­tat­en in Uni­form von einem Gericht verurteilt wird. Die Rich­terin fol­gte den Aus­führun­gen des Anwalts des Angeklagten, der Notwehr für seinen Man­dan­ten gel­tend machte, nicht, son­dern schloss sich stattdessen der Staat­san­waltschaft und Neben­klagev­ertre­tung an, die eine Verurteilung des Beamten forderten. Ob dieses Urteil bestand haben wird, wird sich in der Beru­fungsver­hand­lung am 10. Juli 2015 vor dem Saar­brück­er Landgericht zeigen.

Die saar­ländis­chen Beamten haben aus diesem Fall bere­its ihre eige­nen Lehren gezo­gen: mit­tler­weile gehen sie ver­mehrt gegen Leute vor, die antifaschis­tis­che Aktio­nen doku­men­tieren. So wurde ein Presse­fo­tograf nach der Kundge­bung gegen den poli­tis­chen Ascher­mittwoch der saar­ländis­chen NPD im Feb­ru­ar von Polizis­ten in der Saar­brück­er Innen­stadt „gestellt“, kon­trol­liert und ihm gedro­ht, soll­ten Bilder der einge­set­zten Beamten im Inter­net auf­tauchen, werde dies für ihn Kon­se­quen­zen haben. Auch bei den Protesten gegen den SaGe­Sa-Auf­marsch in Lebach am 18. Mai ließ sich beobacht­en, dass die einge­set­zten Beamten — übri­gens der sel­ben Ein­heit, der auch der Angeklagte ange­hörte — jegliche Form der Bild­doku­men­ta­tion des von ihnen errichteten Kessels gegen Antifaschist_innen zu unterbinden versuchten.