Etwa 200 Menschen versammelten sich am 18.01.2014 an der Saarbahn-Haltestelle Römerkastell zum Auftakt einer Demonstration zu der die Antifa Saar / Projekt AK aufgerufen hatte. Ursprünglich richtete sich die Demonstration gegen den geplanten Bundesparteitag der NPD in der Festhalle Schafbrücke. Nachdem ihr Vorhaben aber öffentlich gemacht wurde und die Initiative „Bunt statt Braun“ sowie die Antifa zu breiten Protesten und Blockadeaktionen aufriefen, kündigte die Stadt Saarbrücken den bereits im Dezember des Vorjahres geschlossenen Mietvertrag mit dem NPD-Ortsverband Schafbrücke und die NPD entschied sich nicht dagegen zu klagen, sondern den Parteitag in das thüringische Kirchheim zu verlegen.
Trotz der Absage wurde weiterhin zu der Demonstration mobilisiert, um die Machenschaften der Nazipartei in Saarbrücken ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren.Gegen 12.30 Uhr setzte sich die Demo dann Richtung Festhalle in Bewegung. Die Polizei hielt sich von Anfang an zurück und beschränkte sich auf die Regelung des Verkehrs. Mit Transparenten, Sprechchören und Flugblättern wurden auf dem Hinweg vor allem zahlreiche PKW-Fahrer_innen auf unser Anliegen aufmerksam gemacht. Als die Demo dann den bewohnten Teil von Schafbrücke erreichte, wurde immer wieder ein kurzer Redebeitrag verlesen, in dem die Bedeutung dieses Stadtteils für die NPD thematisiert wurde.
Dort befindet sich in der Birkenstraße nämlich der Wohnsitz des NPD-Generalsekretärs und Multifunktionärs Peter Marx und im gleichen Haus die Kanzlei des NPD-Anwalts Peter Richter, der die Partei auch im anstehenden Verbotsverfahren vertreten wird. Die Birkenstraße 5 dient auch als offizielle Adresse des saarländischen NPD-Landesverbandes. Und die städtische Festhalle in Schafbrücke dient bereits seit Jahren immer wieder sowohl für interne als auch öffentliche NPD-Veranstaltungen. „Berühmtheit“ erlangte sie, als dort 2009 ein Fernsehteam von Panorama auf einem sogenannten „Politischen Aschermittwoch“ der saarländischen NPD eine rassistische und antisemitische Hetzrede des mittlerweile amtierenden NPD-Bundesvorsitzenden Udo Pastörs filmen konnte und öffentlich machte. Zuletzt fanden dort noch im August 2013 eine „NPD-Sommeruniversität“ und im Dezember 2013 der NPD-Landesparteitag mit anschließendem Nazi-Konzert statt.
Gegen 13.30 traf dann die Antifa-Demo an der Festhalle in Schafbrücke ein, wo das Bündnis „Bunt statt Braun“ in der nun „nazifreien“ Festhalle zu einem Kulturfrühstück eingeladen hatte und zahlreiche Künstler_innen und Bands auftraten. Ein Sprecher des Bündnisses begrüßte die Antifaschist_innen mit den Worten „Schön, dass Ihr da seid!“ und es wurden Schnittchen und Kaffestückchen verteilt. Nachdem sich nun auch ein Großteil der Festhallen-Besucher_innen vor die Halle begeben hatte, wurden mehrere Redebeiträge gehalten.
Der Historiker Erich Später erläuterte die gesellschaftlichen Zusammenhänge, die vor 50 Jahren zu der Gründung der NPD führten und bezeichnete eine vor wenigen Tagen von allen Parteien des saarländischen Landtages gefasste Resolution gegen die NPD als Heuchelei, solange Vertreter genau dieser Parteien in der benachbarten Stadt Völklingen nicht dazu Willens sind, die nach dem Nazi Hermann Röchling benannte Röchling-Höhe umzubenennen.
Der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze erläuterte das Für und Wider des NPD-Verbots-Verfahrens und forderte dazu auf in Zukunft stärker an einem Strang zu ziehen, um gegen die Machenschaften der NPD effektiv vorzugehen.
Die Antifa Saar / Projekt AK kritisierte noch einmal die Vergabe der städtischen Räume an die Nazipartei und die bislang vorherrschende Strategie, solche Veranstaltungen gegenüber der Öffentlichkeit geheim zu halten. Darüber hinaus forderte sie dazu auf sich in den nächsten Monaten verstärkt gegen die NPD und ihren Europawahlkampf einzusetzen. Aber es wurde in dem Redebeitrag auch darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht nur darum gehen kann, gegen einige „Spinner vom rechten Rand“ zu demonstrieren, sondern darauf aufmerksam zu machen, dass Rassismus und Antisemitismus sowie die momentane Hetze gegen Sinti und Roma aus der Mitte der Gesellschaft heraus wachsen.
Gegen Ende durfte ein Vertreter der Stadt noch das Mikrofon ergreifen und er versprach, dass sich der bisherige Umgang der Stadt mit der NPD nun grundlegend ändern würde. Nach der Beendigung der Kundgebung demonstrierten etwa 100 Leute wieder zurück und zogen noch lautstark durch die Saarbrücker Innenstadt, während die andere Hälfte sich an dem Kulturfest von „Bunt statt Braun“ beteiligte bzw. den Heimweg antrat.
Auf dem Rabbiner Rülf Platz gab es dann noch eine kleine Abschlußkundgebung, auf der noch einmal der Redebeitrag der Antifa verlesen wurde und sich im Anschluß noch etwa 50 Antifaschist_innen an einer Transpiaktion gegen Antisemitismus auf der dortigen Freitreppe beteiligten. Gegen 16.30 wurde dann die Demonstration für beendet erklärt und nach diesen insgesamt fünf Stunden und Kilometer konnten sich auch die Letzten auf den Nachhauseweg machen.