Adornos Leninismus“

Vor­trag und Diskus­sion mit Lars Quad­fasel (Ham­burg)
Dien­stag, 04. Dezember
20.00 Uhr
Nauwieser­straße 19, 66111 Saarbrücken 

Sen­ti­men­tal und falsch unmit­tel­bar, eine Mis­chung von Sozialdemokratie und Anar­chis­mus”, urteilte Adorno ein­mal über Arbeit­en des Insti­tut­skol­le­gen Erich Fromm: “Ich würde ihm drin­gend rat­en, Lenin zu lesen.” Dessen Staat und Rev­o­lu­tion zählte er Wal­ter Ben­jamin gegenüber “zu dem tief­sten und mächtig­sten an poli­tis­ch­er The­o­rie”; und noch 1956 koket­tierte er im Gespräch mit Horkheimer mit der Idee eines neuen, “streng lenin­is­tis­chen Manifests”. 
Diese bolschewis­tis­che Emphase, die so gar nicht zum dezi­dierten Kri­tik­er der sow­jetis­chen “Fron­vögte” zu passen scheint, läßt sich leicht als biographis­ches Kurio­sum abtun. Nur ste­ht in Adornos Aufze­ich­nun­gen und Briefen der Name Lenin ger­ade nicht für ‘Marx­is­mus-Lenin­is­mus’, nicht also für Dia­mat, Pro­letkult und den Glauben an ‘his­torische Geset­zmäßigkeit­en’ – son­dern, wie in den Debat­ten der Jahre nach 1917 üblich, für das genau Ent­ge­genge­set­zte: für den Bruch mit dem sozialdemokratis­chen Deter­min­is­mus und für das Miß­trauen gegenüber einem sich aus den Ver­hält­nis­sen natur­wüch­sig entwick­el­nden pro­le­tarischen Klassen­be­wußt­sein. Seinen pro­gram­ma­tis­chsten Aus­druck find­et das in der Kri­tik an Ben­jamins Auf­satz über “Das Kunst­werk im Zeital­ter sein­er tech­nis­chen Repro­duzier­barkeit”, in der Adorno, mit Lenin als Gewährs­mann, gegen dessen “anar­chis­tis­che” Züge zu Felde zieht. Was in dieser Kon­tro­verse ver­han­delt wird, ist alles andere als bloß the­o­riegeschichtlich von Bedeu­tung: das Ver­hält­nis von Kun­st, Erken­nt­nis und Pro­duk­tivkraften­twick­lung; das Ver­hält­nis der Intellek­tuellen zu den pro­le­tarischen Massen wie das der pro­le­tarischen Massen zur geschichtlichen Wahrheit; kurz: wie Kri­tis­che The­o­rie es ver­mag, “den gesellschaftlichen Hebelpunkt zu ent­deck­en und zu nutzen”, um “mit min­i­maler Kraft die uner­meßliche Last des Staates zu heben” (Adorno). Es spricht Lars Quad­fasel (Ham­burg), assozi­iert der Ham­burg­er Stu­di­en­bib­lio­thek (http://studienbibliothek.org/) und der Gruppe Les Madeleines (http://lesmadeleines.wordpress.com/).

Eine gemein­same Ver­anstal­tung der Linksju­gend Saar, Antifa Saar/Projekt AK und der Hein­rich-Böll-Stiftung Saar.