Die extreme Rechte in Frankreich – ein Überblick
mit Bernard Schmid (Paris)
Freitag 27. Mai 2011 — 20.00 Uhr
N.N. Nauwieser Straße 19, Saarbrücken
Noch keine vier Jahre ist es her, dass diese Partei weitgehend totgesagt war: Seit 25 Jahren bei lokalen und überregionalen Wahlen erfolgsgewöhnt, war der extrem rechte Front National (FN) plötzlich in ein tiefes Loch gefallen. Nachdem seine Wahlergebnisse auf frankreichweiter Ebene über ein Jahrzehnt lang rund um die 15 Prozent lagen, erhielt er bei den Parlamentswahlen im Juni 2007 nur noch 4,3 % der Stimmen. Dadurch wurde auch eine Finanzkrise der Partei ausgelöst, da die staatliche Parteienfinanzierung in Frankreich sich nach den Parlamentswahlergebnissen der unterschiedlichen politischen Kräfte richtet.
Der neue Held für viele rechte Wähler_innen hieß Nicolas Sarkozy. Doch das neue „Idyll“ währte nicht lange. Seit dem Winter 2009/10 kippt diese Situation zunehmend um. Seitdem Marine Le Pen im Januar 2011 zur neuen Parteivorsitzenden des FN gewählt wurde, gibt es scheinbar kein Halten mehr. Alle Umfragen bescheinigen der neuen Chefin des FN zwei Monate später, dass sie bei der Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2012 in die Stichwahl (an der nur zwei KandidatInnen teilnehmen können) einziehen wird; prognostiziert wurden ihr ein gutes Jahr zuvor bis zu 24 Prozent der Stimmen. Bei den Bezirksparlamentswahlen im März dieses Jahres erhielten die Kandidaten des FN im ersten Durchgang durchschnittlich 19,2 %, und in den Stichwahlen – dort, wo sie antreten konnten – steigerten sie sich im Schnitt auf 35,5 %. Sorgen darüber, durch die neue Dynamik auf der Rechten abgehängt zu werden, muss sich derzeit eher Nicolas Sarkozys UMP machen. Hinter den Kulissen tobt dort bereits der Streit um eventuelle Annäherungen an den Front National.
Doch jenseits der aktuellen Dynamik möchten wir auch die wechselhafte Geschichte dieser, im Oktober 1972 gegründeten, Partei durchleuchten. Welche Orientierungen hat sie in diesen vier Jahrzehnten ihrer Existenz verfolgt, welche hat sie aufgegeben, welche Kernelemente ihres Diskurses oder ihrer Programmatik hat sie stets beibehalten? Wie ist ihre Anhänger- und Wählerschaft in sozialer Hinsicht zusammengesetzt? Welche Verbindungslinien bestehen zu historischen Strömungen der extremen Rechten oder zu weiteren ideologischen Kristallisationspunkten (katholischer Fundamentalismus, rechtes Neuheidentum, Monarchismus, nationalrevolutionäre Ideologie…)? Und welche extrem Rechten Organisationen bestehen noch darüber hinaus?
Der Vortrag findet statt als Eröffnunsgveranstaltung der Tagung „Deutsch-französische Kameradschaft – Die extreme Rechte in Elsass-Lothringen und ihre Bedeutung für Neonazis in der Grenzregion“. Weitere Informationen unter www.crithink.de und www.boell-saar.de
Veranstalter_innen: Heinrich-Böll-Stiftung Saar, Heinrich-Böll-Stiftung Rheinland-Pfalz und CriThink! e.V in Kooperation mit der Antifa Saar / Projekt AK.