Zum 70.Jahrestag der “Saarabstimmung”
Am morgigen Donnerstag jährt sich die Volksabstimmung über die Zugehörigkeit des Saargebietes zum 70. Mal. Die Erinnerungskultur im Saarland bewegt sich noch immer zwischen einer Glorifizierung der Parole “Hemm ins Reich” und völligem Verkennen von Ursache und Wirkung im Kriegsgeschehen an der Saar.
Über 90 Prozent der WählerInnen votierten an jenem 13.Januar 1935 für den Anschluss der Saar an das nationalsozialistische Deutschland. Die NSDAP regierte bereits seit 2 Jahren im Deutschen Reich; die Konsequenzen, die eine Rückgliederung der Saar an Deutschland bedeuten würde, waren klar und, dem Wahlergebnis nach zu urteilen, vom Großteil der Bevölkerung gewollt. Vernunft hatte gegen diese nationalistische Einstimmigkeit keine Chance, die antifaschistische Einheitsfront aus SPD und KPD und ihre Forderung nach Beibehaltung des “Status quo” unterlagen in der Abstimmung deutlich: nur 8,8% der WählerInnen entschieden sich für den Status Quo und gegen Nazideutschland.
Während heutzutage die Erinnerung an den Widerstand gegen den Anschluss an den Nationalsozialismus nur noch in Nischen stattfindet (an den Sozialdemokraten und Antifaschisten Max Braun erinnert z.B. nur eine kleine Seitenstraße in einem Saarbrücker Wohngebiet) und die ausschließlich positive Erinnerung an das Ergebnis der Saarabstimmung, z.B. durch die “Straße des 13.Januar” und die Gedenktafel an der Saarbrücker Wartburg weiterhin unkommentiert stehen bleibt, bricht im Zuge des 60. Jahrestages der Bombardierung von Saarbrücken durch alliierte Luftstreitkräfte im Oktober letzten Jahres eine weitere Form spezifisch deutscher Erinnerung durch. Die Täter von damals werden zu Opfern eines völlig aus dem Zusammenhang des übrigen Kriegsgeschehen gerissenen “Bombenkrieges” stilisiert. Dabei wird bewusst außen vorgelassen, dass gerade Ereignisse wie die Saarabstimmung und ihre Folgen, nämlich die Errichtung des nationalsozialistischen Vernichtungsapparates und die Auslöschung jüdischen Lebens auch im Saarland, die Bombardierungen deutscher Großstädte und die daraus resultierende Zerschlagung des Nationalsozialismus notwendig gemacht haben.
Die Antifa Saar / Projekt AK fordert ein Ende der einseitigen Erinnerungskultur im Zusammenhang mit dem 13.Januar 1935 und eine angemessene Würdigung der wenigen Antifaschisten, die sich bis zuletzt und teilweise unter Einsatz ihres Lebens gegen den Anschluss der Saar an das nationalsozialistische “Deutsche Reich” gewehrt haben.
Wir schließen uns der Forderung der AKTION 3.WELT SAAR vom 08.Januar 2005 nach einer Platzbenennung nach dem Sozialdemokraten Max Braun an.
Antifa Saar / Projekt AK