Saarbrücker Zeitung vom 24.09.2004
Neunkirchen, es reicht!
Auf Initiative des Jugendzentrums Neunkirchen fand gestern Nachmittag auf dem Stummplatz eine Protestkundgebung gegen die jüngste Schändung des jüdischen Friedhofs in der Hermannstraße statt. Rund 350 Menschen kamen.
Neunkirchen. Angst vor einem Wiedererstarken des Antisemitismus kennzeichnete die gestrige Protestkundgebung auf dem Stummplatz. Anlass war die jüngste Schändung des jüdischen Friedhofs in der Hermannstraße, bei der 19 Gräber brutal verwüstet worden waren (wir berichteten).
Thomas Schmitt vom Jugendzentrum verwies in seinem Redebeitrag darauf, dass der jüdische Friedhof in Neunkirchen innerhalb von neuen Monaten zwei Mal geschändet worden sei. Umso betroffener mache dies vor dem Hintergrund des Abschneidens der rechtsgerichteten NPD bei der Landtagswahl — in Neunkirchen 5,6 Prozent — und zahlreichen Nazi-Schmierereien in Hangard an Pfingsten. Er beklagte ein gesellschaftliches Klima, “in dem Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus und Deutschtümelei wieder heranwachsen und hoffähig werden”, und warnte eindringlich vor den Folgen. Auch Toni Holweck vom der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes beschwor das Gespenst eines neu erstarkten Antisemitismus.
“Neunkirchen, es reicht!”, rief der Vorsitzende der Synagogengemeinde Saar, Richard Borg, den Anwesenden zu. Er zog “eine düstere Bilanz für Neunkirchen” indem er auflistete, dass der jüdische Friedhof seit 1971 bereits zehn Mal geschändet wurde. “Kommt euren Bürgerpflichten nach. Erzieht eure Kinder so, dass sie Respekt vor den Menschen haben, den lebenden und den toten”, appellierte er. Musikalisch umrahmt wurde die Kundgebung von der Gitarristin Gaby Klees.