Kritik an Gerichtsverhandlung und Polizeieinsatz
Deutliche Kritik haben die ProzessbeobachterInnen der Antifa Saar, die den Prozess gegen den Neonazi Carlos Neu am Saarländischen Landgericht gestern und heute verfolgten. Höhepunkt des Prozesses und der Gerichtsverhandlung, im Rahmen derer konstant versucht wurde eine “fremdenfeindliche” Motivation für den Mord an Ahmed S. auszublenden, stellten das heutige Gerichtsurteil und insbesondere dessen Begründung dar. Bezeichnend und skandalös ist zudem die Tatsache, dass nach Urteilsverkündung im Gerichtsaal und später auf dem Gelände mit massivem Polizeiaufgebot gegen BesucherInnen und trauernde Angehörige vorgagangen wurde.
Schon im Vorfeld des Prozesses wurde deutlich, dass dieser Prozess von seiten der Staatsanwaltschaft entpolitisiert werden sollte. Die massive Kritik, die an den saarländischen Sicherheitsbehörden nach dem Mord an Ahmed S. in der Öffentlichkeit laut wurde, sollte untergraben und der rassistisch motivierte Mord in eine unpoltische Tat verwandelt werden.
Bereits in der Vergangenheit gelangten immer wieder Meldungen darüber in die Öffentlichkeit, wie offizielle Stellen versuchen Gewalttaten militanter Nenazis im Saarland zu verschleiern und zu vertuschen. Verschleiert und verharmlost wurde auch die Rolle von Carlos Neu als Mitglied einer Neonazigruppe, welche schon in den Jahren zuvor durch regelrechte Hetzjagden auf Nichtdeutsche während des Sulzbacher Salzbrunnenfest auffiel. Nicht thematisiert wurde die Rolle der sogenannten “Freien Kameradschaften”, also Gruppen von militanten Rechten, welche sich im Saarland in verschiedenen Regionen zusammenschließen, um bestimmte Gegenden, wie beispielsweise Markplätze etc. zu national befreiten Zonen zu erklären und dies auch militant zur Umsetzung führen. Stattdessen wurde ein rassistisch motivierter Mord geschickt in eine “Kirmesschlägerei” mit Todesfolge umgewandelt und somit der Höhpunkt einer staatlichen Politik der Bagatellisierung rechter Gewalt im Saarland erreicht. Wohlwissend, dass die Angehörigen und ZuschauerInnen des Prozesses diesen Skandal nicht ohne Protest hinnehmen würden, wurde die vierstündige Verhandlungspause bis zur Urteilsverkündung genutzt, um massiv Polizeikräfte in das Gerichtsgbäude zu entsenden, die jedweiligen Protest verhindern sollten. Neben der Präsenz von rund zehn Justizvollzugsbeamten und 12 Bereitschaftspolizisten im Gerichtsaal, waren verdeckt weitere 50 Polizisten ‑darunter Bereitschaftspolizei, behelmtes Sondereinsatzkommando, Zivilfahnder, Staatsschutzbeamte sowie Polizeihundestaffel und ein Polzeivideodokumentationstrupp- vor Ort. Nach Ende der Gerichtsverhandlung protestierten einige Anwesende lautstark gegen dieses Urteil, worauf hin oben genannte Einsatzkräfte gegen die Menschen, darunter auch Freunde sowie die trauernden Familienanghörigen körperlich vorgingen und versuchten diese ruhig zu stellen. Weitere BesucherInnen und ProzessbeobachterInnen wurden unter Einwirkung körperlicher Gewalt aus dem dem Gebäude gedrängt.
Die Antifa Saar protestiert auf‘s Heftigste gegen den durchgeführten Polizeieinsatz und appeliert an MedienvertreterInnen und den Rest einer kritischen Öffentlichkeit, nicht schweigend hinzunehmen, dass Taten rechter Gruppierungen oder Personen bagatellisiert oder entpolitisiert werden.
ANTIFA SAAR