Der Neonazi Julian Stolz arbeitet seit dem Sommer 2016 im „Gasthaus im Viertel“ in der Saarbrücker Blumenstraße. Er war in den vergangen Jahren einer der umtriebigsten Aktivisten im Umfeld von NPD1 und der Neonazi-Organisation „Saarländer gegen Salafisten“ („SageSa“)2. Auf Demonstrationen und Kundgebungen fiel Stolz wiederholt als gewaltbereit auf und war an Übergriffen auf politische Gegner beteiligt.
Der 20-jährige Julian Stolz hatte vor seiner Tätigkeit als Theker im „Gasthaus im Viertel“ bereits in der Gastronomie gearbeitet – und zwar in der Kneipe der bekannten Saarbrücker Nazi-Wirtin Jaqueline Süßdorf. Hier wurde auch gerne mal auf den Geburtstag Adolf Hitlers angestoßen oder Honigwein des mittlerweile wegen des Vorwurfs der Bildung einer terroristischen Vereinigung in U‑Haft sitzenden Nazi-Druiden Burghard Bangert verköstigt.3 Süßdorf ist Vorsitzende des NPD-Ortsvereins Saarbrücken-Burbach und kandidierte zur Bundestagswahl bereits für die NPD. Sie hatte ihre Nazi-Kneipe „Jacky‘s“ zuletzt schließen müssen.
Julian Stolz nahm an mehreren Nazidemonstrationen und ‑kundgebungen im Saarland teil. Auf einer Demonstration der von dem Neonazi Sascha Wagner angeführten „Saarländer gegen Salafisten“ trat Stolz als Redner auf. Auf der Demonstration von „SageSa“ am 13.04.2015 ist er neben Jaqueline Süßdorf in erster Reihe zu sehen. Wiederholt fiel Julian Stolz auf Veranstaltungen der saarländischen Naziszene besonders durch seine Gewaltbereitschaft auf. Er war mehrmals an Angriffen auf Gegendemonstranten beteiligt.
Am 19. Dezember 2016 trat Julian Stolz zuletzt öffentlich in Erscheinung, als er gemeinsam mit anderen gewaltbereiten Neonazis, u.a. Christian Klesner (Hooligan-Szene) und Peter Jung („SageSa“) auf einer Demonstration des ebenfalls von Jaqueline Süßdorf initiierten extrem rechten „Bündnis Saar“ Gegendemonstranten anpöbelte. Somit betätigte sich Stolz noch aktiv als Nazi, als er auch schon im „Gasthaus im Viertel“ arbeitete. Zum Ausdruck seiner Gesinnung trägt Julian Stolz nach wie vor die Tätowierung „Stolz und Ehre“.
Nachdem eine Bewohnerin des Nauwieser Viertels darauf aufmerksam wurde, dass einer der gewaltbereiten Nazis aus dem Dunstkreis von „SageSa“ und NPD in einer Kneipe in ihrer Nachbarschaft arbeitet, wurde der Besitzer des „Gasthaus im Viertel“ auf die Aktivitäten von Stolz aufmerksam gemacht. Er nahm daraufhin zur Antifa Saar / Projekt AK Kontakt auf und behauptete, dass Julian Stolz kein Nazi mehr sei. In einem Brief antwortete die Antifa Saar / Projekt AK ausführlich und legte die Bedingungen eines glaubwürdigen Ausstiegs aus der Naziszene dar. Es ist eben nicht hinreichend, nur zu behaupten, man distanziere sich nun von der Naziideologie.
Aufhören ist nicht Aussteigen4
So gibt es viele Gründe für Nazis, ihrer Szene den Rücken zu kehren, ohne dass damit eine Abkehr von der neonazistischen Ideologie einhergehen muss, zum Beispiel ein drohender Verlust des Arbeitsplatzes oder ein neuer Lebensabschnitt mit neuer Freundin oder die Geburt eigener Kinder. Manche Nazis verkünden öffentlich ihren „Ausstieg“, um den Druck durch Antifaschist_innen auf sie zu verringern oder sie erhoffen sich Vorteile in einer bevorstehenden Gerichtsverhandlung. Von einem Ausstieg kann hier jedoch nicht gesprochen werden, sondern viel mehr von einem Abtauchen oder Rückzug. Bei Julian Stolz treffen gleich mehrere Punkte zu, die nahe legen, dass es sich um einen unglaubwürdigen Rückzug handelt. So wurde er Vater eines Kindes und hat eben einen Job gefunden, den er zu behalten versucht.
Neonazis haben sich in ihrem Leben irgendwann bewusst dazu entschlossen, eine rassistische, antisemitische und neonazistische Politik zu betreiben. Wenn jemand, der sich als aktiver Nazi betätigte, im Laufe einer Entwicklung mit seiner menschenverachtenden Ideologie brechen will, so muss der Bruch im Vordergrund stehen und nachvollziehbar sein. Es muss deutlich gemacht werden können, dass die betroffene Person von sich aus ihre Ideologie als in allen Punkten falsch, menschenverachtend und nicht mehr länger vertretbar erkennt. Ein Ausstieg bedeutet also, einen langen schwierigen Prozess einer ideologischen Entwicklung durchzumachen, an dessen Ende nur die Konsequenz bleibt, sich selbstverständlich und konsequent gegen seine ehemaligen „Kameraden“ zu stellen. Hierzu zählt auch, offen Position gegen die extreme Rechte zu beziehen und eine Auseinandersetzung über begangene Taten zu suchen.
In einem Brief an den Betreiber des „Gasthaus im Viertel“ wurden die Kriterien für einen glaubwürdigen Ausstieg klar benannt und Stolz aufgefordert, sich entsprechend zu offenbaren. Bis heute gibt es überhaupt keine Reaktion von Stolz‘ Seite, die auch nur ansatzweise darauf hindeutet, dass er aus der Naziszene ausgestiegen sein könnte. Ganz im Gegenteil: Julian Stolz hält nach wie vor Kontakt zu seinen „Kameraden“, so zum Beispiel zu Christian Klesner, der noch am 17.06.2017 in Burbach an mehreren Angriffen auf Gegendemonstranten während einer NPD-Kundgebung beteiligt war.
Outing im Viertel
Nachdem Stolz weiterhin unbeeindruckt seiner Tätigkeit als Theker nachging, wurde von Antifaschist_innen im Mai mehrere Flyer im Nauwieser Viertel verteilt, auf denen Julian Stolz als Nazi geoutet wurde. Eine Kopie wurde der Antifa Saar / Projekt AK zugespielt. Die Antwort des „Gasthaus im Viertel“ darauf war ein Aushang im Fenster. Das Outing wird als „undifferenzierter Angriff“ gegen „ein jüngeres Mitglied unseres Teams“ bezeichnet. Julian Stolz habe „als Teenager Kontakte zur Rechten Szene“ gehabt und sei lediglich „mitgelaufen“.
Der Vorwurf des „undifferenzierten Angriffs“ gegen die Urheber des Flugblatts kann aus Sicht der Antifa Saar / Projekt AK nur zurückgewiesen werden: Auf dem Flugblatt fanden sich umfangreiche, äußerst differenzierte Informationen zu den Naziaktivitäten von Stolz, die auch wir bestätigen können. Dass er sich lediglich „als Teenager“ als Nazi betätigt habe, soll suggerieren, dass dies schon lange her sei – eine allzu hilflose Argumentation in Anbetracht der Tatsache, dass er mit seinen 20 Jahren gerade erst wenige Monate dem Teenageralter entwachsen ist. Von „Mitlaufen“ kann in Anbetracht der Aktivitäten von Stolz schon gar keine Rede sein. Eine derartige Verharmlosung des Treibens von Nazis wie Stolz ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer, die unter dessen Übergriffen zu leiden hatten. Weiter heißt es, dass er aus seiner Betätigung als Nazi „nie ein Geheimnis gemacht“ habe und er „offen damit umgegangen“ sei. Was daran auch noch gut sein soll, erschließt sich dem Leser und potentiellen Gast nicht. Die Aussage, er habe sich „von dieser Szene distanziert“, ist bereits oben hinlänglich widerlegt worden.
Kein Viertel den Nazis! Keine Nazis im Viertel!
Die Antifa Saar / Projekt AK begrüßt den Ausstieg von Neonazis. Ein Ausstieg muss aber zwingend glaubhaft erfolgen. Behauptungen, Julian Stolz habe sich von seiner menschenverachtenden Ideologie und seinen Nazifreunden distanziert, sind nichts als Schutzbehauptungen, um seinen Job im „Gasthaus im Viertel“ nicht zu verlieren. Sein Arbeitgeber ist diesen Lügen wohl allzu leichtgläubig aufgesessen. Somit bleibt unsere Forderung unmissverständlich: Nazis wie Julian Stolz haben im Viertel nichts verloren!
1https://antifa-saar.org/2017/03/01/recherche-info-die-npd-im-saarland/
2https://antifa-saar.org/2016/03/03/sagesa/
3https://antifa-saar.org/2017/01/26/rechtes-terrornetzwerk-um-burghard-bangert-auch-bekannt-als-luegen-gandalf-aufgeflogen-enge-kontakte-ins-saarland-sind-belegt/
4https://www.antifainfoblatt.de/artikel/aussteiger‑r%C3%BCckzieher-aufh%C3%B6rer-austreter