Tagesseminar mit Joachim Bruhn (Initiative Sozialistisches Forum)
Samstag, 04. August
Saarbrücken, Futterstraße 17–19
Um Anmeldung wird gebeten (Anmeldungen an: info@crithink.de)
Es gibt einen Reader, der als Grundlage des Seminares dienen soll. Dieser kann hier heruntergeladen werden.
Dass die Wirtschaft nach ewigen Gesetzen funktioniert, gilt als allgemein ausgemacht. Sie soll unser Schicksal sein, das wir nur akzeptieren können und dem wir uns fügen müssen. Als genau so ausgemacht gilt, dass die Politik im – Gegensatz zur Wirtschaft – das Reich unserer Freiheit sei. Wer sich einbringe, könne auch was gestalten. Und deswegen solle, wer sich beschwert, gefälligst auch sagen, wie er oder sie es besser machen würde. Und so scheint es nur selbstverständlich, dass wer etwas an der Wirtschaft auszusetzen hat, nach dem Staat ruft und dieser, wenn dann doch mal etwas an ihm ausgesetzt wird, wiederum auf die wirtschaftlichen Zwänge verweist.
Wie sich die Gesellschaften, in denen kapitalistische Produktionsweise herrscht, in Staat und Kapital teilen, zerfallen die Individuen, die in ihnen ihr Leben fristen, in Bourgeois und Citoyen. Ständig zerrissen, einerseits ihre eigene wirtschaftliche Stellung und ihre privaten Interessen zu verfolgen und andererseits sich in den Staat einzudenken, sich als bloßes Exemplar des ordentlichen Staatsbürgers bzw. der ordentlichen Staatsbürgerin zu denken. In diesem ständigen Hin und Her zwischen politischen Gestaltungswillen und staatlichem Gewaltmonopol einerseits und freiem Markt und der Despotie von Fabrik und Büro andererseits liegt der objektive Irrsinn dieser gesellschaftlichen Verhältnisse. So objektiv irrsinnig sie sind, so sind sie doch irrsinnigerweise objektiv, d.h. gesellschaftlich gültig.
In dem Tagesseminar wollen wir uns zusammen mit unserem Referenten und einigen Texten mit dem Verhältnis von Kapital und Staat auseinander setzen. Davon ausgehend soll ein Blick auf das geworfen werden, was in Deutschland seit Ferdinand Lassalle als Links auftrumpft. Denn in dessen Agitation für den „Volksstaat“, dem Gerede des Marxisten-Leninisten vom „Staat des ganzen Volkes“ und der Forderung einer “Politik für alle” eines Oskar Lafontaine kommt die Ideologie der Politik an ihr Ende: in der Vorstellung der Einheit von Bürger und Staat — der Volksgemeinschaft, in der Idee, die Souveränität sei das Instrument der gesellschaftlichen Selbstbestimmung und das System des Befehlens und Gehorchens wäre, nur recht auf Gemeinwohl getrimmt, schon die Freiheit selbst. Die marxsche »Kritik der politischen Ökonomie« dagegen tritt auf als Kritik der politischen Ökonomie, die von Anfang an die Einheit von Ökonomie und Politik, von Basis und Überbau, von Kapital und Souveränität darstellt: in der Form der Kritik. Alle Kategorien dieser Kritik sind ökonomisch und politisch zugleich. Insofern sie aus der vermittelten Identität von Ausbeutung und Herrschaft entspringen, gilt die Souveränität als nur eine, wenn auch die gegenwärtige Form der Knechtschaft. Als Kritik, die dem kategorischen Imperativ folgt, die Spaltung der Gattung in die wesentliche und in die überflüssige Menschheit aufzuheben, zielt sie nicht auf die Aufhebung, sondern auf die Abschaffung des Staates.
Es spricht Joachim Bruhn (Freiburg), Co-Autor u.a. „Das Konzept Materialismus“ der Initiative Sozialistisches Forum (ça ira-Verlag). www.ca-ira.net
Die Veranstaltung findet in den Lokalitäten der Peter-Imandt-Gesellschaft (Futterstraße 17–19, 66111 Saarbrücken) statt und wird von folgenden Veranstalter_Innen getragen: Marburger Zustände, CriThink! e.V., Antifa
Saar / Projekt AK, Peter-Imandt-Gesellschaft und Heinrich Böll Stiftung Saar, Lesekreis zur Kritischen Theorie in Saarbrücken.