Seit dem 17. Januar diesen Jahres ist klar, dass die NPD zwar eine verfassungswidrige aber wegen ihrer Bedeutungslosigkeit dennoch legale Partei ist. Im Saarland ist die NPD trotz bundesweit sinkender Mitgliederzahlen sowie zahlreicher Skandale und Querelen eine bedeutende Kraft innerhalb der extremen Rechten. Sie kämpft aktuell darum, bei den kommenden Landtagswahlen die 1%-Marke zu überspringen, um von der Wahlkampfkostenerstattung zu profitieren. Ferner wollen Akteure der Saar-NPD im März ihren Bundesparteitag im Saarbrücker Schloss durchführen. Im Hinblick auf den Landtagswahlkampf hat die Partei innerparteiliche Gräben vorläufig überbrückt und neue Unterstützer rekrutiert. All dies nehmen wir zum Anlass, die Partei mit dieser Recherche-Info näher unter die Lupe zu nehmen.
Pleiten, Pech und Pannen?
Bereits seit mehreren Jahren kommt es innerhalb der saarländischen NPD immer wieder zu Skandalen und Querelen, die die Partei bis zuletzt stark in ihrer Handlungsfähigkeit einschränkten. So wurde bereits Ende des Jahres 2014 nach Auseinandersetzungen um Sascha Wagner von mehreren ehemaligen Mitgliedern des Landesvorstandes der NPD eine saarländische Sektion der Partei „die Rechte“ gegründet.1 Wagner war zuvor schon aus dem NPD Kreisverband Westpfalz um Ricarda Riefling und Markus Walter wegen interner Streitigkeiten verstoßen worden. Damals ging es auch darum, dass Wagner seine Stieftöchter mehrfach misshandelt hatte.2 Im Saarland hatte Wagner seit Ende des Jahres 2014 mit Unterstützung des Landesverbands und der rechten Kleinstpartei „Freie Bürger Union“ (FBU) die NPD-Tarnorganisation „Saarländer gegen Salafisten“ (SageSa) aufgebaut.3 Damit wollte Wagner an die Erfolge der Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“ (HogeSa) vom 26. Oktober 2014 in Köln anknüpfen und eine Mobilisierung der rechten Hooliganszene im Saarland erreichen.4 Eine tatkräftige Unterstützung erfuhr Wagner zunächst durch Jacqueline Süßdorf, NPD-Kandidatin für die Landtagswahl und Vorsitzende des NPD-Ortsverbands Saarbrücken-Burbach. Dies änderte sich, nachdem Wagner Süßdorf nach einer von ihr anlässlich des Geburtstags von Adolf Hitler am 20. April 2015 veranstalteten Party öffentlich denunzierte.5 So hieß es beispielsweise am 19. Mai 2015 in einem inzwischen gelöschten Beitrag auf der Webseite der „SageSa“, dass, wer am 20. April „Frühlingsfeste“ feiere, „intellektuell desorientiert oder ein Provokateur vom Geheimdienst“ sei. Die von Wagner initiierte Auseinandersetzung endete schließlich mit der Spaltung von „SageSa“ und der Gründung der als Bürgerbündnis getarnten Gruppe „Bündnis Saar“ durch Süßdorf und Michael Bütikofer. In der darauf folgenden Zeit verloren beide Gruppierungen an Zulauf und dadurch auch an Bedeutung.
Doch Wagner und Süßdorf sind nicht die einzigen, die sich innerhalb des Landesverbandes gegenseitig attackieren. Auch zwischen Markus Mang und dem Landesvorsitzenden Peter Marx gibt es seit Jahren beachtliche Spannungen. So bezeichnete Mang beispielsweise Peter Marx im Nachgang zu zwei von „Bündnis Saar” und „SageSa” durchgeführten Kundgebungen gegen einen Besuch von Angela Merkel am 23. Oktober 2015 auf Facebook als „Schwein“ und „Denunzianten“. Die Auseinandersetzungen waren so heftig, dass sie zur faktischen Spaltung des Landesverbandes führten. Auf der einen Seite entstand ein Flügel um Süßdorf mit “Bündnis Saar”, Mang, Riefling, Walter und die Partei „die Rechte“. Auf der anderen Seite standen unter anderem Marx, Wagner mit “Sagesa”, Peter Richter6 und Janine Walk7. Es entstand ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis zwischen beiden Parteiflügeln, das im Spätsommer des Jahres 2016 durch einen Streit zwischen Mathias Meyer, einem Aktivisten der Partei „die Rechte“, und Süßdorf verschoben wurde. Im Rahmen des Streits, der seinen Ursprung in politischen Differenzen hatte,8 kam es fast zu körperlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Naziszene. Nach dieser Episode zerbrach die Partei „die Rechte“ bis Ende 2016 fast vollständig. Im Gegensatz dazu schaffte es die Saar-NPD, ihre internen Streitigkeiten im Hinblick auf die Landtagswahl am 26. März 2017 zumindest oberflächlich beizulegen. So fand bereits am 17. November 2016 eine gemeinsame Kundgebung von „Bündnis Saar“ und „SageSa“ gegen einen Besuch von Angela Merkel an der Kongresshalle in Saarbrücken statt. Dem Landesvorsitzenden Marx gelang es auch, die stark angeschlagene Personalstruktur zumindest notdürftig mit neuen Aktivisten zu ergänzen und die Partei für den Wahlkampf in Stellung zu bringen. Dazu akquirierte er den eigentlich bei der FBU aktiven ehemaligen NPDler Harry Kirsch aus Völklingen. Kirsch, der sich selbst gerne als Organisationstalent innerhalb der NPD darstellt, hatte Marx schon in zahlreichen Wahlkämpfen tatkräftig unterstützt. Weiteres Personal konnte Marx im NPD-Kreisverband West um Michael Bausch rekrutieren. So sind sowohl der stellvertretende Kreisvorsitzende Jörg Bartel als auch die Beisitzerin Sandra Gier an prominenter Stelle auf der Landesliste für die kommende Wahl vertreten.
Rechter Terror
Der Nationalsozialismus, wie er auch von der NPD Saar verfolgt wird, ist eine mörderische Ideologie, die zwangsläufig die Vernichtung von Menschen zum Ziel hat. Dass die Unterschiede zwischen denen, die von der Auslöschung reden und jenen, die bereits erste Schritte zur Umsetzung in die Wege leiten, marginal sind, lässt sich exemplarisch an den Kontakten von Süßdorf zeigen. In ihrer inzwischen geschlossenen Kneipe verkehrten mit Detlef Walk und Andreas Werner Fröhlich nicht nur Kader der Kameradschaft „Nationaler Widerstand Zweibrücken“, sondern auch Mitglieder der seit dem 10. Februar 2016 verbotenen Neonazi-Vereinigung „Weisse Wölfe Terrorcrew“ (WWT).9 Doch damit nicht genug: Auch zu dem Nazi-Druiden Burkhard Bangert, der zur Zeit wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung in U‑Haft sitzt, pflegten Süßdorf und weitere Mitglieder des Landesverbandes engen Kontakt.10 So belieferte der Mann, der als Kopf der Terrorzelle gehandelt wird, Süßdorfs inzwischen geschlossene Kneipe in Saarbrücken Burbach mit selbst gemachtem Met. Ob er seine Kameraden an der Saar noch mit anderen Dingen versorgte, ist bislang nicht öffentlich bekannt. Auch nach seiner Verhaftung sah Süßdorf keinen Grund, sich zu distanzieren. Stattdessen schrieb sie unter Bezugnahme auf entsprechende Presseberichte auf einem ihrer Facebook-Profile: „[…] Burgos Met ist wirklich eine Köstlichkeit […] und Burgos ist richtig super drauf. Ich mag ihn […]“.
Das Saarland als rechte „Homezone“
Sowohl das Engagement saarländischer NPD-Kader für die Partei auf Bundesebene als auch zahlreiche durchgeführte Veranstaltungen und der Aufenthalt auswärtiger Nazis wie Bangert im Saarland belegen: Das Bundesland wird für die Naziszene immer wichtiger und attraktiver. Die wichtigste Position innerhalb der Bundes-NPD, den Parteivorsitz, hat mit Frank Franz ein Saarländer inne. Rechtsanwalt Richter hat die Partei nicht nur im zweiten NPD-Verbotsverfahren vertreten, sondern vertritt NPD-Aktivisten im gesamten Bundesgebiet. Die notorische Fake-News-Lügnerin Süßdorf verbreitet mit ihren zahlreichen Profilen und Seiten auf Facebook rechte Ideologie bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Dass diese Hetze nicht nur virtuell stattfindet, belegen zahlreiche Auftritte als Rednerin im gesamten Bundesgebiet, wie etwa am 26. Juni 2016 in Linnich beim Aufmarsch des Bündnisses “Wir lieben Sachsen/Thügida”. Doch es bleibt nicht bei Besuchen außerhalb des Saarlandes. So ist zum Beispiel der Europaabgeordnete und frühere Parteivorsitzende der NPD Udo Voigt regelmäßig im Saarland zu Gast. Des Weiteren findet seit Jahren mit der „NPD Sommeruniversität“ eine parteiinterne Konferenz mit bundesweiter Bedeutung in Saarbrücken statt und schon im Jahr 2014 wollte die NPD ihren Bundesparteitag in einer städtischen Festhalle in Saarbrücken-Schafbrücke durchführen. Was damals wegen der Inkompetenz von Marx bei der Anmeldung scheiterte, soll nun am 11. März im Saarbrücker Schloss, ehemaliger Sitz der Gestapo-Zentrale der Stadt, durchgeführt werden. Die Stadt Saarbrücken und der Regionalverband versuchen zwar, zumindest teilweise solchen Veranstaltungen auf juristischem Wege zu begegnen, zeigen sich ansonsten aber erschreckend unkreativ, wenn es darum geht, die NPD aus dem Saarland zu vergraulen. So brachte es z.B. die Stadt Weinheim nach jahrelangem antifaschistischem Protest endlich fertig, die Satzung ihrer Stadthalle so zu ändern, dass politische Parteien dort keine Veranstaltungen mehr durchführen dürfen. Aber auch kreative Ideen, wie z.B. das Zuschütten von Zufahrtswegen im Rahmen einer Baustelle, wie vom Kreis Coburg im Jahr 2013 praktiziert,11 werden von der Stadt bisher nicht genutzt. Noch schlimmer ist die Situation im saarländischen Landtag, der es trotz vielfacher Aufforderungen immer noch nicht fertig gebracht hat, den Rabbiner-Rülf-Platz und den Platz des Unsichtbaren Mahnmals als Orte der Erinnerung an die NS-Opfer mit Hilfe eines Landesgesetzes vor rechten Versammlungen zu schützen. Stattdessen setzt die Landesregierung auf eine Initiative im Bundesrat, um Parteien mit verfassungsfeindlichen Zielen von der staatlichen Parteienfinanzierung und sonstigen Leistungen auszuschließen. Ein Vorhaben, das nicht nur einen ungewissen Ausgang hat, sondern auch die nicht in Parteien organisierten Nazis völlig vernachlässigt. Doch statt auf konsequenten Antifaschismus setzt das Saarland traditionsbewusst lieber auf Symbolpolitik und warme Worte. Antifaschismus bleibt damit weiterhin Handarbeit und muss von der Zivilgesellschaft eingefordert und durchgesetzt werden.
Nazis bekämpfen – Rechte Strukturen zerschlagen
Peter Marx hat es erneut geschafft, die dünne Personaldecke seines Landesverbandes zumindest vorübergehend zu stopfen und einen Burgfrieden durchzusetzen. Ob die Einigkeit im Landesverband von Dauer ist, darf aber im Hinblick auf die Querelen der Vergangenheit bezweifelt werden. Für die kommende Landtagswahl dürfte es angesichts der ultrarechten Ausrichtung der Saar AfD für die NPD schwer werden, überhaupt die magische Hürde von einem Prozent zur Wahlkampfkostenerstattung zu erreichen. Dies darf jedoch nicht als antifaschistischer Erfolg gefeiert werden, sondern zeigt, dass die begonnene Auseinandersetzung mit der saarländischen AfD fortgesetzt werden muss.12 Doch auch der NPD muss weiter entschlossen entgegengetreten werden, insbesondere da sich der saarländische Landesverband immer stärker zur personellen und organisatorischen Stütze der Bundespartei entwickelt. Dabei auf staatliche Stellen zu hoffen, die regelmäßig unter Beweis stellen, dass sie entweder nicht willens oder nicht in der Lage sind, rechten Aktivitäten Einhalt zu gebieten, wäre verfehlt. Vielmehr ist ein organisierter und entschlossener zivilgesellschaftlicher Widerstand auf allen Ebenen notwendig, um die NPD Saar und andere Nazis wirksam zu bekämpfen.
1Vgl. https://antifa-saar.org/2015/12/16/recherche-info-ehemalige-npdler-gruenden-landes%c2%adverband-von-die-rechte/.
2Vgl. http://linksunten.indymedia.org/de/node/103427.
3Vgl. https://antifa-saar.org/2016/03/03/sagesa/.
4Vgl. https://antifa-saar.org/2014/11/06/saarlaendische-nazis-bei-hogesa-demo-in-koeln/.
5Vgl. https://antifa-saar.org/2015/12/16/recherche-info-ehemalige-npdler-gruenden-landes%c2%adverband-von-die-rechte/.
Richter ist der stellvertretende Landesvorsitzende der Saar NPD und Rechtsanwalt. Seine Kanzlei hat er im Haus des Landesvorsitzenden Peter Marx in der Birkenstraße 5 (Saarbrücken-Schafbrücke). Dort befindet sich auch die Landeszentrale der Partei. Richter fühlt sich in Saarbrücken derart wohl, dass er eine Eigentumswohnung in der Saarbrücker Richard-Wagner-Straße erworben hat.
7Walk ist NPD-Kreisvorsitzende im Saar-Pfalz-Kreis, studiert Jura an der Universität des Saarlandes und ist mit Richter liiert.
8 Der Großteil der Unterstützer von Süßdorf waren in Meyers Augen „Untermenschen“ und damit nicht für den Aufbau einer nationalsozialistischen Bewegung geeignet.
9Vgl. https://linksunten.indymedia.org/de/node/173317 und Verbot der „Weisse Wölfe Terrorcrew“, AIB 111 / 2.2016, online unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/verbot-der-%E2%80%9Eweisse‑w%C3%B6lfe-terrorcrew%E2%80%9C.
10Vgl.https://antifa-saar.org/2017/01/26/pressemitteilung-rechtes-terror-netzwerk-mit-engen-kontakten-zur-saar-npd/.
11Vgl. http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Coburg-macht-NPD-mit-Bauarbeiten-Strich-durch-die-Rechnung-id24700271.html.
12Vgl. https://antifa-saar.org/2016/06/28/die-saar-afd-rechtsaussen-angekommen/.