Am Samstag, dem 19. September fand in Saarlouis eine Gedenkveranstaltung für Samuel Kofi Yeboah, der vor 24 Jahren Opfer eines Brandanschlages in Saarlouis-Fraulautern wurde, statt. Aufgerufen zur Demonstration hatte der Linksjugend [’solid]- Kreisverband Saarlouis, der mit dem Verweis, dass die Stadt Saarlouis nach 24 Jahren ein angemessenes Gedenken an das Opfer immer noch vermissen lässt, Samuel Yeboah und allen anderen Opfer rassistischer Gewalt gedenken wollte.
Unter den 70 Teilnehmer_innen befanden sich zahlreiche autonome Antifaschist_innen.
Vom Parkplatz gegenüber des JuZ Utopia ging es durch die Fußgängerzone in Richtung Rathaus. Da parallel in Saarlouis der „Tag des Handwerks“ stattfand, war die Saarlouiser Innenstadt gut besucht, wodurch die Demonstration große Aufmerksamkeit auf sich zog. Wir konnten durch diesen Umstand mehrere hundert Flyer unter die Leute bringen und viele Passanten kontaktieren. Dabei stießen wir neben den üblichen Pöbeleien auch auf viel Zuspruch und konnten unsere Kritik im direkten Gespräch vermitteln.
Am Ziel der Demonstration angelangt, verlas ein Sprecher der Linksjugend eine Rede über Samuel Yeboahs Todesnacht und die gegenwärtigen Brandanschläge im Saarland und dem restlichen Deutschland. Nach 189 Gedenksekunden (189 Sekunden stehen für die 178 Todesopfer rassistischer Gewalt und 11 Verdachtsfälle, welche nach der Zählung der Amadeu Antonio Stiftung nicht von staatlichen Behörden als rechts motivierte Straftaten anerkannt werden.) wurde die Veranstaltung schon früh als beendet erklärt.
Ca. 20 Teilnehmer_innnen trafen sich noch anschließend in Fraulautern, um am Tatort Blumen und Kerzen niederzulegen. In einer kurzen Ansprache erinnerte ein Sprecher der Antifa Saar / Projekt AK an die Tatnacht, in der man einen Pkw vom Tatort sich schnell entfernen sah. Die Ermittlungsbehörden hatten den Fall schon nach wenigen Wochen eingestellt. Von einem rassistischen Hintergrund wollten weder sie noch die politisch Verantwortlichen sprechen. Vor 24 Jahren reihte sich dieser Brandanschlag jedoch in eine Reihe von rassistischen Pogromen wie die in Hoyerswerda (17.–23.9.1991), Rostock-Lichtenhagen (22.–26.8.1991) oder den Brandanschlag von Solingen (29.5.1993) ein.
Als Reaktion auf die Übergriffe reagierten die bürgerlichen Parteien nicht etwa mit dem entschiedenen Zusammenschluss gegen Nazis oder Solidarität mit den Opfern und Betroffenen, sondern verschärften stattdessen, um den Forderungen des rassistischen Mobs nachzukommen, das Asylrecht.
Nichts zeugt mehr von dem Brandanschlag, durch den Samuel Yeboah in der Nacht zum 19. September 1991 ums Leben kam. An der Stelle, an der einst ein Wohnheim für Asylsuchende stand, parken nun Anwohner_innen der Saarlouiser Straße ihre Autos, ohne dass ein Gedenkstein oder auch nur eine Blume gepflanzt ist, während in der Häuserreihe eine auffällige Lücke klafft.
24 Jahre später müssen Flüchtlinge in Deutschland immer noch um ihr Leben fürchten. Bis Ende August wurden mehr als 340 Anschläge auf Unterkünfte von Asylbewerber_innen gezählt. Das sind in den ersten acht Monaten des Jahres bereits fast doppelt so viele wie im Gesamtjahr 2014. Auch im saarländischen Bliesdalheim wurde ein geplantes Flüchtlingsheim von bislang noch unbekannten Tätern angezündet und bereits im April kam es zu einem Übergriff auf in einer Jugendherberge untergebrachte Flüchtlinge. Der saarländische Rundfunk berichtete, dass gegen sieben Deutsche wegen Volksverhetzung und Körperverletzung ermittelt würde. Die Polizei verheimlichte den Vorfall und versuchte diesen zu bagatellisieren. Die Täter hätten ihnen zufolge irrtümlich in den Betroffenen die Diebe eines gestohlenen Handys vermutet und daher hätte der Angriff nicht den „Flüchtlinge[n] an sich“ gegolten.
Dieser Fall und mit ihm hunderte anderer Fälle wie auch der Tod Samuel Yeboahs zeigen wieder einmal, dass auf die Polizei und andere staatliche Behörden bei der Bekämpfung von Rassismus kein Verlass ist. Die Antifa Saar / Projekt AK setzt sich für einen konsequenten Antifaschismus ein, bei dem sich Antifaschist_innen und die von rassistischer Gewalt potentiell Betroffenen selbst organisieren und sich den Nazis mit allen notwendigen Mitteln entgegenstellen.