Aufruf des “Offenes Antifa Treffen Saarbrücken”
Am Montag, den 12.1.2015, wollen Nazis und Rassisten dem Dresdner „Erfolgsmodell“ PEGIDA nacheifern und unter dem Namen SAARGIDA einen Aufmarsch in der Saarbrücker Innenstadt abhalten.
Rassisten morden – Der Staat schiebt ab
Ähnlich wie bei den HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten) bzw. SaGeSa (Saarländer gegen Salafisten) Aufmärschen tummeln sich hier neben rassistischen „Wutbürgern“ auch organisierte Neonazis, wie das NPD Landesvorstandsmitglied Sascha Wagner. Ganz bewusst versuchen die hiesigen Nazistrukturen ihre Beteiligung an “SAARGIDA“ zu verschleiern. So instrumentalisieren sie Nicht-Parteimitglieder die Organisation zumindest nach außen hin zu übernehmen.
Neben den üblichen NPD-Nazis treten bei den PEGIDA-Ablegern auch verstärkt weitere Gruppen und Parteien aus der radikalen Rechten auf. Es kommt regelmäßig zu Beteiligungen von AfD‑, Pro Deutschland- oder Die Freiheit Mitgliedern. Faschistische Gruppen wie der „Bloc Identitaire“ oder sogenannte „Freie Kameradschaften“ nehmen ebenfalls immer wieder an PEGIDA-Demos teil.
Dabei steht der rassistische Mob keineswegs, auch wenn ihre Protagonisten nicht müde werden eben das zu behaupten, im Widerstand gegen die etablierte Politik. Alteingesessene Parteien befeuern durch ihre rassistische Politik die stetig wachsende Pogromstimmung. So wurde beispielsweise vor kurzem das Asylrecht deutlich verschärft. Bulgarien und Serbien, sowie einige andere Länder in Osteuropa wurden zu sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ erklärt, einige Monate später fand eine weitere Verschärfung des Asylrechts statt, die unter anderem Leistungskürzungen und vereinfachte Abschiebung von Flüchtlingen vorsieht. Somit werden Asylverfahren für die Betroffenen erschwert und die Abschiebungen in diese Länder vereinfacht. Als Zugpferd der EU sorgt Deutschland europaweit maßgeblich für eine Abschottungspolitik gegen unerwünschte Einwanderung. Mit dem DublinII-Abkommen und meterhohen Zäunen an den EU-Außengrenzen versucht die Festung Europa sich unangreifbar zu machen. Jährlich sterben mehrere tausend Menschen bei dem Versuch nach Europa zu fliehen. Ebenso trägt die Grenzschutzorganisation FRONTEX dazu bei, die rassistische Politik durchzusetzen und Menschen zu töten.
Doch der institutionelle Rassismus äußert sich nicht nur in der Verschärfung der Asylgesetze, wie es schon 1992 die einzige Reaktion der Politik auf den mordenden deutschen Mob war, sondern auch durch Übergriffe seitens staatlicher Repressionsorgane auf Aktivist_innen und (vermeintliche) Flüchtlinge. So gibt es unter anderem rassistische Passkontrollen, falsche Versprechungen gegenüber protestierenden Flüchtlingen, wie beispielsweise am Berliner Oranienplatz und Übergriffe seitens der Polizei auf Refugee-Projekte.
„Wir sind das Volk!“
Neben der Komponente des offenen Rassismus eint die PEGIDA-Anhänger auch der völkische Zusammenhalt, welchen man endlich wieder ganz unverkrampft zelebrieren kann. In nationalchauvinistischer Manier feiert man einerseits die deutsche Vormachtstellung, während man sich andererseits gegen eine angebliche „Meinungsdiktatur“ zu Wehr setzen will. Eben dieser völkische Zusammenhalt zeigte sich schon in den Pogromen Anfang der 1990er Jahre, als der deutsche Mob gemeinsam gegen „Überfremdung“ auf die Straße ging.
PEGIDA und seine Ableger möchten die „Werte des christlich-jüdischen Abendlandes“ verteidigen und ihnen unliebsame Personen ausgrenzen. Ein Hohn, wenn man bedenkt, dass bekennende Antisemiten diese angeblichen Werte verteidigen wollen. Eine vermeintliche Islamkritik entlarvt sich recht schnell als fremdenfeindliche Mobilmachung. Dass PEGIDA hierbei nichts mit Islamkritik zu tun hat, wird insbesondere beim Bezug auf Volk und Heimat, welche sie gegen alles „Fremde“ verteidigen wollen deutlich. Dass PEGIDA unter der Parole „Wir sind das Volk“ marschiert, ist durchaus einleuchtend. „Wie zum Ende der DDR macht der Habitus vieler Demonstrant_innen deutlich, dass die kollektive Selbstermächtigung auf sprichwörtlich trostlose Art befreiend wirkt – mobil macht sich hier der leibhaftige Stammtisch: Sein Zweck ist die Vergewisserung des Eigenen, sein Medium das Ressentiment gegen das Fremde, das Neue, die Moderne“ (vgl. Zeitschrift konkret 1/15Ralf Schröder). Der Begriff des Volkes ist ein identitäres Konstrukt, welches immer die Abgrenzung und Ausgrenzung gegenüber Anderen darstellt und ohne ein Feindbild nicht überlebensfähig ist.
Wir stellen uns wirklich quer!
Die saarländische Zivilbevölkerung bläst auch bereits seit Tagen zum Sturm gegen SAARGIDA — bedauerlicherweise auf der falschen Saarseite. In Dresden, Bonn, Münster, Stuttgart, Köln und etlichen weiteren Städten stellen sich ähnliche bürgerliche Zusammenschlüsse wie das Saarbrücker „Bunt statt Braun“ Bündnis tatsächlich den Märschen der rassistischen und menschenverachtenden Hetzern in den Weg. In Saarbrücken trifft man sich lieber weit ab vom geplanten Treffpunkt der Rassisten und freut sich über eine „tolerante, weltoffene und vielfältige“ Aktion. Dem Ruf nach Verständigung und demokratischem Protest wird hier zwar genüge getan, die SAARGIDA könnte aber dennoch ungehindert durch die Saarbrücker Innenstadt laufen. In seinem Aufruf unterstellt das Bündnis, dass in anderen Städten bereits eine Einschränkung des Asylrechts gefordert wurde, während sich in Saarbrücken diese Demagogen erst jetzt festsetzen würden. Bei dieser heuchlerischen Selbstbeweihräucherung des „weltoffenen Saarbrückens“ blendet das Bündnis die Tatsache aus, dass das Saarland eine westdeutsche Hochburg für Nazis wie die NPD darstellt. Menschenverachtende Einstellungen haben sich hier längst etabliert. Weiterhin verurteilen wir den vom „Bunt statt Braun“ Aufruf ausgehenden Geschichtsrevisionismus, der die Saarländer_innen — welche zu 90,76% für den Anschluss an Nazi-Deutschland stimmten — zu Opfern eben dieses verklärt. Natürlich gab es antifaschistische Saarländer_innen die vor dem NS-Regime flohen, diese waren jedoch in der absoluten Minderheit — was aus dem Aufruf nicht hervorgeht. Die allein aus diesen Umständen abgeleitete Solidarität mit heutigen Flüchtlingen empfinden wir als äußerst unangebracht.
Für die Emanzipation eines Jeden!
Wir rufen dazu auf, sich am Montag den Rassisten in den Weg zu stellen. Deshalb werden wir uns um 17:30 vorm Karstadt in der Bahnhofsstraße treffen. Erscheint zahlreich um die Menschenfeinde und ihre fremdenfeindliche Rhetorik zu stören, sowie ihnen eine emanzipatorische Position entgegenzusetzen. Diese richtet sich gegen das Konstrukt aus Staat und Nation, welche für rassistische und nationalistische Abschottung steht und dem völkischen Mob Wasser auf die Mühlen spült.
Für eine Gesellschaft in der sich jede_r frei entfalten kann!
Schluss mit der rassistischen Hetze von SAARGIDA, SaGeSa, NPD und AfD!