Dokumentation zum Verfahren wegen der Gedenktafel für Samuel Yeboah
Aufruf zur Kundgebung am 19.09.2001 in Saarlouis, in deren Verlauf die Gedenktafel am Rathaus angebracht wurde
Presseerklärung vom 25.09.2001 zur Entfernung der Gedenktafel durch die Stadt Saarlouis
Offener Brief an den Saarlouiser OB Fontaine vom 30.11.2001
Presseerklärung zum Offenen Brief vom 30.10.2001
Proteste vor dem Rathaus am 07.11.2001
Strafbefehl gegen den Anmelder der Kundgebung — Meldung vom 27.02.2002
Veranstaltung “Rassismus, Neonazis und staatl. Politik” am 15.03.2002 in Saarlouis
Prozesserklärung des angeklagten Anmelders vom 17.06.2003
Flugblatt anlässlich des 12.Todestages Samuel Yeboahs am 19.09.2003
Presseerklärung zur Einstellung des Verfahrens vom 18.02.2005
Pressemitteilung der AKtion 3.Welt Saar zum erneuten Prozess um die Gedenktafel — 05.10.2005
Saarbrücker Zeitung zum erneuten Prozess — 05.10.2005
Saarbrücker Zeitung über erneuten Prozess — 06.10.2005
Aufruf zur Kundgebung am 19.09.2001 in Saarlouis
Kein Vergeben — Kein Vergessen
Am 19. September 1991 starb Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana in Saarlouis-Fraulautern durch einen rassistisch motivierten Brandanschlag. In den frühen Morgenstunden legten seine Mörder Feuer im Eingangsbereich des Wohnheimes, in dem Samuel Yeboah lebte und als Hausmeister arbeitete. Zehn Jahre sind mittlerweile vergangen, die Ermittlungsakten geschlossen und die Täter nie gefasst.
Zehn Jahre sind vergangen, und nichts hat sich geändert.
Saarlouis macht bis heute von sich Reden, als eine Stadt, in der Nazis sich wohl fühlen, sich organisieren können, ein Ort, an dem es in der Vergangenheit immer wieder brutale Übergriffe auf Nichtdeutsche, Punks und Andersdenkende gab.
Doch diese zahlreichen Übergriffe sowie die Sprühereien in Saarlouis zeigen, dass die “heimliche Hauptstadt des Saarlandes” gar nicht so ausländerfreundlich und weltoffen ist, wie es die Oberen von Stadt und Tourismusbranche so gerne darstellen.
Viele würden gerne dieses “dunkle Kapitel” der Stadt aus der Erinnerung streichen und die regionalen Nazistrukturen ignorieren. Aber dies werden wir nicht zulassen. Weder die Taten der Nazis vor 60 Jahren sind vergessen, noch der Mord an Samuel Yeboah.
Deshalb: Raus zum antifaschistischen Aktionstag am 19.09.01, 18.00 Uhr in der Französischen Straße in Saarlouis
Kein Fußbreit den Faschisten!!!
Organisiert von: Antifa Saar, Gruppe basis, Kommando Luftschloss, Libertäre Gruppe St. Wendel, PDS, Subversiv, VVN/BdA Saarland.
Presseerklärung vom 25.09.2001 zur Entfernung der Gedenktafel durch die Stadt Saarlouis
Saarbrücken und Saarlouis, 25. September 2001
Presseerklärung zum Anbringen einer Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus in Erinnerung an die Ermordung Samuel Yeboahs und das Entfernen der Tafel durch den Saarlouiser Oberbürgermeister
In Erinnerung an die Ermordung Samuel Yeboahs am 19. September 1991 durch einen rassistischen Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis-Fraulautern führten wir zum 10. Todestag eine Kundgebung in der Saarlouiser Innenstadt durch. Im Anschluß daran brachten wir eine Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus an. Am gleichen Abend noch wurde diese Gedenktafel auf direkte Veranlassung des Oberbürgermeisters Hans-Joachim Fontaine (CDU) wieder entfernt.
Die Gedenktafel hat eine Größe von ungefähr 30 mal 40 cm. Sie wurde von einem Steinmetz in Sandstein gehauen und entsprechend professionell am Rathaus direkt neben dem Haupteingang fixiert.
Die Entscheidung des Oberbürgermeisters beweist erneut, dass es in Saarlouis ein kaltes Vergessen gibt. Saarlouis will sich nicht erinnern. Weil es nicht ins Bild paßt, weil es schädlich fürs Image ist. Seit 10 Jahren gilt: Niemand und nichts erinnert an Samuel Yeboah, während zum Beispiel gleichzeitig vieles in Saarlouis an den Rassisten und erklärten Anti-Demokraten Lettow-Vorbeck erinnert. Auch das ist eine Entscheidung. Sogar eine hochoffizielle, denn schließlich ist Lettow-Vorbeck seit 1956 Ehrenbürger der Stadt.
Der Mord vom 19. September 1991 stand und steht bis heute im Kontext einer allgemeinen reaktionären und rassistischen Mobilmachung in diesem Land. 20.000 DM waren seinerzeit als Belohnung ausgesetzt, aber kein einziger (!) Hinweis ging ein. Auch das sagt etwas aus über das Klima einer Stadt, die sich selbst gern als ausländerfreundlich und weltoffen präsentiert.
Offensichtlich interessiert es in Saarlouis nur wenige Leute wirklich, und die meisten scheinen sich zu wünschen, daß endlich Gras über die ganze Angelegenheit wächst: So als hätte der Mord an Samuel Yeboah gar nicht stattgefunden. Die Linie der Stadt ist die Behauptung eines Normalzustands gegen das, was in Saarlouis offensichtlich ist: Nazischmierereien, faschistische Übergriffe, organisierte Neonazis.
Schweigen und Vertuschen bedeutet das Auslöschen der Erinnerung. Die Konsequenz daraus ist tödlich. Um genau dagegen zu protestieren, haben wir als kleine Geste der Erinnerung den Gedenkstein am Saarlouiser Rathaus angebracht.
Wir erwarten, dass die Verantwortlichen der Stadt Saarlouis ihre Entscheidung rückgängig machen und den Gedenkstein wieder am Saarlouiser Rathaus anbringen. Nicht irgendwo, sondern genau dort, wo sie ihn am 19. September entfernt haben.
Offener Brief an den Saarlouiser OB Fontaine vom 30.11.2001
Offener Brief
30. Oktober 2001
An den Saarlouiser Oberbürgermeister
Hans-Joachim Fontaine (CDU)
Zur Kenntnis an die Parteien im Saarlouiser Stadtrat.
Am 19. September diesen Jahres, zum 10. Jahrestag der Ermordung des Flüchtlings Samuel Yeboah durch einen rassistischen Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis Fraulautern, wurde eine Kundgebung in der Saarlouiser Innenstadt durchgeführt. Im Anschluß daran zogen über 150 Menschen zum Saarlouiser Rathaus und brachten dort gemeinsam eine Gedenktafel an. Bereits wenige Stunden später wurde die Tafel auf Ihre Veranlassung hin entfernt.
Die Gedenktafel hat eine Größe von ungefähr 30 x 40 cm. Sie wurde von einem Steinmetz in Sandstein gehauen und entsprechend professionell am Rathaus direkt neben dem Haupteingang angebracht. Die Inschrift lautet:
In Erinnerung an Samuel Yeboah
Flüchtling aus Ghana
am 19.09.1991 durch
einen rassistischen
Brandanschlag in Saarlouis ermordet
Ihre Entscheidung, die Tafel entfernen zu lassen beweist erneut, dass sich die Verantwortlichen der Stadt nicht erinnern wollen. Offensichtlich paßt es nicht ins Bild einer Stadt, die sich selbst gern ausländerfreundlich und weltoffen gibt.
Der Mord vom 19. September 1991 stand und steht bis heute im Kontext einer allgemeinen reaktionären und rassistischen Mobilmachung in diesem Land. 20.000 DM waren seinerzeit als Belohnung ausgesetzt, aber kein einziger Hinweis ging ein. Auch das sagt etwas aus über das gesellschaftliche Klima in einer Stadt.
In Saarlouis scheint das nur wenige Leute wirklich zu interessieren, und einige, wie auch Sie, scheinen sich zu wünschen, dass endlich Gras über die Sache wächst: so als hätte der Mord an Samuel Yeboah gar nicht stattgefunden.
Seit 10 Jahren ist die Linie der Stadt die Behauptung des Normalzustandes gegen das, was in Saarlouis offensichtlich ist: Nazischmierereien, faschistische Übergriffe, organisierte Neonazis.
Schweigen und Vertuschen bedeutet das Auslöschen der Erinnerung. Um genau dagegen zu protestieren, wurde als kleine Geste die Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus angebracht.
Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, setzen uns dafür ein, dass diese Gedenktafel genau dort wieder dauerhaft angebracht wird, wo Sie sie am 19. September entfernen ließen.
Aktion 3.Welt Saar, Losheim; Anatolischer Kulturverein, Saarbrücken; Antifa Saar, Saarbrücken; Antifaschistisches Bündnis Neunkirchen; Chile-Komitee Saar, St. Ingbert; Deutsch-Ausländischer Jugendclub (DAJC), Saarbrücken; Deutsch-Lateinamerikanische-Gesellschaft (DeLaGe), Saarbrücken; DFG/VK, Saarbrücken; DKP-Saar, Saarbrücken und Neunkirchen; Gruppe basis, Saarbrücken; Barbara Hilgers, Bildhauerin, Mettlach; Kommando Luftschloss, Saarbrücken; Koordinationskreis gegen Atomkraft — Saar, Saarbrücken; Kurdischer Kulturverein, Saarbrücken; Libertäre Gruppe, St. Wendel; Solidaritätskomitee Mumia Abu-Jamal, Saarbrücken; PDS-Saar, Saarbrücken; Buchhandlung Rote Zora, Merzig; Ruth Ruge, Trägerin des Saarländischen Verdienstordens, St. Ingbert-Hassel; Margit Schäfer, Pädagogische Referentin der Katholischen Jugendzentrale, Saarbrücken; SDAJ-Landesverband Saar, subversiv!, Neunkirchen; VVN/Bund der AntifaschistInnen, Landesverband Saar, Saarbrücken.
Presseerklärung zum Offenen Brief vom 30.10.2001
Saarbrücken und Saarlouis, 30. Oktober 2001
Presseerklärung
Mehr als 20 Gruppen und Einzelpersonen unterstützen einen Offenen Brief an Saarlouiser Oberbürgermeister Fontaine (CDU). Ihre Forderung: Die Gedenktafel für Samuel Yeboah soll wieder am Saarlouiser Rathaus angebracht werden, wo sie am 19. September auf Veranlassung von OB Fontaine entfernt wurde. Mittlerweile ermittelt sogar der Staatsschutz des Landeskriminalamts in dieser Angelegenheit: Das Anbringen der Gedenktafel soll Sachbeschädigung sein.
Zur Vorgeschichte: Samuel Yeboah, politischer Flüchtling aus Ghana wurde am 19. September 1991 durch einen rassistischen Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis-Fraulautern ermordet. Anlässlich seines 10. Todestages fand in der Saarlouiser Innenstadt eine antifaschistische Kundgebung von mehr als 150 Menschen statt. Im Anschluss daran wurde eine Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus angebracht. Noch am gleichen Abend wurde diese auf direkte Veranlassung des Oberbürgermeisters Hans-Joachim Fontaine (CDU) entfernt. Begründung: Es läge keine Genehmigung vor.
In einem Offenen Brief haben sich jetzt mehr als zwanzig Gruppen und Einzelpersonen direkt an Oberbürgermeister Fontaine und die Fraktionen im Saarlouiser Stadtrat gewandt. Darin fordern sie den Saarlouiser Oberbürgermeister auf, die von ihm entfernte Gedenktafel für Samuel Yeboah dort wieder anzubringen, wo sie am 19. September auf seine Veranlassung hin entfernt wurde.
Das Antifaschistische Bündnis erklärte dazu: “Mit dem Anbringen der Gedenktafel wollten wir ein Zeichen setzen wider das Vergessen. Gerade in Saarlouis, wo nach wie vor Nazischmierereien und faschistische Übergriffe durch Neonazis an der Tagesordnung sind. Die Verantwortlichen in Saarlouis hatten zehn Jahre Zeit, aber nichts haben sie getan, um die Erinnerung an dieses rassistische Verbrechen wachzuhalten. Manche scheinen sich sogar zu wünschen, dass endlich Gras über die Sache wächst. Deswegen haben wir gehandelt, auch ohne Genehmigung.”
Nicht nur, dass diese Tafel entfernt wurde, mittlerweile ermittelt auch der Staatsschutz in Sachen Gedenktafel. Am 15. Oktober erhielt der Anmelder unserer Kundgebung vom 19. September eine Vorladung ins Landeskriminalamt (LKA-Sachgebiet 341). Grund: Sachbeschädigung und Gemeinschädliche Sachbeschädigung.
Das spricht für sich: Statt öffentlicher politischer Auseinandersetzung wird Leuten mit staatlicher Sanktion gedroht. In diesem Zusammenhang sei an das Saarbrücker Mahnmal gegen Rassismus erinnert. Im Sommer 1990 begannen Jochen Gerz und Studenten der Hochschule der bildenden Künste Saar mit der Umsetzung ihrer Idee. Ohne Auftrag und Genehmigung. Der Saarbrücker Stadtverband stimmte erst später zu und “legalisierte” so das Projekt im Nachhinein.
Fazit: An unserer Gedenktafel gibt es nichts wirklich auszusetzen. Ihren Inhalt sollten auch CDU, SPD und Grüne mit tragen können. Sie ist schlicht gestaltet und kostet obendrein die Stadt keine Müde Mark. Die Verantwortlichen in Saarlouis hätten also genauso gut Danke sagen können und fertig! Statt dessen beginnt sich die Auseinandersetzung um die Tafel zu einer Provinzposse zu entwickeln. Aber ohne uns! Wir werden weder zulassen, dass der Tod eines Flüchtlings für das eigene Image instrumentalisiert wird, noch dass dahinter die aktuellen Aktivitäten der Saarlouiser Neonazi-Szene in Vergessenheit geraten. Und auch dem Versuch unsere Initiative im Nachhinein zu kriminalisieren, werden wir offensiv entgegen treten.
Proteste vor dem Rathaus 07.11.2001
Saarbrücken und Saarlouis, 07.11. 2001
Anlässlich der heutigen Stadtratsitzung protestierten 20 Mitglieder des Antifaschistischen Bündnises vor dem Saarlouiser Rathaus. Damit wollten wir unserer Forderung nach Wiederanbringung der Gedenktafel für Samuel Yeboah am Saarlouiser Rathaus Nachdruck verleihen.
Samuel Yeboah, politischer Flüchtling aus Ghana wurde am 19. September 1991 durch einen rassistischen Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis-Fraulautern ermordet. Anlässlich seines 10. Todestages fand in der Saarlouiser Innenstadt eine antifaschistische Kundgebung von mehr als 150 Menschen statt. Im Anschluss daran wurde eine Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus angebracht. Noch am gleichen Abend wurde diese auf direkte Veranlassung des Oberbürgermeisters Hans-Joachim Fontaine (CDU) entfernt. Begründung: Es läge keine Genehmigung vor.
Nicht nur, dass diese Tafel entfernt wurde, mittlerweile ermittelt auch der Staatsschutz in Sachen Gedenktafel. Am 15. Oktober erhielt der Anmelder unserer Kundgebung vom 19. September eine Vorladung ins Landeskriminalamt (LKA-Sachgebiet 341). Grund: Sachbeschädigung und Gemeinschädliche Sachbeschädigung.
Der Entfernung der Gedenktafel und auch dem Versuch unsere Initiative im Nachhinein zu kriminalisieren, werden wir auch weiterhin entgegen treten.
27. Februar 2002
Strafbefehl wegen der Anbringung einer Gedenktafel in Erinnerung an Samuel Yeboah — Einspruch eingelegt
Am 18. Februar 2002 erhielt der Anmelder der Gedenkkundgebung anlässlich des 10. Jahrestages der Ermordung des Flüchtlings Samuel Yeboah am 19. September letzten Jahres einen Strafbefehl vom Amtsgericht Saarlouis. Der Strafbefehl beläuft sich auf 60 Tagessätze zu 20 Euro, also 1.200 Euro insgesamt. Vorgeworfen wird ihm “rechtswidrig öffentliche Denkmäler beschädigt oder zerstört zu haben”. Gegen den Strafbefehl wurde Einspruch eingelegt. Das Antifaschistische Aktionsbündnis plant eine Veranstaltung in Saarlouis zu dem Thema: “Rassismus, Neonazis und staatliche Politik”.
Erinnern wir uns: Am 19. September 1991 wurde der Flüchtling Samuel Yeboah bei einem rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet — die Täter bis heute nicht ermittelt. Um die Erinnerung an diesen Mord wach zu halten und zum Widerstand gegen Rassismus aufzurufen, führte ein Antifaschistisches Aktionsbündnis eine Kundgebung in der Saarlouiser Innenstadt durch. Nach der Beendigung der Kundgebung zogen die 150 DemonstrantInnen zum Saarlouiser Rathaus, wo eine professionell gefertigte Gedenktafel für den Ermordeten an der Fassade angebracht wurde. Oberbürgermeister Fontaine ließ die Tafel noch am gleichen Abend entfernen und erstattete Anzeige gegen den Anmelder der Kundgebung.
Der nun zugestellte Strafbefehl beweist erneut, dass in Saarlouis die Erinnerung an dieses dunkle Kapitel nicht gewollt ist. Wurde vor zwei Jahren durch die Bundesregierung noch scheinheilig zu einem “Aufstand der Anständigen” aufgerufen, werden antifaschistische/antirassistische Initiativen, die sich nicht staatlich vereinnahmen lassen, nach wie vor kriminalisiert und verurteilt.
Ein Sprecher des Antifaschistischen Bündnisses erklärt: Durch staatliche Repression werden wir uns in unserem Handeln nicht einschüchtern lassen. Die Stadt versucht durch das Verfahren und dem daraus resultierenden Strafbefehl die politische Auseinandersetzung um die Erinnerung an den rassistischen Mord zu umgehen und sich aus der Verantwortung zu stehlen. Außerdem wird dadurch versucht, das politische Engagement des Antifaschistischen Bündnisses und seiner Unterstützerinnen und Unterstützer zu kriminalisieren und jeglichen politischen Inhalts zu berauben”.
Das Antifaschistische Bündnis plant bereits für den 15. März eine Veranstaltung zum Thema “Rassismus, Neonazis und staatliche Politik” in Saarlouis. VertreterInnen der ANTIFA SAAR und von der MigrantInnenorganisation Kanak Attak werden dazu im Vereinshaus Fraulautern referieren.
Parallel zu dieser Presseerklärung wurde heute ein Brief von Ruth Ruge, Trägerin des Saarländischen Verdienstordens, an Oberbürgermeister Fontaine geschickt. Sie fordert darin im Namen des Bündnisses die Herausgabe der Gedenktafel, um sie der Öffentlichkeit vorstellen zu können. Nach wie vor sind die Forderungen des Bündnisses Wiederanbringung der Gedenktafel und Zurücknahme des Strafbefehls.
Veranstaltung zu Rassismus, Neonazis und Staatliche Politik
Saarbrücken 12.03.02
Rassismus, Neonazis und Staatliche Politik — unter diesem Motto findet am 15. März 2002 in Saarlouis/Fraulautern eine Informations- und Diskussionsveranstaltung statt. Beginn ist 19:00 Uhr!
“Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft in Saarlouis”, lautete die Meldung am 19.09.1991 in der Tagesschau. Was war passiert? In der Nacht zum 19. September gab es einen rassistischen Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in Saarlouis Fraulautern, bei dem Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana starb und weitere Menschen schwer verletzt wurden. Dieser Übergriff stellte den Auftakt zu einer Welle von Brand und Bombenanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland dar. Samuel Yeboah war eines der ersten Todesopfer rassistischer Gewalttaten in Westdeutschland nach der Wiedervereinigung. Dieser Mord war das Ergebnis erstarkender Neonaziaktivitäten in Deutschland, die im Saarland mit Saarlouis ihren Schwerpunkt hatte. Nach dem Mord konnte sich die regionale Naziszene in Saarlouis weiter organisieren und ihre Struktur ausbauen. Die Entscheidungsträger der Stadt waren stehts bemüht dieses “Problem” zu bagatellisieren, kritische AntifaschistInnen mundtot zu machen und Saarlouis weiterhin als gast- und ausländerfreundliche Stadt zu präsentieren.
Jüngstes Beispiel für diese Politik der Verdrängung ist der Umgang der Stadt mit einer Gedenktafel für Samuel Yeboah, welche entfernt und trotz mehrerer Aufforderungen nicht mehr angebracht wurde. Dennoch: Trotz aller Besonderheiten ist die Situation von Saarlouis nicht von der gesamt gesellschaftlichen Entwicklungen zu trennen. Das Antifaschistische Bündnis Saar möchte mit dieser Veranstaltung sowohl die Situation in Saarlouis thematisieren wie auch auf die nach dem 11. September einher gehenden repressiven Veränderungen und deren Auswirkungen für die hier lebenden Flüchtlinge und MigrantInnen eingehen.
Die Veranstaltung wird sich in 2 Teile gliedern.
Den ersten Teil der Veranstaltung übernimmt die ANTIFA SAAR. Eine wie der Name schon sagt aus dem Saarland kommende unabhängige antifaschistische Gruppe, die seit einigen Jahren im antifaschistisch aktiv ist und schon mehrere Veranstaltungen in Schulen, Jugendzentren usw. zu diesem Thema durchgeführt hat. Die ANTIFA SAAR wird in ihrem Vortrag, welcher durch einen DIA-Beitrag unterstützt wird auf die regionalen Nazistrukturen sowie auf den Umgang der öffentlichen Stellen mit diesen Strukturen eingehen.
Im zweiten Teil der Veranstaltung referiert Serhat Karakayali von der MigrantInnenorganisation KANAK ATTAK. KANAK ATTAK definiert sich selbst als “selbstgewählter Zusammenschluß verschiedener Leute über die Grenzen zugeschriebener, quasi mit in die Wiege gelegter “Identitäten” hinweg. Kanak Attak fragt nicht nach dem Paß oder nach der Herkunft, sondern wendet sich gegen die Frage nach dem Paß und der Herkunft. Unser kleinster gemeinsamer Nenner besteht darin, die Kanakisierung bestimmter Gruppen von Menschen durch rassistische Zuschreibungen mit allen ihren sozialen, rechtlichen und politischen Folgen anzugreifen”.
Serhat Karakayali referiert über die Situation von Flüchtlingen in Deutschland und deren Konfrontation mit alltäglichem Rassismus und thematisiert den so genannten “Aufstand der Anständigen” im Sommer 2000.
Die Veranstaltung beginnt am 15.03.02 um 19:00 Uhr im Vereinshaus Fraulautern in Saarlouis/Fraulautern, Saarbrücker Straße 5
Prozesserklärung vom 17.06.03 in Saarlouis
Prozesserklärung vom 17.06.03 in Saarlouis
Am 19. September 1991 starb Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana in Saarlouis-Fraulautern durch einen rassistisch motivierten Brandanschlag. In den frühen Morgenstunden legten seine Mörder Feuer im Eingangsbereich des Wohnheimes, in dem Samuel Yeboah lebte und als Hausmeister arbeitete. Er war eines der ersten Todesopfer des wiedervereinigten und vor neuem Selbstbewußtsein strotzenden Deutschlands.
Eingebettet war der Mord an Samuel Yeboah in eine breite gesellschaftliche Kampagne in deren Verlauf sich deutscher Stammtisch und etablierte Politik einig waren.
“Das Boot ist voll” und “die Asylantenflut” waren Stichworte, die den gesellschaftlichen Diskurs in der Bundesrepublik maßgeblich bestimmten. Verheerende Brandanschläge in Saarlouis, Mölln und Solingen. Volksfeststimmung in Hoyerswerda und Rostock wo die deutsche Jugend unter Beifall der Elterngeneration die Naziparole “Deutschland den Deutschen — Ausländer raus!” beginnt selbständig durchzusetzen. In Rostock wurden tagelang Wohnhäuser mit Brandsätzen beworfen, der Mob drang in die Häuser ein und zerstörte die Einrichtung. Wir wissen was passiert wäre, hätten sich die Bewohnerinnen und Bewohner nicht auf das Dach des Hauses retten können. Als mehrere hundert Antifaschistinnen und Antifaschisten vor das Wohnheim ziehen wollen um dem Mob Einhalt zu gebieten, werden sie verhaftet und in Gewahrsam genommen, während die Angriffe auf das Wohnheim weitergehen. Eine eindeutige Botschaft.
1993 wird dann kurzerhand das “Recht auf Asyl” in seiner bisherigen Form aus der Verfassung gestrichen und somit faktisch abgeschafft. Es waren übrigens diejenigen, die heute wie damals als Verfassungsfeinde diffamiert und vom Verfassungsschutz überwacht werden, die mit über Zehntausend Menschen den Bundestag blockierten um das “verfassungsmäßig garantierte Recht auf Asyl” zu schützen. Letztlich leider ohne großen Erfolg.
Diese Asyldebatte war das erste nationale — Bundeskanzler Schröder würde sagen — zivilgesellschaftliche Projekt des wiedervereinigten Deutschlands. Es wurde offensichtlich wozu diejenigen die sich explizit dem “deutschen Volke” zugehörig fühlen fähig sind.
Es sollte nicht das einzige Projekt bleiben, welches mit ungeheurer Geschwindigkeit und ohne auf breiten gesellschaftlichen Widerstand zu treffen die völkisch-nationale Mobilisierung in Deutschland voranbrachte.
Erinnert sei an dieser Stelle lediglich an zwei weitere markante Debatten:
Zum einen die sogenannte Schlussstrichdebatte, in deren Verlauf immer stärker forciert wurde,
dass endlich ein Schlussstrich unter die deutsche Vergangenheit gezogen werden müsste,
dass die Deutschen nie Täter, sondern immer Opfer Hitlers waren und dass die Deutschen schon immer die eigentlichen Leidtragenden des zweiten Weltkrieges waren und sind.
Zum anderen die Debatte um den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Jugoslawien 1999. Zum dritten Mal überfielen deutsche Truppen im letzten Jahrhundert Belgrad. Deutschland hat sich auf der weltpolitischen Bühne wieder soweit etabliert, dass es politisch und militärisch in der Lage ist Kriege zu führen und dies auch tut.
Was hat das mit der Gedenktafel für Samuel Yeboah und dem heutigen Prozess zu tun? Sehr viel — denn das ist die deutsche Realität.
Während sich Antifaschisten heute vor Gericht verantworten müssen rüsten sich Neonazis bereits für ihren nächsten Aufmarsch. Am 5. Juli will die Kameradschaft Saarlautern durch Saarlouis marschieren und die völkisch-deutsche Ideologie verbreiten der auch Samuel Yeboah zum Opfer gefallen ist. Das antifaschistische Netzwerk “autonomia sinistra” ruft bereits zum Widerstand auf.
Am 19. September 2001, dem zehnten Todestag von Samuel Yeboah veranstaltete das “Antifaschistische Bündnis Saar” eine Kundgebung in Saarlouis. Ich meldete diese Kundgebung am 26. August 2001 an.
Beim Aufbau wurden Antifaschisten von mit Stahlruten bewaffneten Neonazis angegriffen. Etwa 180 Menschen versammelten sich trotz Regens. Mehrere Redebeiträge und Musikbeiträge wurden gehalten. Auf Schautafeln wurde der Teil der Geschichte Saarlouis dargestellt, der so gerne verleugnet und vergessen wird. Nach der offiziellen Beendigung der Kundgebung zogen alle gemeinsam zum Rathaus, wo es noch einen weiteren Redebeitrag gab. Als der Redebeitrag beendet war, war an der Rathausfassade bereits ein professionell gefertigt anmutender Gedenkstein angebracht worden. Die Inschrift dieses Gedenksteins lautete:
In Erinnerung an
Samuel Yeboah
Flüchtling aus Ghana
Am 19.9.1991 durch
Einen rassistischen
Brandanschlag in
Saarlouis ermordet
Wenige Stunden später ließ Oberbürgermeister Fontaine — übrigens Gründungsmitglied des Saarlouiser Bündnis gegen Recht” — den Gedenkstein in einer Hau-Ruck-Aktion wieder entfernen, wobei angeblich die Rathausfassade in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Herr Fontaine hätte auch einfach “Danke” sagen können und mit einer eigenen Initiative die Anbringung der Tafel im Nachgang genehmigen lassen. Aber nein der Oberbürgermeister schreibt sogar einen Tag nach der Aktion einen Brief an die Polizeiinspektion Saarlouis in dem es heißt: “Sowohl im Interesse der Unversehrtheit eines denkmalgeschützten öffentlichen Gebäudes als auch im Interesse eines ungestörten Verwaltungshandelns ist vorliegend die Durchführung eines Strafverfahrens unabdingbar.”
Wegen seines rüden Vorgehens ist Herr Fontaine in den folgenden Tagen in die öffentliche Kritik geraten und kündigte dann schnell eine Skulptur an zentraler Stelle zur Erinnerung an Samuel Yeboah an. — Aber nichts ist Geschehen.
Die Verantwortlichen in Saarlouis wollen sich nicht erinnern, weil es nichts ins Bild passt, weil es schädlich ist für das Image. Seit nunmehr 12 Jahren gilt: Niemand und nichts erinnert in der Stadt an Samuel Yeboah, während zum Beispiel gleichzeitig vieles in Saarlouis an den Rassisten und erklärten Anti-Demokraten Lettow-Vorbeck erinnert. Und das ist eine hochoffizielle Entscheidung, denn schließlich ist Lettow-Vorbeck seit 1956 Ehrenbürger der Stadt.
Allgemein ist die Stadt Saarlouis für Aktionen ihrer rechten Mitbürger im Saarland und darüber hinaus bekannt. Die bereits erwähnte neofaschistische Kameradschaft Saarlautern prägt seit einiger Zeit das Stadtbild. So konnte diese Gruppe auch schon im letzten Jahr mit ca. 100 Nazis durch Saarlouis marschieren. Übergriffe auf politische Andersdenkende und Nichtdeutsche sind keine Seltenheit. Im Jahr 2000 verteilten Neonazis im Vorfeld des Altstadtfestes Flugblätter auf welchen sie mit der Überschrift “Sieg Heil Kameraden” zum Kampf gegen AntifaschistInnen auf dem Altstadtfest aufriefen. Die vermehrte Arbeit und das zunehmende Auftreten und Agieren in der Öffentlichkeit von Seiten faschistischer Organisationen in Saarlouis, wie auch die Passivität von Stadt und Polizei, hat das Erinnern an den rassistisch motivierten Brandanschlag und den Mord an Samuel Yeboah zunehmend notwendig gemacht. Wo Zivilgesellschaft, Politik und Polizei nicht motiviert sind, sei es aus Desinteresse oder ideologischer Übereinstimmung mit der hier thematisierten Gruppierung auf einer deutsch-völkischen Basis, wird das Handeln wider das Vergessen zur Pflicht.
Das Verdrängen und Bagatellisieren rechter Straftaten ist wie auch die konsequente Härte der deutschen Justiz gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten deutsche Tradition. Eine Justiz welche seit der Gründung der BRD nicht von Nationalsozialisten frei war.
Und so geht es auch heute in diesem Verfahren nicht darum, dass vielleicht die Fassade des Rathauses beschädigt wurde, sondern darum, dass Antifaschistinnen und Antifaschisten immer wieder an der Fassade der sich gerne weltoffen gebenden Stadt Saarlouis kratzen.
Egal welches Urteil nun später “Im Namen des deutschen Volkes” gesprochen wird, mir und uns wird es auch in Zukunft darum gehen das völkische Konstrukt “Deutschland” anzugreifen.
Nie wieder Faschismus muss heißen, nie wieder Deutschland!
Und nun zurück zum langweiligen Teil.
Flugblatt anlässlich des 12.Todestages Samuel Yeboahs am 19.09.2003
Wer schweigt, stimmt zu…
In der Nacht zum 19. September 1991 verübten Rassisten einen Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in Saarlouis-Fraulautern. Dabei starb Samuel Yeboah, ein Flüchtling aus Ghana, weitere Menschen wurden schwer verletzt.
Er war das erste Todesopfer faschistischer Gewalt in Westdeutschland nach der “Wiedervereinigung”.
Und heute, 12 Jahre danach?
Noch immer sind die Täter nicht gefasst, das Ermittlungsverfahren ist längst eingestellt, die Stadt Saarlouis hat kein Interesse an der Aufarbeitung dieses Mordes. Im Gegenteil: Um ihren Ruf als weltoffene Stadt zu bewahren, tut sie alles, um die Geschehnisse zu vertuschen und diejenigen, die daran erinnern, zu kriminalisieren. So läuft gegen den Anmelder der Kundgebung zum 10. Todestag, bei der eine Gedenktafel für Samuel Yeboah ans Rathaus angebracht wurde, noch immer ein Strafverfahren wegen “Sachbeschädigung”. Die Tafel wurde noch in der gleichen Nacht auf Befehl von Oberbürgermeister Fontaine entfernt. Dieser Akt des Verdrängens ist Teil des rassistischen Konsens in einer Gesellschaft, in welcher die etablierte Politik im Einklang mit dem Großteil der deutschen Bevölkerung den Schulterschluss mit den faschistischen Mördern vollzieht.
“Kameradschaft Horst Wessel Saarlautern”
Saarlouis ist als Hochburg organisierter Neonazis bekannt und berüchtigt, auch wenn die Stadt versucht, dieses Problem zu leugnen und das Vorhandensein einer neonazistischen Szene totzuschweigen. In Saarlouis existiert jedoch eine straff organisierte Struktur militanter Neonazis, die sog. “Kameradschaft Saarlautern”. Diese stellt schon alleine durch ihren Namen einen direkten Zusammenhang zum Nationalsozialismus her, da ‚Saarlautern’ der Name der Stadt Saarlouis in Nazideutschland war, hinzu kommt die positive Bezugnahme auf den SA-Mann Horst Wessel.
Neben der aggressiven Präsenz im Saarlouiser Stadtbild sind die Mitglieder der Kameradschaft durch ihre Teilnahme an Naziaufmärschen auf Bundesebene aktiv und einflussreich. Spätestens seit dem 05.07.2003, als etwa 100 Faschisten, von der Polizei geschützt, durch Saarlouis-Roden marschierten, kann niemand mehr die Existenz einer aktiven Neonaziszene in Saarlouis leugnen.
Rassismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft!
Von stillschweigender Hinnahme — wie bei den vergangenen Naziaufmärschen in Saarlouis — bis hin zu Beifall und aktiver Teilnahme — wie bei den Pogromen von Rostock-Lichtenhagen, Mannheim-Schönau etc. — reichen die Reaktionen der deutschen Bevölkerung. Über diese rassistische Grundstimmung kann auch das sog. Saarlouiser “Bündnis gegen Rechts”, das sich vor allem durch Untätigkeit und Verharmlosung der Zustände auszeichnet, nicht hinwegtäuschen. Rassistische Kontrollen, z.B. an Bahnhöfen, und gewaltsame Abschiebungen von Menschen, die für das kapitalistische System ökonomisch nicht verwertbar sind, gehören in Deutschland zum Alltag und stoßen auf breite Zustimmung.
Solche Morde sind Alltag in der BRD, seit der sogenannten “Wiedervereinigung” gab es über 100 Todesopfer durch neofaschistische Gewalt. Auch das Saarland stellt hierbei keine Ausnahme dar: erst letztes Jahr, in der Nacht vom 11. auf den 12.August 2002, wurde der 19jährige Ahmed Sarlak auf dem Sulzbacher Salzbrunnenfest von dem Neonazi Carlos Neu erstochen. Auch bei dieser Tat wurde der Hintergrund zu vertuschen versucht, das rassistische und fremdenfeindliche Motiv sogar vom Gericht geleugnet und der Mord als Dorffestschlägerei unter Jugendlichen abgetan.
Widerstand ist notwendig!
Die ständigen Naziübergriffe machen die dringende Notwendigkeit von entschlossenem Widerstand gegen Neonazis und Rassisten deutlich. Gegenwehr gegen Angriffe von Neonazis war und ist möglich! Haltet zusammen und schaut nicht weg, wenn Faschisten ihre menschenverachtende Ideologie in die Öffentlichkeit tragen! Greift ein und schlagt zurück, wenn Menschen von Neonazis angegriffen oder beschimpft werden! Nehmt Kontakt zu anderen AntifaschistInnen auf und organisiert euch! Gemeinsam können wir es schaffen, die Faschisten aus dem öffentlichen Raum zu drängen!
Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Antifaschistischen Widerstand organisieren!
Presseerklärung zur Einstellung des Verfahrens vom 18.02.2005
Verfahren wegen Gedenktafel nun endlich eingestellt — Aber noch immer erinnert nichts in der Saarlouiser Innenstadt an Samuel Yeboah
Am 19. September 2001 führte ein antifaschistisches Bündnis in Saarlouis eine Kundgebung zur Erinnerung an den 1991 bei einem rassistischen Brandanschlag ermordeten Samuel Yeboah durch. Bei der Kundgebung wurde zum Kampf gegen Neonazis, Geschichtsrevisionismus und Rassismus aufgerufen. Im Anschluss an die Kundgebung wurde am Saarlouiser Rathaus eine Gedenktafel angebracht, die der damalige Oberbürgermeister Fontaine noch am gleichen Tag in einer vollkommen unüberlegten Aktion wieder abreißen ließ. Gegen den Anmelder der Kundgebung erstattete OB Fontaine Anzeige wegen “Gemeinschädlicher Sachbeschädigung”.
Das Verfahren wurde nun durch den zuständigen Richter beim Amtsgericht Saarlouis eingestellt. Damit hat ein weiteres unsägliches Kapitel in der Chronik der Peinlichkeiten und Absurditäten der Stadt Saarlouis im Umgang mit AntifaschistInnen und AntirassistInnen ein Ende gefunden. So wurde schon im September 2001 und in den darauf folgenden Monaten das Verhalten der Stadtverwaltung, insbesondere des Herrn Fontaine, stark kritisiert und auch die regionalen und überregionalen Medien berichteten darüber, dass im Jahr des “Aufstands der Anständigen” aktive Antifaschisten nun sogar für das Anbringen einer Gedenktafel bestraft werden sollen. Zahlreiche Gruppen und Einzelpersonen solidarisierten sich mit dem Betroffenen in einem offenen Brief. In ganz Saarlouis und darüber hinaus waren Plakate zu sehen mit einem Abbild der Gedenktafel, die Herr Fontaine gewaltsam entfernen ließ und der Aufschrift: “In Erinnerung an Samuel Yeboah — Flüchtling aus Ghana — am 19.9.1991 durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet”.
Der Prozess im Juni 2003 endete bereits nach wenigen Minuten in einem Eklat, als der Angeklagte bereits nach den ersten sechs Worten seiner Prozesserklärung durch den Richter unterbrochen wurde, der nicht zulassen wollte, dass “die Antifa in seinem Gerichtssaal eine Show abziehe”. Daraufhin kam es zu Protesten der anwesenden ZuschauerInnen und die Gerichtsverhandlung wurde abgesagt. Nun, gut 1 ½ Jahre später wurde das Verfahren eingestellt. Ein Sprecher der Antifa Saar erklärte hierzu:
“Natürlich werten wir die Einstellung des Verfahrens als einen kleinen Erfolg unserer Öffentlichkeitsarbeit. An dieser Stelle sei auch allen Unterstützerinnen und Unterstützern noch mal gedankt. Aber machen wir uns nichts vor, an Samuel Yeboah erinnert noch immer nichts in der Innenstadt und neonazistisches Gedankengut tritt zur Zeit in der Bevölkerung so deutlich zu Tage, wie schon lange nicht mehr. Außerdem gibt es zur Zeit noch zahlreiche weitere Verfahren gegen saarländische Antifaschisten”.
Die Antifa Saar wird auch in Zukunft gegen staatlichen Rassismus, Neonazismus und Antisemitismus angehen. Außerdem fordern wir die Einstellung aller Verfahren gegen AntifaschistInnen und AntirassistInnen!
Antifa Saar / Projekt AK
Saarbrücker Zeitung zum erneuten Prozess — 05.10.2005
Prozess um Gedenktafel am Rathaus
Stadt Saarlouis klagt gegen Veranstalter des “Antifaschistischen Aktionstages” von 2001 Weil er eine Gedenktafel für den 1991 ermordeten Flüchtling Yeboah am Saarlouiser Rathaus anschlug, muss sich heute ein Mann vor dem Amtsgericht Saarbrücken wegen Schadenersatz verantworten.
Saarlouis/Saarbrücken. An ein brutales Verbrechen wollte ein “Antifaschistisches Bündnis” 2001 in Saarlouis mit einer Gedenktafel erinnern: Den Mord an dem ghanesischen Flüchtling Samuel Yeboah, der am 19. September 1991 bei einem Brandanschlag in einem Asylbewerberheim bei Fraulautern ums Leben kam. Deshalb brachten Mitglieder mehrerer antifaschistischer Gruppen eine Gedenktafel anlässlich des zehnten Todestages Yeboahs am Saarlouiser Rathaus an. Diese Tafel hing damals allerdings nur wenige Stunden. Dann wurde sie auf Anweisung des damaligen Oberbürgermeisters Hans-Joachim Fontaine (CDU) wieder entfernt. Begründung: Es gebe keine Genehmigung für das Anbringen der Tafel und die Fassade des Rathauses sei denkmalgeschützt. Aus diesem Grund erstattete die Stadt Anzeige wegen Sachbeschädigung.
Heute, vier Jahre nach der Aktion, kommt es zum Prozess vor dem Saarbrücker Amtsgericht. Wie das Gericht mitteilte, klagt die Stadt Saarlouis auf Schadenersatz gegen den Veranstalter des “antifaschistischen Aktionstages” zum zehnjährigen Todestag Yeboahs. Durch das Entfernen der Gedenkplatte mit der Aufschrift “In Erinnerung an Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana, am 19.9.1991 durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet”, sei der Stadt ein finanzieller Schaden entstanden.
Bei der Menschenrechtsorganisation “Aktion Dritte Welt Saar” sorgt die Klage und der heute stattfindende Prozess für Verärgerung. “Ich habe kein Verständnis für diesen Prozess. Die Stadt Saarlouis sollte stolz darauf sein, dass es noch Menschen mit Zivilcourage gibt, die die Mauer des Schweigens nicht hinnehmen”, sagt Gertrud Selzer vom Vorstand. Die Aktion fordert von der Stadt Saarlouis, sie möge ihre Klage zurückziehen. Außerdem solle der Oberbürgermeister gemeinsam mit allen Interessierten einen runden Tisch veranstalten, in dem Vorschläge für eine neue Gedenktafel erarbeitet werden sollen. Denn bis heute erinnere nichts in Saarlouis an den Flüchtling Samuel Yeboah. “Stattdessen rühmt sich die Stadt, Geburtsort des Generals Paul von Lettow-Vorbeck zu sein”, kritisiert Gertrud Selzer. Dieser sei 1904 maßgeblich an der gezielten Ermordung von tausenden Hereros im heutigen Namibia beteiligt gewesen. ut
Saarbrücker Zeitung über erneuten Prozess — 06.10.2005
Streit um Gedenken an getöteten Ghanaer
Prozess um ungenehmigte Tafel am Saarlouiser Rathaus: Angeklagter streitet Beteiligung ab
Vor vier Jahren wurde eine Gedenktafel für den ermordeten Flüchtling Yeboah ohne Erlaubnis am Saarlouiser Rathaus angeklebt. Gestern kam es zum Prozess gegen den mutmaßlichen Verantwortlichen der Aktion.
Saarbrücken. Formal geht es nur um Sachbeschädigung: Die Stadt Saarlouis klagte auf Schadenersatz gegen den Veranstalter eines “Antifaschistischen Aktionstages” in Saarlouis im Jahr 2001. Der 29-jährige Saarbrücker soll dafür verantwortlich sein, dass nach der von ihm angemeldeten Kundgebung eine Gedenktafel am Saarlouiser Rathaus angebracht wurde. Da diese Aktion von der Stadt Saarlouis nicht genehmigt war, ließ sie die Tafel kurzerhand wieder entfernen und klagte. Gestern, vier Jahre nach der Aktion, fand der Prozess vor dem Saarbrücker Amtsgericht statt. Der Angeklagte stritt die Verantwortung für das Anbringen der Tafel ab: “Ich habe mit der Anbringung der Platte nichts zu tun. Aber ich finde die Aktion gut.” Mit der Gedenkplatte wollten die Demonstranten, ein loser Zusammenschluss aus mehreren antifaschistischen Gruppen, des grausamen Mordes an Samuel Yeboah im September 1991 gedenken. Der junge Mann aus Ghana war damals bei einem Brandanschlag in Saarlouis ums Leben gekommen. Im Prozess bestritt der Angeklagte, dass er von der Platte gewusst habe. Er habe lediglich eine Kundgebung in der Französischen Straße in Saarlouis angemeldet und geleitet. Als es danach noch zu einer spontanen Demonstration gekommen sei, habe er nicht gewusst, dass diese das Anbringen einer Gedenktafel am Rathaus zum Ziel hatte. Er selbst sei auch nicht beim Ankleben der Platte dabei gewesen, sondern erst später dazugekommen, weil er noch Lautsprecher und Teile einer Ausstellung nach der Kundgebung im Auto habe verstauen müssen. Der einzige Zeuge, der zum Prozess geladen war, der leitende Polizist am Tag der Demonstration, sagte jedoch aus, dass er den Angeklagten sehr wohl am Ort des Geschehens gesehen habe. “Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht in Ordnung ist, was dort geschieht und dass es wahrscheinlich eine Anzeige geben werde, aber er hat nur gelächelt und mit den Schultern gezuckt.” Das Urteil soll am 27. Oktober gesprochen werden. Der Streit um das Andenken an Yeboah wird wohl noch weiter gehen. “Wir wollen, dass es an zentraler, öffentlicher Stelle in Saarlouis ein Gedenken an den ermordeten Yeboah gibt”, sagte der Angeklagte nach dem Prozess. Unterstützt wird er von der Antifa Saar und der Aktion Dritte Welt Saar, die am Mittwoch einen runden Tisch mit allen Beteiligten angeregt hatte. ut