Erneute Schlappe für den Regionalverband — Das Saarbrücker Schloss bleibt Veranstaltungsort der NPD

Wieder ein­mal blamiert sich der Region­alver­band Saar­brück­en in der Auseinan­der­set­zung mit der NPD. Das erneute Scheit­ern sein­er Bemühun­gen, die NPD Saar aus dem Saar­brück­er Schloss zu ver­ban­nen, zeugt nicht nur von man­gel­nder Kreativ­ität, son­dern auch von his­torisch­er Ahnungslosigkeit über seine Vergangenheit.

Ein Mod­ell des Schloss­es nach den Entwür­fen Hein­rich Glück­erts. Zu beacht­en sind die geplanten NS-Parteiadler am Ein­gang, 1938. (siehe Fußnote 11)

Der Region­alver­band hat es wieder ein­mal ver­bockt. Ließ Region­alver­band­spräsi­dent Peter Gillo am 1. Juli 2017 noch verkün­den, dass das Schloss ab sofort für Neon­azis ges­per­rt sei,1 prahlt NPD-Anwalt und stel­lvertre­tender NPD-Lan­desvor­sitzen­der Peter Richter knapp 10 Tage später über Face­book schon damit, dass das Oberver­wal­tungs­gericht diesen Beschluss in sein­er Entschei­dung vom 10. Juli 2017 kassiert habe. Wie auch das Ver­wal­tungs­gericht in Gießen einige Monate zuvor2 sah das Gericht in Saar­louis das Ver­bot ein­er NPD-Ver­anstal­tung in den Räum­lichkeit­en des Schloss­es einzig auf­grund der Ver­fas­sungs­feindlichkeit der Partei als unzuläs­sig an. Das Grundge­setz ver­bi­ete eine solche Diskri­m­inierung und die NPD müsse wie alle anderen Parteien behan­delt wer­den.3 So kon­nte am 12.7.2017 wiederum im Saar­brück­er Schloss eine NPD-Ver­anstal­tung, die Wahl des NPD-Ober­bürg­er­meis­terkan­di­dat­en für Völk­lin­gen, stattfinden.

Der Region­alver­band­spräsi­dent kann einem schon fast leid tun: Sein beam­ten­treues Ver­trauen in das Urteil des Bun­desver­fas­sungs­gerichts und seine loyale Naiv­ität bezüglich des juris­tis­chen Appa­rats der Bun­desre­pub­lik machen sich ein­fach nicht bezahlt. Verge­blich wartete er bish­er auf ein juris­tisch schw­er umset­zbares Geset­zge­bungsver­fahren zur Parteien­fi­nanzierung, das es zusät­zlich Kom­munen ermöglichen sollte, die NPD auszuschließen.4 Als eine Art Verzwei­flung­stat erschien da der Beschluss der Region­alver­samm­lung, der von NPD-Anwalt Peter Richter müh­e­los rück­gängig gemacht wurde.

Peter Richter tri­um­phiert auf Face­book. (Screen­shot vom 18.8.2017)

Peter Richter und der NPD gelingt es immer wieder, den Region­alver­band vorzuführen. Kon­nte noch im Jahr 2014 der Bun­desparteitag in Saar­brück­en Schaf­brücke auf­grund eines Form­fehlers abge­sagt wer­den, so fan­den 2015 bis 2017 gle­ich mehrere Ver­anstal­tun­gen der NPD im Saar­brück­er Schloss statt. Nach­dem der Region­alver­band den Neu­jahrsemp­fang im Jan­u­ar 2015 zunächst abgelehnt hat­te, kon­nte Peter Richter vor dem Ver­wal­tungs­gericht in Saar­louis let­z­tendlich doch durch­set­zen, dass dieser ver­spätet am 31. Jan­u­ar 2015 „zu den üblichen Bedin­gun­gen“ stat­tfand.5 Mehr als Betrof­fen­heit hat­te der Region­alver­band dem nicht ent­ge­gen­zuset­zen6, wodurch der Neu­jahrsemp­fang der NPD im Saar­brück­er Schloss mit­tler­weile zur Insti­tu­tion gewor­den ist. Gestützt auf das Urteil des Ver­wal­tungs­gerichts, jedoch begleit­et von antifaschis­tis­chem und bürg­er­lichem Protest, fand 2017 auch der Bun­desparteitag der NPD im Saar­brück­er Schloss statt. So kon­nte die NPD Saar gle­ich in zweier­lei Hin­sicht ein his­torisches Zeichen set­zen: Nicht nur kon­nte sie mit der Wahl des Ver­anstal­tung­sortes die an jen­em Ort in ein­er Gedenkstätte geehrten Opfer des Nation­al­sozial­is­mus ver­höh­nen, son­dern auch einen der zen­tralen Orte nation­al­sozial­is­tis­ch­er Stadt­pla­nung wieder­beleben: Das Saar­brück­er Schloss selbst!

Peter Gillo scheint dieser Umstand nur teil­weise bewusst zu sein. Ihm ist immer­hin klar, dass die im Keller des Schloss­es befind­lichen Gestapozellen und der sog. „Platz des unsicht­baren Mah­n­mals“ zwei Erin­nerung­sorte sind, die an die Naziver­brechen erin­nern und mah­nen sollen. Zum his­torischen Hin­ter­grund: Im Saar­brück­er Schloss war von 1935 bis 1945 die von Anton Dunck­ern geführte Gestapo-Stelle unterge­bracht. Im Keller des Gebäudes sind heute noch im Rah­men des His­torischen Muse­ums Saar eine der Zellen mit ihren in vie­len Sprachen verse­henen Wandin­schriften als Gedenkstätte zu besichti­gen.7 Der Schloss­platz sel­ber diente 1940 als Sam­mel­stelle für 134 saar­ländis­che Juden, die in das Lager Gurs in Süd­frankre­ich deportiert wur­den. Später, zwis­chen 1990 und 1993, ließ Kun­st­pro­fes­sor Gerz mit seinen Stu­den­ten heim­lich in mehreren Nächt­en über 2100 Pflaster­steine des Vor­platzes ver­schwinden, gravierte diese mit Namen jüdis­ch­er Fried­höfe und set­zte die Steine wieder ein.8 Die Gedenkstät­ten erin­nern also ein­er­seits an die im Keller des Schloss­es mis­shan­del­ten Häftlinge und ander­er­seits an die his­torische Ver­drän­gung der NS-Zeit durch die Deutschen.

Als Reich­skom­mis­sar für die Rück­gliederung des Saarge­bi­ets ver­lässt Bür­ck­el gemein­sam mit Reichsin­nen­min­is­ter Frick das sog. Kreis­stän­de­haus am Schloss­platz am 1. März 1935, in dem kurz zuvor die Rück­gliederung gefeiert wurde.

Blam­a­bel jedoch ist, dass davon abge­se­hen im Region­alver­band nicht viel Wis­sen über die Geschichte dieses Ortes vorhan­den zu sein scheint, denn auch andere Zen­tren der Nation­al­sozial­is­ten waren im Schlos­sare­al unterge­bracht9: Als zukün­ftig geplante Haupt­stadt des seit 1940 durch Adolf Hitler gebilde­ten Gaus West­mark ent­stand um den Schloss­platz eine poli­tis­che Schaltzen­trale nation­al­sozial­is­tis­ch­er Mach­taus­dehnung. Sowohl die Kreisleitung der NSDAP als auch die Gauleitung waren am Schloss­platz und im Schloss sel­ber unterge­bracht. Damit Reich­skom­mis­sar Josef Bür­ck­el auch möglichst in der Nähe sein­er Wirk­stätte arbeit­en kon­nte, wurde ihm sog­ar im ehe­ma­li­gen Kreis­stän­de­haus (heute Muse­um für Vor- und Frühgeschichte) eine prachtvolle Woh­nung ein­gerichtet und dieses 1941/42 als Repräsen­ta­tions­bau für die Gauleitung umge­baut.10 Der Plan, Saar­brück­en zur Haupt­stadt der West­mark umzubauen, blieb glück­licher­weise größ­ten­teils unaus­ge­führt. Der Umbau des Schloss­es als Gestapo-Zen­trale mit Parteiadlern an den Flanken ein­er Fre­itreppe wurde nur teil­weise aus­ge­führt.11 Der Platz sollte für nation­al­sozial­is­tis­che Feiern und Freilicht­spiele dienen.12

In seinem Antwortschreiben auf den offe­nen Brief der Antifa Saar / Pro­jekt AK bestre­it­et Peter Gillo diese his­torischen Tat­sachen. (Antwort Peter Gil­los auf den Offe­nen Brief der Antifa Saar.) Er hat es vielle­icht nicht bess­er gewusst. Dabei hätte er hier­für noch nicht ein­mal die his­torische Fach­lit­er­atur studieren müssen, son­dern ein­fach nur einen Blick auf das durch den Lan­desju­gen­dring Saar betriebene Pro­jekt erinnert-euch.de wer­fen müssen, welch­es einen sehr guten Überblick über saar­ländis­che Erin­nerung­sorte und Gedenkstät­ten bere­i­thält.13

Es ist den Poli­tik­ern des Region­alver­ban­des nicht unbe­d­ingt zuzu­trauen, dass sie die braune Ver­gan­gen­heit des Schloss­es gerne offen­le­gen möcht­en. Die Home­page des Saar­brück­er Schloss­es schweigt sich vol­lkom­men über die ver­gan­gene Nutzung durch die NS-Führung an der Saar aus. Stattdessen wird das Schloss unter dem Mot­to „Tagen. Feiern. Genießen.“ als prunk­voller Ver­anstal­tung­sort aus­gewiesen.14

Bere­its in der offiziellen Festschrift zum 200-jähri­gen Beste­hen des Land­kreis­es Saar­brück­en wird die NS-Ver­gan­gen­heit des Schloss­es fast ganz ver­schwiegen, stattdessen aber wer­den ohne Kon­text lang­weilige Details der Baugeschichte präsen­tiert. Dass auch den Nazis daran hätte gele­gen sein kön­nen, einen solch prachtvollen Bau zu Repräsen­ta­tion­szweck­en zu nutzen, darauf scheinen wed­er Gillo noch der Autor eines Artikels zur Baugeschichte des Schloss­es zu kom­men.15 Der Region­alver­band kon­stru­iert sich so ein stim­miges Nar­ra­tiv: das Saar­brück­er Schloss sei eben „nur“ Gesta­poge­fäng­nis gewe­sen, das von den Nazis genutzt wurde, eine weniger rel­e­vante Episode, die sich in jedem anderen Raum in Saar­brück­en hätte abspie­len können.

Gillo selb­st lässt offen, ob er es begrüßen würde, wenn der saar­ländis­che Land­tag Gedenkstät­ten wie den Rab­bin­er-Rülf-Platz oder das Saar­brück­er Schloss als Orte der Erin­nerung an die Opfer des NS-Ter­rors vor recht­en Ver­samm­lun­gen schützen würde. Nahe­liegend ist, dass Gillo es lieber ver­mei­den möchte, dass für den Preis, dass Nazis ver­trieben wer­den, das Bild des Saar­brück­er Schloss­es als schick­er Ver­anstal­tung­sort getrübt würde. Wom­öglich hat er Angst davor, dass der Umstand, dass Saar­brück­en und mit ihm das Schloss einst als Gaumetro­pole des Nazire­ichs fungieren sollte, wohl nicht so ganz zum Mul­ti­kul­tur­al­ität-heis­chen­den Mot­to „unglaublich vielfältig“ passen oder etwaige Touris­ten abschreck­en kön­nte. So oder so: Das Herun­ter­spie­len der NS-Ver­gan­gen­heit im Saar­brück­er Schloss scheint Meth­ode zu haben!

SA-Ver­bände ziehen von Umste­hen­den umjubelt am 1. März 1935 in Saar­brück­en ein. (Bild aus: van Dül­men, Richard: Erin­nerungsar­beit: Die Saar ’33-’35. Ausstel­lung zur 50jährigen Wiederkehr der Saarab­stim­mung vom 13. Jan­u­ar 1935. Saar­brück­en 1985, S.12)

Auf den sel­ben Man­gel an Geschichts­be­wusst­sein darf Gillo bei der NPD indessen nicht hof­fen, denn dass die NPD viel Wert auf die Insze­nierung im Kon­text solch­er Mah­n­male set­zt, macht sich dur­chaus bemerk­bar. So war es der NPD-Tarnor­gan­i­sa­tion Sage­sa offen­sichtlich sehr wichtig, dass sie auf dem Saar­brück­er Rab­bin­er-Rülf-Platz, dem Erin­nerung­sort für die deportierten Saar­brück­er Jüdin­nen und Juden, eine Demon­stra­tion abhal­ten durfte.16 Am 1. Juli 2016, nach­dem das saar­ländis­che Ver­wal­tungs­gericht das Demon­stra­tionsver­bot gekippt hat­te17, posierten Peter Richter, Demo-Anmelder Sascha Wag­n­er und NPD-Saar-Vor­sitzen­der Peter Marx auf dem Holo­caustmah­n­mal in Saar­brück­en, um ihren Tri­umph zu zele­bri­eren.18 So dürfte auch die Tat­sache, dass das Saar­brück­er Schloss eine ehe­ma­lige nation­al­sozial­is­tis­che Machtzen­trale war, dur­chaus bei der Wahl eines Ver­anstal­tung­sortes für die NPD eine Rolle gespielt haben.

So ver­wun­dert es auch nicht, dass alle drei saar­ländis­chen Red­ner der NPD sich in ihren Reden auf dem Bun­desparteitag 2017 auf die Wahl dieses Ortes bezo­gen haben. Peter Marx habe „darauf gedrängt“, dass „in diesem Saal mit­ten in der Stadt mit Blick auf den Land­tag“ getagt würde. Frank Franz zeigte sich zufrieden damit, dass der Ver­anstal­tung­sort „einen möglichst großen Effekt in der Medi­en­berichter­stat­tung“ mitgenom­men habe und Peter Richter spitzte den NPD-Erfolg let­ztlich dahinge­hend zu, dass es ihm „als Mit­glied eben dieser Region­alver­samm­lung ein ganz beson­deres Vergnü­gen [sei], dass hier heute nicht die Volksver­räter der Alt­parteien sitzen, son­dern die NPD, die sich zum deutschen Volk beken­nt und eben für dieses deutsche Volk Poli­tik macht“.19

Die Anlage um die Pracht­treppe des Naz­i­um­baus diente noch über Jahre hin­weg als öffentlich­er Park­platz. Hofan­sicht 1978. (Siehe Fußnote 11)

Gillo hat angesichts solch­er Nieder­tra­cht und Geris­senheit nur mit Plat­titü­den und Betrof­fen­heit­srhetorik aufzuwarten. Der Region­alver­band sei „seit vie­len Jahren in der anti­ras­sis­tis­chen Arbeit aktiv“, was sich dadurch zeigen würde, dass er als Träger der VHS u.a. „Inte­gra­tionskurse“ und alter­na­tive Stadtrund­fahrten anbi­ete und viele sein­er Schulen den Titel „Schule ohne Ras­sis­mus“ trü­gen. Dem Region­alver­band seien „die Hände gebun­den“ und er hätte „keine Möglichkeit­en“, die NPD aus dem Schloss zu vertreiben. Stattdessen seien Gillo und sein Team „an Recht und Gesetz gebun­den“. Sie wür­den aber „alles“ tun, was „zu ein­er tol­er­an­ten und offe­nen Gesellschaft beitra­gen“ könne. Warum, angesichts solch hehrer Motive und umfan­gre­ich­er Aufk­lärungs- und Inte­gra­tionsar­beit noch nicht ein­mal der Region­alver­bands­di­rek­tor weiß, welche his­torische Bedeu­tung das Schloss für die Nazis hat, erschließt sich dem aufmerk­samen Leser solch­er Lip­pen­beken­nt­nisse fürder­hin nicht. Wenn selb­st er aus der deutschen Geschichte nicht gel­ernt hat, dass Nazis nicht durch Mehrheits­beschlüsse und Erlasse zu besiegen sind, welchen Erfolg kann dann die Aufk­lärungsar­beit solch­er Insti­tu­tio­nen schon leisten?

Dass es auch anders geht, zeigten in der Ver­gan­gen­heit viele andere Städte in der Bun­desre­pub­lik. Hier­bei muss nicht immer der juris­tis­che Weg beschrit­ten wer­den, wenn es beispiel­sweise um den Auss­chluss rechter Parteien geht. Etwas kreativ­er ver­hin­derte beispiel­sweise die Stadt Neu-Ulm eine NPD-Kundge­bung, indem sie einen Schneep­flug mehrere Kubik­me­ter Kehrgut auf dem geplanten Ver­anstal­tungsplatz der Nazis entleeren ließ.20 Und die Stadt Coburg ließ anlässlich des NPD-Parteitages spon­tan Bauar­beit­en an den Zufahrtswe­gen zum Ver­anstal­tung­sort vornehmen, wodurch die Ver­anstal­tung unmöglich wurde.21 Für den Anfang wäre es in Saar­brück­en zumin­d­est begrüßenswert, wenn der Region­alver­band aus­drück­lich zum Besuch aller Gegen­demon­stra­tio­nen und auch der Block­ade­v­er­suche aufrufen würde. Ohne zum Besuch aufzu­fordern wird in den Ver­laut­barun­gen des Region­alver­ban­des auf die Demon­stra­tion des folk­loris­tis­chen Bünd­niss­es „Bunt statt Braun“ hingewiesen, die längst nach Beginn des Parteitages stat­tfand um Kon­flik­te mit den Nazis zu ver­mei­den.22

Angesichts der Inkon­se­quenz und Wil­len­losigkeit des Region­alver­ban­des wird Saar­brück­en wohl bis auf weit­eres ein Ort bleiben, an dem sich Nazis ohne ern­stzunehmende Gegen­wehr seit­ens des Region­alver­ban­des bre­it machen kön­nen. Mehr als warme Worte kann von Gillo, der sich hin­ter Worthülsen wie „Tol­er­anz“ und „Weltof­fen­heit“ ver­steckt und auch anson­sten vol­lkom­men ahnungs­los ist, wenn es um saar­ländis­che Nation­al­sozial­is­ten der Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart geht, nicht erwartet werden.

Der Umgang mit der NS-Ver­gan­gen­heit zeigt sich am Saar­brück­er Schloss für saar­ländis­che Ver­hält­nisse mal wieder exem­plar­isch und ste­ht in ein­er unseli­gen Tra­di­tion. Nicht nur der Erhalt des ganz im Geschmack der Nation­al­sozial­is­ten erbaut­en Gauthe­aters, son­dern auch die im Gegen­satz dazu jahre­lange Ver­wahrlosung der Gedenkstätte auf dem Gebi­et des Lagers „Neue Bremm“ sprechen davon Bände. Auch die Tat­sache, dass die Saar­brück­er Gestapozelle erst müh­sam wieder freigelegt wer­den musste, nach­dem eine Karnevals­ge­sellschaft ihre Wände übertüncht hat­te, zeu­gen nicht ger­ade von gelebter saar­ländis­ch­er Geschicht­skul­tur.23 Prov­inz­pos­sen wie die geplante Errich­tung eines Wehrma­chts- und SS-Denkmals durch von der Lokalpoli­tik hofierte Riegels­berg­er Nazis tun ihr Übriges dazu.24

Peter Gillo wird auch in Zukun­ft nicht mehr gegen die NPD unternehmen als bish­er geschehen. Es ist ihm wichtiger, den Schein des strahlen­den „Bürg­er­schloss­es“ von Saar­brück­en aufrechtzuer­hal­ten, als die Ver­gan­gen­heit des Schloss­es jen­seits des Sten­gel-Prunks lück­en­los aufzuar­beit­en. Dabei würde doch eher eine kon­se­quente antifaschis­tis­che Ver­gan­gen­heit­spoli­tik ein kon­se­quentes Vorge­hen gegen die Nazis erlauben und somit den Ruf der Stadt verbessern. Es ist nicht davon auszuge­hen, dass die NPD in abse­hbar­er Zeit im Saar­land von der Bild­fläche ver­schwinden wird. Daher kann sich Gillo auch darauf gefasst machen, dass bei ein­er zukün­fti­gen im Schloss stat­tfind­en­den NPD-Ver­anstal­tung der antifaschis­tis­che Wider­stand in Saar­brück­en umso effek­tiv­er organ­isiert wird und sich wom­öglich beim näch­sten mal den Nazis und der sie beschützen­den Polizei immer mehr Demon­stran­ten kon­se­quent ent­ge­gen­stellen werden.

2Zum Gießen­er Urteil berichtete die Frank­furter All­ge­meine Zeitung: <http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/npd-darf-stadthalle-in-buedingen-nutzen-15030480.html> am 18.8.2017.

5Kirch, Daniel: NPD darf im Saar­brück­er Schloss feiern. In: Saar­brück­er Zeitung vom 22. Jan­u­ar 2015. <https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/saarbruecken/saarbruecken/npd-darf-im-saarbruecker-schloss-feiern_aid-1438269> am 18.8.2017.

6Zu den bürg­er­lichen Protesten: Redak­tion der Saar­brück­er Zeitung: Mah­nwache gegen NPD-Neu­jahrsemp­fang im Saar­brück­er Schloss. In: Saar­brück­er Zeitung vom 30. Jan­u­ar 2015.<https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/saarbruecken/saarbruecken/mahnwache-gegen-npd-neujahrsempfang-im-saarbruecker-schloss_aid-1444930> am 18.8.2017; Redak­tion der Saar­brück­er Zeitung:NPD-Neujahrsempfang auch nach Genehmi­gung weit­er in der Kri­tik. In: Saar­brück­er Zeitung vom 31. Jan­u­ar 2015. <https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/saarbruecken/saarbruecken/npd-neujahrsempfang-auch-nach-genehmigung-weiter-in-der-kritik_aid-1445709> am 18.8.2017.

7Vgl. hierzu: Volk, Her­mann: Heimat­geschichtlich­er Weg­weis­er zu Stät­ten des Wider­standes und der Ver­fol­gung 1933–1945. Bd. 4: Saar­land, Köln 1989, S.18 und 26 f; Puvo­gel, Ulrike; Stankovs­ki, Mar­tin: Gedenkstät­ten für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus. Eine Doku­men­ta­tion. Band 1, S. 708 ff.

8 Vgl hierzu: Puvo­gel; Stankovs­ki: Gedenkstät­ten, S. 709 ff.; Onlinepräsenz des Kün­stlers mit Doku­men­ta­tion der Aktion: <http://www.gerz.fr/html/main.html?res_ident=5a9df42460494a34beea361e835953d8&art_ident=e796072e25c4df21a6a3a262857e6d3f> am 18.8.2017.

9Urban Kreisler führt dazu aus: „Eine die Stadt in ihrer Gesamtheit ins Auge fassende große Entwick­lungslin­ie fes­tle­gende, zugle­ich funk­tionale und ästhetis­che Stadt­pla­nung beab­sichtigte man in Saar­brück­en erst­mals in der Zeit des Nazire­ich­es. Die Haupt­stadt der „West­mark“ sollte den welschen Nach­barn trutzig vor Augen hal­ten, was ger­man­is­che Gesin­nung und Gesit­tung ver­mocht­en. Eine Pracht­straße, vom Haupt­bahn­hof aus nach Süden führend, sollte der Stadt ein neues Zen­trum geben und aller Blicke lenken auf eine gigan­tis­che „Ordens­burg“, die den Triller krö­nen sollte. Mit­te­lal­tertümel­nder Kitsch dieser Dimen­sion stand, typ­isch für den Nazis­mus, der alles andere als anti­mod­ern war, zukun­ftsweisenden Pla­nun­gen nicht im Wege: die Ver­bre­iterung der Saarufer­straße und die am Fuße des Spicher­er Bergs ent­langführende „Südau­to­bahn“ sind von dieser Zeit bere­its vor­weggenom­men worden.“aus: Kreisler; Urban E.: Saar­brück­en, ein Bausün­den­ba­bel. In: Saar­brück­er Hefte (61/62, 1989), S.10 f.

10Volk: Weg­weis­er, S.18 f.

11Abbil­dung: Schnei­der 1995, S. 401.

12Krebs, Ger­hild: Saar­brück­er Schloss. In: Rain­er Hude­mann unter Mitar­beit von Mar­cus Hahn, Ger­hild Krebs und Johannes Groß­mann (Hg.), Stät­ten gren­züber­schre­i­t­en­der Erin­nerung – Spuren der Ver­net­zung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhun­dert. Saar­brück­en 2002, 3., tech­nisch über­ar­beit­ete Auflage 2009. Online auf Memo Trans­front: <http://www.memotransfront.uni-saarland.de/pdf/schloss_saarbruecken.pdf> am 18.8.2017.

13Onlinepor­tal „Erin­nert euch“: <http://www.erinnert-euch.de/index.php?id=1714> am 18.8.2017.

14Web­seite des Saar­brück­er Schloss­es: <http://www.saarbruecker-schloss.de/saarbruecker-schloss/> am 18.8.2017.

15Sander, Eckart: Vom Fürsten­sitz zum Bürg­er­schloss – Das Saar­brück­er Schloss. In: Region­alver­band Saar­brück­en: 200 Jahre Land­kreis Saar­brück­en – Von Preußens Rand zum Regionalverband.Saarbrücken 2016. <http://saardok.sulb.uni-saarland.de/jspview/archive/frei/bsz470247355/0/200Jahre_Landkreis.html> am 18.8.2017.

16Kloster­mann, Dieter: „Erhe­bliche Pro­voka­tion“ von Recht­sex­tremen. In: Saar­brück­er Zeitung vom 9.6.2016. <https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/saarbruecken/saarbruecken/erhebliche-provokation-von-rechtsextremen_aid-1717453> am 18.8.2017.

17Ders.: Sage­sa-Chef Wag­n­er gewin­nt Prozess gegen OB Britz. In: Saar­brück­er Zeitung vom 28.6.2016. <https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/saarbruecken/saarbruecken/sagesa-chef-wagner-gewinnt-prozess-gegen-ob-britz_aid-1724019> am 18.8.2017.

19Die Eröff­nungsre­den sind bei Youtube abruf­bar. Peter Marx: <https://youtu.be/HcJUJYIAUg0>; Peter Richter: <https://youtu.be/1u1VR3w70wQ>; Frank Franz: <https://youtu.be/Y8LQSEoNQ‑o> am 18.8.2017.

20Steinke, Ronen: Schneep­flug schlägt NPD. In: Süd­deutsche Zeitung vom 3.9.2013. <http://www.sueddeutsche.de/politik/verhinderte-kundgebung-in-neu-ulm-schneepflug-schlaegt-npd‑1.1761626> am 18.8.2017.

23Volk S. 26, Bildunterschrift.

24Umfan­gre­iche Recherche auf der Home­page der Antifa Saar / Pro­jekt AK: <https://antifa-saar.org/2015/10/25/wehrmachtsdenkmal-in-riegelsberg/> am 18.8.2017.