Bericht zum Prozess am 6. Mai 2015

Am ver­gan­genen Mittwoch, den 6. Mai, wurde ein saar­ländis­ch­er Antifaschist vom Saar­brück­er Amts­gericht erstin­stan­zlich zu ein­er Bewährungsstrafe verurteilt.
Dem Aufruf der Antifa Saar / Pro­jekt AK, den Prozess kri­tisch zu begleit­en und Sol­i­dar­ität mit dem Angeklagten zu zeigen, fol­gten über 20 Per­so­n­en. Die Jus­tiz ver­suchte die Prozessbeobachter_innen durch penible Ein­lasskon­trollen einzuschüchtern. Daran anknüpfend beobachtete die poli­tis­che Polizei (Staatss­chutz) den Prozessver­lauf und die Unterstützer_innen genau.

Zu Beginn des Prozess­es ver­las der Anklagte eine Prozesserk­lärung,in der er ver­suchte die Vor­würfe poli­tisch einzuord­nen und zu analysieren. Ins­beson­dere the­ma­tisierte er das aggres­sive Auftreten der Polizei am 10.Mai 2014 in Völk­lin­gen. Die Polizei hat­te damals gewalt­sam einen Block­ade­v­er­such bei einem Auf­marsch der Stur­m­di­vi­sion Saar unter­bun­den. Zuvor fie­len Beamte u.a. durch sex­is­tis­che Belei­di­gun­gen („Fotze“) und ras­sis­tis­che Ver­harm­lo­sun­gen des in Polizeige­wahrsam began­genen Mordes an Oury Jal­loh auf. Auf anschließende Nach­frage nach der Dien­st­num­mer des Beamten, weigerte sich dieser — wenig über­raschend – diese her­auszugeben und dro­hte dem Antifaschis­ten stattdessen mit den Worten „Komm doch her und hol sie dir“. An den Umstän­den der Ereignisse im ver­gan­genen Mai zeigte das Gericht jedoch kein Inter­esse. Ins­beson­dere die Staat­san­wältin behauptete weit­er­hin die Ver­fol­gung von Straftat­en durch Polizeibeamte sei durch den Rechtsstaat gewährleis­tet und müsse durch diesen erfol­gen. Eine Erk­lärung, wie das in der vom Angeklagten geschilderten Sit­u­a­tion funk­tion­ieren solle, kon­nte sie jedoch nicht geben.

Das Ver­fahren wegen eines ver­meintlichen Angriffs auf eine Polizeistreife im Nauwieser Vier­tel in der Sil­vester­nacht 2013/2014 wurde bere­its zu Beginn der Ver­hand­lung eingestellt. Im Ergeb­nis wurde der Betrof­fene in erster Instanz zu ein­er Frei­heitsstrafe von 8 Monat­en verurteilt, die zur Bewährung aus­ge­set­zt wurde.

Dass Polizeige­walt, auch wenn sie sich wie an diesem Tag gegen Gewerkschafter_innen und Parteipolitiker_innen richtet, so gut wie nie geah­n­det wird, ist All­t­ag. Die Verurteilung des Saar­brück­er Beamten im ver­gan­genen Novem­ber wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung und Ver­fol­gung Unschuldiger im Umfeld der Proteste gegen die Priebke-Mah­nwache 2013 ist da eine der sehr sel­te­nen Aus­nah­men. Stattdessen wird Polizeizeu­gen häu­fig vor­be­halt­los geglaubt und, wie in diesem Fall, noch wohlwol­lend erwäh­nt, dass die Beamten kein „beson­deres Ver­fol­gungsin­ter­esse“ an den Tag gelegt hät­ten. So passiert es, dass selb­st absurde Vor­würfe von Wider­stand­shand­lun­gen vom Gericht über­nom­men wer­den und trotz gegen­teiliger Äußerun­gen des Angeklagten den Beschrei­bun­gen der Beamten von einem friedlichen Tag im Mai geglaubt wird. Daran änderte auch die Tat­sache nichts, dass ein­er der gelade­nen Beamten davon überzeugt war, an diesem Tag in Saar­brück­en seinen Dienst ver­richtet zu haben.

Auch und ger­ade weil die Krim­i­nal­isierung antifaschis­tis­chen Protests und die Ver­harm­lo­sung von Polizeige­walt gegen­wär­tig All­t­ag ist, gilt es sich weit­er­hin aktiv gegen diese Zustände zu wehren und sie zu the­ma­tisieren, wie es der Angeklagte am ver­gan­genen Mittwoch getan hat. Es ist nur allzu ver­ständlich, dass sich viele in solchen Sit­u­a­tio­nen eben nicht auf den Rechtsstaat ver­lassen wollen, son­dern es als wichtig eracht­en, sich Nazis aktiv ent­ge­gen­zustellen. Deshalb unter­stützen wir auch weit­er­hin alle von Repres­sion betrof­fe­nen Antifaschis­ten und zeigen uns sol­i­darisch mit denen, die sich Nazi in den Weg stellen.

T‑Shirt mit straf­barem Inhalt?

Der Ver­such einiger Bedi­en­steter des Gerichts die Ein­schüchterungsver­suche vom Beginn weit­erzutreiben sorgte im Zuschauer­raum für kurzzeit­ige Diskus­sio­nen. Diese woll­ten im T‑Shirt eines antifaschis­tis­chen Prozess­beobachters die Ver­wen­dung ver­fas­sungs­feindlich­er Kennze­ichen beobachtet haben und disku­tierten aufgeregt, ob man ihn nach der Ver­hand­lungspause wieder in den Saal lassen solle. Woran es let­z­tendlich lag, dass man sich diese Blöße nicht geben wollte, ist bish­er unklar.